Papierlose Fertigung

Papierlose Fertigung – Traum oder Albtraum?
Ein Blick in die Produktion vieler Unternehmen zeigt, dass die Papierindustrie hier noch
treue Kunden hat. Die vorhandenen Papierberge haben natürlich einen Zweck. Sie dienen u.a. dazu, dass die Mitarbeitenden auf
Zeichnungen erkennen, was produziert werden soll. Weiterhin können durch Begleitzettel
die Werkstücke in der Produktion eindeutig
identifiziert werden (falls der Zettel nicht abgeht). Die Montage entnimmt der Stückliste,
was zusammengebaut werden muss und die
Materialbereitstellung erkennt, welche Teile
hierzu aus dem Lager geholt werden müssen.
Die Fertigmeldung erfolgt ebenfalls auf einem
Zettel, wird eingesammelt und in das ERPSystem eingetippt.
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Die Betrachtung der Nutzungsmöglichkeiten
von Papier in der Produktion kann nun beliebig fortgesetzt werden. Ein Gedanke liegt jedoch nun nahe: Die Welt ist digital – weg mit
dem Papier! Doch Stopp! Es gibt kein IT-Produkt namens „Papierlose Fertigung“, welches
gekauft und eingesetzt werden kann. Das Papier ist nämlich nicht das Optimierungspotenzial, sondern die damit verbundenen Prozesse. Um dieses Potenzial zu heben, bedarf
es zunächst keiner neuen IT-Lösung, sondern
einer intensiven Beschäftigung mit dem
Thema Informationsfluss. So hat z.B. ein Unternehmen der Stahlindustrie im Rahmen eines KVP-Themas herausgefunden, dass pro
Jahr 85.000 Zeichnungen ausgedruckt und
verteilt werden. Bei genauer Betrachtung des
Prozesses wurde festgestellt, dass die Zeich-
Autor Harald Höth
nungen noch einem veralteten Verteiler verteilt werden und ca. 25 % der aufwändig gedruckten Zeichnungen eigentlich nicht benötigt werden. Es ist sicherlich jedermann einleuchtend, dass sich der Aufwand zur Aktualisierung des Verteilers durch das eingesparte
Material in kürzester Zeit amortisiert.
Geht man jedoch im Sinne von PDCA (Plan –
Do – Check – Act) in der Phase A (Act) der
Suche etwas weiter auf den Grund, stellt man
fest, dass bei den zu produzierenden Produkten ein relativ hoher Standardisierungsgrad
herrscht. Das bedeutet, viele Produkte werden mehrfach gefertigt, warum also trotzdem
immer wieder die Zeichnung neu verteilen?
Dies führte erneut zu einer Einsparung von
Aufwand und Papier.
Eine neue Frage: „Wie können Zeichnungsänderungen sicher verteilt werden?“ führte
dann zu einem neuen PDCA Zyklus. Dieser
beschäftigt sich nun damit, ganz auf Papier zu
verzichten und die Zeichnungen nur noch digital zu verteilen. Einerseits benötigt man
hierzu Investitionen für Lesegeräte (z.B. Industrie-Tablets), andererseits ist der Nutzen
hierbei viel größer. Es können nämlich gezielt
die detaillierte Informationen der Zeichnung
(oder besser des 3D-Modells) angesehen
werden, die man wirklich benötigt. Die Tablets
können aber mehr als nur Zeichnungen anzuzeigen, Man kann z.B. mit der eingebauten
Kamera über Barcodes die Werkstücke in der
Produktion identifizieren und benötigt keine
Warenbegleitzettel mehr oder man kann
durch einen Soll-Ist-Vergleich des 3D-Modells
mit den echten Bauteilen Abweichungen erkennen. Somit rechnen sich auch diese Investitionen sehr schnell.
Selbstverständlich kann man den Weg zur
papierlosen Fertigung auch durch entsprechende komplexere Projekte angehen (z.B.
Experten-KVP). Aber auch hierbei immer daran denken: Erst die Prozesse betrachten (Ist
und Soll), dann die Hilfsmittel auswählen!
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