Die neue BGHM

BGHM-Aktuell
Magazin für sicheres & gesundes Arbeiten
3 | 2016
Passgenaue Qualifizierung
Seminare buchen bei der BGHM
Schwerpunkt
Maschinen ohne CE
EDITORIAL
Liebe Leserinnen und Leser,
„Aller Anfang ist schwer“, weiß der Volksmund. Ob dem immer so ist, sei einmal
dahingestellt. Sicher aber trifft diese Aussage zu, wenn sich Menschen mit einer
Idee selbständig machen – erst recht, wenn sie dabei auch Verantwortung für Beschäftigte übernehmen. Dann nämlich steht neben allen anderen Themen auch
der Faktor Arbeitssicherheit auf dem Aufgabenzettel. Wie gut es dann ist, mit der
BGHM eine starke Partnerin an der Seite zu haben, zeigt das Beispiel auf den Seiten
26 bis 28. Rund zehn Jahre nach Gründung ist das dort vorgestellte Unternehmen
nicht nur erfolgreich, sondern hat bereits zum zweiten Mal das BGHM-Gütesiegel
„Sicher mit System“ erhalten.
Die entscheidenden Impulse auf seinem Weg zum sicherheitsbewussten Arbeitgeber erhielt der Betriebsgründer damals in einem Seminar der BGHM. Für uns
ein weiterer Beleg für den Beitrag, den unsere Bildungsangebote zur Stärkung der
Arbeitssicherheit in den Betrieben leisten. Denn der nachhaltige Arbeitsschutz lebt
auch vom Austausch, und dafür bieten unsere Bildungsstätten den notwendigen
Raum – von der reinen Wissensvermittlung einmal abgesehen.
Und um die Handlungskompetenz der Teilnehmenden weiter zu stärken, haben
wir unser Seminarprogramm noch einmal genau durchleuchtet und für das kommende Jahr neu konzipiert. Dann wird es auch ein auf die jeweilige Betriebsgröße
zugeschnittenes Anmeldeverfahren geben. Weitere Einzelheiten dazu entnehmen
Sie bitte unseren Ausführungen auf Seite neun. Die ersten Seminare im neuen Format starten bereits 2016. Seien Sie also dabei, wenn es dann heißt, sich oder Ihre
Beschäftigten passgenau zu qualifizieren. Wir freuen uns auf Sie!
Ihr
Dr. Albert Platz
Vorsitzender der Geschäftsführung
Impressum
Herausgeberin:
Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM)
Isaac-Fulda-Allee 18, 55124 Mainz
Verantwortlich:
Dr. Albert Platz, Vorsitzender der Geschäftsführung
Redaktion:
Christiane Most-Pfannebecker (Cmo),
verantwortlich i. S. d. NPresseG
Klaus Taubitz (Tbz), Redaktionsleitung
Milena Bähnisch (Mib), Stv. Redaktionsleitung
Thomas Dunz (Dun)
Peter Hackenberg (Hbg)
Kontakt zur Redaktion:
Telefon: 0511 8118-16882
E-Mail:[email protected]
2
BGHM-Aktuell 3|2016
Grafik:
Mathias Widmann
Titelfoto:
© BGHM
Änderung Versanddaten:
E-Mail:[email protected]
Eine entgeltliche Veräußerung oder eine andere gewerbliche Nutzung bedarf der
schriftlichen Einwilligung der BGHM.
Hinweis: Bei allen Bezeichnungen, die auf Personen bezogen sind, meint die
gewählte Formulierung stets beide Geschlechter, auch wenn aus Gründen der
leichteren Lesbarkeit nur die männliche oder weibliche Form steht.
Kostenlose Hotlines der BGHM:
Allgemeine Fragen: 0800 9990080-0
Mitgliedschaft:0800 9990080-1
Arbeitsschutz:0800 9990080-2
Rehabilitation:0800 9990080-3
Druck:
pva, Druck und Medien-Dienstleistungen GmbH
Industriestraße 15, D-76829 Landau in der Pfalz
Für alle nicht gesondert gekennzeichneten Bilder und
Grafiken liegen die Urheberrechte bei der BGHM
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung der
Redaktion wieder. Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Nachdruck
mit Quellenangabe, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos usw. wird keine Gewähr
übernommen und auch kein Honorar gezahlt. Für Informationen unter den Links,
die auf den in dieser Ausgabe vorgestellten Internetseiten aufgeführt werden,
übernimmt der Herausgeber keine Verantwortung.
ISSN 1612-5428
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Sicheres & Gesundes Arbeiten
07 10 12 14 27 29 30 EN ISO 14120 löst EN 953 ab
Neue Norm für trennende Schutzeinrichtungen
Maschinen ohne CE
Vor über 20 Jahren sorgte das Inkrafttreten der EG-Maschinenrichtlinie für eine Zäsur bei
den betrieblichen Maschinen und Anlagen. Seitdem
wird unterschieden zwischen Altmaschinenbestand
ohne CE-Kennzeichnung und neuen Maschinen, die
CE-gekennzeichnet sind.
Elektromagnetische Felder
Was ändert sich durch die EU-Richtlinie?
Angebot der BGHM und der BG RCI
Gefahrstoffmanagement mit GisChem
Sicheres Arbeiten will gut organisiert sein
Gut organisiert ein Gewinn für alle
Betriebsgründung und Arbeitssicherheit
Ich bin froh, dass ich Euch habe!“
Unfall auf einer Baustelle
Nicht nur das Brett war zu dünn
Sicherheitspreis für ergonomische Verbesserung
Team entwickelt Hebehilfe
© goodluz - Fotolia.com
08
Passgenaue Qualifizierung
Um die Handlungskompetenz der Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer im Arbeitsschutz
weiter zu stärken, hat die BGHM ihr Seminarprogramm ab dem Jahr 2017 grundlegend neu konzipiert. Was bedeutet dies ganz konkret für die Anmeldung und Buchung von Seminarplätzen?
Leben & Leistung
20 24 31 Beinahe-Handverlust an Bandsäge
Von einem Trauma keine Spur
Das Berufskrankheiten-Management der BGHM
„Wir stehen in engem Kontakt zu allen Beteiligten“
Beweislast bei ungeklärter Sachlage
Kein Versicherungsschutz auf dem Weg
zur Raucherpause
© Kadmy - Fotolia.com
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Was Sie wissen sollten!
Zur berufsbedingten Lendenwirbelsäulenerkranung (BK 2108) sind bei der BGHM im vergangenen Jahr etwa 650 neue Verdachtsanzeigen
eingegangen. Damit ist diese Berufskrankheit eine
der am häufigsten gemeldeten Erkrankungen.
BGHM-Aktuell 3|2016
3
Meldungen
Ausstellung zu Berufskrankheiten
© Laura Laakso
„Wie geht’s?“
Sie arbeiten in der Autowerkstatt, im Büro oder draußen
in der Natur. Nebenbei bringen sie Hobbies, Familie und
Freunde unter einen Hut. Aber es läuft nicht alles rund. Vier
fiktive Charaktere aus unterschiedlichen Bereichen stehen
im Mittelpunkt des ungewöhnlichen Entdecker-Parcours‘
„Wie geht’s? – Eine Ausstellung zur Gesundheit im (Arbeits-)
Leben“.
Wann ist eine Krankheit eigentlich eine Berufskrankheit?
Wie sind Gesundheitsgefahren am Arbeitsplatz zu erkennen
und was ist zu tun, um sie zu vermeiden? Die neue Wanderausstellung ist als Spiel angelegt und gibt interaktiv
Hinweise zu Vorbeugung oder Versicherungsschutz bei Berufskrankheiten. Damit richtet sie sich vor allem an junge
Erwachsene, die den Start ins Berufsleben noch vor sich
haben. Die Ausstellung ist vom 29. Juni 2016 bis zum 12. Februar 2017 in Dortmund zu sehen.
DGUV
Weitere Informationen und Unterrichtsmaterialien
www.wiegehts-ausstellung.de
Personen
Stefan Gros ist neuer Präventionsleiter der BGHM
Der Vorstand der BGHM hat in seiner Sitzung vom 18. und 19. April 2016 Stefan Gros mit sofortiger Wirkung zum neuen Leiter Prävention ernannt. Bisher übte er das Amt kommissarisch
aus.
Der studierte Maschinenbauer war nach seinem Studienabschluss an der Technischen
Hochschule Darmstadt sieben Jahre lang in der Industrie tätig, wo er unter anderem verschiedene Führungspositionen bekleidete. 1994 startete er seine Laufbahn als Aufsichtsperson
(AP) im Präventionsdienst (PD) Mainz der Süddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft. Nach
der zweijährigen Ausbildung und weiteren zwei Jahren als AP im PD Mainz wechselte er nach
Stuttgart. Dort übernahm er die Leitung des PD sowie die Aufgaben des Technischen Leiters
des Berufsgenossenschaftlichen Schulungszentrums Stuttgart e.V. Seit diesem Zeitpunkt ist Gros auch Mitglied im Vorstand des Vereins. Im August 2015 übernahm er die Leitung der Hauptabteilung Präventionsdienste und am 15. Februar
2016 die kommissarische Leitung der Prävention. Vertreterversammlung, Vorstand und Geschäftsführung der BGHM
wünschen Stefan Gros viel Erfolg und alles Gute für seine neuen Herausforderungen.
BGHM
4
BGHM-Aktuell 3|2016
Meldungen
Rückenkampagne
BGHM
170.000 Betriebe beraten
Sicheres Arbeiten anschaulich vermitteln
Film ab!
Über 70 Videos zu unterschiedlichen Arbeitsschutzthemen – das bietet das neue Videoportal der BGHM. Die
breit gefächerten Inhalte sind passgenau für die Zielgruppen aufbereitet: Sie unterstützen Arbeitsschützer
bei Unterweisungen an Maschinen, bieten Unternehmerinnen und Unternehmern Informationen zu gesetzlichen Pflichten und halten Praxistipps zum Arbeitsschutz speziell für Auszubildende bereit. Denn
sicherheitsgerechtes Verhalten und Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit setzen entsprechendes Wissen
voraus.
Über das Startmenü des Videoportals können die gesuchten Filminhalte gezielt recherchiert und die Videos
abgerufen werden. Auch die neuesten Uploads sind in
einer entsprechenden Rubrik aufgelistet. Damit die Nutzerinnen und Nutzer auch unabhängig von einem Internetzugriff die gewünschten Filme wiedergeben können,
besteht für alle Filme eine Download-Option. Einmal
auf der Festplatte gespeichert, kann das entsprechende Video offline jederzeit beliebig oft beispielsweise als
Lehrvideo in der Berufsschule wiedergegeben werden.
Im Zuge der Präventionskampagne „Denk an mich. Dein
Rücken“ haben deren Träger seit 2013 rund 170.000 Unternehmen und Einrichtungen zur rückengerechten Gestaltung
der Arbeit beraten. Seit nunmehr drei Jahren werben die
Berufsgenossenschaften gemeinsam mit weiteren Trägern
der Kampagne somit dafür, Rückenbelastungen bei der Arbeit, in der Schule und in der Freizeit zu verringern. Zu den
Angeboten zählen zudem die Unterstützung von Betrieben
bei über 3.500 Aktions- und Gesundheitstagen zur Rückengesundheit sowie mehr als 12.000 Seminare und Seminarmodule zur rückengerechten Arbeitsgestaltung. Broschüren,
Filme zu Beispielen guter Praxis, Messebeteiligungen und
Pressemitteilungen flankierten das Angebot.
Auch bei den Mitgliedsunternehmen der BGHM stieß die
Präventionskampagne auf außerordentlich große Resonanz.
Dies spiegelt sich besonders in der Beteiligung an betrieblichen Aktionen wie Sicherheits- oder Gesundheitstagen wieder. Die BGHM unterstützt die betrieblichen Veranstaltungen zur Prävention von Muskel- und Skelett-Erkrankungen
mit Medien, Stellwänden und Exponaten. Fragen dazu beantworten die Aufsichtspersonen der BGHM.
