Mamma Mia!: Duktales Carcinoma in situ (DCIS)

Mamma Mia! Medizin
Duktales Carcinoma in situ (DCIS)
Urteil des Pathologen entscheidend für die weitere Behandlung
U
nter „duktalem Carcinoma in situ“,
kurz DCIS, werden Tumorzellen verstanden, die ihren Ursprung in den
Milchgängen haben. Dabei handelt es sich
um eine Krebsvorstufe. Ein DCIS äußert sich
meist durch Mikrokalk, der weder tastbar
noch durch Ultraschall sichtbar ist, erst die
Mammographie gibt erste Hinweise. Doch
ist Mikrokalk gleich Mikrokalk? Diese Frage können Pathologen beantworten. Wie
sie so genannte „In situ karzinome“ beurteilen, erläutert Prof. Dr. Annette Lebeau,
Oberärztin am Institut für Pathologie am
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
und Partnerin in der Gemeinschaftspraxis
für Pathologie in Lübeck, im Gespräch mit
Mamma Mia!.
Mia!: Nicht jede Form von Brustkrebs verhält sich zwangsläufig aggressiv
und lebensbedrohlich. Dies gilt auch für
das in situ-Karzinom. Was zeichnet diese
Krebsform aus?
Mamma
Prof. Dr. Annette Lebeau: In situ-Karzinome bestehen aus Tumorzellen, die
ausschließlich innerhalb der Milchgänge
wachsen. Abgeleitet von dem lateinischen
Begriff „ductus“ für „Milchgang“ werden
diese Karzinome auch als „Duktales Carcinoma in situ“ oder abgekürzt „DCIS“
bezeichnet. Entscheidend ist, dass die
Karzinomzellen nicht die Grenzschicht
zum umgebenden Gewebe, die Basalmembran, durchbrechen. Deshalb können sie
auch nicht streuen und zu Metastasen in
anderen Organen führen.
Mamma
Mia!: Wie ist der Verlauf dieser
Krebsform?
Prof. Dr. Annette Lebeau: In situ-Karzinome
verlaufen unterschiedlich. Sie werden zwar
als Krebsvorstufe bezeichnet, aber man
weiß heute, dass ein Teil dieser Tumoren
auf dem Stadium des DCIS stehen bleibt.
Bei diesen wäre eine Behandlung eigentlich unnötig. Die übrigen schreiten aber
fort, wenn sie nicht entfernt werden. Aus
ihnen kann sich ein invasiver Brustkrebs
entwickeln, bei dem die Krebszellen in das
Bindegewebe einwachsen und auf dem
Lymph- oder Blutweg streuen können. Wir
nehmen heute an, dass sich etwa 30 bis 50
Prozent der DCIS in einem Zeitraum von
zehn bis zwanzig Jahren zu einem invasiven
Karzinom entwickeln.
Mia!: Gibt es Faktoren, die das
Fortschreiten eines DCIS vorhersagen
können?
Mamma
Prof. Dr. Annette Lebeau: Leider gibt es bisher keine Möglichkeit, zum Zeitpunkt der
Diagnose zu erkennen, welches DCIS harmlos ist und welches weiter fortschreitet.
Wir wissen aber, dass das Risiko höher ist je
jünger eine Patientin bei der Diagnose ist.
Neben der Größe des Tumors spielt auch das
Grading eine Rolle. Das Grading gibt einen
Anhaltspunkt für die Aggressivität eines
Tumors. Es werden drei Stufen unterschieden, Grad 3 ist der potenziell gefährlichste.
Auch das Fehlen von Rezeptoren für die
Hormone Östrogen und Progesteron in den
Tumorzellen gilt als Hinweis für ein erhöhtes Rezidivrisiko. Dennoch können wir im
Einzelfall keine zuverlässige Vorhersage des
Verlaufes treffen. Aus diesem Grunde wird
heutzutage allen Frauen in Deutschland zu
einer Behandlung geraten.
Mamma Mia!: Wie wird ein DCIS entdeckt?
