Personalien - Der Spiegel

Personalien
mentaufnahme aus dem Leben junger Heroinabhängiger
Sein Twitterprofil offenbart
in Edinburgh, war ein Weltebenso viel Selbstbewussterfolg. Im Jahr 2002 erschien
sein wie Humor: „Überra„Porno“, eine Art Fortsetgender Intellektueller. Fantas- zung, in der die Protagonistischer Liebhaber. Harter
ten weiter ihr unbürgerliches
Hund. Und (offensichtlich)
Dasein zelebrieren. In „The
Geschichtenerzähler“, so beBlade Artist“ spielt der alkoschreibt sich der schottische
holkranke Psychopath Franco
Schriftsteller Irvine Welsh, 57.
Begbie aus dem ersten Buch
Gerade ist sein neuer Roman
die Hauptrolle. Begbie hat
„The Blade Artist“ erschienun in Kalifornien eine neue
nen, 20 Jahre nach der KinoIdentität angenommen. Auch
premiere des Films „Trainder Autor lebt inzwischen in
spotting“, für den Welsh die
den USA, allerdings in ChicaRomanvorlage geliefert hatte. go unter seinem richtigen
„Trainspotting“, eine MoNamen. Auf dem Höhepunkt
seiner Popularität steckten
ihm Fans während Lesungen
aus „Trainspotting“ so viele
Drogen zu, erzählt Welsh
dem „Sunday Times Magazine“, dass er gar nicht alles
konsumieren konnte; er entsorgte die Substanzen in der
Hoteltoilette. Die Zeiten haben sich geändert: „Ich war
so lange der Posterboy für
Drogen, dass ich irgendwann
dachte, ‚nee, scheiß drauf‘, es
hat mich wirklich gelangweilt.“ ks
ANNA CLAUSS / DER SPIEGEL
Drogen fürs Klo
Die Augenzeugin
„Büro auf der Lichtung“
PHOTOPRESS
Mitten im Ebersberger Forst, einem Wald vor den Toren Münchens, liegt Deutschlands kleinstes und günstigstes
Gewerbegebiet: ein einfaches Holzhaus mit überdachtem
Briefkasten. Hier haben acht Fondsgesellschaften eines
Investmentmanagers ihren Geschäftssitz. Brigitte Keller, 53,
Finanzmanagerin beim Landratsamt Ebersberg, würde gern
noch mehr Kapital in den oberbayerischen Forst locken.
Der russische Rechtspopulist
und altgediente Polit-Krawallmacher Wladimir Schirinowski,
69, bekam bereits kurz vor
seinem 70. Geburtstag am
25. April von Parteifreunden
ein Geschenk präsentiert.
Der exzentrische Vorsitzende
der kremltreuen Liberal-Demokratischen Partei Russlands, der während seiner
politischen Karriere unter anderem eine eigene Wodkamarke auf den Markt brachte,
die Abschaffung von Fremdsprachenunterricht an russischen Schulen forderte und
zuletzt zu einem Atomangriff
auf Istanbul aufrief, freut sich
über ein Bronzedenkmal zu
Lebzeiten – errichtet vor dem
Hauptquartier seiner Partei
im Zentrum Moskaus. „Ich
habe nie von einer Statue zu
meinen Ehren geträumt“, sagte Schirinowski bei der Denkmalenthüllung. „Und doch
wird sich die Menschheit an
diesen Tag erinnern.“ Schirinowskis Ego entsprechend
hätte die drei Meter hohe
Skulptur vielleicht noch etwas größer ausfallen können;
doch zum Ausgleich ist der
stolze Bronzemann schön
schlank, was der echte Schirinowski nicht von sich behaupten kann. lok
RIAN
Ego aus Bronze
„Unser Stadel ist vermutlich kein Standort, den man sich
als internationaler Großkonzern wünscht. Es gibt kaum
Handyempfang und keine befestigten Straßen. Dafür haben wir den geringsten Gewerbesteuerhebesatz zu bieten, der in Deutschland verlangt werden kann. Unberührte Natur, Vogelgezwitscher und hin und wieder das
Röhren eines Hirsches oder einer Kreissäge gibt es gratis
dazu. Wer seinen Gewinn bei uns versteuert, zahlt nur
halb so viel wie zum Beispiel in München oder Frankfurt
am Main. Das ist legal: Jede Kommune in Deutschland
kann die Höhe ihres Gewerbesteuerhebesatzes selbst bestimmen. Der Ebersberger Forst ist ein in Deutschland
seltenes, sogenanntes außermärkisches Gebiet, er gehört
also zu keiner Gemeinde, deswegen dürfen wir als Landkreis Steuern erheben. 2004 kam eine Kreisrätin mit
Kontakten zu Münchner Finanzfirmen auf die Idee, ein
kleines Büro mit Telefonanschluss auf einer Lichtung als
Firmensitz an Investmentfonds zu vermieten. Eine willkommene Einnahmequelle für unseren überschuldeten
Landkreis. In den letzten zwölf Jahren haben wir so
15 Millionen Euro eingenommen. Drei Viertel der Summe
sind an die Kommunen im Freistaat umverteilt worden,
mit dem Rest haben wir zum Beispiel unsere Schulen
ausgebaut. Ich bekomme derzeit täglich Anfragen von
Firmen aus dem produzierenden Gewerbe oder der Baubranche, die auch gerne von den niedrigen Steuern im
Wald profitieren würden. Aber natürlich ist es verboten,
im außermärkischen Gebiet Büros oder Produktionshallen zu bauen, Baurecht gibt es hier nicht. Es wäre illegal,
seinen Geschäftssitz nur auf Papier bei uns zu eröffnen.
Letztlich ist unser Angebot im Forst wohl nur etwas für
Firmen, die sich per Mausklick verwalten lassen. Genügend Platz auf dem Briefkasten gäbe es noch. Ich habe
kein schlechtes Gewissen, dass wir Unternehmen beim
Steuersparen helfen. Mir ist es lieber, Firmen zahlen hier
in Deutschland niedrige Steuern als in Offshore-Parks
Aufgezeichnet von Anna Clauß
im Ausland gar keine.“
DER SPIEGEL 16 / 2016
135