BGHM-Aktuell Magazin für sicheres & gesundes Arbeiten 3 | 2016 Passgenaue Qualifizierung Seminare buchen bei der BGHM Schwerpunkt Maschinen ohne CE EDITORIAL Liebe Leserinnen und Leser, „Aller Anfang ist schwer“, weiß der Volksmund. Ob dem immer so ist, sei einmal dahingestellt. Sicher aber trifft diese Aussage zu, wenn sich Menschen mit einer Idee selbständig machen – erst recht, wenn sie dabei auch Verantwortung für Beschäftigte übernehmen. Dann nämlich steht neben allen anderen Themen auch der Faktor Arbeitssicherheit auf dem Aufgabenzettel. Wie gut es dann ist, mit der BGHM eine starke Partnerin an der Seite zu haben, zeigt das Beispiel auf den Seiten 26 bis 28. Rund zehn Jahre nach Gründung ist das dort vorgestellte Unternehmen nicht nur erfolgreich, sondern hat bereits zum zweiten Mal das BGHM-Gütesiegel „Sicher mit System“ erhalten. Die entscheidenden Impulse auf seinem Weg zum sicherheitsbewussten Arbeitgeber erhielt der Betriebsgründer damals in einem Seminar der BGHM. Für uns ein weiterer Beleg für den Beitrag, den unsere Bildungsangebote zur Stärkung der Arbeitssicherheit in den Betrieben leisten. Denn der nachhaltige Arbeitsschutz lebt auch vom Austausch, und dafür bieten unsere Bildungsstätten den notwendigen Raum – von der reinen Wissensvermittlung einmal abgesehen. Und um die Handlungskompetenz der Teilnehmenden weiter zu stärken, haben wir unser Seminarprogramm noch einmal genau durchleuchtet und für das kommende Jahr neu konzipiert. Dann wird es auch ein auf die jeweilige Betriebsgröße zugeschnittenes Anmeldeverfahren geben. Weitere Einzelheiten dazu entnehmen Sie bitte unseren Ausführungen auf Seite neun. Die ersten Seminare im neuen Format starten bereits 2016. Seien Sie also dabei, wenn es dann heißt, sich oder Ihre Beschäftigten passgenau zu qualifizieren. Wir freuen uns auf Sie! Ihr Dr. Albert Platz Vorsitzender der Geschäftsführung Impressum Herausgeberin: Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) Isaac-Fulda-Allee 18, 55124 Mainz Verantwortlich: Dr. Albert Platz, Vorsitzender der Geschäftsführung Redaktion: Christiane Most-Pfannebecker (Cmo), verantwortlich i. S. d. NPresseG Klaus Taubitz (Tbz), Redaktionsleitung Milena Bähnisch (Mib), Stv. Redaktionsleitung Thomas Dunz (Dun) Peter Hackenberg (Hbg) Kontakt zur Redaktion: Telefon: 0511 8118-16882 E-Mail:[email protected] 2 BGHM-Aktuell 3|2016 Grafik: Mathias Widmann Titelfoto: © BGHM Änderung Versanddaten: E-Mail:[email protected] Eine entgeltliche Veräußerung oder eine andere gewerbliche Nutzung bedarf der schriftlichen Einwilligung der BGHM. Hinweis: Bei allen Bezeichnungen, die auf Personen bezogen sind, meint die gewählte Formulierung stets beide Geschlechter, auch wenn aus Gründen der leichteren Lesbarkeit nur die männliche oder weibliche Form steht. Kostenlose Hotlines der BGHM: Allgemeine Fragen: 0800 9990080-0 Mitgliedschaft:0800 9990080-1 Arbeitsschutz:0800 9990080-2 Rehabilitation:0800 9990080-3 Druck: pva, Druck und Medien-Dienstleistungen GmbH Industriestraße 15, D-76829 Landau in der Pfalz Für alle nicht gesondert gekennzeichneten Bilder und Grafiken liegen die Urheberrechte bei der BGHM Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion wieder. Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Nachdruck mit Quellenangabe, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos usw. wird keine Gewähr übernommen und auch kein Honorar gezahlt. Für Informationen unter den Links, die auf den in dieser Ausgabe vorgestellten Internetseiten aufgeführt werden, übernimmt der Herausgeber keine Verantwortung. ISSN 1612-5428 16 Sicheres & Gesundes Arbeiten 07 10 12 14 27 29 30 EN ISO 14120 löst EN 953 ab Neue Norm für trennende Schutzeinrichtungen Maschinen ohne CE Vor über 20 Jahren sorgte das Inkrafttreten der EG-Maschinenrichtlinie für eine Zäsur bei den betrieblichen Maschinen und Anlagen. Seitdem wird unterschieden zwischen Altmaschinenbestand ohne CE-Kennzeichnung und neuen Maschinen, die CE-gekennzeichnet sind. Elektromagnetische Felder Was ändert sich durch die EU-Richtlinie? Angebot der BGHM und der BG RCI Gefahrstoffmanagement mit GisChem Sicheres Arbeiten will gut organisiert sein Gut organisiert ein Gewinn für alle Betriebsgründung und Arbeitssicherheit Ich bin froh, dass ich Euch habe!“ Unfall auf einer Baustelle Nicht nur das Brett war zu dünn Sicherheitspreis für ergonomische Verbesserung Team entwickelt Hebehilfe © goodluz - Fotolia.com 08 Passgenaue Qualifizierung Um die Handlungskompetenz der Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer im Arbeitsschutz weiter zu stärken, hat die BGHM ihr Seminarprogramm ab dem Jahr 2017 grundlegend neu konzipiert. Was bedeutet dies ganz konkret für die Anmeldung und Buchung von Seminarplätzen? Leben & Leistung 20 24 31 Beinahe-Handverlust an Bandsäge Von einem Trauma keine Spur Das Berufskrankheiten-Management der BGHM „Wir stehen in engem Kontakt zu allen Beteiligten“ Beweislast bei ungeklärter Sachlage Kein Versicherungsschutz auf dem Weg zur Raucherpause © Kadmy - Fotolia.com 22 Was Sie wissen sollten! Zur berufsbedingten Lendenwirbelsäulenerkranung (BK 2108) sind bei der BGHM im vergangenen Jahr etwa 650 neue Verdachtsanzeigen eingegangen. Damit ist diese Berufskrankheit eine der am häufigsten gemeldeten Erkrankungen. BGHM-Aktuell 3|2016 3 Meldungen Ausstellung zu Berufskrankheiten © Laura Laakso „Wie geht’s?“ Sie arbeiten in der Autowerkstatt, im Büro oder draußen in der Natur. Nebenbei bringen sie Hobbies, Familie und Freunde unter einen Hut. Aber es läuft nicht alles rund. Vier fiktive Charaktere aus unterschiedlichen Bereichen stehen im Mittelpunkt des ungewöhnlichen Entdecker-Parcours‘ „Wie geht’s? – Eine Ausstellung zur Gesundheit im (Arbeits-) Leben“. Wann ist eine Krankheit eigentlich eine Berufskrankheit? Wie sind Gesundheitsgefahren am Arbeitsplatz zu erkennen und was ist zu tun, um sie zu vermeiden? Die neue Wanderausstellung ist als Spiel angelegt und gibt interaktiv Hinweise zu Vorbeugung oder Versicherungsschutz bei Berufskrankheiten. Damit richtet sie sich vor allem an junge Erwachsene, die den Start ins Berufsleben noch vor sich haben. Die Ausstellung ist vom 29. Juni 2016 bis zum 12. Februar 2017 in Dortmund zu sehen. DGUV Weitere Informationen und Unterrichtsmaterialien www.wiegehts-ausstellung.de Personen Stefan Gros ist neuer Präventionsleiter der BGHM Der Vorstand der BGHM hat in seiner Sitzung vom 18. und 19. April 2016 Stefan Gros mit sofortiger Wirkung zum neuen Leiter Prävention ernannt. Bisher übte er das Amt kommissarisch aus. Der studierte Maschinenbauer war nach seinem Studienabschluss an der Technischen Hochschule Darmstadt sieben Jahre lang in der Industrie tätig, wo er unter anderem verschiedene Führungspositionen bekleidete. 1994 startete er seine Laufbahn als Aufsichtsperson (AP) im Präventionsdienst (PD) Mainz der Süddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft. Nach der zweijährigen Ausbildung und weiteren zwei Jahren als AP im PD Mainz wechselte er nach Stuttgart. Dort übernahm er die Leitung des PD sowie die Aufgaben des Technischen Leiters des Berufsgenossenschaftlichen Schulungszentrums Stuttgart e.V. Seit diesem Zeitpunkt ist Gros auch Mitglied im Vorstand des Vereins. Im August 2015 übernahm er die Leitung der Hauptabteilung Präventionsdienste und am 15. Februar 2016 die kommissarische Leitung der Prävention. Vertreterversammlung, Vorstand und Geschäftsführung der BGHM wünschen Stefan Gros viel Erfolg und alles Gute für seine neuen Herausforderungen. BGHM 4 BGHM-Aktuell 3|2016 Meldungen Rückenkampagne BGHM 170.000 Betriebe beraten Sicheres Arbeiten anschaulich vermitteln Film ab! Über 70 Videos zu unterschiedlichen Arbeitsschutzthemen – das bietet das neue Videoportal der BGHM. Die breit gefächerten Inhalte sind passgenau für die Zielgruppen aufbereitet: Sie unterstützen Arbeitsschützer bei Unterweisungen an Maschinen, bieten Unternehmerinnen und Unternehmern Informationen zu gesetzlichen Pflichten und halten Praxistipps zum Arbeitsschutz speziell für Auszubildende bereit. Denn sicherheitsgerechtes Verhalten und Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit setzen entsprechendes Wissen voraus. Über das Startmenü des Videoportals können die gesuchten Filminhalte gezielt recherchiert und die Videos abgerufen werden. Auch die neuesten Uploads sind in einer entsprechenden Rubrik aufgelistet. Damit die Nutzerinnen und Nutzer auch unabhängig von einem Internetzugriff die gewünschten Filme wiedergeben können, besteht für alle Filme eine Download-Option. Einmal auf der Festplatte gespeichert, kann das entsprechende Video offline jederzeit beliebig oft beispielsweise als Lehrvideo in der Berufsschule wiedergegeben werden. Im Zuge der Präventionskampagne „Denk an mich. Dein Rücken“ haben deren Träger seit 2013 rund 170.000 Unternehmen und Einrichtungen zur rückengerechten Gestaltung der Arbeit beraten. Seit nunmehr drei Jahren werben die Berufsgenossenschaften gemeinsam mit weiteren Trägern der Kampagne somit dafür, Rückenbelastungen bei der Arbeit, in der Schule und in der Freizeit zu verringern. Zu den Angeboten zählen zudem die Unterstützung von Betrieben bei über 3.500 Aktions- und Gesundheitstagen zur Rückengesundheit sowie mehr als 12.000 Seminare und Seminarmodule zur rückengerechten Arbeitsgestaltung. Broschüren, Filme zu Beispielen guter Praxis, Messebeteiligungen und Pressemitteilungen flankierten das Angebot. Auch bei den Mitgliedsunternehmen der BGHM stieß die Präventionskampagne auf außerordentlich große Resonanz. Dies spiegelt sich besonders in der Beteiligung an betrieblichen Aktionen wie Sicherheits- oder Gesundheitstagen wieder. Die BGHM unterstützt die betrieblichen Veranstaltungen zur Prävention von Muskel- und Skelett-Erkrankungen mit Medien, Stellwänden und Exponaten. Fragen dazu beantworten die Aufsichtspersonen der BGHM. DGUV Weitere Informationen www.bghm.de, Webcode 1610 Weitere Informationen