DGUV
Weitere Informationen
www.bghm.de, Webcode 1610
Weitere Informationen
www.bghm.de, Webcode 1845
Medien der BGHM
Überarbeitete Medien:
• DGUV Information 201-003:
Gebäudetechnik (Heizung, Lüftung, Sanitär)
© Pavel Losevsky - Fotolia.com
Erweitertes Online-Angebot
Wieder verfügbare Medien:
• DGUV Grundsatz 309-005:
Ermächtigung von Sachverständigen für die Prüfung von Kranen
durch die Berufsgenossenschaft
• DGUV Information 209-036:
Bandsägewerke – Arbeitssicherheit an Maschinen und Anlagen
• DGUV Information 251-004:
Inhalt und Ablauf der Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit
• BG 10.6.1.1: Gesund im KMU
• BG 30.1.1: Stoffaufnäher – Ersthelfer mit Anstecknadel
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Meldungen
Gefahrenschwerpunkt Frachtcontainer
© stockphoto mania - Fotolia.com
Informationsangebot überarbeitet und aktualisiert
Einen schweren Zwischenfall mit zahlreichen Verletzten nach dem Öffnen eines Frachtcontainers in Bayern nimmt
die BGHM zum Anlass, auf das überarbeitete Online-Informationsangebot
„Gefahrenschwerpunkt Frachtcontainer“ des Instituts für Arbeitssicherheit
der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) hinzuweisen. Dieses
stellt umfassendes Wissen rund um die
Sicherheit und die Gesundheit beim
Umgang mit Containern bereit.
Ausführlich behandelt werden dabei mögliche Gefährdungen, wie beispielweise Gesundheitsgefahren durch
Begasungsmittel, Pilzbefall oder ra6
BGHM-Aktuell 3|2016
dioaktive Kontamination ebenso wie
Sicherheitsrisiken durch den unsachgemäßen Umgang mit Containern und
entsprechende
Schutzmaßnahmen.
Mit Handlungshilfen, Checklisten und
Hilfen zur Gefährdungsbeurteilung
bietet das Informationsportal zudem
praxisnahe Instrumente für alle, die
mit Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz im Unternehmen betraut
sind. Abgerundet wird das Angebot
durch Informationen zu Gefahrstoffen
und Kennzeichnungsvorschriften.
Zentrales Anliegen des Informationsportals ist der Schutz der Beschäftigten
bei der Arbeit. Es richtet sich an alle,
die bei Ihrer Arbeit mit Frachtcontainern umgehen müssen sowie an ärztliches Personal und Rettungsdienste.
Die Informationen wurden von einer
Arbeitsgruppe der gewerblichen Berufsgenossenschaften und des IFA in
Zusammenarbeit mit Fachleuten staatlicher Stellen und aus der betrieblichen
Praxis zusammengetragen.
Heinz-Jürgen Walberg, BGHM/Tbz
Weitere Informationen:
www.dguv.de, Webcode d25041
Sicheres & Gesundes Arbeiten
EN ISO 14120 löst EN 953 ab
Neue Norm für trennende Schutzeinrichtungen
Die Norm EN ISO 14120
legt Anforderungen an
Konstruktion und Gestaltung von trennenden
Schutzeinrichtungen
fest, die in erster Linie
zum Schutz von Personen gegen mechanische
Gefährdungen vorgesehen sind. Sie löst die
Norm EN 953 ab.
D
ie Anforderungen aus der neuen Norm gelten sowohl
für feststehende als auch für bewegliche trennende
Schutzeinrichtungen. Verriegelungseinrichtungen in
Verbindung mit beweglichen trennenden Schutzeinrichtungen
fallen nicht unter den Anwendungsbereich dieser Norm, da
diese in der EN ISO 14119:2014 behandelt werden.
Was ändert sich gegenüber der EN 953?
• Die Auswahl zwischen feststehenden und beweglichen
trennenden Schutzeinrichtungen wird in Abhängigkeit
von der Zugangshäufigkeit neu justiert, wobei für die
Häufigkeit gilt
1. hoch (z. B. mehr als einmal pro Woche): bewegliche
trennende Schutzeinrichtung
2. gering (z. B. weniger als einmal pro Woche): feststehende trennende Schutzeinrichtung
• Die Anforderungen hinsichtlich des Entfernens feststehender trennender Schutzeinrichtungen werden verschärft. Schnellverschlüsse, wie z. B. Einpressbefestiger,
dürfen nicht zum Sichern von außen verwendet werden.
Zu den Schnellverschlüssen dürften auch Vorreiberschlösser zählen, die mit einer Vierteldrehung geöffnet
werden können.
• Die Anforderungen hinsichtlich des Zurückhaltens
herausgeschleuderter Teile und anderer Stoßwirkungen
werden enger gefasst. In informativen Anhängen sind
dazu zwei Prüfverfahren beschrieben:
1. Ein Projektil-Test zum Prüfen der Festigkeit gegenüber
Stößen mit hoher Geschwindigkeit von innerhalb des
Gefährdungsbereichs insbesondere für Maschinen
mit drehenden Teilen, die potenziell weggeschleudert
werden können.
2. Ein Pendeltest zum Prüfen der Festigkeit gegenüber
Stößen von innerhalb und außerhalb des Gefährdungsbereichs für weiche und harte Pendel mit geringerer Geschwindigkeit, wie z. B. Stöße mit beweglichen Teilen der Maschine oder des Menschen. Dabei
simulieren die Stöße von außerhalb des geschützten
Gefährdungsbereichs z. B. einen 90 kg schweren
menschlichen Körper (Softbody) mit einer Geschwindigkeit von mindestens 1,6 m/s (Stoßenergie von
mindestens E = 115 J). Die Stöße von innerhalb des
geschützten Gefährdungsbereichs werden abhängig
von dem vorhersehbaren Stoß durch einen zylindrischen oder kugelförmigen Prüfkörper (Hardbody)
aus steifem Werkstoff wie beispielsweise Stahl und
entsprechender Masse simuliert.
Die ISO 14120 trägt das Ausgabedatum 1.11.2015. Die offizielle deutsche Fassung DIN EN ISO 14120 liegt jetzt vor und
trägt das Ausgabedatum Mai 2016. Eine Übergangsfrist von
der EN 953 zur EN ISO 14120 ist nicht vorgesehen.
Ralf Kesselkaul, BGHM
BGHM-Aktuell 3|2016
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Sicheres & Gesundes Arbeiten
Film zum neu en
Sem ina rpr ogr am m
Kur z und vers tänd lich erkl ärt:
noErfa hren Sie meh r zur zielgru ppe
meh rstu fizum
und
g
rien tier ten Aus rich tun
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Wer nim mt an den Sem inar en
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m
gram
pro
zum neu en Sem inar
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lich
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vers
und
h
ulic
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Seh en Sie selb st…
© goodluz - Fotolia.com
ww w.b ghm .de, Web cod e 2187
8
BGHM-Aktuell 3|2016
Sicheres & Gesundes Arbeiten
Passgenaue Qualifizierung
Seminare buchen bei der BGHM
Um die Handlungskompetenz der Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer im
Arbeitsschutz weiter zu stärken, hat die BGHM ihr Seminarprogramm für das
Jahr 2017 grundlegend neu konzipiert (s. Ausgabe 02/2016, S. 10/11 sowie im
Internet unter www.bghm.de, Webcode 1768). Was bedeutet dies ganz konkret
für die Anmeldung und Buchung von Seminarplätzen?
D
ie Mitgliedsbetriebe entsenden die für die
Organisation des Arbeitsschutzes zuständigen Beschäftigten anlassbezogen oder
regelmäßig in die Seminare der BGHM. Fort- und
Weiterbildungen sollten spätestens alle fünf Jahre
besucht werden. Sicherheitsfachkräfte, Betriebsärzte und Sicherheitsbeauftragte sollten in kürzeren
Abständen an Seminaren der BGHM teilnehmen.
Die BGHM bietet den Unternehmen deshalb ein
passgenaues Planungs- und Anmeldeverfahren.
Dabei berücksichtigt sie die unterschiedlichen
Branchen, Größen und Strukturen der Betriebe.
Seminarorganisation für Großbetriebe
Mitgliedsunternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten müssen ihre Personal- und Budgetplanungen meist frühzeitig vornehmen. Daher unterstützt die BGHM Großbetriebe bei Bedarf mit
einer besonderen Betreuung, die in drei Schritten
erfolgt:
Im ersten Kalenderhalbjahr vereinbaren die
Verantwortlichen der Großbetriebe und die zuständige Aufsichtsperson den grundlegenden
Seminarbedarf für das Folgejahr. Ziel ist es, verfügbare Seminarplätze der BGHM frühzeitig für
Großbetriebe einzuplanen.
Im zweiten Schritt können die Großbetriebe
spezifische Seminartermine für ihre Beschäftigten auswählen. Dies erfolgt jedoch unter der Voraussetzung, dass auch für kleinere Firmen ausreichend Seminartermine verfügbar bleiben.
Ab Oktober stehen die verbleibenden Seminarplätze dann allen Mitgliedsunternehmen für das
Folgejahr zur Verfügung. Diese Seminarplätze
können Großbetriebe in einem Zeitfenster von
vier Monaten vor der jeweiligen Seminarveranstaltung online buchen.
Seminarorganisation für kleinere Betriebe
Mitgliedsunternehmen mit weniger als 500 Beschäftigten buchen ihre Seminare meist kurzfristig und flexibel. Damit kleinere Betriebe den
Seminarbedarf nach ihren Bedürfnissen anmelden können, stellt die BGHM ihnen die OnlineBuchung in einem Sechs-Monats-Fenster zur Verfügung.
Wo liegt der weitere Nutzen?
Sowohl Klein- als auch Großbetriebe erhalten
komfortable und flexible Anmeldeprozeduren,
einen zielgerichteten Zugang zu Seminarinformationen und kompetente Ansprechpartnerinnen
und Ansprechpartner.
Was ist bereits im Jahr 2016 zu beachten?
Grundlagenseminare jetzt besuchen! Die Beschäftigten benötigen rollen- und fachspezifische
Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten. Alle
Teilnehmenden in Weiterbildungsseminaren 2017
sollen bereits im Jahr 2016 an den Grundlagenseminaren teilnehmen.
Günter Geißler, BGHM
Weitere Informationen
www.bghm.de, Webcode 150
(sowie in den kommenden Ausgaben der
BGHM-Aktuell)
Von den neuen Seminaren schon heute profitieren
Bereits 2016 bieten wir Ihnen eine Auswahl an Seminaren aus dem Programm 2017 an. So können Sie
bereits jetzt von den neuen Modulen profitieren und schon dieses Jahr die Grundlagen für künftige Weiterbildungen und Spezialisierungen schaffen. Sowohl für Führungskräfte oder Auszubildende als auch
beispielsweise für Betriebsratsmitglieder oder Unternehmerinnen und Unternehmer gibt es passende
Angebote. Auch für konkrete Themen, wie zum Beispiel chemische und physikalische Einwirkungen
oder innerbetrieblicher Transport und Lagerung, halten wir neu überarbeitete Seminare für Sie bereit.
BGHM-Aktuell 3|2016
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Sicheres & Gesundes Arbeiten
Elektromagnetische Felder
Was ändert sich durch die EU-Richtlinie?
Die EU-Richtlinie (EU-RL) 2013/35/EU beschreibt Mindestanforderungen zum
Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Beschäftigten vor Einwirkungen von
elektromagnetischen Feldern an Arbeitsplätzen.
