Viel Lärm um den Lärm im Kurort

Donnerstag, 2. Juni 2016
POCKING / BAD FÜSSING
A 94: Viel Lärm um den Lärm im Kurort
Nummer 125
/
Seite 19
Im Gemeinderat Bad Füssing ging es um Lärmbelästigung durch den geplanten Autobahn-Abschnitt
Von Angela Esterer
Bad Füssing. Der geplante Teilabschnitt der A 94 von Kirchham
bis Pocking war Thema der jüngsten Sitzung des Gemeinderats. Genauer gesagt, handelte es sich um
eine ergänzende öffentliche Anhörung zur Tekturplanung in dem
12,3 Kilometer langen Planfeststellungsabschnitt, die die Regierung
von Niederbayern derzeit durchführt.
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Für den Neubau der A 94 im Bereich Pocking läuft bereits seit Juli
2012 ein Planfeststellungsverfahren. Aufgrund der Einwände aus
bisherigen Anhörungen hat die
Autobahndirektion
Südbayern
Planänderungen sowie -ergänzungen vorgenommen. Der neue Plan
liegt derzeit unter anderem bei der
Gemeinde Bad Füssing aus. Bürger wie auch beteiligte Behörden
können nun gegebenenfalls Einwendungen erheben bzw. eine
Stellungnahme abgeben.
Unter anderem handelt es sich
bei den Ergänzungen um die Verknüpfung der bestehenden Kreisstraße PA 58, der geplanten Verlegung der Kreisstraße PA 58 sowie
der nördlichen Rampenäste der
Anschlussstelle PA 58 zu einer
Kreisverkehrsanlage. Aspekte, die
der Gemeinderat akzeptiert. Eine
längere Diskussion kam dennoch
auf, und zwar rund um das Thema
Lärmbelästigung durch den Verkehr auf dem geplanten Autobahnabschnitt. Bereits 2012 hatte die
Gemeinde gefordert, im Bereich
Kirchham bis Pocking-Haid sowie
an den Auf- und Abfahrten zur
PA 58 Lärmschutzeinrichtungen
vorzusehen. Auch Flüsterasphalt
Auf dieser Karte der Autobahndirektion Südbayern sind die Änderungen vermerkt, die den A 94-Abschnitt Kirchham-Pocking betreffen. Der Bad Füssinger Gemeinderat wünscht sich
mehr Lärmschutz.
− Foto: Autobahndirektion Südbayern
sollte man auf der Kreisstraße und
der A 94 verwenden. Zudem sollten nötigenfalls Geschwindigkeitsbeschränkungen ins Auge gefasst werden, um den Lärm niedrig
zu halten.
„Wir sollten es bei unserem Beschluss und unserer Forderung belassen“, sagte Bürgermeister Brundobler. Er erklärte dem Gremium,
dass es in den Bundesgesetzen keine Richtwerte in Sachen Lärmbelästigung speziell für Kurorte gebe.
Es gelte daher der gleiche Lärmschutz wie etwa für Kliniken. „Die
Emissionsberechnungsdaten wurden gemacht“, sagte Josef Flock
vom gemeindlichen Bauamt und
zeigte die ermittelten Daten auf einer Karte. „Wir liegen demnach absolut unter den Grenzen für Klini-
ken usw.“, betonte Brundobler,
„für Bad Füssing gibt es daher keine Lärm begrenzenden Maßnahmen. Wir werden jeden Rechtsstreit verlieren“, stellte er klar. Daraufhin schlug Johann Resch vor,
ein „Gegengutachten“ einzuholen.
Doch die Verwaltung riet ab: Das
bestehende Gutachten sei von Experten gemacht, außerdem wäre
mit hohen Kosten zu rechnen. „Ich
glaube, das wäre rausgeschmissenes Geld“, so Bürgermeister Brundobler.
Ein „Mehraufkommen an Verkehr auf der St 2117 an Safferstetten und Egglfing vorbei wegen der
Autobahn-Ausfahrt“ befürchtete
Dr. Tobias Albrecht. Dies sei nicht
Thema des Planfeststellungsverfahrens, sondern mit dem Staatli-
chen Bauamt zu klären, erklärte
Flock.
Martin Neun warnte zudem:
„Die Realität kann später ganz anders sein, es kann mehr oder weniger laut sein als angenommen –
gibt es dann später noch eine Möglichkeit, einen Lärmschutz anzubringen?“, fragte der Gemeinderat. Brundobler berichtete von den
Erfahrungen anderer Gemeinden,
etwa an der A 3: „Die haben das
nachträglich versucht – ohne Erfolg.“
Der Rathauschef gab auch zu:
„Tatsache ist, wenn die Autobahn
fertig ist, dann haben wir in Bad
Füssing eine höhere Lärmbelästigung.“ Brigitte Steidele kommentierte dies aufgebracht im Hinblick
auf die vielen zu erwartenden Lkw
und den Transitverkehr: „Das wird
der Wahnsinn! Da werden sicherlich Gäste ausbleiben.“ Sie habe
daher bereits 2012 Einspruch gegen die Pläne bei der Regierung
eingelegt. Ihre CSU-Gemeinderatskollegen forderte sie auf, die
Kontakte in die Landes- und Bundespolitik zu nutzen. „Wenn Herr
Seehofer die Stromtrasse verhindern kann, dann kann er doch
auch diese Trassenführung ändern“, sagte Steidele. Sie wolle einen offenen Brief an den Ministerpräsidenten schreiben. „Es geht ja
nicht nur um den Lärm, auch ein
ganzes Urlaubsgebiet wird zerstört“, echauffierte sie sich. Auch
weil Bad Füssing der größte Arbeitgeber weit und breit sei, müsse
sich doch da etwas ändern lassen.