www.bghm.de, Webcode 1845 Medien der BGHM Überarbeitete Medien: • DGUV Information 201-003: Gebäudetechnik (Heizung, Lüftung, Sanitär) © Pavel Losevsky - Fotolia.com Erweitertes Online-Angebot Wieder verfügbare Medien: • DGUV Grundsatz 309-005: Ermächtigung von Sachverständigen für die Prüfung von Kranen durch die Berufsgenossenschaft • DGUV Information 209-036: Bandsägewerke – Arbeitssicherheit an Maschinen und Anlagen • DGUV Information 251-004: Inhalt und Ablauf der Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit • BG 10.6.1.1: Gesund im KMU • BG 30.1.1: Stoffaufnäher – Ersthelfer mit Anstecknadel BGHM-Aktuell 3|2016 5 Meldungen Gefahrenschwerpunkt Frachtcontainer © stockphoto mania - Fotolia.com Informationsangebot überarbeitet und aktualisiert Einen schweren Zwischenfall mit zahlreichen Verletzten nach dem Öffnen eines Frachtcontainers in Bayern nimmt die BGHM zum Anlass, auf das überarbeitete Online-Informationsangebot „Gefahrenschwerpunkt Frachtcontainer“ des Instituts für Arbeitssicherheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) hinzuweisen. Dieses stellt umfassendes Wissen rund um die Sicherheit und die Gesundheit beim Umgang mit Containern bereit. Ausführlich behandelt werden dabei mögliche Gefährdungen, wie beispielweise Gesundheitsgefahren durch Begasungsmittel, Pilzbefall oder ra6 BGHM-Aktuell 3|2016 dioaktive Kontamination ebenso wie Sicherheitsrisiken durch den unsachgemäßen Umgang mit Containern und entsprechende Schutzmaßnahmen. Mit Handlungshilfen, Checklisten und Hilfen zur Gefährdungsbeurteilung bietet das Informationsportal zudem praxisnahe Instrumente für alle, die mit Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz im Unternehmen betraut sind. Abgerundet wird das Angebot durch Informationen zu Gefahrstoffen und Kennzeichnungsvorschriften. Zentrales Anliegen des Informationsportals ist der Schutz der Beschäftigten bei der Arbeit. Es richtet sich an alle, die bei Ihrer Arbeit mit Frachtcontainern umgehen müssen sowie an ärztliches Personal und Rettungsdienste. Die Informationen wurden von einer Arbeitsgruppe der gewerblichen Berufsgenossenschaften und des IFA in Zusammenarbeit mit Fachleuten staatlicher Stellen und aus der betrieblichen Praxis zusammengetragen. Heinz-Jürgen Walberg, BGHM/Tbz Weitere Informationen: www.dguv.de, Webcode d25041 Sicheres & Gesundes Arbeiten EN ISO 14120 löst EN 953 ab Neue Norm für trennende Schutzeinrichtungen Die Norm EN ISO 14120 legt Anforderungen an Konstruktion und Gestaltung von trennenden Schutzeinrichtungen fest, die in erster Linie zum Schutz von Personen gegen mechanische Gefährdungen vorgesehen sind. Sie löst die Norm EN 953 ab. D ie Anforderungen aus der neuen Norm gelten sowohl für feststehende als auch für bewegliche trennende Schutzeinrichtungen. Verriegelungseinrichtungen in Verbindung mit beweglichen trennenden Schutzeinrichtungen fallen nicht unter den Anwendungsbereich dieser Norm, da diese in der EN ISO 14119:2014 behandelt werden. Was ändert sich gegenüber der EN 953? • Die Auswahl zwischen feststehenden und beweglichen trennenden Schutzeinrichtungen wird in Abhängigkeit von der Zugangshäufigkeit neu justiert, wobei für die Häufigkeit gilt 1. hoch (z. B. mehr als einmal pro Woche): bewegliche trennende Schutzeinrichtung 2. gering (z. B. weniger als einmal pro Woche): feststehende trennende Schutzeinrichtung • Die Anforderungen hinsichtlich des Entfernens feststehender trennender Schutzeinrichtungen werden verschärft. Schnellverschlüsse, wie z. B. Einpressbefestiger, dürfen nicht zum Sichern von außen verwendet werden. Zu den Schnellverschlüssen dürften auch Vorreiberschlösser zählen, die mit einer Vierteldrehung geöffnet werden können. • Die Anforderungen hinsichtlich des Zurückhaltens herausgeschleuderter Teile und anderer Stoßwirkungen werden enger gefasst. In informativen Anhängen sind dazu zwei Prüfverfahren beschrieben: 1. Ein Projektil-Test zum Prüfen der Festigkeit gegenüber Stößen mit hoher Geschwindigkeit von innerhalb des Gefährdungsbereichs insbesondere für Maschinen mit drehenden Teilen, die potenziell weggeschleudert werden können. 2. Ein Pendeltest zum Prüfen der Festigkeit gegenüber Stößen von innerhalb und außerhalb des Gefährdungsbereichs für weiche und harte Pendel mit geringerer Geschwindigkeit, wie z. B. Stöße mit beweglichen Teilen der Maschine oder des Menschen. Dabei simulieren die Stöße von außerhalb des geschützten Gefährdungsbereichs z. B. einen 90 kg schweren menschlichen Körper (Softbody) mit einer Geschwindigkeit von mindestens 1,6 m/s (Stoßenergie von mindestens E = 115 J). Die Stöße von innerhalb des geschützten Gefährdungsbereichs werden abhängig von dem vorhersehbaren Stoß durch einen zylindrischen oder kugelförmigen Prüfkörper (Hardbody) aus steifem Werkstoff wie beispielsweise Stahl und entsprechender Masse simuliert. Die ISO 14120 trägt das Ausgabedatum 1.11.2015. Die offizielle deutsche Fassung DIN EN ISO 14120 liegt jetzt vor und trägt das Ausgabedatum Mai 2016. Eine Übergangsfrist von der EN 953 zur EN ISO 14120 ist nicht vorgesehen. Ralf Kesselkaul, BGHM BGHM-Aktuell 3|2016 7 Sicheres & Gesundes Arbeiten Film zum neu en Sem ina rpr ogr am m Kur z und vers tänd lich erkl ärt: noErfa hren Sie meh r zur zielgru ppe meh rstu fizum und g rien tier ten Aus rich tun gen Auf bau . teil? Wer nim mt an den Sem inar en sind die was und ut eba aufg Wie sind sie anim atio n iebe gen aue n Inh alte ? Uns ere Sch eutl icht verd m gram pro zum neu en Sem inar . lich tänd vers und h ulic dies ans cha Seh en Sie selb st… © goodluz - Fotolia.com ww w.b ghm .de, Web cod e 2187 8 BGHM-Aktuell 3|2016 Sicheres & Gesundes Arbeiten Passgenaue Qualifizierung Seminare buchen bei der BGHM Um die Handlungskompetenz der Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer im Arbeitsschutz weiter zu stärken, hat die BGHM ihr Seminarprogramm für das Jahr 2017 grundlegend neu konzipiert (s. Ausgabe 02/2016, S. 10/11 sowie im Internet unter www.bghm.de, Webcode 1768). Was bedeutet dies ganz konkret für die Anmeldung und Buchung von Seminarplätzen? D ie Mitgliedsbetriebe entsenden die für die Organisation des Arbeitsschutzes zuständigen Beschäftigten anlassbezogen oder regelmäßig in die Seminare der BGHM. Fort- und Weiterbildungen sollten spätestens alle fünf Jahre besucht werden. Sicherheitsfachkräfte, Betriebsärzte und Sicherheitsbeauftragte sollten in kürzeren Abständen an Seminaren der BGHM teilnehmen. Die BGHM bietet den Unternehmen deshalb ein passgenaues Planungs- und Anmeldeverfahren. Dabei berücksichtigt sie die unterschiedlichen Branchen, Größen und Strukturen der Betriebe. Seminarorganisation für Großbetriebe Mitgliedsunternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten müssen ihre Personal- und Budgetplanungen meist frühzeitig vornehmen. Daher unterstützt die BGHM Großbetriebe bei Bedarf mit einer besonderen Betreuung, die in drei Schritten erfolgt: Im ersten Kalenderhalbjahr vereinbaren die Verantwortlichen der Großbetriebe und die zuständige Aufsichtsperson den grundlegenden Seminarbedarf für das Folgejahr. Ziel ist es, verfügbare Seminarplätze der BGHM frühzeitig für Großbetriebe einzuplanen. Im zweiten Schritt können die Großbetriebe spezifische Seminartermine für ihre Beschäftigten auswählen. Dies erfolgt jedoch unter der Voraussetzung, dass auch für kleinere Firmen ausreichend Seminartermine verfügbar bleiben. Ab Oktober stehen die verbleibenden Seminarplätze dann allen Mitgliedsunternehmen für das Folgejahr zur Verfügung. Diese Seminarplätze können Großbetriebe in einem Zeitfenster von vier Monaten vor der jeweiligen Seminarveranstaltung online buchen. Seminarorganisation für kleinere Betriebe Mitgliedsunternehmen mit weniger als 500 Beschäftigten buchen ihre Seminare meist kurzfristig und flexibel. Damit kleinere Betriebe den Seminarbedarf nach ihren Bedürfnissen anmelden können, stellt die BGHM ihnen die OnlineBuchung in einem Sechs-Monats-Fenster zur Verfügung. Wo liegt der weitere Nutzen? Sowohl Klein- als auch Großbetriebe erhalten komfortable und flexible Anmeldeprozeduren, einen zielgerichteten Zugang zu Seminarinformationen und kompetente Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner. Was ist bereits im Jahr 2016 zu beachten? Grundlagenseminare jetzt besuchen! Die Beschäftigten benötigen rollen- und fachspezifische Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten. Alle Teilnehmenden in Weiterbildungsseminaren 2017 sollen bereits im Jahr 2016 an den Grundlagenseminaren teilnehmen. Günter Geißler, BGHM Weitere Informationen www.bghm.de, Webcode 150 (sowie in den kommenden Ausgaben der BGHM-Aktuell) Von den neuen Seminaren schon heute profitieren Bereits 2016 bieten wir Ihnen eine Auswahl an Seminaren aus dem Programm 2017 an. So können Sie bereits jetzt von den neuen Modulen profitieren und schon dieses Jahr die Grundlagen für künftige Weiterbildungen und Spezialisierungen schaffen. Sowohl für Führungskräfte oder Auszubildende als auch beispielsweise für Betriebsratsmitglieder oder Unternehmerinnen und Unternehmer gibt es passende Angebote. Auch für konkrete Themen, wie zum Beispiel chemische und physikalische Einwirkungen oder innerbetrieblicher Transport und Lagerung, halten wir neu überarbeitete Seminare für Sie bereit. BGHM-Aktuell 3|2016 9 Sicheres & Gesundes Arbeiten Elektromagnetische Felder Was ändert sich durch die EU-Richtlinie? Die EU-Richtlinie (EU-RL) 2013/35/EU beschreibt Mindestanforderungen zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Beschäftigten vor Einwirkungen von elektromagnetischen Feldern an Arbeitsplätzen. D ie Umsetzung in deutsches Recht in Form einer „EMFVerordnung“ soll bis zum 1. Juli 2016 erfolgen. Um die sich aus der Verordnung ergebenden Forderungen für die praktische Umsetzung zu konkretisieren, werden Technische Regeln nachfolgen. Bisher regelt die DGUV Vorschrift 15 „Elektromagnetische Felder“ diesen Bereich. Es lassen sich aber