D
ie Umsetzung in deutsches Recht in Form einer „EMFVerordnung“ soll bis zum 1. Juli 2016 erfolgen. Um die
sich aus der Verordnung ergebenden Forderungen für
die praktische Umsetzung zu konkretisieren, werden Technische Regeln nachfolgen. Bisher regelt die DGUV Vorschrift 15
„Elektromagnetische Felder“ diesen Bereich. Es lassen sich
aber bereits jetzt Unterschiede zur EU-Richtlinie (EU-RL) feststellen, die eine Neubewertung von Arbeitsplätzen erforderlich machen werden. Sowohl in der EU-RL als auch in der
Unfallverhütungsvorschrift (UVV) wird der Frequenzbereich
von 0 Hz bis 300 GHz geregelt. Jedoch unterscheiden sich die
Schutzkonzepte. Die UVV verwendet ein 4-Zonenkonzept,
unterteilt in Gefahrbereich, Bereich erhöhter Exposition, Expositionsbereich 1 und Expositionsbereich 2.
terscheidung zwischen nichtthermischen Wirkungen (UVV:
0 Hz bis 91 kHz, EU-RL: 0 Hz bis 10 MHz) und thermischen
Wirkungen (UVV: 29 kHz bis 300 GHz, EU-RL: 100 kHz bis
300 GHz) statt. Um einen möglichen Handlungsbedarf
durch die zukünftige EMF-Verordnung erkennen zu können,
ist es sinnvoll, die Auslöseschwellen der EU-RL den zulässigen Werten der UVV gegenüberzustellen.
In der EU-RL werden Auslöseschwellen und sensorische
sowie gesundheitliche Grenzwerte eingeführt. Die Expositionsgrenzwerte müssen eingehalten werden. Dazu reicht der
Nachweis aus, dass relevante Auslöseschwellen eingehalten
sind. Dies wird in der Regel durch Messungen am Arbeitsplatz geschehen. Werden die Auslöseschwellen hingegen
überschritten, ist die Einhaltung der Expositionsgrenzwerte
durch numerische Berechnungsverfahren nachzuweisen.
Dieser rechnerische Nachweis ist auch nach der UVV (Einhaltung der Basiswerte) bei Überschreiten des zulässigen
Wertes für den Bereich erhöhter Exposition zu erbringen.
Expositionsgrenzwerte und Basiswerte beruhen auf den
ICNIRP-Empfehlungen (International Commission on NonIonizing Radiation Protection). Die Expositionsgrenzwerte
der EU-RL entsprechen den Neuerungen (1 Hz – 100 kHz)
von 2010. In der UVV und in der EU-Richtlinie findet eine Un-
Im Frequenzbereich zwischen 2356 Hz und 61,76 kHz
hingegen ist die hohe Auslöseschwelle der EU-RL kleiner
als die zulässigen Werte des Bereiches erhöhter Exposition
(100 µT EU-RL zu 127,3 µT) der UVV. Diese geringe Abweichung wird keine wesentlichen Änderungen zur Folge haben und eine Neubewertung des Arbeitsplatzes ist wohl eher
unwahrscheinlich, aber dennoch nicht auszuschließen.
Die Auslöseschwelle für thermische Wirkungen, ab
100 kHz, wurde bis 30 MHz gegenüber den zulässigen Werten des Expositionsbereiches 1 der UVV teilweise deutlich
reduziert. Eine Neubewertung für Arbeitsverfahren, wie
z. B. HF-Löten oder induktives Härten, ist für diesen Frequenzbereich erforderlich. Ab einer Frequenz von 30 MHz
sind Auslöseschwelle und zulässiger Wert für den Expositionsbereich 1 gleich.
© psdesign1 - Fotolia.com
Magnetische Felder
Dabei ist festzustellen, dass die hohe Auslöseschwelle (gesundheitliche Wirkung) der EU-RL bis zu einer Frequenz von
2356 Hz keine Verschärfung darstellt. Sie liegt bis etwa 1500
Hz deutlich über den zulässigen Werten für den Bereich erhöhter Exposition der UVV.
10
BGHM-Aktuell 3|2016
Sicheres & Gesundes Arbeiten
Elektrische Felder
Bis 1 MHz sind die hohen Auslöseschwellen kleiner als die
zulässigen Werte des Bereiches erhöhter Exposition, teilweise auch kleiner als die zulässigen Werte des Expositionsbereiches 1 der UVV. Eine neue Bewertung wird erforderlich.
In der Praxis treten bis 100 kHz bei Arbeitsverfahren in der
Holz- und Metallindustrie keine nennenswerten elektrischen
Felder auf. Deshalb wird die Absenkung wenig Relevanz haben. Bei Arbeitsverfahren mit Frequenzen zwischen 100 kHz
und 10 MHz kann ein elektrisches oder magnetisches Feld
dominieren. Hier ist eine Bewertung durchzuführen.
Oberhalb einer Frequenz von 1 MHz sind die Verläufe Auslöseschwelle und zulässiger Wert des Expositionsbereiches 1
gleich. Neubewertungen werden nicht erforderlich. Typische Maschinen im hochfrequenten Bereich sind z. B. HFSchweißanlagen in der Kunststoffindustrie und HF-Trockner
in der Holzindustrie.
Gepulste Felder
Bei gepulsten Feldern, wie z. B. beim Widerstandsschweißen, treten in der Regel magnetische Felder mit sehr hohen
Flussdichten auf. Die zulässigen Werte der UVV werden
meist überschritten, sodass der Nachweis über die Einhaltung der Basiswerte mit numerischen Berechnungsverfahren erfolgen muss. Für den Beleg der Einhaltung der
Expositionsgrenzwerte der EU-RL wird das voraussichtlich
ebenso der Fall sein. Das Inkrafttreten der geplanten EMFArbeitsschutzverordnung kann Neubewertungen an einigen
Arbeitsplätzen und -bereichen zur Folge haben. Dadurch
können sich neue Schutzmaßnahmen oder Änderungen an
solchen wie z. B. Sicherheitsabstände, Aufenthaltsdauern,
Abgrenzungen, Kennzeichnungen oder Unterweisungen ergeben. Wie immer unterstützt die BGHM ihre Mitgliedsbetriebe mit fachlicher Beratung bei dieser Neubewertung.
Carsten Diekel/Björn Müller, BGHM
Zulässige Werte der elektrischen Feldstärke in den Expositionsbereichen 1 und 2 sowie
im Bereich erhöhter Exposition nach DGUV Vorschrift 15 und Auslöseschwellen für die
Exposition gegenüber elektrischen Feldern nach RL 2013/35/EU
Zulässige Werte der magnetischen Flussdichte in den Expositionsbereichen 1 und 2 sowie
im Bereich erhöhter Exposition nach DGUV Vorschrift 15 und Auslöseschwellen für die
Exposition gegenüber magnetischen Feldern nach RL 2013/35/EU
10³
1,E+03
1,00E+02
10²
Expositionsbereich 2
1,E+02
10²
Expositionsbereich 2
Expositionsbereich 1
101
1,E+01
erhöhte Exposition
1,00E+01
101
niedrige Auslöseschwelle
niedrige Auslöseschwelle
hohe Auslöseschwelle
hohe Auslöseschwelle
Auslöseschwelle (HF)
Auslöseschwelle (HF)
E in kV/m
100
1,E+00
B in mT
Expositionsbereich 1
erhöhte Exposition
-1
10
1,E-01
100
1,00E+00
10-2
1,E-02
1,00E-01
10-1
10-3
1,E-03
-4
1,E-04
10
10
1,E-05
1,E-01
10-1
-5
1,E+00
100
1,E+01
101
1,E+02
10²
1,E+03
10³
1,E+04
104
1,E+05
105
1,E+06
106
1,E+07
107
1,E+08
108
1,E+09
109
1,E+10
1010
1,E+11
1011
f in Hz
Zulässige Werte der magnetischen Flussdichte in den Expositionsbereichen 1 und 2 sowie im Bereich erhöhter Exposition nach DGUV
Vorschrift 15 und Auslöseschwellen für die Exposition gegenüber
magnetischen Feldern nach RL 2013/35/EU
1,E+12
1012
10-2
1,00E-02
1,00E-01
1,00E+01
1,00E+02
1,00E+03
1,00E+04
1,00E+05
1,00E+06
1,00E+07
1,00E+08
1,00E+09
108
109 1,00E+10
106
1012
10-1 1,00E+00
101
107
100
104
1011 1,00E+12
105
10²
10³
1010 1,00E+11
f in Hz
Zulässige Werte der elektrischen Feldstärke in den Expositionsbereichen 1 und 2 sowie im Bereich erhöhter Exposition nach DGUV V 15 und
Auslöseschwellen für die Exposition gegenüber elektrischen Feldern
nach EU-RL 2013/35/EU
BGHM-Aktuell 3|2016
11
© Andrey Popov - Fotolia.com
Sicheres & Gesundes Arbeiten
Angebot der BGHM und der BG RCI
Gefahrstoffmanagement mit GisChem
Herstellerunabhängige Informationen zu Gefahrstoffen und
passgenaue Unterstützung bei der Erstellung von Betriebsanweisungen erhalten Unternehmen der Branchen Holz und
Metall mit dem Gefahrstoffinformationssystem GisChem.
W
as muss ins Gefahrstoffverzeichnis? Sind
die Sicherheitsdatenblätter plausibel?
Diese und weitere Fragen stellen sich all
jenen, die mit Gefahrstoffen umgehen. Für kleine
und mittlere Betriebe sind der sichere Umgang mit
Gefahrstoffen und die zugrunde liegenden rechtlichen Anforderungen eine besondere Herausforderung. Abhilfe schafft das branchenspezifische
Portal GisChem, das die Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) und die
BGHM zur Verfügung stellen. Unter „www.gischem.
de“ finden Interessierte frei zugänglich verschiedene Module zum Gefahrstoffmanagement. GisChem
gibt Hilfestellung für die Gefährdungsbeurteilung
12
BGHM-Aktuell 3|2016
und ermöglicht insbesondere auch den Verantwortlichen aus kleineren und mittleren Betrieben, ihr
Gefahrstoffmanagement zu organisieren.
Gefahrstoffsuche
An erster Stelle steht die Informationsermittlung. Welche Gefahren treten auf, welche Schutzmaßnahmen
sind für den sicheren Umgang mit Gefahrstoffen
zu treffen? Unter dem Menüpunkt „Gefahrstoffsuche“ stehen Datenblätter zur Verfügung sowie
Betriebsanweisungsentwürfe für typische gefährliche Stoffe und Produktgruppen wie Schweißrauche oder Sprays. Hier können Nutzerinnen
Sicheres & Gesundes Arbeiten
und Nutzer Suchbegriffe wie „Lackspray“ oder
„Reinigungsmittel“ eingeben. In der Suchmaske
„Gewerbezweig/Verfahren“ finden sich beispielsweise im Unterpunkt „Schweißen“ sowohl die
eingesetzten Gase als auch Datenblätter mit Informationen über die entstehenden Schweißrauche.
Die Gefahrstoffdatenbank wird kontinuierlich erweitert. Es gibt sie auch als App für Android, iOS
oder Windows-Phone.
Die Datenblätter, die als PDF-Dokumente herunterzuladen sind, dürfen nicht mit HerstellerSicherheitsdatenblättern verwechselt werden. Sie
enthalten neben Abschnitten zu Einstufung und
Kennzeichnung sowie zu den Gefährdungen auch
konkrete Empfehlungen zu Schutzmaßnahmen,
zu Lagerung und Entsorgung. Betriebsanweisungsentwürfe können als Word-Dokumente heruntergeladen werden. Selbstverständlich müssen diese Entwürfe gemäß der durchgeführten
Gefährdungsbeurteilung an die innerbetriebliche
Situation angepasst werden.
Interaktive Betriebsanweisungen
Für alle Gefahrstoffe, die nicht in der
GisChem-Datenbank stehen, können
unter dem Menüpunkt „GisChem-Interaktiv“ trotzdem bequem Betriebsanweisungen
erstellt werden. Benötigt wird dazu das aktuelle
Sicherheitsdatenblatt des Lieferanten, wobei ein
Frage-Antwort-Dialog genau an die richtigen Stellen dieses Blattes führt. Das System denkt in jedem Fall mit und stellt die passenden Fragen. Im
Hintergrund werden die Informationen ausgewertet und dann die Inhalte der Betriebsanweisung
zugeordnet. Während dieser Eingabe wird die Betriebsanweisung speziell an die arbeitsplatz- oder
tätigkeitsbezogenen Gegebenheiten angepasst.
Die erarbeitete Betriebsanweisung kann dann
als Word- oder PDF-Datei auf dem PC gespeichert
werden. Nutzerinnen und Nutzer können sich bei
GisChem auch registrieren und haben es dann bei
Aktualisierungen der Betriebsanweisungen einfacher.