Prof. Dr. Annette Lebeau: Die Mehrzahl der
in situ Karzinome ist nicht tastbar. Meist
werden sie im Rahmen einer Mammographie entdeckt, weil sie zu so genannten Mikroverkalkungen führen. Mikrokalk entsteht
in den betroffenen Milchgängen wenn Tumorzellen zugrunde gehen. Das Aufspüren
dieses Mikrokalks und damit des DCIS ist ein
Ziel des Mammographie-Screenings. Dort
macht es rund 20 Prozent der registrierten
Karzinome aus.
Mamma Mia!: Was passiert, wenn eine sol-
che Verkalkung entdeckt wird?
Prof. Dr. Annette Lebeau: Unter mammographischer Kontrolle wird vom Radiologen eine gezielte Gewebeprobe aus dem
auffälligen Bereich entnommen. Dies
geschieht in der Regel durch eine Nadelbiopsie. Nun ist der Pathologe gefragt. Er
führt die histologische Untersuchung des
Gewebes durch und überprüft in Gewebeschnitten, die er sorgfältig im Mikroskop
durchmustert, ob tatsächlich nur ein DCIS
vorliegt oder ob nicht doch an einer Stelle
die Basalmembran durchbrochen wurde.
Das Urteil des Pathologen ist entscheidend für die weitere Behandlung. In der
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Regel folgt eine Operation, bei der die
Brust in der Mehrzahl der Fälle erhalten
werden kann. Das DCIS sollte mit einem
ausreichenden Sicherheitssaum entfernt
werden. Ob dies gelungen ist, beantwortet der Pathologe. Er überprüft an dem
entnommenen Gewebe mikroskopisch,
ob das DCIS allseits von tumorfreiem Gewebe umgeben wird und wie breit dieser
Saum ist. Außerdem bestimmt er Grading
und Hormonrezeptorstatus. Er kontrolliert
später nochmals genau, dass auch im Operationspräparat kein invasives Karzinom
vorliegt. Die Mehrzahl der Patientinnen
unterzieht sich danach noch einer Strahlentherapie, die ein Wiederauftreten des
Karzinoms verhindern soll.
Mia!: Welche Rolle spielt das so
genannte Tumorboard?
Mamma
Prof. Dr. Annette Lebeau: Jede Patientin
mit einem DCIS oder einem invasiven
Mammakarzinom, die sich in einem zertifizierten Brustzentrum behandeln lässt,
wird in einem interdisziplinären Tumorboard besprochen. Hier kommt ein Team
zusammen, dem zumindest der behandelnde Gynäkologe, Pathologe, Radiologe
und Strahlentherapeut angehören, um
Empfehlungen über die individuell beste
Therapie zu diskutieren. Beim DCIS geht
es dabei insbesondere um die Frage einer
Nachbestrahlung und einer endokrinen
Therapie. Bei der Abwägung der Behandlung ist zu bedenken, dass die Prognose der
betroffenen Frauen exzellent ist und die
Überlebenswahrscheinlichkeit 95 Prozent
übersteigt. Trotzdem ist die Vermeidung
eines Rezidivs von Bedeutung, da etwa 50
Prozent der Rezidive als invasives Karzinom
auftreten. Hierdurch verschlechtert sich
die Prognose deutlich.
Mamma Mia!: Haben Sie einen Rat an Pati-
entinnen mit der Diagnose DCIS?
Prof. Dr. Annette Lebeau: Vorab für alle
betroffenen Frauen – die Chance auf
Heilung ist hervorragend. Ich empfehle
Patientinnen immer, sich gut zu informieren und sich Nutzen und Risiken der
Therapiemöglichkeiten genau erläutern
zu lassen. Im Zweifelsfall besteht auch
die Möglichkeit, sich eine zweite Meinung einzuholen. Wer Fragen hat, erhält
Hilfe beim Krebsinformationsdienst
(www.krebsinformationsdienst.de) und
kann auch über die Hotline 0800 4203040
mit Experten sprechen. a
Autor
Prof. Dr. med.
Annette Lebeau
Institut für Pathologie
Universitätsklinikum
Hamburg-Eppendorf
Martinistraße 52
20246 Hamburg
Gemeinschaftspraxis für Pathologie
Pferdemarkt 12
23552 Lübeck
E-Mail: [email protected]
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