EMEA 360 Boardroom Survey

EMEA 360
Boardroom Survey
Prioritäten und
Schwerpunkte der Aufsichtsund Verwaltungsräte
Juni 2016
Title
Profil der Umfrageteilnehmer
25
13
4
Norwegen
Niederlande
12
Belgien
Österreich
14
Polen
22
22
Deutschland
7
18
Finnland Rumänien
23
Vereinigtes �
Königreich
Mittlerer Osten�
(Vereinigte Arabische Emirate �
Jordanien und Kuwait)
15
Türkei
26
Irland
19
Schweiz
15
Frankreich
3
Spanien
15
Italien
8
Zypern
10
Südafrika
Gesamt = 271
Tier 1
2
Tier 2
Auswahl zwischen drei
6%
4%
Eigentümerstruktur
7%
7%
66%
10%
4%
Branche
1%
4% 3%
22%
9%
10%
20%
13%
14%
13%
Umsatz
20%
55%
Finanzdienstleistungen
Verarbeitende Industrie
Sonstige
Energie, Versorgung und Bergbau
Technologie, Medien und Telekommunikation
Konsumgüter
Life Sciences
Bauwirtschaft
Business & Professional Services
Öffentlicher Sektor
Unter 100 Millionen Euro
Zwischen 100 und 499 Millionen Euro
Zwischen 500 und 999 Millionen Euro
1 Milliarde Euro und darüber
13%
3% 3% 1%
Anzahl der Direktoren im Aufsichtsrat
21%
39%
0-3
4-7
8-11
12-15
16-19
20-23
33%
EMEA 360 Boardroom Survey – Prioritäten und Schwerpunkte der Aufsichts- und Verwaltungsräte 3
Inhalt
Methode5
Über diesen Bericht
6
Wichtigste Erkenntnisse
7
Österreich im Überblick
8
Die Entwicklung der Corporate-Governance-Landschaft
in der EMEA-Region
10
Strategie und Risiko
16
Innovation22
Cyber-Sicherheit26
Vergütung29
Talent- und Nachfolgeplanung
31
Performance und Evaluierung des Aufsichtsrats
35
Endnoten39
Kontakte37
4
Methode
Im Rahmen dieser ersten EMEA 360° Boardroom Survey befragte Deloitte 271 Aufsichtsratsmitglieder in 20 Ländern
der EMEA-Region nach ihrer Meinung zu den Herausforderungen, mit denen Aufsichtsräte im Zusammenhang mit
folgenden Aspekten der Corporate Governance konfrontiert sind: Strategie und Risiko, Innovation, Cyber-Sicherheit,
Vergütung, Talent und Nachfolge sowie Performance und Evaluierung der Aufsichtsräte.
Deloittes Ziel war es dabei, die Meinungen von Aufsichtsräten verschiedenartiger Organisationen aus einer Reihe
unterschiedlicher Branchen einzuholen. Das Profil der Befragten ist auf den Seiten 2 und 3 zu finden.
Die Standpunkte der Aufsichtsräte mögen zu einem gewissen Teil davon abhängen, ob ihr Unternehmen ein
monistisches oder ein dualistisches Führungssystem aufweist – Anmerkungen zu solchen Unterschieden sind im
gesamten Bericht hervorgehoben. Von den 20 Ländern, die an der Umfrage teilnahmen, weisen 13 eine monistische
und drei (Österreich, Deutschland und Polen) eine vorwiegend dualistische Führungsstruktur auf, während in den
übrigen vier (Frankreich, Italien, Niederlande und Rumänien) beide oder andere Optionen zur Verfügung stehen.
Allerdings herrschen in Frankreich vorwiegend monistische und in den Niederlanden und Rumänien vorwiegend
dualistische Führungsstrukturen vor, wie auch aus dem beiliegenden „Länderprofil“ hervorgeht. Das Dokument liegt
diesem Bericht bei und enthält zusätzlich weitere ausführlichere Informationen über die rechtlichen Anforderungen
und Corporate-Governance-Vorschriften in den einzelnen Teilnehmerländern.
Die Befragungen wurden im Februar und März 2016 durchgeführt. Der Bericht bezieht quantitative und
qualitative Daten auf Grundlage dieser Befragungen mit ein. Bitte beachten Sie, dass die Länderergebnisse keiner
Normalisierung oder Gewichtung unterzogen wurden, auch wenn die Anzahl der befragten Aufsichtsratsmitglieder
jeweils unterschiedlich war. Infolge von Rundungen können die Antworten auf die Fragen in diesem Bericht
zusammengenommen nicht immer genau 100 Prozent ergeben. Alle Angaben der Teilnehmer werden vertraulich
behandelt und nur in aggregierter Form wiedergegeben. Die Namen der einzelnen Teilnehmer oder ihrer
Unternehmen werden nicht offengelegt.
Die in diesem Bericht enthaltenen Ansichten und Meinungen stehen stellvertretend für diejenigen der befragten
Aufsichtsratsmitglieder und entsprechen nicht unbedingt dem Standpunkt von Deloitte. Wir geben keinerlei
Zusicherungen oder Gewährleistungen für die Richtigkeit dieser Angaben oder die Übereinstimmung der erhobenen
Angaben mit der tatsächlichen Performance oder Effizienz realer Aufsichtsräte.
EMEA 360 Boardroom Survey – Prioritäten und Schwerpunkte der Aufsichts- und Verwaltungsräte 5
Über diesen Bericht
Dieser Bericht enthält die Meinungen von 271 Aufsichtsratsmitgliedern zu gängigen Grundsätzen der
Unternehmensführung in der EMEA-Region und zeigt auf, wie sich diese Ansichten in Reaktion auf Veränderungen im
Unternehmensumfeld künftig entwickeln könnten.
Ausgehend von den fünf zentralen Herausforderungen, denen sich die Aufsichtsräte in den letzten 12 Monaten
gegenüber sahen, und den wichtigsten Themen, die sie für die nächsten 12-24 Monaten erwarten, beleuchten wir
die Verlagerung der Schwerpunkte und wie sich die Zukunft möglicherweise von der Vergangenheit unterscheiden
könnte.
Im Anschluss daran setzt sich der Bericht eingehend mit sechs Aspekten der Corporate Governance auseinander:
Strategie und Risiko, Innovation, Cyber-Sicherheit, Vergütung für Management und Geschäftsleitung, Talent- und
Nachfolgeplanung im Aufsichtsrat sowie Wirksamkeit und Evaluierung des Aufsichtsrats. Diese sechs Punkte wurden
hauptsächlich aus mindestens einem von drei Gründen ausgewählt: Weil sie vorrangig von unseren Befragten als
wichtige Themen genannt wurden, weil sie deren Meinung nach in den kommenden ein bis zwei Jahren deutlich an
Bedeutung gewinnen werden, oder aber weil sie von Deloitte Governance-Experten als Themen von zunehmender
Bedeutung identifiziert wurden.
Dieser Bericht befasst sich jedoch nicht nur mit den Standpunkten der Umfrageteilnehmer in der EMEA-Region,
sondern geht auch auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten der einzelnen Länder und Branchen ein. Wir sind davon
überzeugt, dass er einige nützliche Denkanstöße zur Beschaffenheit von Corporate-Governance-Praktiken in der
EMEA-Region und Einblicke in mögliche künftige Entwicklungen von Meinungen und Vorgehensweisen geben kann.
6
Wichtigste Erkenntnisse
Deloitte freut sich, Ihnen die erste Ausgabe des EMEA 360-Boardroom Survey: Prioritäten und Schwerpunkte
präsentieren zu dürfen, in der Aufsichtsratsmitglieder aus der EMEA-Region zu für sie derzeit relevanten Themen befragt
wurden.
Die Ergebnisse unserer Umfrage liefern einen einzigartigen Überblick über die sich stetig wandelnden
Herausforderungen im Geschäftsumfeld von heute, vor die sich Aufsichtsratsmitglieder häufig gestellt sehen, und wie
sich diese Anforderungen voneinander unterscheiden.
Ein wesentliches Fazit der Befragung lautete, dass Aufsichtsratsmitglieder Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit
kurz- bis mittelfristig optimistischer beurteilen als noch in jüngster Vergangenheit. Frühere Sorgen in Bezug auf
Kostensenkung und Kapitalmanagement – vor dem Hintergrund einer ungünstigen Wirtschaftslage – haben
nachgelassen.
Eine effektive, flexible Strategie ist unverzichtbar für ein Unternehmen, das wettbewerbsorientiert ist und auch
langfristigen Erfolg haben will. Für unsere Befragten hat dies dementsprechend auch weiterhin höchste Priorität.
Eine wichtige Rolle bei der Entwicklung einer effektiven und flexiblen Strategie ist die aktive Einbeziehung des
Risikomanagements – und fast 90% aller Befragten waren mit der Einbindung des Risikomanagements in ihren
Unternehmen zufrieden.
Einer der Strategie-Faktoren, mit dem wir uns intensiver befasst haben, betraf Innovation und deren Bedeutung
für Aufsichtsräte im EMEA-Raum. Wir konnten dabei signifikante Unterschiede zwischen Ländern und Branchen
identifizieren: In Deutschland, Irland und Italien, wo ausgeprägte staatliche Innovationsanreize sowie eine gut
etablierte Start-up- und Unternehmenskultur vorhanden sind, steht Innovation weit oben auf der Aufsichtsratsagenda.
Branchenbezogen wird Innovation in den Bereichen Life Sciences, Technologie, Medien und Telekommunikation als
wichtig angesehen, während sie in der Bauwirtschaft sowie im Energie- und Rohstoffsektor eine eher untergeordnete
Rolle spielt. Das Hauptaugenmerk liegt EMEA-weit auf Produktinnovation.