bereits jetzt Unterschiede zur EU-Richtlinie (EU-RL) feststellen, die eine Neubewertung von Arbeitsplätzen erforderlich machen werden. Sowohl in der EU-RL als auch in der Unfallverhütungsvorschrift (UVV) wird der Frequenzbereich von 0 Hz bis 300 GHz geregelt. Jedoch unterscheiden sich die Schutzkonzepte. Die UVV verwendet ein 4-Zonenkonzept, unterteilt in Gefahrbereich, Bereich erhöhter Exposition, Expositionsbereich 1 und Expositionsbereich 2. terscheidung zwischen nichtthermischen Wirkungen (UVV: 0 Hz bis 91 kHz, EU-RL: 0 Hz bis 10 MHz) und thermischen Wirkungen (UVV: 29 kHz bis 300 GHz, EU-RL: 100 kHz bis 300 GHz) statt. Um einen möglichen Handlungsbedarf durch die zukünftige EMF-Verordnung erkennen zu können, ist es sinnvoll, die Auslöseschwellen der EU-RL den zulässigen Werten der UVV gegenüberzustellen. In der EU-RL werden Auslöseschwellen und sensorische sowie gesundheitliche Grenzwerte eingeführt. Die Expositionsgrenzwerte müssen eingehalten werden. Dazu reicht der Nachweis aus, dass relevante Auslöseschwellen eingehalten sind. Dies wird in der Regel durch Messungen am Arbeitsplatz geschehen. Werden die Auslöseschwellen hingegen überschritten, ist die Einhaltung der Expositionsgrenzwerte durch numerische Berechnungsverfahren nachzuweisen. Dieser rechnerische Nachweis ist auch nach der UVV (Einhaltung der Basiswerte) bei Überschreiten des zulässigen Wertes für den Bereich erhöhter Exposition zu erbringen. Expositionsgrenzwerte und Basiswerte beruhen auf den ICNIRP-Empfehlungen (International Commission on NonIonizing Radiation Protection). Die Expositionsgrenzwerte der EU-RL entsprechen den Neuerungen (1 Hz – 100 kHz) von 2010. In der UVV und in der EU-Richtlinie findet eine Un- Im Frequenzbereich zwischen 2356 Hz und 61,76 kHz hingegen ist die hohe Auslöseschwelle der EU-RL kleiner als die zulässigen Werte des Bereiches erhöhter Exposition (100 µT EU-RL zu 127,3 µT) der UVV. Diese geringe Abweichung wird keine wesentlichen Änderungen zur Folge haben und eine Neubewertung des Arbeitsplatzes ist wohl eher unwahrscheinlich, aber dennoch nicht auszuschließen. Die Auslöseschwelle für thermische Wirkungen, ab 100 kHz, wurde bis 30 MHz gegenüber den zulässigen Werten des Expositionsbereiches 1 der UVV teilweise deutlich reduziert. Eine Neubewertung für Arbeitsverfahren, wie z. B. HF-Löten oder induktives Härten, ist für diesen Frequenzbereich erforderlich. Ab einer Frequenz von 30 MHz sind Auslöseschwelle und zulässiger Wert für den Expositionsbereich 1 gleich. © psdesign1 - Fotolia.com Magnetische Felder Dabei ist festzustellen, dass die hohe Auslöseschwelle (gesundheitliche Wirkung) der EU-RL bis zu einer Frequenz von 2356 Hz keine Verschärfung darstellt. Sie liegt bis etwa 1500 Hz deutlich über den zulässigen Werten für den Bereich erhöhter Exposition der UVV. 10 BGHM-Aktuell 3|2016 Sicheres & Gesundes Arbeiten Elektrische Felder Bis 1 MHz sind die hohen Auslöseschwellen kleiner als die zulässigen Werte des Bereiches erhöhter Exposition, teilweise auch kleiner als die zulässigen Werte des Expositionsbereiches 1 der UVV. Eine neue Bewertung wird erforderlich. In der Praxis treten bis 100 kHz bei Arbeitsverfahren in der Holz- und Metallindustrie keine nennenswerten elektrischen Felder auf. Deshalb wird die Absenkung wenig Relevanz haben. Bei Arbeitsverfahren mit Frequenzen zwischen 100 kHz und 10 MHz kann ein elektrisches oder magnetisches Feld dominieren. Hier ist eine Bewertung durchzuführen. Oberhalb einer Frequenz von 1 MHz sind die Verläufe Auslöseschwelle und zulässiger Wert des Expositionsbereiches 1 gleich. Neubewertungen werden nicht erforderlich. Typische Maschinen im hochfrequenten Bereich sind z. B. HFSchweißanlagen in der Kunststoffindustrie und HF-Trockner in der Holzindustrie. Gepulste Felder Bei gepulsten Feldern, wie z. B. beim Widerstandsschweißen, treten in der Regel magnetische Felder mit sehr hohen Flussdichten auf. Die zulässigen Werte der UVV werden meist überschritten, sodass der Nachweis über die Einhaltung der Basiswerte mit numerischen Berechnungsverfahren erfolgen muss. Für den Beleg der Einhaltung der Expositionsgrenzwerte der EU-RL wird das voraussichtlich ebenso der Fall sein. Das Inkrafttreten der geplanten EMFArbeitsschutzverordnung kann Neubewertungen an einigen Arbeitsplätzen und -bereichen zur Folge haben. Dadurch können sich neue Schutzmaßnahmen oder Änderungen an solchen wie z. B. Sicherheitsabstände, Aufenthaltsdauern, Abgrenzungen, Kennzeichnungen oder Unterweisungen ergeben. Wie immer unterstützt die BGHM ihre Mitgliedsbetriebe mit fachlicher Beratung bei dieser Neubewertung. Carsten Diekel/Björn Müller, BGHM Zulässige Werte der elektrischen Feldstärke in den Expositionsbereichen 1 und 2 sowie im Bereich erhöhter Exposition nach DGUV Vorschrift 15 und Auslöseschwellen für die Exposition gegenüber elektrischen Feldern nach RL 2013/35/EU Zulässige Werte der magnetischen Flussdichte in den Expositionsbereichen 1 und 2 sowie im Bereich erhöhter Exposition nach DGUV Vorschrift 15 und Auslöseschwellen für die Exposition gegenüber magnetischen Feldern nach RL 2013/35/EU 10³ 1,E+03 1,00E+02 10² Expositionsbereich 2 1,E+02 10² Expositionsbereich 2 Expositionsbereich 1 101 1,E+01 erhöhte Exposition 1,00E+01 101 niedrige Auslöseschwelle niedrige Auslöseschwelle hohe Auslöseschwelle hohe Auslöseschwelle Auslöseschwelle (HF) Auslöseschwelle (HF) E in kV/m 100 1,E+00 B in mT Expositionsbereich 1 erhöhte Exposition -1 10 1,E-01 100 1,00E+00 10-2 1,E-02 1,00E-01 10-1 10-3 1,E-03 -4 1,E-04 10 10 1,E-05 1,E-01 10-1 -5 1,E+00 100 1,E+01 101 1,E+02 10² 1,E+03 10³ 1,E+04 104 1,E+05 105 1,E+06 106 1,E+07 107 1,E+08 108 1,E+09 109 1,E+10 1010 1,E+11 1011 f in Hz Zulässige Werte der magnetischen Flussdichte in den Expositionsbereichen 1 und 2 sowie im Bereich erhöhter Exposition nach DGUV Vorschrift 15 und Auslöseschwellen für die Exposition gegenüber magnetischen Feldern nach RL 2013/35/EU 1,E+12 1012 10-2 1,00E-02 1,00E-01 1,00E+01 1,00E+02 1,00E+03 1,00E+04 1,00E+05 1,00E+06 1,00E+07 1,00E+08 1,00E+09 108 109 1,00E+10 106 1012 10-1 1,00E+00 101 107 100 104 1011 1,00E+12 105 10² 10³ 1010 1,00E+11 f in Hz Zulässige Werte der elektrischen Feldstärke in den Expositionsbereichen 1 und 2 sowie im Bereich erhöhter Exposition nach DGUV V 15 und Auslöseschwellen für die Exposition gegenüber elektrischen Feldern nach EU-RL 2013/35/EU BGHM-Aktuell 3|2016 11 © Andrey Popov - Fotolia.com Sicheres & Gesundes Arbeiten Angebot der BGHM und der BG RCI Gefahrstoffmanagement mit GisChem Herstellerunabhängige Informationen zu Gefahrstoffen und passgenaue Unterstützung bei der Erstellung von Betriebsanweisungen erhalten Unternehmen der Branchen Holz und Metall mit dem Gefahrstoffinformationssystem GisChem. W as muss ins Gefahrstoffverzeichnis? Sind die Sicherheitsdatenblätter plausibel? Diese und weitere Fragen stellen sich all jenen, die mit Gefahrstoffen umgehen. Für kleine und mittlere Betriebe sind der sichere Umgang mit Gefahrstoffen und die zugrunde liegenden rechtlichen Anforderungen eine besondere Herausforderung. Abhilfe schafft das branchenspezifische Portal GisChem, das die Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) und die BGHM zur Verfügung stellen. Unter „www.gischem. de“ finden Interessierte frei zugänglich verschiedene Module zum Gefahrstoffmanagement. GisChem gibt Hilfestellung für die Gefährdungsbeurteilung 12 BGHM-Aktuell 3|2016 und ermöglicht insbesondere auch den Verantwortlichen aus kleineren und mittleren Betrieben, ihr Gefahrstoffmanagement zu organisieren. Gefahrstoffsuche An erster Stelle steht die Informationsermittlung. Welche Gefahren treten auf, welche Schutzmaßnahmen sind für den sicheren Umgang mit Gefahrstoffen zu treffen? Unter dem Menüpunkt „Gefahrstoffsuche“ stehen Datenblätter zur Verfügung sowie Betriebsanweisungsentwürfe für typische gefährliche Stoffe und Produktgruppen wie Schweißrauche oder Sprays. Hier können Nutzerinnen Sicheres & Gesundes Arbeiten und Nutzer Suchbegriffe wie „Lackspray“ oder „Reinigungsmittel“ eingeben. In der Suchmaske „Gewerbezweig/Verfahren“ finden sich beispielsweise im Unterpunkt „Schweißen“ sowohl die eingesetzten Gase als auch Datenblätter mit Informationen über die entstehenden Schweißrauche. Die Gefahrstoffdatenbank wird kontinuierlich erweitert. Es gibt sie auch als App für Android, iOS oder Windows-Phone. Die Datenblätter, die als PDF-Dokumente herunterzuladen sind, dürfen nicht mit HerstellerSicherheitsdatenblättern verwechselt werden. Sie enthalten neben Abschnitten zu Einstufung und Kennzeichnung sowie zu den Gefährdungen auch konkrete Empfehlungen zu Schutzmaßnahmen, zu Lagerung und Entsorgung. Betriebsanweisungsentwürfe können als Word-Dokumente heruntergeladen werden. Selbstverständlich müssen diese Entwürfe gemäß der durchgeführten Gefährdungsbeurteilung an die innerbetriebliche Situation angepasst werden. Interaktive Betriebsanweisungen Für alle Gefahrstoffe, die nicht in der GisChem-Datenbank stehen, können unter dem Menüpunkt „GisChem-Interaktiv“ trotzdem bequem Betriebsanweisungen erstellt werden. Benötigt wird dazu das aktuelle Sicherheitsdatenblatt des Lieferanten, wobei ein Frage-Antwort-Dialog genau an die richtigen Stellen dieses Blattes führt. Das System denkt in jedem Fall mit und stellt die passenden Fragen. Im Hintergrund werden die Informationen ausgewertet und dann die Inhalte der Betriebsanweisung zugeordnet. Während dieser Eingabe wird die Betriebsanweisung speziell an die arbeitsplatz- oder tätigkeitsbezogenen Gegebenheiten angepasst. Die erarbeitete Betriebsanweisung kann dann als Word- oder PDF-Datei auf dem PC gespeichert werden. Nutzerinnen und Nutzer können sich bei GisChem auch registrieren und haben es dann bei Aktualisierungen der Betriebsanweisungen einfacher. „Gemischrechner“ Wie sind selbst hergestellte Gemische von Chemikalien zu bewerten? Hierzu wurde das Modul „Gemischrechner“ entwickelt. Ausgehend von den