„Gemischrechner“
Wie sind selbst hergestellte Gemische
von Chemikalien zu bewerten? Hierzu
wurde das Modul „Gemischrechner“
entwickelt. Ausgehend von den GHS-Einstufungen der Bestandteile ermittelt dieses Modul die
Einstufung und Kennzeichnung von Gemischen
gemäß CLP-Verordnung (1272/2008/EG, Verordnung zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen), mit vielen weiteren Hinweisen. Am Schluss lassen sich
Etiketten zur innerbetrieblichen Verwendung
ausdrucken und ebenfalls Betriebsanweisungen
direkt erstellen.
Gefahrstoffverzeichnis
Die Gesetzgebung fordert, dass Unternehmerinnen und Unternehmer
ein Verzeichnis der bei ihnen eingesetzten Gefahrstoffe führen. Dieses können sie
bequem mit GisChem erledigen – insbesondere
dann, wenn sie auch die Betriebsanweisungen in
GisChem selbst erstellt oder aus der Datenbank
übernommen haben. Hierzu ist eine Registrierung sinnvoll – auch das ist natürlich kostenfrei
möglich.
Weitere Informationen
GisChem versorgt Interessierte auch
mit weiteren wichtigen Informationen rund um Gefahrstoffe. Unter dem
Menüpunkt „Info“ stehen ein Downloadbereich
zur Verfügung sowie ein Glossar und Broschüren
zu GisChem, Links und weitere Informationen zu
aktuellen Rechtstexten.
GisChem steht allen Anwenderinnen und Anwendern im Internet kostenfrei zur Verfügung
und wird für Mitgliedsbetriebe der BGHM und der
BG RCI ständig weiterentwickelt. Im Rahmen der
Kooperation der BGHM und der BG RCI wurde das
bestehende Gefahrstoffinformationssystem GISMET der Metall-Berufsgenossenschaften überarbeitet und direkt in GisChem integriert.
BG RCI/BGHM
Weitere Informationen
Kontakt zur gemeinsamen Geschäftsstelle
Gefahrstoffinformation: www.gischem.de
BGHM-Aktuell 3|2016
13
Sicheres & Gesundes Arbeiten
Unternehmensziel Arbeitsschutz
Sicheres Arbeiten will gut organisiert sein
Premiere in Nürnberg: Auf der diesjährigen Messe Holzhandwerk
haben Unternehmerinnen und Unternehmer erstmals am neuen BGHMArbeitsschutzforum „Gut organisiert?“ teilgenommen.
A
rbeitsschutz gehört für Wirtschaftstreibende zu den Unternehmenszielen, stellt aber
gleichzeitig Betriebe mit kleiner Belegschaft
vor Herausforderungen bei der konkreten Umsetzung. Um diese Gruppe von Unternehmerinnen
und Unternehmern gezielt zu unterstützen, hat die
BGHM das Arbeitsschutzforum entwickelt. Mit dem
neuen Veranstaltungskonzept werden die für das
jeweilige Publikum relevanten Arbeitsschutzthemen anschaulich anhand von Alltagssituationen
im Betrieb vermittelt.
Dazu präsentiren Fachleute der BGHM praxisnahe Arbeitshilfen für einen organisierten Arbeitsschutz im Betriebsalltag, und gingen insbesondere auf die Situation kleinerer Tischlereien
und Schreinereien ein.
„Teilnehmerinnen und Teilnehmer aktiv einzubeziehen war von Beginn an Bestandteil des Veranstaltungskonzepts. Das Publikum soll während
der Veranstaltung befragt werden und selbst Fra-
14
BGHM-Aktuell 3|2016
gen stellen und eigene Erfahrungen einbringen
können“, sagt Franz Thoma, der die Konzeption
der neuen Veranstaltung federführend begleitete.
Sensibilisierung, Information und Motivation
Nach der Begrüßung durch Dr. Christian Wenzler, Mitglied des BGHM-Vorstandes und Hauptgeschäftsführer des Fachverbands Schreinerhandwerk Bayern, leitete Clemens Kube vom
Präventionsdienst Berlin die Premiere des Forums
ein. Die 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmer
sollten für das Thema Arbeitsschutz sensibilisiert
werden sowie Informationen über Methoden und
Strategien für mehr Sicherheit bei der Arbeit erhalten. Außerdem ging es um die Motivation,
dieses Thema zur sprichwörtlichen Chefsache zu
machen: „Gesunde Beschäftigte in einem sicheren Arbeitsumfeld sind leistungsfähig und sehr
motiviert. Das kommt den Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern und ihrem Unternehmen zugute“,
Sicheres & Gesundes Arbeiten
BGHM-Stand auf der Messe Holzhandwerk:
Austausch mit den BGHM-Fachleuten vor Ort
erläuterte Kube. Die Unternehmensleitungen seien der Schlüssel zum erfolgreich organisierten
Arbeitsschutz gerade in kleinen Betrieben. „Wenn
Sie als gutes Vorbild vorangehen, färbt das auf Ihr
Team ab“, so der Experte.
Gute Gefährdungsbeurteilung – sicheres Arbeiten
Aus welchen Elementen sich eine Arbeitsschutzorganisation zusammensetzt, erklärte Manfred
Böhler vom Präventionsdienst Mainz. Er zeigte
auf, dass typische Unfallursachen und Verletzungen heute meist auf menschliches Fehlverhalten
zurückzuführen sind und besonders unerfahrene Beschäftigte betroffen sind: „Etwa 90 Prozent
aller Unfälle an der Tischfräsmaschine unterlaufen Ihren Gesellen oder Auszubildenden. Und in
nahezu drei Viertel der Fälle geschehen sie beim
Einstellen oder Probefräsen“, sagte er. Die direkte Befragung des Publikums zeigte, welche Präventionsinstrumente zur Unfallvermeidung bereits bekannt sind. Die gesetzlich verpflichtende
Durchführung und Dokumentation einer Gefährdungsbeurteilung wurde dabei besonders häufig
genannt. Die richtige Vorgehensweise, erläuterte
BGHM-Fachmann Böhler am Beispiel einer gut
gesicherten Tischfräsmaschine.
Mit einer anderen, oftmals unterschätzten Gefährdung befasste sich die BGHM-Expertin Nadine Mölling: der psychischen Belastung. Dabei sei
zwischen günstig und ungünstig ausgeprägten
Belastungsfaktoren zu unterscheiden. Gefragt
nach relevanten ungünstig ausgeprägten Belastungsfaktoren wurden vom Publikum unter anderem Termindruck und Arbeitsplatzunsicherheit
genannt. „Mit positiven Faktoren, wie Lob, Aner-
kennung oder einer Leistungsprämie, stärken Sie
die Motivation und Leistungsbereitschaft Ihrer
Beschäftigten“, erklärte Mölling. Sie erläuterte
die Besonderheiten einer Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen anhand der BGHMFachinformationen und ging hier ebenfalls speziell auf die Situation kleiner Betriebe ein. Bereits
ein vertrauliches Vier-Augen-Gespräch könne
schon viel dazu beitragen, Gefährdungen gemeinsam zu erkennen und sie zu beseitigen, sagte Mölling.
Um den Anwesenden die Leistungen und Unterstützungen der BGHM für Versicherte und Mitgliedsunternehmen nach einem Arbeitsunfall zu
vermitteln, schilderte schließlich Reha-Manager
Armin Ueberschär einen echten Reha-Fall: Von
seiner Begleitung und kontinuierlichen Betreuung des Verunglückten, über die Anpassung seines Heilbehandlungsplans an die Genesung des
Versicherten bis hin zur Steuerung der Umschulung und Wiedereingliederung in einen neuen
Beruf.
Schlusspunkt des Arbeitsschutzforums bildete
ein Besuch des BGHM-Messestandes. Hier gab es
nochmals Gelegenheit zum Austausch mit den
BGHM-Fachleuten vor Ort. „Die Premiere war ein
gelungener Auftakt der Veranstaltung. Das Konzept kam bei unseren Mitgliedsbetrieben aus der
Holzbranche sehr gut an und hat sich bestens
bewährt“, meint Christiane Most, Leiterin der
Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit. Die neue Veranstaltungsform wird daher in Zukunft auch für
weitere Zielgruppen der BGHM-Mitgliedsbetriebe
Anwendung finden.
Thomas Ulmer, BGHM
BGHM-Aktuell 3|2016
15
Sicheres & Gesundes Arbeiten
Schwerpunktthema Juni 2016
Maschinen ohne CE
Vor über 20 Jahren sorgte das Inkrafttreten der EG-Maschinenrichtlinie für
eine Zäsur bei den betrieblichen Maschinen und Anlagen. Seitdem wird
unterschieden zwischen Altmaschinenbestand ohne CE-Kennzeichnung
und neuen Maschinen, die CE-gekennzeichnet sind.
16
BGHM-Aktuell 3|2016
Sicheres & Gesundes Arbeiten
D
ie Sicherheit von Maschinen in Europa oder dem europäischen Wirtschaftsraum regeln europäische Richtlinien, welche die Mitgliedsländer der Europäischen
Union in nationale Rechtsvorschriften umsetzen müssen. Diese Richtlinien werden mit dem Ziel erlassen, die Rechts- und
Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten anzugleichen,
um die reibungslosen Abläufe im Binnenmarkt zu gewährleisten. Rechtsgrundlage dieser Richtlinien bildet Artikel 114
des Vertrages über die Arbeitsweise der europäischen Union
(AEUV). Sie dienen vorrangig der technischen Harmonisierung
und beziehen sich unter anderem auf die Produktsicherheit. In
Deutschland erfolgte die Umsetzung der EG-Maschinenrichtlinie (2006/42/EG) durch das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG)
und die entsprechende Maschinenverordnung (9. ProdSV).
Maschinen müssen sicher sein
Bereits die Einführung der „ersten“ EG-Maschinenrichtlinie (89/392/EWG) am 1. Januar 1993, die eine zweijährige Übergangsfrist enthielt und im Laufe der letzten Jahre
überarbeitet und angepasst wurde (98/37/EG und 2006/42/
EG), verpflichtete die Hersteller, nur sichere Maschinen auf
den Markt zu bringen. Maschinen dürfen also nur dann in
Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, wenn
sie bei bestimmungsgemäßer Verwendung die Sicherheit
und die Gesundheit von Personen nicht gefährden. Die
Einhaltung dieser gesetzlichen Anforderung bestätigt der
Hersteller durch das Anbringen des CE-Zeichens an seiner
Maschine. Zudem erklärt er durch das Ausstellen einer Konformitätserklärung, dass die Maschine den gültigen Rechtsvorschriften entspricht (EG-Richtlinienkonformität). Alle
Maschinen, die nach dem 1. Januar 1995 in Verkehr gebracht
oder in Betrieb genommen wurden, müssen das EG-Konformitätsbewertungsverfahren der jeweils gültigen EG-Maschinenrichtlinie durchlaufen haben.
Neben den eingangs beschriebenen Binnenmarktrichtlinien wurden auch Richtlinien zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen geschaffen (Grundlage Artikel 153, AEUV). Die
EG-Rahmenrichtlinie zum Arbeitsschutz (89/391/EWG) fällt
in diesen Bereich. Dabei dürfen die Mitgliedsstaaten, um
ein höheres Sicherheitsniveau zu erreichen, auch strengere
Maßnahmen fordern als die EG-Richtlinie. Die Maßnahmen
sollen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten am Arbeitsplatz beitragen.
Die nationale Umsetzung der EG-Rahmenrichtlinie in
Deutschland erfolgte über das Arbeitsschutzgesetz. Zur
Konkretisierung der EG-Rahmenrichtlinie wurde zudem
eine Reihe von Einzelrichtlinien erlassen. Eine von den
Arbeitgebern als Benutzer von Maschinen und Anlagen
anzuwendende Einzelrichtlinie ist die Arbeitsmittelbenutzungsrichtlinie 89/655/EWG. Die Ursprungsfassung dieser
Richtlinie wurde durch die Arbeitsmittelbenutzungsverordnung in deutsches Recht umgesetzt. Im Oktober 2002 wurde
sie allerdings außer Kraft gesetzt und durch die (damalige)
Betriebssicherheitsverordnung ersetzt.