Im Ranking ebenfalls weit oben ist Digitale Innovation, die jedoch eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber Cyber-Risiken
mit sich bringt. Auf die Frage, wie hoch sie das Bewusstsein im Aufsichtsrat für solche Risiken einschätzten (auf einer
Skala von 1 = niedrig bis 5 = hoch), gaben allerdings nur 48% der Befragten eine hohe Bewertung ab, während 20%
erklärten, dass nur ein geringes Bewusstsein (1 oder 2) vorhanden sei. Darüber hinaus sagte weniger als die Hälfte der
Teilnehmer, dass ihre Organisation derzeit einen Aktionsplan zu Cyber-Sicherheit verfolge. Lediglich 5% gaben darüber
hinaus an, dass sie ein Aufsichtsratsmitglied zum Sachverständigen für Cyber-Sicherheit ernannt hätten, während die
restlichen Befragten dies in der kollektiven Zuständigkeit des Aufsichtsrats sehen oder glauben, das Management
befasse sich damit.
Über diese stark nach außen fokussierten Sachverhalte hinaus untersuchten wir auch zentrale Governance-Themen wie
die Vergütung, Nachfolgeplanung und Effizienzprüfung der Aufsichtsräte. Einige der wichtigsten Erkenntnisse waren
hierbei, dass:
•die geschäftliche Performance als wichtigster Faktor für die Vergütung von Management und Führungskräften
betrachtet wird
•die Mehrheit der Befragten aktiv mit Stakeholdern kommunizieren und diese bereits in frühen Phasen zur
Nachfolgeplanung miteinbeziehen
•eine nicht unbedeutende Minderheit der Auffassung ist, dass die Effizienzprüfung des Aufsichtsrats zu wenig
anerkannt sei; allerdings hält die Mehrheit der Befragten diese Form der Beurteilung in ihrem Unternehmen für fest
etabliert.
Diese und weitere Erkenntnisse zu den Agenden der Aufsichtsräte werden im folgenden Bericht beleuchtet. Wir hoffen,
dass diese Einblicke Ihnen wertvolle Denkanstöße für Ihre Diskussionen im Aufsichtsrat liefern.
EMEA 360 Boardroom Survey – Prioritäten und Schwerpunkte der Aufsichts- und Verwaltungsräte 7
Österreich im Überblick
Während EMEA-weit gesehen für die kommenden ein bis zwei Jahre ein klarer Fokus auf Strategie, Wachstum und
Leistung gelegt wird, sehen sich die Aufsichtsräte in Österreich aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen
gezwungen, ein erhöhtes Augenmerk auf Kostensenkung und operatives Management zu legen. Aber auch
Digitalisierung und Cyber Security finden verstärkt Einzug in die Agenda österreichischer Aufsichtsräte.
Ein Grund, warum Österreichs Aufsichtsräte für 2016 und 2017 einen im EMEA-Vergleich schwächeren Fokus auf
Strategie und Risiko legen, könnte die bereits erfolgte Umsetzung bzw. Integration dieser Themen im Aufsichtsrat
sein. 84 Prozent der Umfrageteilnehmer in Österreich geben an, Risikomanagement sei in die strategischen
Entscheidungsprozesse des Aufsichtsrats gut integriert. Die notwendigen Informationen dazu beziehen die
Aufsichtsräte vorrangig aus Business-Plänen, Finanzkennzahlen und Management-Präsentationen. Die Qualität des
Informationsflusses zwischen Management und Aufsichtsrat ist daher von großer Bedeutung. Es ist wichtig für
Aufsichtsräte die hinter den Informationen stehenden Annahmen zu verstehen, und gegebenenfalls hinterfragen zu
können. Österreichs Aufsichtsräte zeigen sich mit einer Mehrheit von 84 Prozent hinsichtlich Qualität, Aktualität und
Fokus der erhaltenen Informationen zufrieden.
Ethische Verstöße und fragwürdige Geschäftspraktiken von Unternehmen bleiben auch weiterhin ein viel beachtetes
Thema in den Medien. Erleidet ein Unternehmen einen gravierenden Reputationsschaden, kann es jahrelang
dauern, bis es sich wieder davon erholt. Die Zuständigkeit für Risikokontrollen in diesem Zusammenhang sehen die
Umfrageteilnehmer aus Österreich aber eher im Bereich des Managements, während innerhalb von EMEA diese
auf alle Ebenen der Organisation verteilt ist. 21 Prozent der Aufsichtsräte innerhalb von EMEA geben an, eine
systematische Prüfung des Reputationsrisikos durchzuführen. In Österreich wurde dies nur von 4 Prozent bejaht.
Allarmierend ist, dass derartige Risikokontrollen laut unserer Studie noch keinen Einzug in die Organisationskultur
österreichischer Unternehmen gefunden haben. Doch gerade die Integration von Risikomanagement in die
Unternehmenskultur ist für eine erfolgreiche und nachhaltige Umsetzung bzw. Einhaltung von nationalen und
internationalen Compliance Regeln bzw. unternehmensinternen Ethik-Grundsätzen von erhöhter Bedeutung.
Tonangebend für die Unternehmenskultur ist dabei die Unternehmensspitze.
EMEA-weit zeigt sich ein klares Bekenntnis zu Innovation. 60 Prozent der Aufsichtsräte geben an, dass Innovation
einen (sehr) wichtigen Stellenwert in ihrer Organisation für den Aufsichtsrat einnimmt. In Österreich stimmen hier
48 Prozent überein (Deutschland 81 Prozent). Mit 54 Prozent liegt in Österreich Produktinnovation an erster Stelle,
gefolgt von Prozessinnovation (46 Prozent) und digitaler Innovation (42 Prozent).Die EMEA-weit am zweithäufigsten
genannte Erneuerung des Geschäftsmodells (49 Prozent) wird nur von 29 Prozent der Aufsichtsräte in Österreich
genannt. 21 Prozent haben keinen Innovationsplan, 13 Prozent sind dabei einen zu entwickeln. Diejenigen
Umfrageteilnehmer in Österreich, die keinen Innovationsplan haben, finden sich in jenen Organisationen wieder, für
die Innovation laut eigener Angabe von untergeordneter Bedeutung ist (Real Estate, Gesundheitswesen, öffentlicher
Sektor).
Obwohl Cyber-Sicherheit zunehmend einen höheren Stellenwert auf der Aufsichtsratsagenda einnimmt, geben
EMEA-weit nur 48 Prozent der Aufsichtsräte an, ein (sehr) ausgeprägtes Bewusstsein in Bezug auf Cyber-Sicherheit
zu haben. In Österreich sind die Ansichten der Aufsichtsräte in dieser Hinsicht geteilt. 52 Prozent attestieren ihrem
Aufsichtsrat ein (sehr) hohes Bewusstsein, 44 Prozent ein (sehr) niedriges Bewusstsein in Bezug auf Cyber-Sicherheit.
Die Verantwortung für Cyber-Sicherheit wird in Österreich klar (88 Prozent) beim Management gesehen. Nur
19 Prozent der Befragten geben an, dass hier auch der Aufsichtsrat verantwortlich zeichnet. Gleich mit den anderen
Ländern mit dualistischer Führungsstruktur werden Aktionspläne für Cyber-Sicherheit im Allgemeinen einmal pro Jahr
überprüft. Monistische Führungsstrukturen zeigen hier ein ausgewogenes Verhältnis von ad hoc, vierteljährlicher und
jährlicher Prüfung.
8
Einstimmig mit den Aufsichtsräten der EMEA Region sieht auch die große Mehrheit der Aufsichtsräte in Österreich
(84 Prozent) die Vergütung des Managements bzw. der Geschäftsleitung eng an die Performance und laufende
Wirtschaftlichkeit der Unternehmen gebunden. Dabei legen die Österreicher, noch mehr als ihre Kollegen innerhalb
EMEA, den eindeutigen Schwerpunkt bei der Festlegung der Managementvergütung auf die geschäftliche Performance
(92 Prozent; EMEA: 86 Prozent). Die Förderung der Geschäftsstrategie wird hingegen nur von 36 Prozent der
österreichischen Aufsichtsräte als Kriterium für die Festlegung der Vergütung genannt. Auf EMEA Ebene wird darauf
weitaus größeres Augenmerk gelegt (55 Prozent).
Erforderliche Kompetenzen bei der Zusammensetzung des Aufsichtsrats werden, nach überwiegender Mehrheit
der befragten Aufsichtsräte in Österreich, hinreichend überprüft. Einig sind sich Österreichs Aufsichtsräte mit Ihren
Kollegen innerhalb von EMEA, dass Branchenkenntnis und die strategische Ausrichtung der Organisation zu den
wesentlichsten Faktoren für die Entscheidung über zukünftige Anforderungen an die Fähigkeiten des Aufsichtsrats
gehören. Hinsichtlich Diversitätskriterien beruht die Zusammensetzung des Aufsichtsrats vorrangig auf professioneller
Qualifikation und Geschlecht. Internationalisierung, innerhalb von EMEA mit 45 Prozent an dritter Stelle gereiht, nimmt
in Österreich mit 32 Prozent einen geringeren Stellenwert ein. Das Alter spielt in unserem Land nur für 32 Prozent
der befragten Aufsichtsräte eine Rolle für die Zusammensetzung des Aufsichtsrats. Damit liegen wir zwar über dem
EMEA-Wert (21 Prozent), aber deutlich unter dem zum Beispiel in Deutschland angegebenem Wert, wo 45 Prozent
der Aufsichtsräte das Alter als wesentliches Diversitätskriterium ansehen. Hinsichtlich Geschlechterdiversifizierung – in
Österreich nur für staatsnahe Betriebe gesetzlich vorgeschrieben – wurde von 13 Prozent der befragten Aufsichtsräte
eine entsprechende Richtlinie eingeführt. Dieser Wert liegt deutlich unter jenem von EMEA mit 37 Prozent.