GHS-Einstufungen der Bestandteile ermittelt dieses Modul die Einstufung und Kennzeichnung von Gemischen gemäß CLP-Verordnung (1272/2008/EG, Verordnung zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen), mit vielen weiteren Hinweisen. Am Schluss lassen sich Etiketten zur innerbetrieblichen Verwendung ausdrucken und ebenfalls Betriebsanweisungen direkt erstellen. Gefahrstoffverzeichnis Die Gesetzgebung fordert, dass Unternehmerinnen und Unternehmer ein Verzeichnis der bei ihnen eingesetzten Gefahrstoffe führen. Dieses können sie bequem mit GisChem erledigen – insbesondere dann, wenn sie auch die Betriebsanweisungen in GisChem selbst erstellt oder aus der Datenbank übernommen haben. Hierzu ist eine Registrierung sinnvoll – auch das ist natürlich kostenfrei möglich. Weitere Informationen GisChem versorgt Interessierte auch mit weiteren wichtigen Informationen rund um Gefahrstoffe. Unter dem Menüpunkt „Info“ stehen ein Downloadbereich zur Verfügung sowie ein Glossar und Broschüren zu GisChem, Links und weitere Informationen zu aktuellen Rechtstexten. GisChem steht allen Anwenderinnen und Anwendern im Internet kostenfrei zur Verfügung und wird für Mitgliedsbetriebe der BGHM und der BG RCI ständig weiterentwickelt. Im Rahmen der Kooperation der BGHM und der BG RCI wurde das bestehende Gefahrstoffinformationssystem GISMET der Metall-Berufsgenossenschaften überarbeitet und direkt in GisChem integriert. BG RCI/BGHM Weitere Informationen Kontakt zur gemeinsamen Geschäftsstelle Gefahrstoffinformation: www.gischem.de BGHM-Aktuell 3|2016 13 Sicheres & Gesundes Arbeiten Unternehmensziel Arbeitsschutz Sicheres Arbeiten will gut organisiert sein Premiere in Nürnberg: Auf der diesjährigen Messe Holzhandwerk haben Unternehmerinnen und Unternehmer erstmals am neuen BGHMArbeitsschutzforum „Gut organisiert?“ teilgenommen. A rbeitsschutz gehört für Wirtschaftstreibende zu den Unternehmenszielen, stellt aber gleichzeitig Betriebe mit kleiner Belegschaft vor Herausforderungen bei der konkreten Umsetzung. Um diese Gruppe von Unternehmerinnen und Unternehmern gezielt zu unterstützen, hat die BGHM das Arbeitsschutzforum entwickelt. Mit dem neuen Veranstaltungskonzept werden die für das jeweilige Publikum relevanten Arbeitsschutzthemen anschaulich anhand von Alltagssituationen im Betrieb vermittelt. Dazu präsentiren Fachleute der BGHM praxisnahe Arbeitshilfen für einen organisierten Arbeitsschutz im Betriebsalltag, und gingen insbesondere auf die Situation kleinerer Tischlereien und Schreinereien ein. „Teilnehmerinnen und Teilnehmer aktiv einzubeziehen war von Beginn an Bestandteil des Veranstaltungskonzepts. Das Publikum soll während der Veranstaltung befragt werden und selbst Fra- 14 BGHM-Aktuell 3|2016 gen stellen und eigene Erfahrungen einbringen können“, sagt Franz Thoma, der die Konzeption der neuen Veranstaltung federführend begleitete. Sensibilisierung, Information und Motivation Nach der Begrüßung durch Dr. Christian Wenzler, Mitglied des BGHM-Vorstandes und Hauptgeschäftsführer des Fachverbands Schreinerhandwerk Bayern, leitete Clemens Kube vom Präventionsdienst Berlin die Premiere des Forums ein. Die 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten für das Thema Arbeitsschutz sensibilisiert werden sowie Informationen über Methoden und Strategien für mehr Sicherheit bei der Arbeit erhalten. Außerdem ging es um die Motivation, dieses Thema zur sprichwörtlichen Chefsache zu machen: „Gesunde Beschäftigte in einem sicheren Arbeitsumfeld sind leistungsfähig und sehr motiviert. Das kommt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und ihrem Unternehmen zugute“, Sicheres & Gesundes Arbeiten BGHM-Stand auf der Messe Holzhandwerk: Austausch mit den BGHM-Fachleuten vor Ort erläuterte Kube. Die Unternehmensleitungen seien der Schlüssel zum erfolgreich organisierten Arbeitsschutz gerade in kleinen Betrieben. „Wenn Sie als gutes Vorbild vorangehen, färbt das auf Ihr Team ab“, so der Experte. Gute Gefährdungsbeurteilung – sicheres Arbeiten Aus welchen Elementen sich eine Arbeitsschutzorganisation zusammensetzt, erklärte Manfred Böhler vom Präventionsdienst Mainz. Er zeigte auf, dass typische Unfallursachen und Verletzungen heute meist auf menschliches Fehlverhalten zurückzuführen sind und besonders unerfahrene Beschäftigte betroffen sind: „Etwa 90 Prozent aller Unfälle an der Tischfräsmaschine unterlaufen Ihren Gesellen oder Auszubildenden. Und in nahezu drei Viertel der Fälle geschehen sie beim Einstellen oder Probefräsen“, sagte er. Die direkte Befragung des Publikums zeigte, welche Präventionsinstrumente zur Unfallvermeidung bereits bekannt sind. Die gesetzlich verpflichtende Durchführung und Dokumentation einer Gefährdungsbeurteilung wurde dabei besonders häufig genannt. Die richtige Vorgehensweise, erläuterte BGHM-Fachmann Böhler am Beispiel einer gut gesicherten Tischfräsmaschine. Mit einer anderen, oftmals unterschätzten Gefährdung befasste sich die BGHM-Expertin Nadine Mölling: der psychischen Belastung. Dabei sei zwischen günstig und ungünstig ausgeprägten Belastungsfaktoren zu unterscheiden. Gefragt nach relevanten ungünstig ausgeprägten Belastungsfaktoren wurden vom Publikum unter anderem Termindruck und Arbeitsplatzunsicherheit genannt. „Mit positiven Faktoren, wie Lob, Aner- kennung oder einer Leistungsprämie, stärken Sie die Motivation und Leistungsbereitschaft Ihrer Beschäftigten“, erklärte Mölling. Sie erläuterte die Besonderheiten einer Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen anhand der BGHMFachinformationen und ging hier ebenfalls speziell auf die Situation kleiner Betriebe ein. Bereits ein vertrauliches Vier-Augen-Gespräch könne schon viel dazu beitragen, Gefährdungen gemeinsam zu erkennen und sie zu beseitigen, sagte Mölling. Um den Anwesenden die Leistungen und Unterstützungen der BGHM für Versicherte und Mitgliedsunternehmen nach einem Arbeitsunfall zu vermitteln, schilderte schließlich Reha-Manager Armin Ueberschär einen echten Reha-Fall: Von seiner Begleitung und kontinuierlichen Betreuung des Verunglückten, über die Anpassung seines Heilbehandlungsplans an die Genesung des Versicherten bis hin zur Steuerung der Umschulung und Wiedereingliederung in einen neuen Beruf. Schlusspunkt des Arbeitsschutzforums bildete ein Besuch des BGHM-Messestandes. Hier gab es nochmals Gelegenheit zum Austausch mit den BGHM-Fachleuten vor Ort. „Die Premiere war ein gelungener Auftakt der Veranstaltung. Das Konzept kam bei unseren Mitgliedsbetrieben aus der Holzbranche sehr gut an und hat sich bestens bewährt“, meint Christiane Most, Leiterin der Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit. Die neue Veranstaltungsform wird daher in Zukunft auch für weitere Zielgruppen der BGHM-Mitgliedsbetriebe Anwendung finden. Thomas Ulmer, BGHM BGHM-Aktuell 3|2016 15 Sicheres & Gesundes Arbeiten Schwerpunktthema Juni 2016 Maschinen ohne CE Vor über 20 Jahren sorgte das Inkrafttreten der EG-Maschinenrichtlinie für eine Zäsur bei den betrieblichen Maschinen und Anlagen. Seitdem wird unterschieden zwischen Altmaschinenbestand ohne CE-Kennzeichnung und neuen Maschinen, die CE-gekennzeichnet sind. 16 BGHM-Aktuell 3|2016 Sicheres & Gesundes Arbeiten D ie Sicherheit von Maschinen in Europa oder dem europäischen Wirtschaftsraum regeln europäische Richtlinien, welche die Mitgliedsländer der Europäischen Union in nationale Rechtsvorschriften umsetzen müssen. Diese Richtlinien werden mit dem Ziel erlassen, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten anzugleichen, um die reibungslosen Abläufe im Binnenmarkt zu gewährleisten. Rechtsgrundlage dieser Richtlinien bildet Artikel 114 des Vertrages über die Arbeitsweise der europäischen Union (AEUV). Sie dienen vorrangig der technischen Harmonisierung und beziehen sich unter anderem auf die Produktsicherheit. In Deutschland erfolgte die Umsetzung der EG-Maschinenrichtlinie (2006/42/EG) durch das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) und die entsprechende Maschinenverordnung (9. ProdSV). Maschinen müssen sicher sein Bereits die Einführung der „ersten“ EG-Maschinenrichtlinie (89/392/EWG) am 1. Januar 1993, die eine zweijährige Übergangsfrist enthielt und im Laufe der letzten Jahre überarbeitet und angepasst wurde (98/37/EG und 2006/42/ EG), verpflichtete die Hersteller, nur sichere Maschinen auf den Markt zu bringen. Maschinen dürfen also nur dann in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, wenn sie bei bestimmungsgemäßer Verwendung die Sicherheit und die Gesundheit von Personen nicht gefährden. Die Einhaltung dieser gesetzlichen Anforderung bestätigt der Hersteller durch das Anbringen des CE-Zeichens an seiner Maschine. Zudem erklärt er durch das Ausstellen einer Konformitätserklärung, dass die Maschine den gültigen Rechtsvorschriften entspricht (EG-Richtlinienkonformität). Alle Maschinen, die nach dem 1. Januar 1995 in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen wurden, müssen das EG-Konformitätsbewertungsverfahren der jeweils gültigen EG-Maschinenrichtlinie durchlaufen haben. Neben den eingangs beschriebenen Binnenmarktrichtlinien wurden auch Richtlinien zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen geschaffen (Grundlage Artikel 153, AEUV). Die EG-Rahmenrichtlinie zum Arbeitsschutz (89/391/EWG) fällt in diesen Bereich. Dabei dürfen die Mitgliedsstaaten, um ein höheres Sicherheitsniveau zu erreichen, auch strengere Maßnahmen fordern als die EG-Richtlinie. Die Maßnahmen sollen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten am Arbeitsplatz beitragen. Die nationale Umsetzung der EG-Rahmenrichtlinie in Deutschland erfolgte über das Arbeitsschutzgesetz. Zur Konkretisierung der EG-Rahmenrichtlinie wurde zudem eine Reihe von Einzelrichtlinien erlassen. Eine von den Arbeitgebern als Benutzer von Maschinen und Anlagen anzuwendende Einzelrichtlinie ist die Arbeitsmittelbenutzungsrichtlinie 89/655/EWG. Die Ursprungsfassung dieser Richtlinie wurde durch die Arbeitsmittelbenutzungsverordnung in deutsches Recht umgesetzt. Im Oktober 2002 wurde sie allerdings außer Kraft gesetzt und durch die (damalige) Betriebssicherheitsverordnung ersetzt. Stand der Technik Die „neue“, seit dem 1. Juni 2015 gültige Betriebssicherheitsverordnung fordert, dass Unternehmen ihren Beschäftigten nur Maschinen zur Verfügung stellen dürfen, deren sicheres Betreiben dem Stand der Technik entspricht. Diese Forderung gilt auch für Altmaschinen. In Form einer Gefährdungsbeurteilung muss die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber bei der Verwendung von Arbeitsmitteln die auftretenden Gefährdungen, die sich aus den Arbeitsmitteln selbst, der Arbeitsumgebung und den Arbeitsgegenständen, an denen Tätigkeiten mit Arbeitsmitteln durchgeführt werden, beurteilen und daraus die notwendigen und geeigneten Schutzmaßnahmen nach der Maßnahmenhierarchie technisch – organisatorisch – personell ableiten. Eine sogenannte „Bestandschutzregelung“ existiert nicht! Betreiber von Altmaschinen dürfen sich daher nicht auf das Sicherheitsniveau berufen, das zum damaligen Zeitpunkt der ersten Inbetriebnahme gegolten hat. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der jetzigen Verwendung. Auch für Maschinen mit CE-KennBGHM-Aktuell 3|2016 17 Sicheres & Gesundes Arbeiten Spannfutter und Drehwerkzeug einer modernen Drehmaschine mit CE-Kennzeichnung zeichnung muss der Betreiber eine Gefährdungsbeurteilung durchführen. Die CE-Kennzeichnung entbindet ihn nicht von den Pflichten, die ihm in der Betriebssicherheitsverordnung auferlegt werden. Maschinen ohne CE Welche Gründe können vorliegen, dass eine Maschine ohne CE-Kennzeichnung in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen wurde? Mögliche Beispiele dafür sind unter anderem: • Sogenannte Altmaschinen, die vor dem 1. Januar 1995 durch den Hersteller in Verkehr gebracht oder durch den Arbeitgeber in Betrieb genommen wurden. • Die Maschine stammt aus den ersten Jahren nach dem Inkrafttreten der EG-Maschinenrichtlinie 89/392/EWG. Allerdings wurde zu diesem Zeitpunkt das EG-Konformitätsbewertungsverfahren nicht konsequent durchgeführt. • Eigenbaumaschinen, bei denen aufgrund mangelnden Rechtswissens nicht das EG-Konformitätsbewertungsverfahren angewendet wurde. • Unvollständige Maschinen, die trotz Inbetriebnahmeverbot „alleine“ (ohne Schutzeinrichtung) betrieben werden, oder die nach dem Zusammenfügen zur vollständigen Maschine nicht dem EG -Konformitätsbewertungsverfahren unterzogen wurden. Unsichere Maschinen gefährden die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten am Arbeitsplatz. Daher ist es unumgänglich, dass derartige Maschinen einer Überprüfung unterzogen werden, um die Übereinstimmung mit den gesetzlichen Anforderungen festzustellen. Maschinen, die durch den Hersteller ohne CE-Kennzeichnung in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen wurden, sind auch im Nachhinein dem Konformitätsbewertungsverfahren zu unterziehen. Dabei muss der Hersteller anhand der EG-Maschinenrichtlinie (2006/42/EG) sicherstellen, dass • die Maschine die in Anhang I aufgeführten, für sie geltenden grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen erfüllt, • die in Anhang VII Teil A genannten technischen Unterlagen verfügbar sind, • insbesondere die erforderlichen Informationen, wie die Betriebsanleitung, zur Verfügung stehen, • das zutreffende Konformitätsbewertungsverfahren gemäß Artikel 12 durchgeführt wird, • die EG-Konformitätserklärung gemäß Anhang II Teil 1 Abschnitt A ausgestellt wurde und der Maschine beiliegt und, dass • die CE-Kennzeichnung gemäß Artikel 16 angebracht wird. © Kadmy - Fotolia.com Bei Maschinen, die „erstmalig oder zeitnah“ in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen wurden, ist die Nachrüstung auf den heutigen Stand der Technik sowie der dokumentarische Aufwand sicherheitstechnisch und wirtschaftlich vertretbar. Schwieriger wird die Beurteilung bei „älteren“ Maschinen, die in den ersten Jahren nach dem 18 BGHM-Aktuell 3|2016 Sicheres & Gesundes Arbeiten Nutzen Sie das Plakat und die Checkliste zum Schwerpunktthema im Monat Juni für Ihre betriebliche Präventionsarbeit. Sie sind Bestandteil des BGHM-Wandkalenders. Inkrafttreten der heute ungültigen EG-Maschinenrichtlinie 89/392/EWG in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen wurden. Je größer der zeitliche Abstand zu den heute gültigen sicherheitstechnischen Anforderungen, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass das EG-Konformitätsbewertungsverfahren unterschiedliche Probleme aufwirft. Zum einen kann bei einigen Maschinen die Steuerungstechnik nicht auf den heutigen Stand umgerüstet werden, zum anderen kann eine nachträgliche CE-Kennzeichnung zu einer enormen wirtschaftlichen Härte führen. Darüber hinaus können durch „alte“ Bau- und Ausrüstungsbestimmungen womöglich neue Gefährdungen entstehen, denn auch in allen anderen Bereichen hat sich der Stand der Technik weiterentwickelt. Eine Beurteilung bezüglich Sicherheit und Gesundheitsschutz von Maschinen muss daher immer im Einzelfall erfolgen. Empfehlung Durch die CE-Zertifizierung kann es bei „älteren“ Maschinen zu oben genannten Problemen kommen. Um das gesetzliche Schutzziel „Maschinen müssen sicher betrieben werden können“ zu erreichen, muss deshalb die Maschinensicherheit auf andere Art und Weise gewährleistet sein. Gemäß der Betriebssicherheitsverordnung darf an Maschinen nur gearbeitet werden, nachdem • eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt wurde, • die ermittelten Schutzmaßnahmen zum sicheren Betrieb nach dem Stand der Technik umgesetzt sind und • festgestellt wurde, dass die Verwendung von Arbeitsmitteln nach dem Stand der Technik sicher ist. Die höchste Wirksamkeit geht von der Vermeidung, Beseitigung und Reduzierung der vorliegenden Gefährdungen durch technische, organisatorische, persönliche sowie verhaltensbezogene Schutzmaßnahmen aus. Die Verwendung persönlicher Schutzausrüstung ist für alle Beschäftigten auf das erforderliche Minimum zu beschränken. Vor der erstmaligen Verwendung von Arbeitsmitteln haben die Verantwortlichen die Beschäftigten in einer angemessenen und verständlichen Form über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit zu unterweisen. Entsprechend ist auch eine Betriebsanweisung für den sicheren Betrieb der Maschinen und Anlagen zur Verfügung zu stellen. Wenn diese vorgenannten Anforderungen erfüllt sind, kann auf eine nachträgliche CE-Kennzeichnung verzichtet werden. Auf eine Besonderheit sei noch hingewiesen: Die „Nicht CE-Maschinen“ erreichen hierdurch auch nicht den Grad von Gebrauchtmaschinen nach §3 (2) ProdSG, sie dürfen also auch nicht gehandelt werden. Stephan Dommin/Alois Hüning, BGHM BGHM-Aktuell 3|2016 19 Leben & Leistung Beinahe-Handverlust an Bandsäge Von einem Trauma keine Spur „Heiter bis wolkig, schwach windig, bis 17 Grad.“ Das meldet der Deutsche Wetterdienst für den Raum Duisburg am 14. Oktober 2014. Ein normaler Herbsttag also, der in der Erinnerung von Lydia Schrade auch ganz normal anfing. Dennoch wird sie dieses Datum wohl nicht mehr vergessen. D er Unfall ereignet sich zwischen 17:00 und 17:15 Uhr an einer Bandsäge in der Duisburger Modellfabrik: Lydia Schrade fertigt Vorlagen für Acrylglas-Rohlinge und arbeitet an jenem Tag etwas länger. Sie will die wichtigsten Arbeiten erledigt haben, denn ihr 23. Geburtstag steht unmittelbar bevor. Und so kommt es, dass kaum noch jemand in der Firma ist, als es passiert. Beim Zuschneiden der Vierkantstäbe kommt sie mit ihrer linken Hand in die laufende Säge, danach ist nichts mehr wie vorher: Nur zwei Sehnen und ein Hautlappen verbinden die Hand noch mit dem Unterarm. Und ein langer Streifen ihrer Jacke hängt in der Maschine. Zuerst habe sie das viele Blut gesehen, ihre linke Hand f e s tge h a lte n und geschrien, erin- 20 BGHM-Aktuell 3|2016 nert sie sich. Woraufhin der entsetzte Betriebsleiter Eberhard Pracht sofort den Notarzt ruft. Dann aber sei sie „ziemlich klar“ vor die Tür gegangen. Sie brauche etwas zum Abbinden, sagt sie zum Betriebsleiter, ob er einen Gürtel habe? Gemeinsam schnüren sie den linken Arm ab und stoppen so den Blutverlust. Danach läuft Pracht zum Hauptgebäude, um Hilfe zu holen. Der Krankenwagen ist zum Glück schnell vor Ort, die Prognosen der Sanitäter aber bleiben so niederschmetternd wie das gesamte Bild. Die Hand sei nicht mehr zu retten, vermuten sie nach ihrem ersten Eindruck. Dem Krankenwagen folgt der Rettungshubschrauber und mit ihm der Notarzt. Und erst in dem Moment, in dem der Arzt sie mit einer Spritze erlöst, reißen die Erinnerungen der jungen Frau ab. Ihre Hand blieb ihr erhalten 17 Monate später, im März 2016, sitzt sie wieder im Betrieb und schildert vollkommen ruhig ihr Erleben – keine zehn Meter von der Unfallstelle entfernt. Von einem Trauma keine Spur. Seit fünf Monaten ist sie zurück in der Firma und hat inzwischen auch wieder an der Säge gearbeitet. Würden die Narben an ihrem Handgelenk und die nach wie vor etwas gekrümmte Haltung ihrer linken Hand nicht von dem Unfall zeugen, man wäre geneigt zu glauben, es sei nichts geschehen. Denn ihre linke Hand hat sie dann doch behalten dürfen, dank des Einsatzes und der Erfahrung des Ärzteteams in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Duisburg. „Es ist immer wieder erstaunlich, wie unterschiedlich die Menschen solche Unfälle verarbeiten“, wundert sich BGHM-Rehamanager Wilhelm Frickel über die junge Frau. Für ebenso bemerkenswert hält er aber die Einstellung des Geschäftsführers der Duisburger Leben & Leistung Modellfabrik. Denn Herbert Schild macht von Anfang an klar, diesen Unfall „nur“ als „krankheitsbedingten Ausfall“ zu behandeln. Für ihn habe die Weiterbeschäftigung von Lydia Schrade nie zur Debatte gestanden, versichert er. CAD-Kompetenz erweitert Entsprechend einfach gestaltet sich dann die Wiedereingliederung der Modellbauerin. Ziemlich