Stand der Technik
Die „neue“, seit dem 1. Juni 2015 gültige Betriebssicherheitsverordnung fordert, dass Unternehmen ihren Beschäftigten nur Maschinen zur Verfügung stellen dürfen, deren
sicheres Betreiben dem Stand der Technik entspricht. Diese
Forderung gilt auch für Altmaschinen. In Form einer Gefährdungsbeurteilung muss die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber bei der Verwendung von Arbeitsmitteln die auftretenden
Gefährdungen, die sich aus den Arbeitsmitteln selbst, der
Arbeitsumgebung und den Arbeitsgegenständen, an denen
Tätigkeiten mit Arbeitsmitteln durchgeführt werden, beurteilen und daraus die notwendigen und geeigneten Schutzmaßnahmen nach der Maßnahmenhierarchie technisch
– organisatorisch – personell ableiten. Eine sogenannte
„Bestandschutzregelung“ existiert nicht! Betreiber von
Altmaschinen dürfen sich daher nicht auf das Sicherheitsniveau berufen, das zum damaligen Zeitpunkt der ersten
Inbetriebnahme gegolten hat. Maßgeblich ist der Zeitpunkt
der jetzigen Verwendung. Auch für Maschinen mit CE-KennBGHM-Aktuell 3|2016
17
Sicheres & Gesundes Arbeiten
Spannfutter und Drehwerkzeug einer modernen Drehmaschine mit CE-Kennzeichnung
zeichnung muss der Betreiber eine Gefährdungsbeurteilung
durchführen. Die CE-Kennzeichnung entbindet ihn nicht
von den Pflichten, die ihm in der Betriebssicherheitsverordnung auferlegt werden.
Maschinen ohne CE
Welche Gründe können vorliegen, dass eine Maschine ohne
CE-Kennzeichnung in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen wurde? Mögliche Beispiele dafür sind unter anderem:
• Sogenannte Altmaschinen, die vor dem 1. Januar 1995
durch den Hersteller in Verkehr gebracht oder durch den
Arbeitgeber in Betrieb genommen wurden.
• Die Maschine stammt aus den ersten Jahren nach dem
Inkrafttreten der EG-Maschinenrichtlinie 89/392/EWG.
Allerdings wurde zu diesem Zeitpunkt das EG-Konformitätsbewertungsverfahren nicht konsequent durchgeführt.
• Eigenbaumaschinen, bei denen aufgrund mangelnden
Rechtswissens nicht das EG-Konformitätsbewertungsverfahren angewendet wurde.
• Unvollständige Maschinen, die trotz Inbetriebnahmeverbot „alleine“ (ohne Schutzeinrichtung) betrieben
werden, oder die nach dem Zusammenfügen zur vollständigen Maschine nicht dem EG -Konformitätsbewertungsverfahren unterzogen wurden.
Unsichere Maschinen gefährden die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten am Arbeitsplatz. Daher ist es
unumgänglich, dass derartige Maschinen einer Überprüfung unterzogen werden, um die Übereinstimmung mit den
gesetzlichen Anforderungen festzustellen. Maschinen, die
durch den Hersteller ohne CE-Kennzeichnung in Verkehr
gebracht oder in Betrieb genommen wurden, sind auch im
Nachhinein dem Konformitätsbewertungsverfahren zu unterziehen. Dabei muss der Hersteller anhand der EG-Maschinenrichtlinie (2006/42/EG) sicherstellen, dass
• die Maschine die in Anhang I aufgeführten, für sie geltenden grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen erfüllt,
• die in Anhang VII Teil A genannten technischen Unterlagen verfügbar sind,
• insbesondere die erforderlichen Informationen, wie die
Betriebsanleitung, zur Verfügung stehen,
• das zutreffende Konformitätsbewertungsverfahren gemäß Artikel 12 durchgeführt wird,
• die EG-Konformitätserklärung gemäß Anhang II Teil 1
Abschnitt A ausgestellt wurde und der Maschine beiliegt
und, dass
• die CE-Kennzeichnung gemäß Artikel 16 angebracht wird.
© Kadmy - Fotolia.com
Bei Maschinen, die „erstmalig oder zeitnah“ in Verkehr
gebracht oder in Betrieb genommen wurden, ist die Nachrüstung auf den heutigen Stand der Technik sowie der dokumentarische Aufwand sicherheitstechnisch und wirtschaftlich vertretbar. Schwieriger wird die Beurteilung bei
„älteren“ Maschinen, die in den ersten Jahren nach dem
18
BGHM-Aktuell 3|2016
Sicheres & Gesundes Arbeiten
Nutzen Sie das Plakat und die Checkliste zum Schwerpunktthema im Monat Juni für
Ihre betriebliche Präventionsarbeit. Sie sind Bestandteil des BGHM-Wandkalenders.
Inkrafttreten der heute ungültigen EG-Maschinenrichtlinie
89/392/EWG in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen
wurden. Je größer der zeitliche Abstand zu den heute gültigen sicherheitstechnischen Anforderungen, desto größer
die Wahrscheinlichkeit, dass das EG-Konformitätsbewertungsverfahren unterschiedliche Probleme aufwirft. Zum
einen kann bei einigen Maschinen die Steuerungstechnik
nicht auf den heutigen Stand umgerüstet werden, zum anderen kann eine nachträgliche CE-Kennzeichnung zu einer
enormen wirtschaftlichen Härte führen. Darüber hinaus
können durch „alte“ Bau- und Ausrüstungsbestimmungen womöglich neue Gefährdungen entstehen, denn auch
in allen anderen Bereichen hat sich der Stand der Technik
weiterentwickelt. Eine Beurteilung bezüglich Sicherheit und
Gesundheitsschutz von Maschinen muss daher immer im
Einzelfall erfolgen.
Empfehlung
Durch die CE-Zertifizierung kann es bei „älteren“ Maschinen
zu oben genannten Problemen kommen. Um das gesetzliche Schutzziel „Maschinen müssen sicher betrieben werden
können“ zu erreichen, muss deshalb die Maschinensicherheit auf andere Art und Weise gewährleistet sein. Gemäß der
Betriebssicherheitsverordnung darf an Maschinen nur gearbeitet werden, nachdem
• eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt wurde,
• die ermittelten Schutzmaßnahmen zum sicheren Betrieb
nach dem Stand der Technik umgesetzt sind und
• festgestellt wurde, dass die Verwendung von Arbeitsmitteln nach dem Stand der Technik sicher ist.
Die höchste Wirksamkeit geht von der Vermeidung, Beseitigung und Reduzierung der vorliegenden Gefährdungen
durch technische, organisatorische, persönliche sowie verhaltensbezogene Schutzmaßnahmen aus. Die Verwendung
persönlicher Schutzausrüstung ist für alle Beschäftigten auf
das erforderliche Minimum zu beschränken. Vor der erstmaligen Verwendung von Arbeitsmitteln haben die Verantwortlichen die Beschäftigten in einer angemessenen und verständlichen Form über Sicherheit und Gesundheitsschutz
bei der Arbeit zu unterweisen. Entsprechend ist auch eine
Betriebsanweisung für den sicheren Betrieb der Maschinen
und Anlagen zur Verfügung zu stellen.
Wenn diese vorgenannten Anforderungen erfüllt sind,
kann auf eine nachträgliche CE-Kennzeichnung verzichtet
werden. Auf eine Besonderheit sei noch hingewiesen: Die
„Nicht CE-Maschinen“ erreichen hierdurch auch nicht den
Grad von Gebrauchtmaschinen nach §3 (2) ProdSG, sie dürfen also auch nicht gehandelt werden.
Stephan Dommin/Alois Hüning, BGHM
BGHM-Aktuell 3|2016
19
Leben & Leistung
Beinahe-Handverlust an Bandsäge
Von einem Trauma keine Spur
„Heiter bis wolkig, schwach windig, bis 17 Grad.“ Das
meldet der Deutsche Wetterdienst für den Raum Duisburg
am 14. Oktober 2014. Ein normaler Herbsttag also, der in
der Erinnerung von Lydia Schrade auch ganz normal anfing.
Dennoch wird sie dieses Datum wohl nicht mehr vergessen.
D
er Unfall ereignet sich zwischen 17:00 und
17:15 Uhr an einer Bandsäge in der Duisburger Modellfabrik: Lydia Schrade fertigt
Vorlagen für Acrylglas-Rohlinge und arbeitet an
jenem Tag etwas länger. Sie will die wichtigsten Arbeiten erledigt haben, denn ihr
23. Geburtstag steht unmittelbar
bevor. Und so kommt es, dass
kaum noch jemand in der Firma ist, als es passiert. Beim
Zuschneiden der Vierkantstäbe kommt sie mit ihrer
linken Hand in die laufende Säge, danach ist nichts
mehr wie vorher: Nur zwei
Sehnen und ein Hautlappen verbinden die Hand
noch mit dem Unterarm.
Und ein langer Streifen ihrer Jacke hängt in der Maschine.
Zuerst habe sie das
viele Blut gesehen,
ihre linke Hand
f e s tge h a lte n
und
geschrien,
erin-
20
BGHM-Aktuell 3|2016
nert sie sich. Woraufhin der entsetzte Betriebsleiter Eberhard Pracht sofort den Notarzt ruft.
Dann aber sei sie „ziemlich klar“ vor die Tür gegangen. Sie brauche etwas zum Abbinden, sagt
sie zum Betriebsleiter, ob er einen Gürtel habe?
Gemeinsam schnüren sie den linken Arm ab und
stoppen so den Blutverlust. Danach läuft Pracht
zum Hauptgebäude, um Hilfe zu holen. Der
Krankenwagen ist zum Glück schnell vor Ort, die
Prognosen der Sanitäter aber bleiben so niederschmetternd wie das gesamte Bild. Die Hand sei
nicht mehr zu retten, vermuten sie nach ihrem
ersten Eindruck. Dem Krankenwagen folgt der
Rettungshubschrauber und mit ihm der Notarzt.
Und erst in dem Moment, in dem der Arzt sie mit
einer Spritze erlöst, reißen die Erinnerungen der
jungen Frau ab.
Ihre Hand blieb ihr erhalten
17 Monate später, im März 2016, sitzt sie wieder
im Betrieb und schildert vollkommen ruhig ihr
Erleben – keine zehn Meter von der Unfallstelle
entfernt. Von einem Trauma keine Spur. Seit fünf
Monaten ist sie zurück in der Firma und hat inzwischen auch wieder an der Säge gearbeitet.
Würden die Narben an ihrem Handgelenk und
die nach wie vor etwas gekrümmte Haltung ihrer
linken Hand nicht von dem Unfall zeugen, man
wäre geneigt zu glauben, es sei nichts geschehen.
Denn ihre linke Hand hat sie dann doch behalten
dürfen, dank des Einsatzes und der Erfahrung
des Ärzteteams in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Duisburg.
„Es ist immer wieder erstaunlich, wie
unterschiedlich die Menschen solche
Unfälle verarbeiten“, wundert sich
BGHM-Rehamanager
Wilhelm
Frickel über die junge Frau. Für
ebenso bemerkenswert hält er
aber die Einstellung des Geschäftsführers der Duisburger
Leben & Leistung
Modellfabrik. Denn Herbert Schild macht von Anfang an klar, diesen Unfall „nur“ als „krankheitsbedingten Ausfall“ zu behandeln. Für ihn habe
die Weiterbeschäftigung von Lydia Schrade nie
zur Debatte gestanden, versichert er.
CAD-Kompetenz erweitert
Entsprechend einfach gestaltet sich dann die
Wiedereingliederung der Modellbauerin. Ziemlich bald nach dem Unfall hat Schild die Lösung:
Er will Lydia Schrade für den Einsatz in der CAD/
CAM-gestützten Konstruktion der ebenfalls zum
Betrieb gehörenden Gießereimodelle aufbauen.