Effizienzprüfungen des Aufsichtsrats werden in Österreich nur von 28 Prozent der befragten Aufsichtsräte
durchgeführt. 44 Prozent geben an keine Beurteilung der Leistung des Aufsichtsrats durchzuführen. Damit hebt sich
Österreich deutlich von der EMEA ab. EMEA-weit gesehen geben 73 Prozent der Aufsichtsräte an, Evaluierungen des
Aufsichtsrats durchzuführen. Die Angabe ist insofern überraschend, als der Corporate Governance Kodex in Österreich
eine Selbstevaluierung des Aufsichtsrates als C-Regel (C 36) vorsieht. Die Einhaltung der C-Regeln hat die Gesellschaft
regelmäßig, mindestens alle 3 Jahre, durch eine externe Institution evaluieren zu lassen (C 62). Als Grundlagen
für die Leistungsbeurteilung des Aufsichtsrats insgesamt dienen in Österreich, wie auch in EMEA, vorrangig
Strategie, Führungskompetenz sowie finanzielle Kriterien. Operative Aspekte finden in Österreich deutlich weniger
Berücksichtigung als auf EMEA Ebene (9 Prozent, EMEA: 48 Prozent).
EMEA 360 Boardroom Survey – Prioritäten und Schwerpunkte der Aufsichts- und Verwaltungsräte 9
Die Entwicklung der CorporateGovernance-Landschaft in der
EMEA-Region
Aufsichtsräte werden derzeit mit einer immer größer werdenden und sich stetig verändernden Bandbreite von Problemen
konfrontiert. Praktiken und Einstellungen gegenüber dem Aufsichtsrat sind von Land zu Land und von Branche zu Branche
unterschiedlich und wandeln sich im Laufe der Zeit. Welche Probleme als besonders gravierend empfunden werden, ändert
sich infolge von unternehmensspezifischen Ereignissen und Umständen. Denn obwohl die Herausforderungen an eine gute
Unternehmensführung weltweit mehr oder weniger gleich sind, gehen die Unternehmen je nach Land und Region anders
mit ihnen um.
Dieser Bericht konzentriert sich auf die EMEA-Region, in der Governance-Fragen auch weiterhin auf großes öffentliches
Interesse stoßen, und zeigt die wesentlichen Bedenken der befragten Aufsichtsratsmitglieder auf
Zentrale Herausforderungen an Aufsichtsräte
Wir befragten 271 Aufsichtsratsmitglieder zu den fünf zentralen Herausforderungen, denen sich ihr Aufsichtsrat in den
vergangenen 12 Monaten stellen musste, sowie nach den ihrer Ansicht nach fünf wichtigsten Themen in den kommenden
12–24 Monaten. Unsere Absicht dabei war es, spürbare Differenzen aufzudecken und zu untersuchen, aus welchen
Gründen sich die Einschätzung der Aufsichtsratsmitglieder in Zukunft ändern könnte. Die Antworten der Teilnehmer und alle
Unterschiede zwischen den vergangenen 12 und den kommenden 12–24 Monaten sind in Tabelle 1 dargestellt.
Vergleicht man die zentralen Herausforderungen der vergangenen 12 Monate mit den projizierten der kommenden 12–24
Monate ergibt sich das folgende Bild:
•eine Zunahme des Anteils der Befragten, die Wachstum, Innovation und Wettbewerb für zentrale Herausforderungen halten
•einen Rückgang der Anzahl der Teilnehmer, die die Themen Kostensenkung und Kapitalmanagement für wichtig halten
•eine anhaltende Priorisierung von Strategie, Performance, Risikomanagement, Regulierung und Compliance
•ein zunehmendes Bewusstsein für Digitalisierung und Cyber-Sicherheit
Diese Veränderungen sind nicht so entscheidend, dass sie auf einen wesentlichen Sinneswandel der Aufsichtsräte
schließen lassen, zeigen aber dennoch (als Reaktion auf bessere Konjunkturbedingungen) einen gewissen optimistischen
Stimmungsumschwung weg von Kostensenkungen und Kapitalmanagement hin zu Vertrauen in Wachstum und
Wettbewerbsfähigkeit. Das stärker werdende Interesse für Talentmanagement ist ein weiterer Aspekt dieser Verlagerung.
Tabelle 1. Zentrale 10 Herausforderungen der Aufsichtsräte der vergangenen 12 Monate und der kommenden 12-24 Monate
“Mit welchen 5 zentralen Herausforderungen waren die Aufsichtsräte in den letzten 12 Monaten befasst? Mit welchen 5 zentralen
Herausforderungen für Aufsichtsräte rechnen Sie in den nächsten 12-24 Monaten?”
Zentrale Herausforderungen
EMEA
10
Rang der nächsten
12 – 24 Monate
Strategie
1
Wachstum
2
Leistung
Fusionen & Akquisitionen
Innovation
Kapitalmanagement
Wettbewerb
Risikomanagement
Veränderung
Rang der letzten
12 Monate
1
4
6
3
2
5
4
-2
2
5
5
10
6
-3
3
7
4
11
8
-1
7
Regulierung und Compliance
9
-1
8
Kostensenkung
10
-6
4
Shareholder Value/Investoren
11
1
12
Digitalisierung
12
7
19
Zentrale Herausforderungen
EMEA
Rang der nächsten
12 – 24 Monate
Veränderung
Rang der letzten
12 Monate
Cyber-Sicherheit
13
10
23
Nachfolgemanagement
14
2
16
Operatives Management/Infrastruktur
15
-2
13
Organisationsstruktur
16
-7
9
Politische/soziale Unsicherheiten
17
3
20
Globale Finanzkrise und Erholung
18
-4
14
IT/Technologie
19
-4
15
Talentmanagement
20
7
27
Governance
21
-4
17
Externe Faktoren
22
-4
18
Transformation
23
1
24
Refinanzierung
24
1
25
Globalisierung
25
4
29
Effektivität des Aufsichtsrats
27
-5
22
Berichtswesen
28
2
30
Stakeholder Management
29
2
31
Nachhaltigkeit
30
2
32
Vergütung von Führungskräften
31
-10
21
Korruptions-/Betrugsbekämpfung
32
-4
28
Umwelt
33
33
Rohstoffe/Energie
34
34
Ethik
35
Diversität
36
3
39
Steuerrisiko
37
-1
36
Länderrisiko
38
-1
37
Gesundheit und Sicherheit
39
-1
38
Terrorismus
40
1
41
Globale Beschaffung
41
-1
40
35
Die stärkste Veränderung um jeweils 10 Plätze sehen die Aufsichtsräte bei den Themen Cyber-Sicherheit – ein Thema, das
stark an Bedeutung gewonnen hat – und der Vergütung der Führungskräfte. Letzteres hat stark an Bedeutung verloren
und rangiert lediglich noch auf Platz 31.
Die Herauskristallisierung von Cyber-Sicherheit als zunehmend wichtiges Problem liegt wahrscheinlich an einer prominenten
Medienberichterstattung und dem hohen Reputationsrisiko, dem ein Unternehmen nach einer erfolgreichen Cyber-Attacke
ausgesetzt ist. Ein unbefugter Zugriff auf personenbezogene Daten birgt ebenfalls Risiken für Unternehmen, insbesondere
in der Bankenbranche und in Ländern, in denen politische Unruhen herrschen. Die Gefahr im Bereich Cyber-Risiko liegt
nicht in einem einzelnen Ereignis für das zu einem bestimmten Zeitpunkt eine spezifische Lösung gefunden werden kann.
Das Risiko entwickelt sich vielmehr ständig weiter, und Sicherheitsmaßnahmen müssen regelmäßig unternehmensweit
revidiert und aktualisiert werden. Das Problem geht weit über den Aufgabenbereich des IT-Teams hinaus, und liegt in
letzter Instanz in der Verantwortung des Aufsichtsrats.
EMEA 360 Boardroom Survey – Prioritäten und Schwerpunkte der Aufsichts- und Verwaltungsräte 11
Auch Digitalisierung hat stark an Bedeutung gewonnen und ist in der Rangfolge um 7 Plätze gestiegen. Dies lässt
sich durch ihre außergewöhnlich breitflächige und immer weiter zunehmende Reichweite erklären. Datenanalyse, das
Internet of Things, Robotik und andere Innovationen bieten neue technologische Möglichkeiten, die alle Branchen
betreffen. In vielen traditionellen Branchen fordern neue digitale Wettbewerber die alteingesessenen Unternehmen
heraus. Diese Kombination ist für Unternehmen von enormer strategischer Bedeutung, weshalb es bereits zu
erwarten war, dieses Thema auf der Tagesordnung der Aufsichtsräte sehr weit oben zu finden.
Innovation wird oftmals durch die Digitalisierung von Produkten und Prozessen vorangetrieben, und angesichts der
zunehmenden Bedeutung der Digitalisierung dürfte auch mit einer steigenden Nachfrage nach (und potenziellen
Knappheit von) Führungskräften mit den erforderlichen Kompetenzen für ein effektives Arbeiten in einer digitalen
Umgebung zu rechnen sein. Digitale Innovation bleibt auch weiterhin entscheidend für die Fähigkeit eines
Unternehmens, sich in einem zunehmend wettbewerbsintensiven und schwierigen Umfeld zu behaupten.
Interessant ist indes, dass die befragten Aufsichtsräte einigen besorgniserregenden gesellschaftlichen Entwicklungen,
über die in den letzten Monaten viel berichtet wurde, keine besonders hohe Priorität beimessen. Dazu zählen etwa
Themen wie Besteuerung, Terrorismus, Diversität, Ethik und Nachhaltigkeit.