bald nach dem Unfall hat Schild die Lösung: Er will Lydia Schrade für den Einsatz in der CAD/ CAM-gestützten Konstruktion der ebenfalls zum Betrieb gehörenden Gießereimodelle aufbauen. Zwar habe sie bereits Erfahrungen mit derartigen Programmen in der Rohlingsproduktion sammeln können, erzählt er, nur seien die Anforderungen im Gießereibereich ungleich höher. Von diesem Plan bis zur ersten Schulung der 24-Jährigen mit der notwendigen Software ist es dann kein weiter Weg mehr. Neben den gesamten Therapie- und Eingliederungszahlungen übernimmt die BGHM auch diese Kosten. Heute arbeitet Lydia Schrade in beiden Bereichen – je nach Bedarf und Auftragslage. Und blickt auf die Ereignisse von vor 17 Monaten zurück, wie sie – damals noch unter Schock stehend – unmittelbar nach dem Unfall reagiert hat: pragmatisch. Pragmatisch geht auch Geschäftsführer Herbert Schild mit der Situation um, auch wenn es unmittelbar nach dem Unfall chaotisch und undurchsichtig zuging, wie er sagt. „Man wusste ja gar nicht, was los war“, erinnert er sich. So schien es zunächst seine Aufgabe, den Eltern vom Verlust der linken Hand ihrer Tochter zu berichten. Die aber hatten am Morgen nach dem Unfall bereits eine seltsame Mitteilung auf ihrem Anrufbeantworter: Es habe einen Unfall gegeben, die Hand sei wieder dran. Noch unter der Einwirkung der Narkose stehend hatte Lydia Schrade offensichtlich selbst versucht, ihre Eltern auf diese Weise zu beruhigen. Sie arbeite heute mit deutlich mehr Respekt an der Säge, gesteht sie. Allerdings wisse sie auch, dass die Maschine „ihr ja nichts getan habe“. Überhaupt habe sie vorhandene Hilfsmittel nicht eingesetzt und sich für das Sägen des unförmigen Werkstücks auch keine Hilfe geholt. Noch hat sie ein paar Operationen vor sich. Als nächstes soll das Metall aus ihrer Hand wieder entfernt werden. Es gebe jetzt auch „etwas mehr zu tun“, beschreibt sie eine weitere Veränderung und meint ihre regelmäßigen Termine bei Physio- und Ergotherapeuten. Sie muss ihre Hand trainieren, um möglichst viel der alten Beweglichkeit wiederherzustellen. Auch wenn dies nie mehr ganz gelingen wird. Ihr fehlt das Gefühl im kleinen Finger, Ring- und Mittelfinger lassen sich nicht ganz beugen. Und richtig zupacken kann sie auch nicht mit der linken Hand. Ansonsten aber verkörpert sie längst wieder das ganz normale Leben eines jungen Menschen: Derzeit weilt sie in Japan und erfüllt sich damit einen schon etwas länger gehegten Traum. Hat nach dem Unfall von Lydia Schrade (links) eine gute Lösung für deren Weiterbeschäftigung gefunden: Herbert Schild, Geschäftsführer der Duisburger Modellfabrik. Klaus Taubitz, BGHM BGHM-Aktuell 3|2016 21 Leben & Leistung Berufsbedingte Lendenwirbelsäulenerkrankungen Was Sie wissen Zur berufsbedingten Lendenwirbelsäulenerkrankung (BK 2108) sind bei der BGHM im vergangenen Jahr etwa 650 neue Verdachtsanzeigen eingegangen. Damit ist diese Berufskrankheit eine der am häufigsten gemeldeten Erkrankungen. D er Begriff der bandscheibenbedingten Lendenwirbelsäulenerkrankung bezeichnet Verschleißerscheinungen an den Wirbelkörpern, die ursächlich auf eine Schädigung der Bandscheiben zurückzuführen sind. Außerdem müssen eine darauf zurückzuführende Beschwerdesymptomatik und der Zwang zur Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit bestehen, damit die Erkrankung als Berufskrankheit anerkannt werden kann. Im Einzelfall ist zu ermitteln, ob die berufliche Tätigkeit die wesentliche Ursache des vorliegenden konkreten Schadens darstellt. Da derartige Beschwerden häufig auch andere als berufliche Ursachen haben, haben führende Mediziner Empfehlungen für die Zusammenhangsbegutachtung erstellt. Diese sind derzeit Grundlage für die Klärung des beruflichen Zusammenhangs. © Kadmy - Fotolia.com Berufsbedingte Wirbelsäulenbelastungen Wesentliche berufliche Ursache kann das fortgesetzte, langjährige Heben und Tragen schwerer Lasten sein. Wirken auf die Bandscheiben der Lendenwirbelsäule (LWS) häufig hohe Druckkräfte ein, können diese das Bandscheibengewebe schädigen. In der Folge sind degenerative Veränderungen der Bandscheiben und Wirbelkörper möglich. Hohe Druckkräfte treten auch bei längeren extremen Beugehaltungen des Rumpfes auf. Neben den gehobenen oder getragenen Lastgewichten hängt die Höhe der Druckkräfte wesentlich von der dabei eingenommenen Körperhaltung ab. So belasten körpernah getragene kompakte Lasten die LWS weniger als sperrige Lasten, die weiter von der Körperachse entfernt getragen oder in vorgebeugter oder verdrehter Körperhaltung vom Boden aufgenommen werden. Die Erklärung dazu liefern die physikalischen Gesetze der mechanischen Hebelwirkung. Wie sieht das Schadensbild aus? Das Heben und Tragen schwerer Lasten oder extreme Rumpfbeugehaltungen wirken mit erheb22 BGHM-Aktuell 3|2016 Leben & Leistung sollten! lichen Kräften auf die gesamte LWS ein. Ist die Belastung zu hoch, kann dies die Bandscheiben in Mitleidenschaft ziehen. Biomechanisch nehmen die Belastungen von unten nach oben hin ab. Dementsprechend sind die ausgeprägtesten Verschleißerscheinungen am LWS-Segment L5/S1 zu erwarten und nehmen zu den oberen LWS-Segmenten hin ab. Maßnahmen der Sekundärprävention, um der Entstehung einer Berufskrankheit entgegen zu wirken Erhält die BGHM Kenntnis von konkreten Anhaltspunkten für die beruflich verursachte Entstehung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule, kann sie auch zusätzlich sekundärpräventiv tätig werden. Dabei kann sie im Einzelfall, im Rahmen von individuellen Beratungen, die Unterstützung spezieller Maßnahmen der Verhältnisprävention und Verhaltensprävention prüfen, um der Manifestierung der Beschwerden als Berufskrankheit entgegenzuwirken. Welche Leistungen erbringt die BGHM bei anerkannter BK 2108? Ist die Anerkennung als BK erfolgt, also der Bezug zur beruflichen Tätigkeit belegt und der vorliegende Zwang zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeit vollzogen, übernimmt die BGHM die am Bedarf der oder des Erkrankten ausgerichteten Kosten für die medizinische, berufliche und soziale Rehabilitation. Je nach Grad der Beeinträchtigung ist auch die Gewährung einer Rente möglich. Was können Betroffene tun? Wer an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS leidet, eine die Wirbelsäule belastende berufliche Tätigkeit verricht und hier einen Zusammenhang vermutet, kann eine Anzeige auf Verdacht einer Berufskrankheit an die BGHM richten. Dies kann auch von betriebs- oder fachärztlicher Seite erfolgen. Die BGHM wird dann die erforderlichen Ermittlungen durchführen. Welche Maßnahmen der Prävention gibt es? Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung an Arbeitsplätzen sind die BelastunEine gut ausgen der Wirbelsäule beim Handhaben von Lasten zu ermitteln und gebildete Rumpfzu bewerten. Diese sind dann über und Rückenmuswirksame Maßnahmen auf ein akzeptables Maß zu begrenzen. Dakulatur stärkt die bei ist nicht nur das Gewicht der Wirbelsäule. regelmäßig gehandhabten Lasten zu betrachten. Ebenso müssen die bei der Lastenhandhabung eingenommenen Körperhaltungen berücksichtigt werden. Neben der Arbeitsplatzgestaltung können technische Schutzmaßnahmen wie Hebehilfen oder Hebezeuge, Hub- und Kipptische, Wendevorrichtungen oder Transportmittel die Belastung verringern. Sehr schwere Lasten sollten nicht allein oder ohne Hilfsmittel gehoben werden. Nicht zuletzt hilft auch eine gut ausgebildete Rumpf- und Rückenmuskulatur dabei, den Beanspruchungen der Wirbelsäule entgegenzuwirken. Regelmäßiger Sport oder gezielte Rückenschulprogramme sollten die notwendigen arbeitsplatzbezogenen Maßnahmen ergänzen. Torsten Schröter/Jens Pusch, BGHM Auszug aus der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung BK-Nr. 2108: Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. BGHM-Aktuell 3|2016 23 Leben & Leistung Das Berufskrankheiten-Management der BGHM „Wir stehen in engem Kontakt zu allen Beteiligten“ Seit vielen Jahren gibt es das Rehabilitations-Management nach Arbeitsunfällen. Dem hat die BGHM im vergangenen Jahr flächendeckend ein vergleichbares Verfahren für Berufskrankheiten (BK) – das BK-Management – hinzugefügt. B Stehen hier Rede und Antwort: Stephanie Boss, Gunther Haller und Christiane Förster (von links). 24 GHM-Aktuell hat dazu Stephanie Boss, Christiane Förster und Gunther Haller befragt. Alle drei sind BK-Managerinnen beziehungsweise BK-Manager der Bezirksverwaltung Stuttgart. z. B. hinsichtlich eventuell notwendiger Pflegeleistungen. Neu ist, dass wir nun zusätzlich die Bearbeitung oder Betreuung auch anderer komplexer BK-Fälle übernehmen. BGHM-Aktuell: Was hat sich durch die Einführung des BK-Managements für Sie geändert? Stephanie Boss: Bis zur Einführung des BKManagements waren wir ausschließlich in der Krebssondersachbearbeitung tätig. Im Zuge dieses Verfahrens führen wir nach Eingang einer neuen BK-Meldung gemeinsam mit unserem Präventionsdienst ein Erstgespräch mit den Versicherten, erheben unbürokratisch alle notwendigen Informationen, beraten zu Sozialleistungen und klären bereits den Bedarf, Was sind komplexe BK-Fälle? Christiane Förster: Das sind Fälle, in denen Versicherte eine regelmäßige individuelle Betreuung und Präsenz vor Ort benötigen, zum Beispiel wenn es krankheitsbedingte Schwierigkeiten am Arbeitsplatz oder im Heilverlauf gibt. BGHM-Aktuell 3|2016 Können Sie hierfür Beispiele nennen? Gunther Haller: Vor Kurzem habe ich einen Versicherten mit einer beruflich verursachten Atemwegserkrankung betreut. Gemeinsam mit mei- Leben & Leistung nem Kollegen vom Präventionsdienst haben wir uns den Arbeitsplatz unter Gefährdungsgesichtspunkten angesehen und die Umsetzung auf einen gefährdungsfreien Arbeitsplatz besprochen. Diese Lösung wurde dann innerbetrieblich im Einvernehmen mit allen Beteiligten erfolgreich umgesetzt. Christiane Förster: Ein an Nasenkrebs erkrankter Versicherter sollte keinen Kontakt zu Holzstäuben mehr haben. Deshalb