„Glauben Sie, dass sich um den
Standort Füssing irgendwer anders
als der Gemeinderat kümmert?“,
fragte Brundobler rhetorisch. Der
Kurort werde wegen seiner „atypischen Aufstellung“ benachteiligt.
Letztlich wurden drei Dinge beschlossen: Der Antrag von 2012
auf „maximal möglichen Schutz
vor Lärm“ wird aufrechterhalten –
und um die Forderung nach einer
Einhausung ergänzt. Nur Brigitte
Steidele stimmte dagegen. Einstimmig folgte das Gremium dem
Antrag von Dr. Albrecht, beim
Staatlichen Bauamt einen Lärmschutz an der St 2117 zu beantragen. Und schließlich gab es auch
grünes Licht für den Antrag von Johann Resch, die Verwaltung mit
der Kostenermittlung für ein Lärmgutachten zu beauftragen.
Wilder Kößlbach flutet Keller – und verschont Menschen
Kößlarns Bürgermeister Lindner: „Größtes Hochwasser seit Menschengedenken“ – Schwerpunkt der Wehr liegt auf Schadensbegrenzung
Kößlarn/Ruhstorf. Mit am
schlimmsten in der Region wurde
gestern die Marktgemeinde Kößlarn von den Wassermassen in Mitleidenschaft gezogen. Der Kößlbach war über seine Ufer getreten
und hatte Teile Kößlarns überflutet. „Um 12 Uhr Mittag ein volles
Kößlbach-Bett – exakt eineinhalb
Stunden später der Einsatzalarm:
Der Kößlbach zeigte binnen kürzester Zeit sein wildes Gesicht“,
beschreibt Kößlarns Bürgermeister Willi Lindner gestern Nachmittag gegenüber der PNP ein „Rekordhochwasser-Szenario“, wie es
selbst betagteste Marktbürger bislang nicht erlebt hätten.
Drei Dutzend Einsatzkräfte der
drei Ortsfeuerwehren Kößlarn,
Thanham und Oberwesterbach
plus Nachbarwehren Halmstein
und Asbach packen unter Regie
von Einsatzleiter Bernhard Meßmer (Kößlarn) in enger Kooperation mit Kreisbrandmeister Alexander Wahle gestern kräftig zu. Die
Ruhstorfer Stützpunktwehr liefert
umgehend vorbereitete SandsackPaletten, die mit vereinten Kräften
verbaut werden.
„Dennoch gab es jede Menge geflutete Keller, aber keinerlei gefährdete Personen“, zog Meßmer die
Vier-Stunden-Bilanz eines Hochwasser-Spuks, bei dem kübelartige
Regengüsse sturzbachartig die
Wiesen- und Feldhänge geradezu
nur so heruntergeschossen seien
und den Kößlbach aus seinem eng
gepressten Bett verdrängt hätten.
Gleichzeitig verfüllte der Bauhof grabentief ausgezogene Flur-
Kräftig anpacken beim Sandsack-Füllen hieß es für Feuerwehrmänner
samt Bürgermeister Willi Lindner (r.) und Malgertshamer Dorfbewohner.
Im tiefer gelegenen Wiesengrund fluteten die Wassermassen auch das Kößlarner Klärbecken.
wege zu den Bauernhöfen und
Weilern in typisch Kößlarner Berghang-Lage. Nach Lage-Sondierung durch den Bürgermeister lichtete sich gegen 17 Uhr zwar der
Himmel – die Kößlbach-Fluten
jagten jedoch im Marktzentrum eine frühere Stauwehr-Anlage wie
wild hinunter und strömten zuletzt
sogar durch die kreisrunden Kläranlagenbecken: So „schnell und
gach“ wie das Wasser gekommen
war, blieb Kößlarn letztlich auch
vom Schlimmsten verschont – der
stundenlange Schrecken davor
steckte jedoch manchen Bach-An-
rainern auch abends noch tief in leitung Richtung Flussunterlauf in
den Knochen.
der Königswiese. Bürgermeister
Auf Ruhstorf indes schien das Andreas Jakob zum aktuellen
Schlimmste gestern Abend noch Stand am Dienstagabend gegen
zuzukommen. Um 18.30 Uhr lag 18.15 Uhr: „Dass es in Postmünster
der Pegelstand der Rott bei 2,35 einen Dammbruch gegeben hat, ist
Meter. Für Pegelwart Alois Lindin- wohl ein Gerücht. Aber es wird eiger gestern der Anlass, die Wasser- ne Flutwelle erwartet – es sind 3,59
schutzbehörden über „Meldestufe Meter angekündigt. Führungskräf4“ als höchstem Alarmzustand zu te der Feuerwehr aus Passau sind
informieren. Damit wurden gleich- bereits vor Ort, teuere Gerätschafzeitig der Rottauer und Frimhörin- ten wurden in Sicherheit gebracht
ger Flutmulden-Übergang für den und in ein Depot verfrachtet. Augesamten Verkehr gesperrt. Bereits ßerdem wurde in Blumenau bei
wenig später verlagerte die Rott ihr den Anwohnern geläutet und über
Hochwasser zur gefahrlosen Ab- die Lage zu informiert.“ − nö/est
PERSONALISIERTE AUSGABE FüR LESESAAL (ABO.-NR. 3636191)
Reißender Fluss statt idyllisches Gewässer: Wie wild tobte der Kößlbach
nach stundenlangen sintflutartigen Regenfällen durch das alte Wehrgelände (Hintergrund) im Dorfzentrum.
− Fotos: Nöbauer