Zentrale Herausforderungen: Länderanalyse
Tabelle 1 zeigt die Standpunkte der Aufsichtsräte in der gesamten EMEA-Region zu den vergangenen und künftigen
fünf zentralen Herausforderungen an Aufsichtsräte. Sie unterscheiden sich zwangsläufig von Land zu Land. Einige
dieser Länder sind in Tabelle 2 aufgeführt.
Tabelle 2. Zentralen Herausforderungen an Aufsichtsräte:
12
Länder
Zentrale Herausforderungen an Aufsichtsräte: Länderanalye
Belgien
Fusionen und Akquisitionen waren in den letzten zwölf Monaten ein bedeutender
Aufgabenbereich. Man geht jedoch davon aus, dass dieses Thema künftig eine weniger
große Rolle spielen wird. Unsere Befragten erwarten, dass Organisationsstruktur und
Governance an Bedeutung gewinnen.
Deutschland
Die Erwartungen Deutschlands in Bezug auf die zunehmende Bedeutung von Wettbewerb
und Innovation und die nachlassende Besorgnis über Kostensenkungsprobleme entsprechen
dem Durchschnitt der EMEA-Region. Für die Zukunft wurden Digitalisierung und CyberSicherheit als die bedeutendsten Aufgaben genannt. Einige Befragte glauben, dass die
politische und soziale Unsicherheit, die nicht als bedeutendes Problem in den letzten zwölf
Monaten genannt wurde, künftig eine wichtige Rolle spielen wird.
Finnland
Die Erwartungen Finnlands in Bezug auf die zunehmende Bedeutung von Wettbewerb und
Innovation und die nachlassende Besorgnis über Kostensenkungsprobleme entsprechen
dem Durchschnitt der EMEA-Region. Die Digitalisierung gilt als wichtiges Problem der
Zukunft, und einige Befragte nannten auch die politische und soziale Unsicherheit.
Frankreich
Die vorrangigen Aufgaben der letzten zwölf Monate konzentrieren sich mehr oder
weniger auf die Bereiche Strategie, Fusionen und Akquisitionen, Performance und
Risikomanagement; beim Ausblick in die Zukunft kommen noch Wachstum und
Risikomanagement hinzu.
Großbritannien
Die Hauptaufgaben, die von den Befragten genannt wurden, entsprechen mehr oder
weniger dem EMEA-Durchschnitt. Allerdings scheint man sich hier der Bedeutung des
Talentmanagements und der Nachfolgeplanung stärker bewusst zu sein als in den meisten
anderen EMEA-Ländern. Überraschend wenige Befragte nannten die Vergütung als eines
der fünf Hauptaufgaben, obwohl sie 2016 ein viel diskutiertes Thema in den britischen
Wirtschaftsmedien war.
Länder
Zentrale Herausforderungen an Aufsichtsräte: Länderanalyse
Irland
Die Befragten in Irland gehen insgesamt davon aus, dass die Aufgabenschwerpunkte in den
kommenden 12-24 Monaten im Wesentlichen dieselben sein werden wie in den zwölf Monaten
zuvor. Cyber-Sicherheit, Regulierung und Compliance werden dabei jedoch weit oben rangieren.
Italien
Die Besorgnis über Kapitalmanagement und Kostensenkungen in den vergangenen zwölf
Monaten kann auf das derzeitige Geschäftsklima in Italien und die laufenden Reformmaßnahmen
zurückzuführen sein. Der Shareholder Value bleibt ein wichtiges Thema, und es wird erwartet,
dass Organisationsstruktur und Nachfolgeplanung auf Leitungsebene an Bedeutung gewinnen.
Naher Osten
"Während die Effektivität des Aufsichtsrats in den vergangenen zwölf Monaten ein bedeutendes
Problem darstellte, dürfte nun die Besorgnis über die globale Erholung in den Vordergrund
treten. Dies könnte durchaus der derzeitigen und künftigen Lage der Ölindustrie entsprechen.
Auch Governance gilt als wichtiges Thema des Aufsichtsrats."
Norwegen
Die Hauptaufgaben des Aufsichtsrats in Norwegen sind ähnlich wie in großen Teilen der übrigen
EMEA-Region, u.a. Strategie, Performance, Kapitalmanagement und Kostensenkung. Im Ausblick
gehören Kapitalmanagement und Kostensenkung nicht mehr zu den fünf Hauptthemen. An ihre
Stelle treten Organisationsstruktur und Innovation, was auf die Verlagerung der Prioritäten von
der Kostenkontrolle auf das Wachstum zurückzuführen sein dürfte. Die Befragten in Norwegen
nannten allerdings auch Korruption, Gesundheit und Sicherheit sowie Ethik als bedeutende Themen
der vergangenen zwölf Monate.
Österreich
Die Befragten halten Kostensenkungen auch künftig noch für ebenso wichtig wie in den letzten
zwölf Monaten; Innovation, Wettbewerb und operatives Management/Infrastruktur gewinnen
an Bedeutung, ebenso wie Digitalisierung und Cyber-Sicherheit. Governance gilt als wichtiges
Problem, mehr noch als in anderen Ländern.
Polen
Kostensenkung sowie Fusionen und Akquisitionen waren bedeutende Themen der letzten
zwölf Monate. Die Hauptaufgaben des Aufsichtsrats in den nächsten zwei Jahren liegen den
Erwartungen zufolge im Wachstum, gefolgt von Innovation, Performance und politischer
Ungewissheit.
Romänien
Die Aufgabenschwerpunkte der vergangenen zwölf Monate waren Organisationsstruktur,
Effektivität des Aufsichtsrats und operatives Management. Auch Korruption rangiert weit oben
(und einige Befragte erwarten, dass dies auch künftig so bleiben wird).
Schweiz
Die wesentlichen Aufgaben, die von den Befragten genannt wurden, entsprechen mehr oder
weniger dem EMEA-Durchschnitt. Einige Befragte gaben jedoch auch Korruption, Cyber-Risiken
und Ethik als bedeutende Themen in der Vergangenheit und Zukunft an.
Südafrika
Die Befragten nannten Kapitalmanagement und die globale Krise sowie Wachstum als
Hauptthemen der letzten zwölf Monate. Man erwartet, dass sie künftig an Bedeutung verlieren
und stattdessen Regulierung und Compliance und die politische und soziale Ungewissheit in den
Vordergrund treten.
Türkei
Auf Leitungsebene dürften drei Bereiche an Bedeutung gewinnen, darunter politische und soziale
Ungewissheit, Regulierung und Compliance sowie Cyber-Sicherheit.
Zypern
In den vergangenen zwölf Monaten waren Risikomanagement, Kostensenkungen und politische
Ungewissheit die wichtigsten Themen. Für die kommenden zwölf Monate wird erwartet, dass
die politische Ungewissheit an Bedeutung verliert und anstelle von Kostensenkungsproblemen
eher Wachstum und Strategie Anlass zur Besorgnis geben dürften.
EMEA 360 Boardroom Survey – Prioritäten und Schwerpunkte der Aufsichts- und Verwaltungsräte 13
Österreich im Detail
Während EMEA-weit gesehen für die kommenden ein bis zwei Jahre ein klarer Fokus auf Strategie, Wachstum und
Leistung gelegt wird, sehen sich die Aufsichtsräte in Österreich aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen
gezwungen, ein erhöhtes Augenmerk auf Kostensenkung und operatives Management bzw. Infrastruktur zu legen.
Kostensenkung wird von 52 Prozent der teilnehmenden Aufsichtsräte als eine der fünf zentralen Herausforderungen
für die kommenden 12 bis 24 Monate genannt, gefolgt von Wachstum und Strategie (jeweils 36 Prozent) sowie
Governance ex aequo mit operativem Management (32 Prozent).
Betrachtet man im Vergleich dazu die Aufsichtsratsagenda des letzten Jahres, so wurden in den Aufsichtsräten
Österreichs Strategie (60 Prozent), Kostensenkung (52 Prozent), Risikomanagement (36 Prozent) und
Kapitalmanagement (32 Prozent) vorrangig behandelt.
Einen klaren Aufwärtstrend zeigen im Vergleich zum Vorjahr die Themen:
•Operatives Management/Infrastruktur (ein Plus von 24 Prozentpunkten)
•Wettbewerb (ein Plus von 20 Prozentpunkten)
•Innovation (ein Plus von 12 Prozentpunkten)
•Shareholder Value/Investoren (ein Plus von 12 Prozentpunkten)
•Globale Finanzkrise und Erholung (ein Plus von 12 Prozentpunkten)
Aber auch Digitalisierung und Cyber-Sicherheit finden verstärkt Einzug in die Agenda österreichischer Aufsichtsräte.
Sie stiegen jeweils um 8 Prozentpunkte im Vergleich zu 2015 und liegen nunmehr auf Platz 12 und 15 der fünf
meistgenannten Herausforderungen für die kommenden 12 bis 24 Monate.
Zentrale Herausforderungen: Analyse nach Branchen
Die zentralen Herausforderungen der Aufsichtsräte sind darüber hinaus auch von Branche zu Branche verschieden.
In den Sektoren Technologie, Medien und Telekommunikation sowie produzierende Industrie lagen Kostensenkung
bzw. Fusionen und Übernahmen in den letzten 12 Monaten im Fokus, wobei künftig Innovation und Wettbewerb
stärker in den Vordergrund treten dürften. Die Befragten in den Life Sciences- und Gesundheitssektoren gehen
ebenfalls davon aus, dass Innovation auch weiterhin ein zentrales Anliegen bleiben wird, während Regulierung und
Compliance an Bedeutung zunehmen.