Zwar habe sie bereits Erfahrungen mit derartigen
Programmen in der Rohlingsproduktion sammeln
können, erzählt er, nur seien die Anforderungen
im Gießereibereich ungleich höher. Von diesem
Plan bis zur ersten Schulung der 24-Jährigen mit
der notwendigen Software ist es dann kein weiter
Weg mehr. Neben den gesamten Therapie- und
Eingliederungszahlungen übernimmt die BGHM
auch diese Kosten.
Heute arbeitet Lydia Schrade in beiden Bereichen – je nach Bedarf und Auftragslage. Und
blickt auf die Ereignisse von vor 17 Monaten zurück, wie sie – damals noch unter Schock stehend
– unmittelbar nach dem Unfall reagiert hat: pragmatisch. Pragmatisch geht auch Geschäftsführer
Herbert Schild mit der Situation um, auch wenn
es unmittelbar nach dem Unfall chaotisch und
undurchsichtig zuging, wie er sagt. „Man wusste ja gar nicht, was los war“, erinnert er sich. So
schien es zunächst seine Aufgabe, den Eltern vom
Verlust der linken Hand ihrer Tochter zu berichten. Die aber hatten am Morgen nach dem Unfall
bereits eine seltsame Mitteilung auf ihrem Anrufbeantworter: Es habe einen Unfall gegeben, die
Hand sei wieder dran. Noch unter der Einwirkung
der Narkose stehend hatte Lydia Schrade offensichtlich selbst versucht, ihre Eltern auf diese
Weise zu beruhigen.
Sie arbeite heute mit deutlich mehr Respekt
an der Säge, gesteht sie. Allerdings wisse sie
auch, dass die Maschine „ihr ja nichts getan habe“. Überhaupt habe sie vorhandene Hilfsmittel nicht eingesetzt und sich
für das Sägen des unförmigen Werkstücks auch keine Hilfe geholt.
Noch hat sie ein paar Operationen vor sich. Als
nächstes soll das Metall aus ihrer Hand wieder
entfernt werden. Es gebe jetzt auch „etwas mehr
zu tun“, beschreibt sie eine weitere Veränderung
und meint ihre regelmäßigen Termine bei Physio- und Ergotherapeuten. Sie muss ihre Hand
trainieren, um möglichst viel der alten Beweglichkeit wiederherzustellen. Auch wenn dies nie
mehr ganz gelingen wird. Ihr fehlt das Gefühl im
kleinen Finger, Ring- und Mittelfinger lassen sich
nicht ganz beugen. Und richtig zupacken kann
sie auch nicht mit der linken Hand. Ansonsten
aber verkörpert sie längst wieder
das ganz normale Leben eines
jungen Menschen: Derzeit
weilt sie in Japan und erfüllt sich damit einen
schon etwas länger gehegten Traum.
Hat nach dem Unfall
von Lydia Schrade
(links) eine gute
Lösung für deren
Weiterbeschäftigung
gefunden: Herbert
Schild, Geschäftsführer der Duisburger
Modellfabrik.
Klaus Taubitz, BGHM
BGHM-Aktuell 3|2016
21
Leben & Leistung
Berufsbedingte Lendenwirbelsäulenerkrankungen
Was Sie wissen
Zur berufsbedingten Lendenwirbelsäulenerkrankung (BK 2108) sind bei der BGHM
im vergangenen Jahr etwa 650 neue Verdachtsanzeigen eingegangen. Damit ist
diese Berufskrankheit eine der am häufigsten gemeldeten Erkrankungen.
D
er Begriff der bandscheibenbedingten Lendenwirbelsäulenerkrankung bezeichnet
Verschleißerscheinungen an den Wirbelkörpern, die ursächlich auf eine Schädigung der
Bandscheiben zurückzuführen sind. Außerdem
müssen eine darauf zurückzuführende Beschwerdesymptomatik und der Zwang zur Aufgabe der
gefährdenden Tätigkeit bestehen, damit die Erkrankung als Berufskrankheit anerkannt werden kann.
Im Einzelfall ist zu ermitteln, ob die berufliche
Tätigkeit die wesentliche Ursache des vorliegenden konkreten Schadens darstellt. Da derartige
Beschwerden häufig auch andere als berufliche
Ursachen haben, haben führende Mediziner Empfehlungen für die Zusammenhangsbegutachtung
erstellt. Diese sind derzeit Grundlage für die Klärung des beruflichen Zusammenhangs.
© Kadmy - Fotolia.com
Berufsbedingte Wirbelsäulenbelastungen
Wesentliche berufliche Ursache kann das fortgesetzte, langjährige Heben und Tragen schwerer
Lasten sein. Wirken auf die Bandscheiben der
Lendenwirbelsäule (LWS) häufig hohe Druckkräfte ein, können diese das Bandscheibengewebe
schädigen. In der Folge sind degenerative Veränderungen der Bandscheiben und Wirbelkörper möglich. Hohe Druckkräfte treten auch bei
längeren extremen Beugehaltungen des Rumpfes auf. Neben den gehobenen oder getragenen
Lastgewichten hängt die Höhe der Druckkräfte
wesentlich von der dabei eingenommenen Körperhaltung ab. So belasten körpernah getragene
kompakte Lasten die LWS weniger als sperrige
Lasten, die weiter von der Körperachse entfernt
getragen oder in vorgebeugter oder verdrehter
Körperhaltung vom Boden aufgenommen werden. Die Erklärung dazu liefern die physikalischen Gesetze der mechanischen Hebelwirkung.
Wie sieht das Schadensbild aus?
Das Heben und Tragen schwerer Lasten oder extreme Rumpfbeugehaltungen wirken mit erheb22
BGHM-Aktuell 3|2016
Leben & Leistung
sollten!
lichen Kräften auf die gesamte LWS ein. Ist die
Belastung zu hoch, kann dies die Bandscheiben
in Mitleidenschaft ziehen. Biomechanisch nehmen die Belastungen von unten nach oben hin
ab. Dementsprechend sind die ausgeprägtesten Verschleißerscheinungen am LWS-Segment
L5/S1 zu erwarten und nehmen zu den oberen
LWS-Segmenten hin ab.
Maßnahmen der Sekundärprävention, um der Entstehung einer Berufskrankheit entgegen zu wirken
Erhält die BGHM Kenntnis von konkreten Anhaltspunkten für die beruflich verursachte Entstehung einer bandscheibenbedingten Erkrankung
der Lendenwirbelsäule, kann sie auch zusätzlich
sekundärpräventiv tätig werden. Dabei kann sie
im Einzelfall, im Rahmen von individuellen Beratungen, die Unterstützung spezieller Maßnahmen
der Verhältnisprävention und Verhaltensprävention prüfen, um der Manifestierung der Beschwerden als Berufskrankheit entgegenzuwirken.
Welche Leistungen erbringt die BGHM bei anerkannter BK 2108?
Ist die Anerkennung als BK erfolgt, also der Bezug
zur beruflichen Tätigkeit belegt und der vorliegende Zwang zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeit
vollzogen, übernimmt die BGHM die am Bedarf
der oder des Erkrankten ausgerichteten Kosten
für die medizinische, berufliche und soziale Rehabilitation. Je nach Grad der Beeinträchtigung
ist auch die Gewährung einer Rente möglich.
Was können Betroffene tun?
Wer an einer bandscheibenbedingten Erkrankung
der LWS leidet, eine die Wirbelsäule belastende
berufliche Tätigkeit verricht und hier einen Zusammenhang vermutet, kann eine Anzeige auf Verdacht einer Berufskrankheit an die BGHM richten.
Dies kann auch von betriebs- oder fachärztlicher
Seite erfolgen. Die BGHM wird dann die erforderlichen Ermittlungen durchführen.
Welche Maßnahmen der Prävention gibt es?
Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung
an Arbeitsplätzen sind die BelastunEine gut ausgen der Wirbelsäule beim Handhaben von Lasten zu ermitteln und
gebildete Rumpfzu bewerten. Diese sind dann über
und Rückenmuswirksame Maßnahmen auf ein akzeptables Maß zu begrenzen. Dakulatur stärkt die
bei ist nicht nur das Gewicht der
Wirbelsäule.
regelmäßig gehandhabten Lasten
zu betrachten. Ebenso müssen die bei
der Lastenhandhabung eingenommenen
Körperhaltungen berücksichtigt werden. Neben
der Arbeitsplatzgestaltung können technische
Schutzmaßnahmen wie Hebehilfen oder Hebezeuge, Hub- und Kipptische, Wendevorrichtungen oder Transportmittel die Belastung verringern. Sehr schwere Lasten sollten nicht allein
oder ohne Hilfsmittel gehoben werden. Nicht zuletzt hilft auch eine gut ausgebildete Rumpf- und
Rückenmuskulatur dabei, den Beanspruchungen
der Wirbelsäule entgegenzuwirken. Regelmäßiger Sport oder gezielte Rückenschulprogramme
sollten die notwendigen arbeitsplatzbezogenen
Maßnahmen ergänzen.
Torsten Schröter/Jens Pusch, BGHM
Auszug aus der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung
BK-Nr. 2108: Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten
oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung,
die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für
die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der
Krankheit ursächlich waren oder sein können.
BGHM-Aktuell 3|2016
23
Leben & Leistung
Das Berufskrankheiten-Management der BGHM
„Wir stehen in engem Kontakt zu allen Beteiligten“
Seit vielen Jahren gibt es das Rehabilitations-Management
nach Arbeitsunfällen. Dem hat die BGHM im vergangenen
Jahr flächendeckend ein vergleichbares Verfahren für
Berufskrankheiten (BK) – das BK-Management – hinzugefügt.
B
Stehen hier Rede und
Antwort: Stephanie
Boss, Gunther Haller
und Christiane Förster
(von links).
24
GHM-Aktuell hat dazu Stephanie Boss, Christiane Förster und Gunther Haller befragt.
Alle drei sind BK-Managerinnen beziehungsweise BK-Manager der Bezirksverwaltung Stuttgart.
z. B. hinsichtlich eventuell notwendiger Pflegeleistungen. Neu ist, dass wir nun zusätzlich die
Bearbeitung oder Betreuung auch anderer komplexer BK-Fälle übernehmen.
BGHM-Aktuell: Was hat sich durch die Einführung des BK-Managements für Sie geändert?
Stephanie Boss: Bis zur Einführung des BKManagements waren wir ausschließlich in der
Krebssondersachbearbeitung tätig. Im Zuge
dieses Verfahrens führen wir nach Eingang einer neuen BK-Meldung gemeinsam mit unserem Präventionsdienst ein Erstgespräch mit
den Versicherten, erheben unbürokratisch alle
notwendigen Informationen, beraten zu Sozialleistungen und klären bereits den Bedarf,
Was sind komplexe BK-Fälle?
Christiane Förster: Das sind Fälle, in denen Versicherte eine regelmäßige individuelle Betreuung
und Präsenz vor Ort benötigen, zum Beispiel
wenn es krankheitsbedingte Schwierigkeiten am
Arbeitsplatz oder im Heilverlauf gibt.
BGHM-Aktuell 3|2016
Können Sie hierfür Beispiele nennen?
Gunther Haller: Vor Kurzem habe ich einen Versicherten mit einer beruflich verursachten Atemwegserkrankung betreut. Gemeinsam mit mei-
Leben & Leistung
nem Kollegen vom Präventionsdienst haben wir
uns den Arbeitsplatz unter Gefährdungsgesichtspunkten angesehen und die Umsetzung auf einen gefährdungsfreien Arbeitsplatz besprochen.
Diese Lösung wurde dann innerbetrieblich im
Einvernehmen mit allen Beteiligten erfolgreich
umgesetzt.
Christiane Förster: Ein an Nasenkrebs erkrankter Versicherter sollte keinen Kontakt zu Holzstäuben mehr haben. Deshalb musste er seinen
bisherigen Arbeitsplatz verlassen. Sein Betrieb
hat daraufhin ein komplett neues Tätigkeitsfeld
geschaffen. So konnte er sein Know-how weiterhin einbringen und im Betrieb gehalten werden.
Gelungen ist dies vor allem durch die vernetzte
Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber, dem behandelnden Arzt und dem Betriebsarzt.