musste er seinen bisherigen Arbeitsplatz verlassen. Sein Betrieb hat daraufhin ein komplett neues Tätigkeitsfeld geschaffen. So konnte er sein Know-how weiterhin einbringen und im Betrieb gehalten werden. Gelungen ist dies vor allem durch die vernetzte Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber, dem behandelnden Arzt und dem Betriebsarzt. Gibt es auch Versicherte, die aufgrund einer Berufskrankheit nicht mehr arbeiten können? Christiane Förster: Ja, das sind schwere Erkrankungen, die eine weitere Erwerbstätigkeit ausschließen. Ein Beispiel dafür ist der Fall eines Versicherten, der unter einer schweren fortschreitenden Lungenerkrankung leidet und auf eine mögliche Lungentransplantation vorbereitet wird. Da er in diesem Zusammenhang viele Ängste aufgebaut hat, begleiten wir ihn gemeinsam mit den Fachärzten und haben für ihn auch eine psychotherapeutische Unterstützung organisiert. Betreuen Sie auch Versicherte, die schon im Ruhestand sind? Stephanie Boss: Ja, natürlich. Nicht selten tritt eine Berufskrankheit erst nach Ausscheiden aus dem Berufsleben auf. Da der Leistungsanspruch der Berufsgenossenschaft dann erhalten bleibt, halten wir auch zu diesen Versicherten regelmäßig persönlichen und telefonischen Kontakt. Wie sieht die Betreuung aus? Gunther Haller: Wir sprechen mit den Versicherten vor Ort, beraten aber auch deren Angehörige und bieten bedarfsgerechte Unterstützung, z. B. bei der Pflege, an. Die engmaschige Betreuung gewährleistet die Nähe zum Versicherten. Und wir können so auf Veränderungen schnell reagieren. Entsteht durch die individuelle persönliche Betreuung eine Beziehung zu Ihren Versicherten und deren Angehörigen? Stephanie Boss: Ja, denn wir wollen dem Versicherten unnötige Belastungen in dieser besonderen Lebenssituation abnehmen. Da entsteht automatisch Nähe. Reicht der enge Kontakt zu den Versicherten oder Angehörigen aus, um eine optimale Betreuung sicherzustellen? Gunther Haller: Nein, wir müssen auch in engem Kontakt zu allen weiteren Beteiligten, wie den Pflegediensten, den Ärzten und Sozialdiensten in den Krankenhäusern stehen. So sind wir immer auf dem aktuellen Informationsstand und können einen Handlungsbedarf rechtzeitig erkennen. Außerdem stellen wir auf diese Weise sicher, dass die Versicherten nach einem stationären Aufenthalt auch zu Hause über die notwendigen Hilfsmittel, wie Pflegebett und Sauerstoffgerät verfügen. Für unsere Leistungserbringung ist im Gegensatz zu anderen Sozialversicherungszweigen, wie der Pflegeversicherung, keine Antragstellung erforderlich. Sind darüber hinaus noch Maßnahmen denkbar? Christiane Förster: Ja, im häuslichen Bereich veranlassen wir im Einzelfall auch mal den behindertengerechten Umbau des Bades oder den Einbau eines Treppenlifts. Der enge Kontakt zu den Versicherten ist doch nicht selten auch mit belastenden Situationen verbunden. Wie kommen Sie damit zurecht? Christiane Förster: Jeder hat für sich individuelle Verarbeitungsstrategien entwickelt. Uns steht aber auch professionelle Unterstützung durch einen Coach zur Verfügung, mit dem wir uns in regelmäßigen Abständen im Rahmen von Supervisionen treffen. Aber auch zwischendurch ist er immer für uns erreichbar. Gernot Seibel, Helmut Straß, Stephanie Boss, Christiane Förster, Gunther Haller, BGHM BGHM-Aktuell 3|2016 25 Sicheres & Gesundes Arbeiten 26 BGHM-Aktuell 3|2016 Sicheres & Gesundes Arbeiten Betriebsgründung und Arbeitssicherheit „Ich bin froh, dass ich Euch habe!“ Im Sommer und Herbst 2004 dürfte sich so mancher Passant beim Überqueren einer Autobahnbrücke in Mecklenburg-Vorpommern gewundert haben: Da saß Jan Neumann den lieben langen Tag und zählte Autos, genauer gesagt Tank-Lkw aus der Lebensmittelbranche. Damals war Neumann 37 und arbeitslos, aber er hatte eine Idee. H eute betreibt er drei Reinigungsanlagen für genau solche Lkw, zwei davon in Mecklenburg-Vorpommern, eine in Thüringen. 31 Beschäftigte zählt sein Unternehmen TSclean für Tank- und Siloreinigung inzwischen. An acht Bahnen säubern sie monatlich über 2.000 Lkw und bringen sie, bereit für neue Ladung, wieder auf die Straßen. Womit sich die einleitende Ermittlung des Verkehrsaufkommens ganz offensichtlich gelohnt hat. Von ungefähr kam Neumanns Betriebsidee dabei aber nicht. Vor seiner Auszeit saß er selbst auf dem Bock, fuhr Tankwagen für die Lebensmittelbranche. „In der Zeit habe ich viele Reinigungsanlagen gesehen“, versichert Neumann, „solche mit guter und solche mit schlechter Technik.“ Zurück in die Heimat „Die Stellung der Lkw-Fahrer ist schlecht“, stellt er rückblickend fest. Das sei auch der Grund für seinen Ausstieg gewesen. Außerdem firmierte sein Arbeitgeber in Schweinfurt, der gebürtige Demminer wollte aber zurück in seine Heimat nach Mecklen- burg-Vorpommern. Und weil er als Chef noch kräftig mit anpackt („Gestern haben wir tonnenweise Schokoladenreste aus den Wagen gekratzt!“), kennt er die Gefährdungen, denen seine Beschäftigten täglich ausgesetzt sind, aus eigenem Erleben. Die wesentlichste davon bringt er auf den Punkt: „Na ja, man turnt da oben auf den Lkw-Tanks rum.“ BG-Fachleute bezeichnen das als hochgelegene Arbeitsplätze. Anfangs sind seine Beschäftigten noch von hinten über die Lkw-Leiter auf die über drei Meter hohen Tanks geklettert. „Das war keine gute Lösung“, befindet Neumann heute. Genauso wenig zufrieden war er mit der Lösung, Persönliche Schutzausrüstung (PSA) gegen Absturz einzusetzen. Zum einen behinderten die Gurte die Männer bei der Arbeit, zum anderen verdreckten die Geschirre und wurden schnell unbrauchbar. An diesem Punkt sei die Idee mit den zu beiden Seiten eines jeden Lkws aufgestellten Auffangnetzen und der Aufstiegstreppe entstanden, berichtet der Praktiker mit Hang zu klaren Lösungen. Und hat er erst einmal ein Ziel BGHM-Aktuell 3|2016 27 Sicheres & Gesundes Arbeiten weil er dort auf einfache Weise in Kontakt zu Menschen gekommen ist, die wie er in der Betriebsgründung steckten. „Am Anfang denkst du nicht an die Arbeitssicherheit, weil da so viele andere Dinge zu klären sind“, betont er und erzählt seine Geschichte von der Arbeitslosigkeit in den Existenzgründerkurs des Arbeitsamtes, von der – äußerst knappen – Kreditbeschaffung bis hin zum Bau der ersten Betriebsstätte in Fahrbinde. Ein befreundeter Unternehmensberater machte ihn dann auf die BGZugehörigkeit aufmerksam. Dem Hinweis folgte eine kurze Odyssee durch mehrere Berufsgenossenschaften, bis er schließlich bei der Vorgängerin der BGHM landete. Heute sucht Neumann die Zusammenarbeit mit der BG und lobt deren Beratung: „Ich bin froh, dass ich Euch habe“, stellt er klar. Zufrieden: Jan Neumann (rechts) erhält zum zweiten Mal das BGHM-Gütesiegel "Sicher mit System", in diesem Fall aus den Händen von Thomas Sponholz, der für den Betrieb zuständigen Aufsichtsperson der BGHM. 28 Das BGHM-Gütesiegel zum Zweiten Die Ergebnisse dieser Zusammenarbeit können sich sehen lassen: 2015 ist TSclean zum zweiten Mal mit dem BGHM-Gütesiegel „Sicher mit vor Augen, dann kann ihn nicht mehr viel auf- System“ zertifiziert worden. „Zum ersten Audit halten. Auch Zusatzkosten scheut er dabei nicht. bringt der Betrieb sein Arbeitsschutz-ManageDenn während die Lösung mit der PSA gegen die ment auf Vordermann“, stellt die für die ReiniAbstürze ihn nach eigenem Bekunden 1.000 Euro gungsanlagen in Fahrbinde zuständige BGHMpro Bahn gekostet hätte, lag das Aufstellen der Aufsichtsperson Thomas Sponholz klar, „beim Treppe und der Auffangnetze bei jeweils 8.000 zweiten Mal wird geprüft, ob er sein System auch wirklich lebt.“ Das hat Neumann unter Beweis Euro. gestellt, auch wenn er anfangs zögerAllerdings sei es nicht einfach gewelich war: „Ich wollte das wegen sen, jemanden zu finden, der das des Aufwandes nicht“, gibt er baut, erzählt Neumann. „Ich hat„Da ist mir erstmal zu. Überzeugen konnte ihn der te ja keine Zeichnungen, und die klar geworden, wie Leiter seiner Betriebsstätte in fragten nach CE-Zeichen und sehr ich als Unternehmer Kavelstorf, Thomas Hoffmann. Bauartzulassung.“ Klärung in Der hatte zuvor den Prozess zur der Sache brachte schließlich verantwortlich bin. Das Zertifizierung nach dem SQASder Kontakt zur Aufsichtsperhat gewirkt.“ System des europäischen Cheson der BGHM. Am Ende war mieverbandes erfolgreich gesteuder BG-Fachmann von Neumanns ert, womit bereits ganz wesentliche Lösung so begeistert, dass er die Idee Anforderungen des BGHM-Gütesiegels erfüllt für die Auszeichnung mit dem BGHM-Sicherheitspreis vorschlug. So kam der „Schlaue Fuchs“ waren. „Der Betrieb wird aus unterschiedlichen Pernach Fahrbinde. Neumann wäre aber nicht Neumann, wenn er die Auszeichnung nicht auf der spektiven durchleuchtet, das gibt Sicherheit“, nächsten Betriebsfeier gewürdigt hätte. Die geht findet Neumann. Die stärkt er zudem mit den jährlich am Tag der Firmengründung, also am monatlichen Unterweisungen seiner Beschäftig7. Oktober über die Bühne: „Das war hier früher ten an allen drei Standorten – auch wenn diese die Themen der Arbeitssicherheit jetzt nicht „so der Tag der Republik“, schmunzelt er. toll“ finden, wie er meint. Allerdings weiß der Chef inzwischen auch, dass seine Belegschaft Das Unternehmermodell als Impulsgeber Maßgeblich beschleunigt hat die Entscheidung spüren muss, wie wichtig ihm deren Sicherheit für die Auffangnetze seine Teilnahme am soge- ist: „Ich muss dann nicht mehr so viel meckern“, nannten Unternehmermodell der BGHM zur Um- lacht er. In diesem Sinne wünscht Neumann sich setzung der alternativen sicherheitstechnischen auch mehr unangemeldete Kontrollen durch die Betreuung. „Da ist mir erstmal klar geworden, BG: „Das macht weniger Arbeit, und ich weiß imwie sehr ich als Unternehmer verantwortlich bin. mer, wie es um die Arbeitssicherheit in meinen Das hat gewirkt“, beteuert er. Lobende Worte fin- Betriebsstätten bestellt ist.