In einigen Sektoren erwartet man, dass die zentralen Herausforderungen der vergangenen 12 Monate auch in den
kommenden 2 Jahren noch eine wichtige Rolle spielen werden. In der Finanzdienstleistungsbranche bleiben etwa
Regulierung und Compliance weiterhin ein wesentliches Thema, ähnlich wie Umweltfragen für den Energie- und
Rohstoffsektor.
Viele Befragte aus der Finanzdienstleistungs- und der Konsumgüterbranche nannten Cyber-Sicherheit als wichtige
Aufgabe der Zukunft. Bei den Befragten aus den Business & Professional Services sowie den Energie- und
Rohstoffsektoren war ebenfalls ein stärkeres Bewusstsein für Cyber-Sicherheit zu erkennen.
Aktuelle Corporate Governance-Schwerpunktbereiche
Die Ansichten unserer Befragten umspannen ein breites Spektrum an Themen, die ihrer Meinung nach künftig Einfluss
auf ihre Aufsichtsräte haben werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang aber auch ein Verständnis der derzeitigen
Corporate Governance-Schwerpunkte.
Wir haben daher Corporate Governance-Verantwortliche von Deloitte aus allen Ländern, in denen wir Befragungen
durchführten, um ihre Meinung gebeten, die sie auf Grundlage ihrer Erfahrungen mit zahlreichen Führungskräften der
jeweiligen Länder erworben haben. Erwartungsgemäß fielen die Antworten entsprechend den Verhältnissen in den
jeweiligen Ländern höchst unterschiedlich aus. Die Antworten sind in Tabelle 3 dargestellt.
14
Tabelle 3. Aktuelle Corporate Governance-Schwerpunktbereiche
Länder
Aktuelle Corporate Governance-Schwerpunktbereiche
Belgien
Strategie und Wachstum, Umbruch und Innovation, Cyber-Risiken und Cyber-Sicherheit, Risikomanagement, Governance
und Unternehmensberichterstattung
Deutschland
Frauenquote im Aufsichtsrat, Professionalität der Arbeit des Aufsichtsrats, Haftung der Mitglieder, Rotation der Prüfer und
Pflichten des Prüfungsausschusses; Digitalisierung
Finnland
Umsetzung der Veränderungen, die durch den Corporate-Governance-Kodex von 2015 eingeführt wurden
Frankreich
Strategie und Wachstum, Risikomanagement und langfristige Wirtschaftlichkeit, Antikorruptions- und Arbeitsgesetze,
Einhaltung der im Wandel befindlichen Regulierungsvorschriften, Zusammensetzung des Aufsichtsrats unter Einhaltung
der vorgeschriebenen Frauenquote von 40% im Verwaltungsrat bis 2017
Großbritannien
Risikomanagement und langfristige Wirtschaftlichkeit; Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte; Vergütung der
Verwaltungsratsmitglieder, Offenlegung von Bonuszahlungen und Abstimmung über Vergütungspolitik; Umsetzung
der EU-Verordnung und der Richtlinie über Abschlussprüfungen; Minimierung der Compliance-Kosten; intensivere
Kommunikation mit den Interessengruppen; Unternehmenskultur; Nachfolgeplanung; Frauen im Aufsichtsrat;
Offenlegung von Dividenden – Politik und Praxis
Irland
Strategie, Cyber-Risiko, Risikomanagement und langfristige Wirtschaftlichkeit, Unternehmenskultur, Nachfolgeplanung,
Zuständigkeiten der Ausschüsse
Italien
Integration des Risikomanagements in den strategischen Entscheidungsfindungsprozess des Aufsichtsrats, langfristige
Wertschöpfung, integriertes internes Kontroll- und Risikomanagementsystem, Cyber-Risiko, effektive Verwaltung und
Überwachung
Naher Osten
Datensicherheit, Vergütung
Niederlande
Langfristige Wertschöpfung, Risikomanagement und interne Revision, effektives Management und Aufsicht, Kultur,
Vergütung, Anforderungen nach dem Prinzip "Einhaltung oder Erklärung", Diversität der Unternehmensleitung, Kriterien
für die Ernennung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern und Maßnahmen gegen Übernahmen
Norwegen
Vergütung des Managements und Kopplung der Vergütung und Bonuszahlungen an die langfristige Wertschöpfung
Österreich
Strategie, Risikomanagement, Organisationsstruktur, Cyber-Sicherheit, Diversität der Unternehmensleitung
Polen
Unabhängige Aufsichtsratsmitglieder, politische Ungewissheit, Vergütung
Rumänien
Risikomanagement, Unternehmensführung, Strategie, Kostensenkung
Schweiz
Kaderlohnverordnung in börsennotierten Unternehmen, Diversität, Cyber-Risiken
Spanien
Compliance, Cyber-Risiken
Südafrika
Transformation, risikobasierte interne Revision, IT-Governance, Aktionäre und Vergütung, Effizienzbeurteilung des
Aufsichtsrats, Alternative Dispute Resolution (ADR)
Türkei
Politische und soziale Unsicherheit
Zypern
Effektivität und Kompetenz des Aufsichtsrats
Einige Antworten konzentrieren sich auf lediglich ein zentrales Anliegen, während andere eine Reihe unterschiedlicher Governance-Themen
aufzählten. Insgesamt decken sich die Ansichten der Experten von Deloitte jedoch mit den Ansichten der Aufsichtsräte in ihrem Land.
Aus Governance-Perspektive ergeben sich aus den Antworten unserer Umfrageteilnehmer und der Experten von Deloitte sechs Bereiche von
besonderem Interesse
•Strategie und Risiko
•Innovation
•Cyber-Sicherheit
•Vergütung
•Talent- und Nachfolgeplanung im Aufsichtsrat
•Performance und Evaluierung des Aufsichtsrats
In den folgenden Abschnitten dieses Berichts werden die Antworten unserer Befragten präsentiert und genauer erörtert.
EMEA 360 Boardroom Survey – Prioritäten und Schwerpunkte der Aufsichts- und Verwaltungsräte 15
Strategie und Risiko
Tiefgreifende Umbrüche in Wirtschaft und Handel schreiten weiterhin rasant voran. Unternehmen müssen daher
Strategien verfolgen, die sich problemlos an Veränderungen innerhalb ihrer Märkte anpassen lassen, dürfen
dabei aber gleichzeitig ihre langfristigen Shareholder Value-Ziele nicht aus den Augen verlieren. Strategische
Pläne müssen flexibel sein. Organisationen sind praktisch dazu gezwungen, innovativ zu sein um sich dauerhafte
Wettbewerbsvorteile zu verschaffen und den Ruf ihres Unternehmens und ihrer Marke zu wahren. Die strategische
Entscheidungsfindung ist jedoch mit dem Risiko behaftet, dass Fehlentscheidungen getroffen werden können, und
man entweder zu früh oder zu spät die Initiative ergreift. Die Aufsichtsräte tragen die allgemeine Verantwortung für
Strategie und Risiko und übernehmen bei diesem kritischen geschäftlichen Aspekt ihres Unternehmens die Führung.
Risiken werden allerdings unterschiedlich eingeschätzt. Mit jeder strategischen Entscheidung oder Handlung sind
stets Risiken verbunden, sei es nun in Bezug auf Investitionen, Markterschließung, Wettbewerb im Allgemeinen oder
die generelle Bereitschaft des Managements, überhaupt Risiken einzugehen. Aber auch Untätigkeit kann riskant sein,
wenn beispielsweise versäumt wird, eine Strategie an äußere oder innere Veränderungen anzupassen, die Einfluss auf
die Marktposition des Unternehmens haben könnten.
Wenn der Aufsichtsrat zu langsam auf solche Umstandswechsel reagiert und seine Strategie nicht rechtzeitig ändert,
endet dies später geradezu zwangsläufig in überstürzten Reaktionen. Dies wiederum kann einen Rückgang von Zeitund Gewinnmargen nach sich ziehen und damit letztendlich zu einem weniger erfolgreichen Unternehmensergebnis
führen. Jede unterlassene Handlung birgt große Risiken, und der Aufsichtsrat muss daher stets aufmerksam und
proaktiv handeln, um im heutigen Geschäftsumfeld wettbewerbsfähig zu bleiben.
Wir befragten unsere Gesprächspartner zu der Qualität der Entscheidungsfindung ihrer Aufsichtsräte im Bereich
Strategie und Risiko und zu ihrem Bewusstsein für Gefährdungen der Unternehmensreputation. Unsere Fragen zu
Strategie und Risiko betrafen dabei drei Themenbereiche:
•Integration von Risikomanagementfragen in die strategischen Entscheidungsprozesse des Aufsichtsrats
•dem Aufsichtsrat vorgelegte Informationen zu Strategie und Risiko
•Reputationsrisiko
Unterschiede zwischen monistischen und dualistischen Systemen
Theoretisch wurde erwartet, dass die Antworten auf unsere Fragen zu Strategie und Risiko unterschiedlich ausfallen, je nachdem, ob es sich um eine monistische oder dualistische Führungsstruktur handelt. Diese Erwartung
wurde allerdings nicht erfüllt; aus den erhobenen Daten ergaben sich keine Unterschiede aufgrund der jeweiligen
Führungsstruktur.
Integration des Risikomanagements in die strategische Entscheidungsfindung
Unternehmen wird manchmal vorgeworfen, riskante Strategien zu verfolgen. Fest steht, der Aufsichtsrat sollte
das Risikoniveau festlegen, das sein Unternehmen bei der Verfolgung strategischer Ziele in Kauf nehmen
muss (Risikobereitschaft). Wir fragten daher unsere Gesprächspartner, ob ihrer Ansicht nach bei strategischen
Entscheidungen das damit einhergehende Risiko angemessen in Betracht gezogen wurde.