Gibt es auch Versicherte, die aufgrund einer Berufskrankheit nicht mehr arbeiten können?
Christiane Förster: Ja, das sind schwere Erkrankungen, die eine weitere Erwerbstätigkeit
ausschließen. Ein Beispiel dafür ist der Fall eines Versicherten, der unter einer schweren fortschreitenden Lungenerkrankung leidet und auf
eine mögliche Lungentransplantation vorbereitet
wird. Da er in diesem Zusammenhang viele Ängste aufgebaut hat, begleiten wir ihn gemeinsam
mit den Fachärzten und haben für ihn auch eine
psychotherapeutische Unterstützung organisiert.
Betreuen Sie auch Versicherte, die schon im Ruhestand sind?
Stephanie Boss: Ja, natürlich. Nicht selten tritt
eine Berufskrankheit erst nach Ausscheiden aus
dem Berufsleben auf. Da der Leistungsanspruch
der Berufsgenossenschaft dann erhalten bleibt,
halten wir auch zu diesen Versicherten regelmäßig persönlichen und telefonischen Kontakt.
Wie sieht die Betreuung aus?
Gunther Haller: Wir sprechen mit den Versicherten vor Ort, beraten aber auch deren Angehörige
und bieten bedarfsgerechte Unterstützung, z. B.
bei der Pflege, an. Die engmaschige Betreuung gewährleistet die Nähe zum Versicherten. Und wir
können so auf Veränderungen schnell reagieren.
Entsteht durch die individuelle persönliche Betreuung eine Beziehung zu Ihren Versicherten
und deren Angehörigen?
Stephanie Boss: Ja, denn wir wollen dem Versicherten unnötige Belastungen in dieser besonderen Lebenssituation abnehmen. Da entsteht automatisch Nähe.
Reicht der enge Kontakt zu den Versicherten oder
Angehörigen aus, um eine optimale Betreuung
sicherzustellen?
Gunther Haller: Nein, wir müssen auch in engem
Kontakt zu allen weiteren Beteiligten, wie den
Pflegediensten, den Ärzten und Sozialdiensten in
den Krankenhäusern stehen. So sind wir immer
auf dem aktuellen Informationsstand und können einen Handlungsbedarf rechtzeitig erkennen. Außerdem stellen wir auf diese Weise sicher,
dass die Versicherten nach einem stationären
Aufenthalt auch zu Hause über die notwendigen
Hilfsmittel, wie Pflegebett und Sauerstoffgerät
verfügen. Für unsere Leistungserbringung ist im
Gegensatz zu anderen Sozialversicherungszweigen, wie der Pflegeversicherung, keine Antragstellung erforderlich.
Sind darüber hinaus noch Maßnahmen denkbar?
Christiane Förster: Ja, im häuslichen Bereich
veranlassen wir im Einzelfall auch mal den behindertengerechten Umbau des Bades oder den
Einbau eines Treppenlifts.
Der enge Kontakt zu den Versicherten ist doch
nicht selten auch mit belastenden Situationen
verbunden. Wie kommen Sie damit zurecht?
Christiane Förster: Jeder hat für sich individuelle Verarbeitungsstrategien entwickelt. Uns steht
aber auch professionelle Unterstützung durch
einen Coach zur Verfügung, mit dem wir uns in
regelmäßigen Abständen im Rahmen von Supervisionen treffen. Aber auch zwischendurch ist er
immer für uns erreichbar.
Gernot Seibel, Helmut Straß, Stephanie Boss,
Christiane Förster, Gunther Haller, BGHM
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Sicheres & Gesundes Arbeiten
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BGHM-Aktuell 3|2016
Sicheres & Gesundes Arbeiten
Betriebsgründung und Arbeitssicherheit
„Ich bin froh, dass ich
Euch habe!“
Im Sommer und Herbst 2004 dürfte sich so mancher
Passant beim Überqueren einer Autobahnbrücke
in Mecklenburg-Vorpommern gewundert haben:
Da saß Jan Neumann den lieben langen Tag und
zählte Autos, genauer gesagt Tank-Lkw aus der
Lebensmittelbranche. Damals war Neumann 37 und
arbeitslos, aber er hatte eine Idee.
H
eute betreibt er drei Reinigungsanlagen für genau solche Lkw,
zwei davon in Mecklenburg-Vorpommern, eine in Thüringen. 31 Beschäftigte zählt sein Unternehmen TSclean
für Tank- und Siloreinigung inzwischen.
An acht Bahnen säubern sie monatlich
über 2.000 Lkw und bringen sie, bereit
für neue Ladung, wieder auf die Straßen. Womit sich die einleitende Ermittlung des Verkehrsaufkommens ganz offensichtlich gelohnt hat. Von ungefähr
kam Neumanns Betriebsidee dabei aber
nicht. Vor seiner Auszeit saß er selbst
auf dem Bock, fuhr Tankwagen für die
Lebensmittelbranche. „In der Zeit habe
ich viele Reinigungsanlagen gesehen“,
versichert Neumann, „solche mit guter
und solche mit schlechter Technik.“
Zurück in die Heimat
„Die Stellung der Lkw-Fahrer ist
schlecht“, stellt er rückblickend fest.
Das sei auch der Grund für seinen
Ausstieg gewesen. Außerdem firmierte sein Arbeitgeber in Schweinfurt,
der gebürtige Demminer wollte aber
zurück in seine Heimat nach Mecklen-
burg-Vorpommern. Und weil er als Chef
noch kräftig mit anpackt („Gestern haben wir tonnenweise Schokoladenreste
aus den Wagen gekratzt!“), kennt er die
Gefährdungen, denen seine Beschäftigten täglich ausgesetzt sind, aus eigenem Erleben. Die wesentlichste davon
bringt er auf den Punkt: „Na ja, man
turnt da oben auf den Lkw-Tanks rum.“
BG-Fachleute bezeichnen das als hochgelegene Arbeitsplätze. Anfangs sind
seine Beschäftigten noch von hinten
über die Lkw-Leiter auf die über drei
Meter hohen Tanks geklettert. „Das
war keine gute Lösung“, befindet Neumann heute. Genauso wenig zufrieden
war er mit der Lösung, Persönliche
Schutzausrüstung (PSA) gegen Absturz
einzusetzen. Zum einen behinderten
die Gurte die Männer bei der Arbeit,
zum anderen verdreckten die Geschirre
und wurden schnell unbrauchbar.
An diesem Punkt sei die Idee mit
den zu beiden Seiten eines jeden Lkws
aufgestellten Auffangnetzen und der
Aufstiegstreppe entstanden, berichtet
der Praktiker mit Hang zu klaren Lösungen. Und hat er erst einmal ein Ziel
BGHM-Aktuell 3|2016
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Sicheres & Gesundes Arbeiten
weil er dort auf einfache Weise in Kontakt zu
Menschen gekommen ist, die wie er in der Betriebsgründung steckten.
„Am Anfang denkst du nicht an die Arbeitssicherheit, weil da so viele andere Dinge zu klären
sind“, betont er und erzählt seine Geschichte von
der Arbeitslosigkeit in den Existenzgründerkurs
des Arbeitsamtes, von der – äußerst knappen –
Kreditbeschaffung bis hin zum Bau der ersten
Betriebsstätte in Fahrbinde. Ein befreundeter Unternehmensberater machte ihn dann auf die BGZugehörigkeit aufmerksam. Dem Hinweis folgte
eine kurze Odyssee durch mehrere Berufsgenossenschaften, bis er schließlich bei der Vorgängerin der BGHM landete. Heute sucht Neumann die
Zusammenarbeit mit der BG und lobt deren Beratung: „Ich bin froh, dass ich Euch habe“, stellt
er klar.
Zufrieden: Jan Neumann (rechts) erhält
zum zweiten Mal das
BGHM-Gütesiegel
"Sicher mit System",
in diesem Fall aus den
Händen von Thomas
Sponholz, der für den
Betrieb zuständigen
Aufsichtsperson der
BGHM.
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Das BGHM-Gütesiegel zum Zweiten
Die Ergebnisse dieser Zusammenarbeit können
sich sehen lassen: 2015 ist TSclean zum zweiten Mal mit dem BGHM-Gütesiegel „Sicher mit
vor Augen, dann kann ihn nicht mehr viel auf- System“ zertifiziert worden. „Zum ersten Audit
halten. Auch Zusatzkosten scheut er dabei nicht. bringt der Betrieb sein Arbeitsschutz-ManageDenn während die Lösung mit der PSA gegen die ment auf Vordermann“, stellt die für die ReiniAbstürze ihn nach eigenem Bekunden 1.000 Euro gungsanlagen in Fahrbinde zuständige BGHMpro Bahn gekostet hätte, lag das Aufstellen der Aufsichtsperson Thomas Sponholz klar, „beim
Treppe und der Auffangnetze bei jeweils 8.000 zweiten Mal wird geprüft, ob er sein System auch
wirklich lebt.“ Das hat Neumann unter Beweis
Euro.
gestellt, auch wenn er anfangs zögerAllerdings sei es nicht einfach gewelich war: „Ich wollte das wegen
sen, jemanden zu finden, der das
des Aufwandes nicht“, gibt er
baut, erzählt Neumann. „Ich hat„Da ist mir erstmal
zu. Überzeugen konnte ihn der
te ja keine Zeichnungen, und die
klar geworden, wie
Leiter seiner Betriebsstätte in
fragten nach CE-Zeichen und
sehr ich als Unternehmer Kavelstorf, Thomas Hoffmann.
Bauartzulassung.“ Klärung in
Der hatte zuvor den Prozess zur
der Sache brachte schließlich
verantwortlich bin. Das
Zertifizierung nach dem SQASder Kontakt zur Aufsichtsperhat gewirkt.“
System des europäischen Cheson der BGHM. Am Ende war
mieverbandes erfolgreich gesteuder BG-Fachmann von Neumanns
ert, womit bereits ganz wesentliche
Lösung so begeistert, dass er die Idee
Anforderungen des BGHM-Gütesiegels erfüllt
für die Auszeichnung mit dem BGHM-Sicherheitspreis vorschlug. So kam der „Schlaue Fuchs“ waren.
„Der Betrieb wird aus unterschiedlichen Pernach Fahrbinde. Neumann wäre aber nicht Neumann, wenn er die Auszeichnung nicht auf der spektiven durchleuchtet, das gibt Sicherheit“,
nächsten Betriebsfeier gewürdigt hätte. Die geht findet Neumann. Die stärkt er zudem mit den
jährlich am Tag der Firmengründung, also am monatlichen Unterweisungen seiner Beschäftig7. Oktober über die Bühne: „Das war hier früher ten an allen drei Standorten – auch wenn diese
die Themen der Arbeitssicherheit jetzt nicht „so
der Tag der Republik“, schmunzelt er.
toll“ finden, wie er meint. Allerdings weiß der
Chef inzwischen auch, dass seine Belegschaft
Das Unternehmermodell als Impulsgeber
Maßgeblich beschleunigt hat die Entscheidung spüren muss, wie wichtig ihm deren Sicherheit
für die Auffangnetze seine Teilnahme am soge- ist: „Ich muss dann nicht mehr so viel meckern“,
nannten Unternehmermodell der BGHM zur Um- lacht er. In diesem Sinne wünscht Neumann sich
setzung der alternativen sicherheitstechnischen auch mehr unangemeldete Kontrollen durch die
Betreuung. „Da ist mir erstmal klar geworden, BG: „Das macht weniger Arbeit, und ich weiß imwie sehr ich als Unternehmer verantwortlich bin. mer, wie es um die Arbeitssicherheit in meinen
Das hat gewirkt“, beteuert er. Lobende Worte fin- Betriebsstätten bestellt ist.“
Klaus Taubitz, BGHM
det Neumann auch für die BGHM-Bildungsstätte,
BGHM-Aktuell 3|2016
Sicheres & Gesundes Arbeiten
Unfall auf einer Baustelle
Nicht nur das Brett war zu dünn
Es war ein guter Auftrag – eine saubere Baustelle und scheinbar gute
Arbeitsbedingungen. Doch dann kippt eine Hubarbeitsbühne, der betroffene
Mitarbeiter schlägt auf dem Hallenboden auf. Was ist passiert?