“ Klaus Taubitz, BGHM det Neumann auch für die BGHM-Bildungsstätte, BGHM-Aktuell 3|2016 Sicheres & Gesundes Arbeiten Unfall auf einer Baustelle Nicht nur das Brett war zu dünn Es war ein guter Auftrag – eine saubere Baustelle und scheinbar gute Arbeitsbedingungen. Doch dann kippt eine Hubarbeitsbühne, der betroffene Mitarbeiter schlägt auf dem Hallenboden auf. Was ist passiert? D er Hallenrohbau war fertig und der Fußboden glatt betoniert, mit Ausnahme eines ein Meter breiten Kanals im Fußboden. Die für den Rohbau verantwortliche Firma hatte den Kanal mit 30 Millimeter starken Holzbohlen trittfest abgedeckt, so wie es im Sicherheits- und Gesundheitsschutz-Plan der Baustelle vorgesehen war. Für Montagearbeiten in der Höhe waren Fahrgerüste vorgesehen. Da aber nebenan auf dem Hof des Auftraggebers Baumaschinen zum Verleih bereitstanden, liehen sich die am Bau beteiligten Firmen Hubarbeitsbühnen aus. So auch der Mitarbeiter einer Heizungs- und Sanitärfirma, als er früh am Morgen allein die Arbeit aufnahm. Er hatte am Vortag eine Einweisung für das Gerät erhalten, schon öfter mit Hubarbeitsbühnen gearbeitet und hob sich jetzt mit einer Teleskop-Hubarbeitsbühne auf sieben Meter in die Höhe. Persönliche Schutzausrüstung (PSA) gegen Absturz benutzte er nicht. Für seine Arbeiten musste er die Maschine immer wieder um einige Meter versetzen. Als er mit angehobenem Ausleger ein Stück durch die Halle fuhr, hörte er ein Knacken und spürte einen Ruck. Die Bühne neigte sich nach vorne und kippte, erst langsam und dann immer schneller, um. Der Mitarbeiter schlug zusammen mit dem Korb auf den Hallenboden auf. Kollegen fanden ihn kurz darauf und alarmierten den Rettungsdienst. Drei ausgeschlagene Zähne, ein Schleudertrauma der Hals- und Lendenwirbelsäule und Prellungen: So gesehen, ist der Sturz noch glimpflich abgelaufen. Als Unfallursache wurde die Überbelastung der Holzabdeckung durch die Hubarbeitsbühne ermittelt. Das Gerät hatte ein Eigengewicht von 7,2 Tonnen und fuhr auf vier Rädern. Der ausgefahrene Ausleger verlagerte den Schwerpunkt der Maschine etwas mehr auf das Rad, mit dem der Mitarbeiter über die Holzabdeckung gefahren und eingebrochen war. Die Unfalluntersuchung ergab auch, dass es keine Gefährdungsbeurteilung für die Arbeiten auf dieser Baustelle gab. Der Einsatz von Hubarbeitsbühnen war nicht vorgesehen. Für die Verwendung von Hubarbeitsbühnen gelten folgende Voraussetzungen: • Das Gerät muss sicherheitstechnisch in Ordnung sein. • Das Bedienpersonal muss ausgebildet, schriftlich beauftragt und regelmäßig unterwiesen sein. • Der Untergrund muss fest und für die Belastungen ausgelegt sein. • Es ist eine Gefährdungsbeurteilung für den Einsatzort zu erstellen. • Je nach Bauart des Geräts ist PSA gegen Absturz zu verwenden. Da sich auf Baustellen die Verhältnisse schnell ändern können, müssen sich die Verantwortlichen der einzelnen Gewerke und deren Beschäftigten selbst davon überzeugen, dass das Arbeitsmittel sicher verwendet werden kann. Ohne entsprechende Ausbildung ist das nicht zu erwarten. Eine nur auf Erfahrung basierende Bedienung und „Learning by doing“ können hier lebensgefährlich sein! Es wäre auch die Pflicht des Unternehmers gewesen, die planmäßige Ausführung der Arbeiten zu kontrollieren. Kristina Bohm, BGHM Das Brett zu dünn und die Hubarbeitsbühne zu schwer: Nur mit viel Glück übersteht der Mitarbeiter einer Heizungs- und Sanitärfirma diesen Unfall. BGHM-Aktuell 3|2016 29 Sicheres & Gesundes Arbeiten Sicherheitspreis für ergonomische Verbesserung Team entwickelt Hebehilfe Täglich werden bei Emerson Network Power in Arnstorf im Schnitt 120 Seitenteile an Serverschränke montiert. Die Daten, die später in diesen Schränken aufbewahrt werden, wiegen nicht viel – ganz im Gegensatz zu den Schränken selbst. Eine ergonomische Herausforderung, die der Betrieb in unternehmensweiter Teamarbeit erfolgreich gelöst hat. D Arbeitsabläufe verbessert Durch die Hebehilfe ist es den Beschäftigten möglich, die in speziellen Gestellen angelieferten Seitenteile der Serverschränke über Rollen aus dem Gestell auf die Hebehilfe zu ziehen. Dann kann das Seitenteil zum Serverschrank gerollt werden, wo es über eine mit dem Fuß betätigte Hebeeinrichtung angehoben und am Serverschrank eingehängt wird. Während des Hebevorgangs wird das zu montierende Teil mit den Händen geführt, das Gewicht des Seitenteils muss nicht mehr selbst gehalten werden. Die Zahl der Hebe- und Tragevorgänge für schwere Lasten an dem Montagearbeitsplatz konnte dadurch auf nahezu Null reduziert werden – eine 30 BGHM-Aktuell 3|2016 ausgezeichnete Lösung, für die das Emerson-Team den BGHM-Sicherheitspreis erhielt. Mit diesem Preis zeichnet die BGHM vorbildlich umgesetzte Ideen für mehr Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit aus. „Das Beispiel der Hebehilfe zeigt, wie wichtig es ist, dass bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen alle Ebenen im Betrieb zusammenwirken“, betont Kerscher. Die Anregung zur Verbesserung aus dem Kreis der Beschäftigten wurde aktiv von der Sicherheitsfachkraft und einem Fachteam aufgegriffen, von den Führungskräften unterstützt und umgesetzt. „Wenn einfache Mittel nicht zur Verfügung stehen, wird mit eigenen Ideen eine Lösung ausgetüftelt“, freut sich Kerscher. „Auf diese Weise ist eine passgenaue Lösung entstanden, die Sicherheit und Gesundheitsschutz an der Basis verbessert.“ Peter Dürdoth, BGHM/Mib © Christian Kerscher as Problem: Durch die immer höhere Packungsdichte der Komponenten in immer größer werdenden Serverschränken mussten auch bei der Montage immer größere Teile mit höherem Gewicht bewegt werden. Bei einer Breite der Seitenteile von 120 bis 140 cm, einer Höhe von bis zu 240 cm und einem Stückgewicht zwischen 20 und 25 kg stellte dies eine körperliche Belastung für die Beschäftigten dar. Zudem war ein ergonomisches Heben, Tragen und Montieren der Teile auf Grund ihrer Maße nicht oder nur in verdrehter Körperhaltung möglich. Um die Situation zu verbessern, versuchte der Betrieb zunächst, eine geeignete Hebehilfe auf dem Markt zu finden. „Dieser Ansatz scheiterte jedoch daran, dass die getesteten Hilfen nicht die gewünschte Entlastung brachten oder so unpraktisch waren, dass sich der Arbeitsvorgang durch sie erheblich verlängerte“, sagt ArbeitsschutzmanagementBeauftragter Christian Kerscher. „Deshalb beschlossen wir, eine eigene Hebehilfe herzustellen, die speziell für die durchzuführende Tätigkeit geeignet ist.“ Ein Team aus vier Mitarbeitern machte sich an die Arbeit. Mit Erfolg – die mit eigenen Mitteln hergestellte Hebehilfe ist nun im Einsatz. Die Preisträger des Ideenwettbewerbs: Josef Harlander, Fritz Sturm, Alfred Blöchl und Franz Döbler (von links) mit der neu entwickelten ergonomischen Hebehilfe und BGHM-Aufsichtsperson Peter Dürdoth (Mitte). Leben & Leistung Beweislast bei ungeklärter Sachlage Kein Versicherungsschutz auf dem Weg zur Raucherpause Eine Mitarbeiterin wollte eine Viertelstunde vor ihrer üblichen Pause eine Zigarette rauchen gehen. Dabei wurde sie in einer Montagehalle beim achtlosen Überqueren der Fahrbahn von einem Gabelstapler angefahren und am Fuß verletzt. © vege - Fotolia.com I n der Unfallsofortmeldung hieß es zunächst, die Mitarbeiterin sei auf dem Weg zur Zigarettenpause gewesen, später wurde argumentiert, es sei der Gang zur Toilette gewesen. Dabei ist die Rechtslage klar. Rauchen ist grundsätzlich eine rein private Angelegenheit und daher nicht versichert; dies gilt auch für die Wege zur Pause. Obwohl die Benutzung der Toilette ebenfalls eine private und damit unversicherte Tätigkeit ist, ist dagegen aber der Weg dorthin versichert. Grund dafür ist, dass die Toilettenbenutzung zur Fortsetzung der Arbeit im Anschluss daran notwendig ist. Bleibt ungeklärt, auf welchem Weg sich nun der Unfall ereignete, geht dies zu Lasten der versicherten Person, ein Arbeitsunfall ist dann nicht nachgewiesen. Dies war hier der Fall: Die Indizien sprachen eher gegen einen – versicherten – Toilettengang. Der Schichtführer erklärte glaubhaft, dass die Frau nach dem Unfall vom „Weg zur Raucherpause“ gesprochen habe. Zudem wurde am Unfallort eine Schachtel Zigaretten gefunden. Auch gehörte die Unfallstelle nicht zwingend zum üblichen Weg zur Toilette, wohl aber zum kürzesten Weg zum Raucherbereich außen vor der Halle. Plausibel war auch, dass sie nach einem Produktionsstillstand um 17:45 Uhr einen beabsichtigten Gang zur Raucherpause mit der anschließenden, um 18:00 Uhr beginnenden allgemeinen Pause verbinden wollte. Aber selbst wenn der Weg zur Raucherpause und zur Toilette derselbe gewesen wäre, hätte dies keine Rolle gespielt. Entscheidend ist nämlich, dass der Weg aus privaten Gründen benutzt wurde. Ohne die Zigarettenpause wäre die Versicherte erst zu einem späteren Zeitpunkt den konkreten Weg gegangen. Versicherungsschutz wegen einer besonderen betrieblichen Gefahr, hervorgerufen durch den Gabelstapler, lehnte das Sozialgericht (SG) ebenfalls ab. Voraussetzung dafür wäre nach der Rechtsprechung gewesen, dass • die besondere Betriebsgefahr auf die mit einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit, also mit dem Gang in die Raucherpause befasste Versicherte im räumlich-zeitlichen Bereich ihres Arbeitsplatzes eingewirkt und • die private Verrichtung die Bedrohung durch die zum Unfall führende Betriebsgefahr, den Gabelstapler, nicht sonderlich beeinflusst hätte. Beides trifft im vorliegenden Fall jedoch nicht zu: Zum einen befand sich die Mitarbeiterin nicht mehr an ihrem Arbeitsplatz, und zum anderen hat ihr unachtsames Überqueren des Fahrweges die vom Gabelstapler ausgehende Bedrohung in erheblichem Maße verstärkt (SG Karlsruhe, Urteil vom 27.10.2015, AZ.: S 4 U 1189/15). Karl Heinz Schwirz, BGHM BGHM-Aktuell 2|2016 31 BGHM, Isaac-Fulda-Allee 18, 55124 Mainz „Die BGHM hat uns bei der Einführung eines Arbeitsschutzmanagement-Systems kompetent beraten und tatkräftig unterstützt.“ Florian Probst und Jürgen Reif, Geschäftsführer der Gidema GmbH
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