Da unsere Befragten selbst zusammen mit ihren Kolleginnen und Kollegen in den Aufsichtsräten Führungspositionen
innehaben, war zu erwarten, dass die Mehrheit der Befragten mit dem Entscheidungsprozess des Aufsichtsrats
zufrieden ist. Dies scheint auch allgemein der Fall zu sein: 88 Prozent der Befragten hielten es für zutreffend bzw. voll
und ganz zutreffend, dass das Risikomanagement gut in den Entscheidungsprozess des Aufsichtsrats integriert sei
(siehe Abbildung 1).
16
“Im Aufsichtsrat sollte jedes Thema offen, sachlich und
aufgabenorientiert diskutiert werden. Bis dahin ist es jedoch
noch ein langer Weg. Es ist eine Frage der Kultur."
Befragter aus der Türkei
Abbildung 1. Integration des Risikomanagements in die strategisch Entscheidungsfindung
“Das Risikomanagement ist in die strategischen Entscheidungsprozesse des Aufsichtsrats gut integriert?.”
8%
4%
16%
42%
36%
48%
46%
Trifft voll und ganz zu
Trifft zu
Neutral
Trifft nicht zu
Österreich
EMEA
Quelle: Deloitte Analyse 2016
Die Standpunkte der Aufsichtsratsmitglieder waren von Land zu Land leicht unterschiedlich. In Belgien, Deutschland, dem
Nahen Osten, Polen und Großbritannien bewerteten etwa gleich viele Befragte diese Aussage jeweils mit "trifft zu" bzw.
"trifft voll und ganz zu". Dies könnte darauf hindeuten, dass das Risiko zwar zur Kenntnis genommen wird,
die Risikokontrollen aber noch nicht streng genug sind.
Dagegen antwortete die Mehrheit der Befragten in Frankreich, Finnland, Norwegen, der Schweiz und der Türkei, diese
Aussage treffe "voll und ganz" zu. In Südafrika, wo alle Befragten mit "trifft zu" bzw. "trifft voll und ganz zu" antworteten,
wird einem Risikoausschuss des Aufsichtsrats (oder dem Prüfungsausschuss) die spezifische Verantwortung für die
Beaufsichtigung des Risikomanagements übertragen, während die Einführung des Corporate Governance-Kodex nahelegt,
dass das Risikomanagement auch durch ein integriertes Berichtswesen verbessert werden kann.
Für Österreich geben 84 Prozent der Umfrageteilnehmer an, das Risikomanagement sei in die strategischen
Entscheidungsprozesse des Aufsichtsrats gut integriert.
Nach Branchen aufgeschlüsselt stammte der größte Teil der Befragten, die diese Aussage mit "trifft zu" bzw. "trifft voll
und ganz zu" bewerteten, aus der Finanzdienstleistungsbranche, die in vielen Ländern gesetzlich verpflichtet ist, einen
Risikoausschuss in den Aufsichtsräten einzurichten. Ein weiterer großer Teil, der ebenfalls mit "trifft zu" bzw. "trifft voll
und ganz zu" antwortete, waren Befragte aus dem Energie- und Rohstoffsektor.
Die beiden Branchen, in denen die meisten Befragten die Aussage mit "trifft nicht zu" bzw. "trifft überhaupt
nicht zu" bewerteten, waren die Bauwirtschaft und die verarbeitende Industrie. Befragte, die mit der Qualität der
Entscheidungsfindung nicht ganz zufrieden waren, nannten als Begründung vor allem den Bedarf nach mehr Diskussion
im Aufsichtsrat auf Grundlage verlässlicher und aktueller Informationen.
Unterschiede zwischen monistischen und dualistischen Systemen
Die Antworten zu dieser Aussage wären möglicherweise anders ausgefallen, wenn nicht nur Aufsichtsratsmitglieder,
sondern auch das Management befragt worden wäre. Dennoch waren die Ansichten der Aufsichtsratsmitglieder von
monistisch und dualistisch geführten Unternehmen recht ähnlich. Dies legt nahe, dass die Führungsstruktur bei der
Integration des Risikos in die strategische Entscheidungsfindung eine untergeordnete Rolle spielt.
Insgesamt lassen die Antworten auf unsere Umfrage den Schluss zu, dass die Aufsichtsräte zwei zentrale Punkte erkannt
haben: erstens, dass sie ihre Strategien an die Veränderungen des internen oder externen Unternehmensumfelds
anpassen müssen, um ein effektives Risikomanagement zu betreiben – und zweitens, dass zumindest nach Ansicht der
Aufsichtsratsmitglieder selbst die Inhalte und Schwerpunkte der Aufsichtsratssitzungen eine geeignete Grundlage für
fundierte Entscheidungen zu Strategie und Risiko bilden.
EMEA 360 Boardroom Survey – Prioritäten und Schwerpunkte der Aufsichts- und Verwaltungsräte 17
Versorgung der Aufsichtsräte mit den erforderlichen Informationen zu Strategie und Risiko
Auf Grundlage ungeeigneter, missverständlicher oder unzureichender Informationen werden mit hoher
Wahrscheinlichkeit schlechte Entscheidungen getroffen. Bislang verließen sich Aufsichtsräte auf Informationen der
Geschäftsleitung, von Wirtschaftsprüfern und aus anderen Quellen. Die Befragten wurden um ihre Meinung zur
Effektivität der Informationen gebeten, die sie zu Strategie- und Risikofragen erhielten. 86 Prozent der Befragten
hielten es demnach für zutreffend bzw. voll und ganz zutreffend, dass die ihnen vorgelegten Informationen in Bezug
auf Qualität, Aktualität und Fokus effektiv seien.
Abbildung 2. Effektivität der Informationen für die Risiko- und Strategieentscheidungen auf Aufsichtsratsebene
“Die Informationen, die in die Risiko- und Strategieentscheidungen einfließen, sind hinsichtlich Qualtiät, Aktualität und Fokus effektiv.”
10%
4%
31%
16%
32%
Trifft voll und ganz zu
Trifft zu
Neutral
Trifft nicht zu
52%
55%
Österreich
EMEA
Quelle: Deloitte Analyse 2016
Auch in Österreich überwiegt der Anteil derer die diese Aussage mit „Trifft zu“ bewerten (52 Prozent). Mit
84 Prozent Zustimmung, kann aber insgesamt betrachtet von einer generellen Zufriedenheit der österreichischen
Umfrageteilnehmer in Bezug auf Qualität, Aktualität und Fokus der bereitgestellten Informationen ausgegangen
werden. Die notwendigen Informationen beziehen die Aufsichtsräte Österreichs, vorrangig aus Business-Plänen,
Finanzkennzahlen und Management-Präsentationen (siehe Abbildung 3). Die Qualität des Informationsflusses
zwischen Management und Aufsichtsrat ist daher von großer Bedeutung.
In der Branchenbetrachtung stimmten 100 Prozent der Befragten im Life Sciences-Sektor der Aussage zu, dass
die ihnen verfügbaren Informationen effektiv seien, und der größte Anteil von Umfrageteilnehmern, die mit "trifft
voll und ganz zu" antworteten (46 Prozent) stammte aus der Finanzdienstleistungsbranche. Das überrascht nicht,
denn die Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank erwartet, dass die Vorstände von Banken angemessene
Risikoinformationen erhalten, damit sie genau beurteilen können, ob die Geschäftsentscheidungen den
festgelegten Risikobereitschaftsstandards und -beschränkungen gerecht werden. Datenqualität und die Fähigkeit
zur unternehmensweiten Risikoaggregation sind entscheidende Voraussetzungen für eine gesunde, risikobasierte
Entscheidungsfindung und damit auch für eine zweckmäßige Risiko-Governance.1
“Der Aufsichtsrat meines Unternehmens pflegt eine offene Diskussion sowohl
unter den Mitgliedern des Aufsichtsrats als auch mit der Geschäftsleitung. Das
Für und Wider wird auf Grundlage von Bewertungen abgewogen. Die Mitglieder
des Aufsichtsrats verfügen über breite Kenntnisse und Kompetenzen, sodass wir
auch über den Tellerrand hinaus schauen können.”
Befragter aus Österreich
18
Beschaffung von Informationen für die Entscheidungsfindung
Die Quellen, aus denen die Aufsichtsräte ihre Informationen beziehen, können sich von Land zu Land unterscheiden. Dabei kann es
sich unter anderem um Business-Pläne, Management-Präsentationen, Finanzkennzahlen, Prüfberichte, Unternehmensanalysen und
Fortschrittsberichte handeln (siehe Abbildung 3).
Abbildung 3. Informationsquellen für Risiko- und Strategieentscheidungen
Welchen Input erhält der Aufsichtsrat für seine Risiko- und Strategieentscheidungen?
Österreich
96%
88%
92%
Business-Pläne
EMEA
90%
81%
73%
71%
69%
66%
55%
50%
49%
47%
40%
31%
21%
Management-Präsentationen/-Informationen
Finanzkennzahlen
Prüfungsberichte der internen Revision
64%
Business Reviews
40%
Externe Prüfberichte
56%
60%
Konkurrenzanalysen
40%
Fortschrittsberichte
56%
56%
F&E-/Investitionspläne
Marktberichte
28%
8%
20%
Anlegerinformationen
Feedback der Mitarbeiter
Sonstige
Quelle: Deloitte Analyse 2016
Sonstige beinhaltet Risikoberichte (Risk Appetite
Statement, Risikorahmen, Risikostrategie), integriertes
Berichtswesen und den Strategieplan
Die meisten Aufsichtsräte verlassen sich dabei verstärkt auf Management-Präsentationen. So gaben etwa 9 von 10
Befragten in Südafrika an, dass ihr Aufsichtsrat interne und externe Prüfberichte und/oder Geschäftspläne heranzieht,
und in allen 10 Fällen wurden Management-Präsentationen verwendet. In Finnland greifen viele Aufsichtsräte
hingegen auf ein breiteres Spektrum an Quellen zurück, etwa auf Wettbewerberanalysen und Rückmeldungen der
Mitarbeiter.