D
er Hallenrohbau war fertig und der Fußboden glatt
betoniert, mit Ausnahme eines ein Meter breiten Kanals im Fußboden. Die für den Rohbau verantwortliche
Firma hatte den Kanal mit 30 Millimeter starken Holzbohlen
trittfest abgedeckt, so wie es im Sicherheits- und Gesundheitsschutz-Plan der Baustelle vorgesehen war. Für Montagearbeiten in der Höhe waren Fahrgerüste vorgesehen. Da
aber nebenan auf dem Hof des Auftraggebers Baumaschinen
zum Verleih bereitstanden, liehen sich die am Bau beteiligten
Firmen Hubarbeitsbühnen aus.
So auch der Mitarbeiter einer Heizungs- und Sanitärfirma,
als er früh am Morgen allein die Arbeit aufnahm. Er hatte
am Vortag eine Einweisung für das Gerät erhalten, schon
öfter mit Hubarbeitsbühnen gearbeitet und hob sich jetzt
mit einer Teleskop-Hubarbeitsbühne auf sieben Meter in die
Höhe. Persönliche Schutzausrüstung (PSA) gegen Absturz
benutzte er nicht. Für seine Arbeiten musste er die Maschine
immer wieder um einige Meter versetzen. Als er mit angehobenem Ausleger ein Stück durch die Halle fuhr, hörte er ein
Knacken und spürte einen Ruck. Die Bühne neigte sich nach
vorne und kippte, erst langsam und dann immer schneller,
um. Der Mitarbeiter schlug zusammen mit dem Korb auf
den Hallenboden auf. Kollegen fanden ihn kurz darauf und
alarmierten den Rettungsdienst. Drei ausgeschlagene Zähne, ein Schleudertrauma der Hals- und Lendenwirbelsäule
und Prellungen: So gesehen, ist der Sturz noch glimpflich
abgelaufen.
Als Unfallursache wurde die Überbelastung der Holzabdeckung durch die Hubarbeitsbühne ermittelt. Das Gerät hatte
ein Eigengewicht von 7,2 Tonnen und fuhr auf vier Rädern.
Der ausgefahrene Ausleger verlagerte den Schwerpunkt der
Maschine etwas mehr auf das Rad, mit dem der Mitarbeiter
über die Holzabdeckung gefahren und eingebrochen war.
Die Unfalluntersuchung ergab auch, dass es keine Gefährdungsbeurteilung für die Arbeiten auf dieser Baustelle gab.
Der Einsatz von Hubarbeitsbühnen war nicht vorgesehen.
Für die Verwendung von Hubarbeitsbühnen gelten folgende Voraussetzungen:
• Das Gerät muss sicherheitstechnisch in Ordnung sein.
• Das Bedienpersonal muss ausgebildet, schriftlich beauftragt und regelmäßig unterwiesen sein.
• Der Untergrund muss fest und für die Belastungen ausgelegt sein.
• Es ist eine Gefährdungsbeurteilung für den Einsatzort zu
erstellen.
• Je nach Bauart des Geräts ist PSA gegen Absturz zu verwenden.
Da sich auf Baustellen die Verhältnisse schnell ändern können, müssen sich die Verantwortlichen der einzelnen Gewerke und deren Beschäftigten selbst davon überzeugen,
dass das Arbeitsmittel sicher verwendet werden kann. Ohne
entsprechende Ausbildung ist das nicht zu erwarten. Eine
nur auf Erfahrung basierende Bedienung und „Learning by
doing“ können hier lebensgefährlich sein! Es wäre auch die
Pflicht des Unternehmers gewesen, die planmäßige Ausführung der Arbeiten zu kontrollieren.
Kristina Bohm, BGHM
Das Brett zu dünn und die Hubarbeitsbühne zu schwer: Nur mit viel Glück übersteht
der Mitarbeiter einer Heizungs- und Sanitärfirma diesen Unfall.
BGHM-Aktuell 3|2016
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Sicheres & Gesundes Arbeiten
Sicherheitspreis für ergonomische Verbesserung
Team entwickelt Hebehilfe
Täglich werden bei Emerson Network Power in Arnstorf im Schnitt
120 Seitenteile an Serverschränke montiert. Die Daten, die später
in diesen Schränken aufbewahrt werden, wiegen nicht viel –
ganz im Gegensatz zu den Schränken selbst. Eine ergonomische
Herausforderung, die der Betrieb in unternehmensweiter
Teamarbeit erfolgreich gelöst hat.
D
Arbeitsabläufe verbessert
Durch die Hebehilfe ist es den Beschäftigten möglich, die in speziellen Gestellen angelieferten Seitenteile der Serverschränke über Rollen aus dem Gestell
auf die Hebehilfe zu ziehen. Dann kann
das Seitenteil zum Serverschrank gerollt werden, wo es über eine mit dem
Fuß betätigte Hebeeinrichtung angehoben und am Serverschrank eingehängt
wird. Während des Hebevorgangs wird
das zu montierende Teil mit den Händen geführt, das Gewicht des Seitenteils muss nicht mehr selbst gehalten
werden.
Die Zahl der Hebe- und Tragevorgänge für schwere Lasten an dem Montagearbeitsplatz konnte dadurch auf
nahezu Null reduziert werden – eine
30
BGHM-Aktuell 3|2016
ausgezeichnete Lösung, für die das Emerson-Team den
BGHM-Sicherheitspreis erhielt. Mit diesem Preis zeichnet
die BGHM vorbildlich umgesetzte Ideen für mehr Sicherheit
und Gesundheit bei der Arbeit aus. „Das Beispiel der Hebehilfe zeigt, wie wichtig es ist, dass bei der Verbesserung
der Arbeitsbedingungen alle Ebenen im Betrieb zusammenwirken“, betont Kerscher. Die Anregung zur Verbesserung aus dem Kreis der Beschäftigten wurde aktiv von der
Sicherheitsfachkraft und einem Fachteam aufgegriffen, von
den Führungskräften unterstützt und umgesetzt. „Wenn einfache Mittel nicht zur Verfügung stehen, wird mit eigenen
Ideen eine Lösung ausgetüftelt“, freut sich Kerscher. „Auf
diese Weise ist eine passgenaue Lösung entstanden, die Sicherheit und Gesundheitsschutz an der Basis verbessert.“
Peter Dürdoth, BGHM/Mib
© Christian Kerscher
as Problem: Durch die immer höhere Packungsdichte
der Komponenten in immer größer werdenden Serverschränken mussten auch bei der Montage immer
größere Teile mit höherem Gewicht bewegt werden. Bei einer
Breite der Seitenteile von 120 bis 140 cm, einer Höhe von bis
zu 240 cm und einem Stückgewicht zwischen 20 und 25 kg
stellte dies eine körperliche Belastung für die Beschäftigten
dar. Zudem war ein ergonomisches Heben, Tragen und Montieren der Teile auf Grund ihrer Maße nicht oder nur in verdrehter Körperhaltung möglich.
Um die Situation zu verbessern, versuchte der Betrieb zunächst, eine geeignete Hebehilfe auf dem Markt zu finden.
„Dieser Ansatz scheiterte jedoch daran, dass die getesteten Hilfen nicht die gewünschte Entlastung brachten oder
so unpraktisch waren, dass sich der Arbeitsvorgang durch
sie erheblich verlängerte“, sagt ArbeitsschutzmanagementBeauftragter Christian Kerscher. „Deshalb beschlossen wir,
eine eigene Hebehilfe herzustellen, die
speziell für die durchzuführende Tätigkeit geeignet ist.“ Ein Team aus vier
Mitarbeitern machte sich an die Arbeit.
Mit Erfolg – die mit eigenen Mitteln hergestellte Hebehilfe ist nun im Einsatz.
Die Preisträger des Ideenwettbewerbs: Josef Harlander, Fritz Sturm, Alfred Blöchl und Franz Döbler
(von links) mit der neu entwickelten ergonomischen Hebehilfe und BGHM-Aufsichtsperson Peter
Dürdoth (Mitte).
Leben & Leistung
Beweislast bei ungeklärter Sachlage
Kein Versicherungsschutz auf dem Weg
zur Raucherpause
Eine Mitarbeiterin wollte eine Viertelstunde vor ihrer üblichen Pause eine
Zigarette rauchen gehen. Dabei wurde sie in einer Montagehalle beim
achtlosen Überqueren der Fahrbahn von einem Gabelstapler angefahren
und am Fuß verletzt.
© vege - Fotolia.com
I
n der Unfallsofortmeldung hieß es
zunächst, die Mitarbeiterin sei auf
dem Weg zur Zigarettenpause gewesen, später wurde argumentiert, es sei
der Gang zur Toilette gewesen.
Dabei ist die Rechtslage klar. Rauchen ist grundsätzlich eine rein private
Angelegenheit und daher nicht versichert; dies gilt auch für die Wege zur
Pause. Obwohl die Benutzung der Toilette ebenfalls eine private und damit
unversicherte Tätigkeit ist, ist dagegen
aber der Weg dorthin versichert. Grund
dafür ist, dass die Toilettenbenutzung
zur Fortsetzung der Arbeit im Anschluss daran notwendig ist.
Bleibt ungeklärt, auf welchem Weg
sich nun der Unfall ereignete, geht dies
zu Lasten der versicherten Person, ein
Arbeitsunfall ist dann nicht nachgewiesen. Dies war hier der Fall: Die Indizien
sprachen eher gegen einen – versicherten – Toilettengang. Der Schichtführer
erklärte glaubhaft, dass die Frau nach
dem Unfall vom „Weg zur Raucherpause“ gesprochen habe. Zudem wurde
am Unfallort eine Schachtel Zigaretten
gefunden. Auch gehörte die Unfallstelle nicht zwingend zum üblichen Weg
zur Toilette, wohl aber zum kürzesten
Weg zum Raucherbereich außen vor
der Halle. Plausibel war auch, dass sie
nach einem Produktionsstillstand um
17:45 Uhr einen beabsichtigten Gang
zur Raucherpause mit der anschließenden, um 18:00 Uhr beginnenden allgemeinen Pause verbinden wollte.
Aber selbst wenn der Weg zur Raucherpause und zur Toilette derselbe
gewesen wäre, hätte dies keine Rolle
gespielt. Entscheidend ist nämlich, dass
der Weg aus privaten Gründen benutzt
wurde. Ohne die Zigarettenpause wäre
die Versicherte erst zu einem späteren
Zeitpunkt den konkreten Weg gegangen.
Versicherungsschutz wegen einer besonderen betrieblichen Gefahr, hervorgerufen durch den Gabelstapler, lehnte
das Sozialgericht (SG) ebenfalls ab.
Voraussetzung dafür wäre nach
der Rechtsprechung gewesen,
dass
• die besondere Betriebsgefahr auf die mit einer
eigenwirtschaftlichen
Tätigkeit, also mit dem
Gang in die Raucherpause befasste Versicherte
im räumlich-zeitlichen
Bereich ihres Arbeitsplatzes
eingewirkt und
• die private Verrichtung die Bedrohung durch die zum Unfall führende
Betriebsgefahr, den Gabelstapler,
nicht sonderlich beeinflusst hätte.
Beides trifft im vorliegenden Fall jedoch nicht zu: Zum einen befand sich
die Mitarbeiterin nicht mehr an ihrem
Arbeitsplatz,
und zum anderen hat ihr unachtsames Überqueren des Fahrweges die
vom Gabelstapler ausgehende Bedrohung in erheblichem Maße verstärkt
(SG Karlsruhe, Urteil vom 27.10.2015,
AZ.: S 4 U 1189/15).
Karl Heinz Schwirz, BGHM
BGHM-Aktuell 2|2016
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BGHM, Isaac-Fulda-Allee 18, 55124 Mainz
„Die BGHM hat uns
bei der Einführung
eines Arbeitsschutzmanagement-Systems kompetent beraten und tatkräftig
unterstützt.“
Florian Probst und
Jürgen Reif,
Geschäftsführer der
Gidema GmbH