Es verwundert nicht, dass sich viele Unternehmen stark auf Management-Präsentationen verlassen. Auch wenn sie
sowohl externe als auch interne Prüfberichte erhalten, die eigentlich eine objektive Informationsquelle darstellen,
verlassen sie sich zwangsläufig doch am meisten auf die Informationen von Seiten der Geschäftsführung. Die Qualität
des Informationsflusses zwischen Management und Aufsichtsrat ist daher von entscheidender Bedeutung für eine
effektive Entscheidungsfindung im Aufsichtsrat und für eine gute Governance. Die Aufsichtsräte müssen allerdings
die Hintergründe und Annahmen dieser Informationen genau verstehen, und gegebenenfalls die Qualität der
bereitgestellten Daten bei der Geschäftsführung hinterfragen.
Ein Risikomanagementsystem hängt vom jeweiligen Unternehmen und seiner Kultur und mitunter auch vom
aufsichtsrechtlichen Rahmen ab. Die Antworten auf unsere Umfrage legen jedoch nahe, dass Aufsichtsräte
Risikomanagement als einen Prozess betrachten, der sich grob in vier Bereiche unterteilen lässt:
•Erstellung und Genehmigung eines Modells für das Risikomanagement (Risk Map)
•Erstellung von Ausgangsdaten für das Modell, beispielsweise durch Festlegung der Risikotoleranzen
•Einrichtung eines Berichterstattungsprozesses mit Schwerpunkt auf dem Aufwärtspotenzial und den Abwärtsrisiken
unter Einbeziehung der wichtigsten Risikoindikatoren
•allgemeine Überwachung/Kontrolle des Risikomanagementprozesses
EMEA 360 Boardroom Survey – Prioritäten und Schwerpunkte der Aufsichts- und Verwaltungsräte 19
Ethikfragen und Reputationsrisiko
Ethische Verstöße und fragwürdige Geschäftspraktiken von Unternehmen bleiben auch weiterhin ein viel beachtetes
Thema in den Medien. So wurden beispielsweise Geldstrafen gegen Finanzinstitute wegen Fehlverhaltens verhängt,
und auch der Ruf einiger Fabrikanten hatte darunter zu leiden, dass ihre Produkte in Wirklichkeit nicht das leisteten,
was sie in ihrer Werbung versprochen hatten. Ein Reputationsschaden ist ein großes Risiko für Unternehmen, denn er
schreckt Kunden ab und schwächt die Marktposition.
Erleidet ein Unternehmen einen gravierenden Reputationsschaden, kann es jahrelang dauern, bis es sich wieder
davon erholt. Auf die Frage, worin ihrer Ansicht nach die Hauptgefahr für einen Reputationsschaden liege, waren
viele der Befragten der Ansicht, dass sich die Unternehmen zunächst über die Folgen von Verstößen im Klaren sein
müssen, sei es nun gegen Regulierungsvorschriften oder die ethische Praxis.
Unsere Gesprächspartner wurden auch dazu befragt, inwieweit ihrer Meinung nach das Reputationsrisiko auf Ebene
des Aufsichtsrats berücksichtigt wird. Nur 70 Prozent der Befragten bewerteten die Aussage, dass ihr Aufsichtsrat
regelmäßig die Protokolle für den Umgang mit "ethischen Verstößen" prüft und das damit verbundene Risiko für
den Ruf des Unternehmens auswertet, mit "trifft zu" bzw. "trifft voll und ganz zu". Ein nicht unwesentlicher Teil
der Befragten (13 Prozent) bewertete diese Aussage mit "trifft nicht zu" oder "trifft überhaupt nicht zu"; viele
davon stammten aus Österreich, Deutschland, dem Nahen Osten und Großbritannien2. Die restlichen 17 Prozent
antworteten mit "Neutral" (siehe Abbildung 4).
Abbildung 4. Antworten auf die Aussage, dass sich der Aufsichtsrat regelmäßig mit Reputation-/Ethikfragen befasst
“Der Aufsichtsrat prüft regelmäßig alle Protokolle in Bezug auf ethische Verstöße (wie Täuschungsmanöver, Verstöße gegen die
Menschenrechte, Geldstrafen etc.) und wertet das damit verbundene Risiko für die Unternehmensreputation aus.”
12%
17%
1%
4%
13% 17%
30%
33%
Trifft voll und ganz zu
Trifft zu
Neutral
Trifft nicht zu
35%
Trifft überhaupt nicht zu
Österreich
EMEA
37%
Quelle: Deloitte Analyse 2016
Die Antworten auf diese Aussage fielen bei den Aufsichtsratsmitgliedern verschiedener Branchen höchst unterschiedlich
aus. In den Sektoren Business & Professional Services, Life Sciences und Finanzdienstleistungen antwortete ein großer
Anteil der Befragten zustimmend. Im öffentlichen Sektor und in geringerem Maße in der Bauwirtschaft und der
Konsumgüterbranche hielt hingegen ein großer Teil der Befragten diese Aussage für nicht zutreffend.3
“Viele Unternehmen verschwinden schlicht und einfach wegen Reputations­
problemen. Das Markenbewusstsein muss integraler Bestandteil der Organisation
und der allgemeinen Kommunikation sein. Die Reputation einer Marke steht oft in
Verbindung mit dem Firmenlogo, aber das Logo allein ist längst nicht alles.”
Befragter aus Belgien
20
“Man braucht ein Leben lang, um sich einen guten Ruf
aufzubauen, und eine Nanosekunde, um ihn zu ruinieren”
Befragter aus Großbritannien
Darüber hinaus traten ebenfalls gewisse Unterschiede bei der Beantwortung der Frage nach den Risikokontrollen im Zusammenhang mit der
Markenreputation auf (siehe Abbildung 5).
Abbildung 5. Risikokontrollen in Zusammenhang mit Markenreputation
“Wie schätzen Sie die gegenwärtigen Risikokontrollen in Zusammenhang mit der Markenreputation ein?"
Österreich
30%
30%
Auf alle Ebenen der Organisation fokussiert
EMEA
50%
41%
36%
33%
Auf das Management fokussiert
0%
52%
Vorfallsbasiert
In die Organisationskultur integriert
4%
0%
Systematisch (in vorgegebenen Abständen durchgeführt)
Sonstige
21%
4%
Quelle: Deloitte Analyse 2016
Hinter den Antworten in ihrer Gesamtheit verbergen sich allerdings signifikante Unterschiede in Praxis und Ausblick.
In Österreich etwa gab keiner der Befragten an, dass das Bewusstsein für das Reputationsrisiko Bestandteil ihrer
Unternehmenskultur sei, während dies in anderen Ländern (z.B. in Zypern, Frankreich, Irland, Deutschland und der
Türkei) vielfach bejaht wurde.
Viele Befragte bezeichneten die Reaktion ihres Aufsichtsrates auf Reputationsfragen und -kontrollen als "vorfallsbasiert",
d.h. der Aufsichtsrat reagierte erst dann auf Vorfälle, wenn sie eintraten. Dieser Anteil betrug insgesamt 41 Prozent,
war aber in einigen Ländern wie Polen, Rumänien und Südafrika höher. Generell lassen vorfallsbasierte Reaktionen
auf Reputationsrisiken darauf schließen, dass manche Aufsichtsräte diesem Problem nicht genügend Aufmerksamkeit
widmen.
Insgesamt gaben 21 Prozent der Befragten an, dass sich ihr Aufsichtsrat in vorgegebenen Abständen mit dem Thema
Reputation und Reputationsrisiko befasse. Offenbar steht dieses Thema in Unternehmen in Frankreich und Deutschland
regelmäßig auf der Tagesordnung; in Österreich, Belgien oder Irland hingegen nicht.4
Nach Branchen wiesen die Befragten in den Sektoren Business & Professional Services, Konsumgüter und Life Sciences
das stärkste Bewusstsein für Reputationsrisiken auf. In der Business & Professional Services-Branche gaben 71 Prozent
der Befragten an, dass Kontrollen bezüglich des Markenreputationsrisikos Bestandteil der Unternehmenskultur seien
(gegenüber 56 Prozent in der Konsumgüterbranche). Der Anteil der Umfrageteilnehmer, denen zufolge systematische
Prüfungen des Reputationsrisikos durchgeführt würden, betrug in den Business & Professional Services 43 Prozent
und in den Life Sciences 42 Prozent. Am wenigsten Berücksichtigung findet das Reputationsrisiko im öffentlichen
Sektor und der Bauwirtschaft. Hier gab keiner der Befragten an, dass Kontrollen des Reputationsrisikos Bestandteil der
Unternehmenskultur seien oder systematische Prüfungen des Reputationsrisikos stattfänden.5
Die meisten Befragten teilten die Ansicht, dass der Aufsichtsrat besonderen Wert auf den Umgang mit
Reputationsrisiken legen, und den übrigen Mitarbeitern des Unternehmens mit gutem Beispiel vorangehen müsse. Denn
tonangebend für die Unternehmenskultur ist die Unternehmensspitze. Allerdings sahen nur 16 Prozent der Befragten die
Notwendigkeit, dass sich der Aufsichtsrat ihrer Unternehmen der Folgen potenzieller ethischer Verstöße und des Wertes
aller Maßnahmen und Kontrollen zur Risikobegrenzung bewusst sein müsse.
.
EMEA 360 Boardroom Survey – Prioritäten und Schwerpunkte der Aufsichts- und Verwaltungsräte 21
Innovation
Mitglieder von Aufsichtsräten wissen nur zu gut um die strategische Bedeutung von Innovation. Innovation ist aber
nicht nur mit Forschung und Entwicklung gleichzusetzen – dank ihrer Tragweite und Wirkung ermöglicht sie es einer
Organisation auch langfristig Wert zu schaffen. Innovation sollte einerseits intern überwacht werden, um Fortschritte
in Bezug auf spezifische Projekte und Ziele sicherzustellen. Gleichzeitig sollte eine externe Überprüfung erfolgen, da
Organisationen alle Möglichkeiten ausschöpfen sollten, um externen Störungen entgegenzuwirken.6
Unsere Befragten waren mehrheitlich der Auffassung, dass ihr Aufsichtsrat Innovation hohe Wichtigkeit beimesse.
60 Prozent vergaben einen Wert von 4 oder 5 (auf einer Skala von 1–5 mit dem Höchstwert 5). Vergleichsweise
groß war der Anteil hoher Bewertungen unter Befragten in Deutschland, Irland und Italien. In diesen Ländern
scheinen ausgeprägte staatliche Innovationsanreize sowie eine gut etablierte Start-up- und Unternehmenskultur
generell vorhanden zu sein. Am anderen Ende des Spektrums bewerteten 15 Prozent der Befragten die Bedeutung
von Innovation für ihren Aufsichtsrat mit lediglich 1 oder 2. Der Anteil der Befragten, denen zufolge Innovation für
den Aufsichtsrat keine hohe Priorität besitzt, war vergleichsweise groß in Österreich, Rumänien, Südafrika und der
Schweiz (siehe Abbildung 6).
Nach Branchen betrachtet ordneten die Befragten der Bereiche Life Sciences und Technologie, Medien und
Telekommunikation, gefolgt von Business & Professional Services und Konsumgüterindustrie dem Thema Innovation
verständlicherweise die höchsten Werte zu. Die schlechtesten Ergebnisse stammten aus den Sektoren Bauwirtschaft
sowie Energie und Rohstoffe.7
Abbildung 6. Wie wichtig ist Innovation für den Aufsichtsrat?
“Wie wichtig ist Innovation in Ihrer Organisation für den Aufsichtsrat [sehr wichtig 5 – unwichtig 1]”
Land
Land
Deutschland
Italien
Irland
80%
77%
Naher Osten
Spanien
Rumänien
81%
33%
33%
EMEA
5
4
3
2
1
Sektor
Life Sciences
Technologie, Medien und Telekommunikation
Konsumgüterindustrie
29%
31%
25%
43%
Sektor
10%
5%
Bauwirtschaft
Sonstige
Energie, Versorgung, Bergbau
92%
85%
Österreich
72%
Sehr wichtig
Quelle: Deloitte Analyse 2016
22
5
4
3
2
1
40%
8%
36%
12%
23%
26%
30%
4%
Unwichtig
Österreich im Detail
EMEA-weit zeigt sich ein klares Bekenntnis zu Innovation. In Österreich geben 48 Prozent Aufsichtsräte an, dass
Innovation einen (sehr) wichtigen Stellenwert in ihrer Organisation für den Aufsichtsrat einnimmt (Deutschland
81 Prozent). 36 Prozent der österreichischen Aufsichtsräte sehen das Thema im mittleren Wichtigkeitsbereich,
16 Prozent sehen Innovation als unwichtig in ihrer Organisation bzw. in ihrem Aufsichtsrat an. Diese 16 Prozent
kommen vorwiegend aus den Bereichen Real Estate, Gesundheitswesen und Öffentlicher Sektor.
Mögliche Anreize für den Aufsichtsrat, sich auf Innovation zu fokussieren, sind unter anderem die Notwendigkeit, die
Kosten zur Aufrechterhaltung der globalen Wettbewerbsfähigkeit zu überwachen und zu senken, das Vorhandensein
einer Start-up-Kultur, steuerliche Anreize oder EU-Beihilfen für Programme zur Innovationsförderung.
Unterschiede zwischen monistischen und dualistischen Systemen
Weder bei der Bedeutung von Innovation für den Aufsichtsrat noch den Antworten auf die Frage, welcher Teil der
Organisation für die Überwachung der Innovationsfortschritte zuständig ist, zeigten sich Unterschiede zwischen
monistischen und dualistischen Führungsstrukturen.
Wie Abbildung 7 zeigt, nannten die meisten Befragten mehr als einen Innovationsschwerpunkt in ihrer
Organisation.
Abbildung 7. Schwerpunkte der Innovationspläne: Länderanalyse
“Welche Schwerpunkte hat der Innovationsplan in Ihrer Organisation?”
Österreich
54%
29%
46%
42%
38%
33%
Produktinnovation
EMEA
63%
Erneuerung des Geschäftsmodells
49%
48%
47%
39%
29%
Prozessinnovation
Digitale Innovation
Organisatorische Innovation (inklusive Kompetenzen/Personal)
21%
13%
8%
Marketing-Innovation
Wir haben keinen Innovationsplan
Wir entwickeln gerade einen Aktionsplan
9%
6%
5%
Sonstige
Quelle: Deloitte Analyse 2016
Zahlreiche Befragte nannten in ihrer Antwort jedoch Produktinnovation. Die kundenseitige Wahrnehmung dessen,
was die Organisation leisten kann, scheint etwas mehr Gewicht zu besitzen als operative Effizienz, die durch
Innovation gesteigert werden kann. Dies legt nahe, dass das Bedürfnis nach unmittelbarer Wertschöpfung besteht,
und die Unternehmen bestrebt sind, sich einen Wettbewerbsvorsprung zu verschaffen.
Mit 54 Prozent liegt in Österreich Produktinnovation an erster Stelle, gefolgt von Prozessinnovation (46 Prozent) und
digitaler Innovation (42 Prozent). Die EMEA-weit am zweithäufigsten genannte Erneuerung des Geschäftsmodells
(49 Prozent) wird nur von 29 Prozent der Aufsichtsräte in Österreich genannt.
9 Prozent der Befragten erklärten, ihre Organisation habe keinen Innovationsplan. Weitere 6 Prozent antworteten,
dass die Entwicklung eines Innovationsplans noch nicht abgeschlossen sei. Der Großteil dieser Antworten stammte
von Befragten in Österreich, Rumänien und dem Nahen Osten. Diejenigen Umfrageteilnehmer in Österreich, die
keinen Innovationsplan haben, finden sich in jenen Organisationen wieder, für die Innovation laut eigener Angabe
von untergeordneter Bedeutung ist (Real Estate, Gesundheitswesen, öffentlicher Sektor).
EMEA 360 Boardroom Survey – Prioritäten und Schwerpunkte der Aufsichts- und Verwaltungsräte 23
Wie Tabelle 4 zeigt, bestanden zwischen den Schwerpunkten einzelner Branchen gewisse Abweichungen.
Tabelle 4. Zentrale Themen in der Innovationsplanung: Branchenanalyse
“Welche Schwerpunkte hat der Innovationsplan in Ihrer Organisation?"
Branche
Fokus Innovationplan
Business and Professional
Services
86%
71%
Konsumgüter
72%
64%
Bauwirtschaft
Energie und Rohstoffe
40%
40 %
40%
57%
49%
Finanzdienstleistungen
64%
62%
Life Sciences
83%
67%
Verarbeitende Industrie
87%
68%
Öffentlicher Sektor
75%
75%
81%
63%
Technologie, Medien
und Telekommunikation
67%
Digitale Innovation
Erneuerung des Geschäftsmodells
Produktinnovation
Prozessinnovation
Organisatorische Innovation
Kein Innovationsplan: 25% Öffentlicher Sektor, 14% Energie und Rohstoffe, 12% Finanzdienstleistungen
Für 38 Prozent der Befragten "trifft voll und ganz zu", dass die Kultur ihrer Organisation Innovation und neue
Ideen fördert, während es für 38 Prozent "zutrifft" und nur für 7 Prozent nicht bzw. überhaupt nicht zutrifft. Unter
den Personen, für die es voll und ganz zutrifft, sind Befragte aus Belgien, Zypern, Italien, Norwegen, Südafrika,
der Schweiz und der Türkei. Dagegen war der Anteil derer, die nur mit einem einfachen "trifft zu" antworteten,
in Österreich, Frankreich, Deutschland, Irland, Rumänien und Großbritannien wesentlich höher. Bei vielen dieser
Länder wäre eigentlich zu erwarten, dass Innovation für Aufsichtsrat und Management eine hohe Priorität darstellt.
Mögliche Ursache hierfür ist, dass – auch wenn Aufsichtsräte Innovation als Priorität betrachten – in diesen Ländern
ein komplexer und langwieriger Prozess erforderlich sein kann, um Innovationsbewusstsein in der Organisationskultur
zu verankern.
Die meisten Befragten (79 Prozent) halten es für zutreffend, dass in ihrer Organisation ein solides Gleichgewicht
zwischen Innovationsstrategie und Risiko besteht.
“Unerwartete Innovationen sind das eine, doch unbeabsichtigte
Folgen von Innovation sind genauso wichtig wie unerwartete
Innovationen selbst.”
Befragter aus Frankreich
24
Abbildung 8. Verantwortung für die Überwachung der Innovationsfortschritte
"Welchem Teil Ihrer Organsiation obliegt die Überwachung der Innovationsfortschritte?"
Dem Vorstand
Österreich
79%
EMEA
61%
Dem Aufsichtsrat
54%
13%
46%
21%
Sonstige
25%
Dem Strategieausschuss
0%
9%
4%
Sonstige ist eine Kombination
von Ausschüssen zu Innovation,
Strategie und Forschung &
Entwicklung
Einem anderen Ausschuss des Aufsichtsrats
Quelle: Deloitte Analyse 2016
In bestimmten Ländern wie etwa Deutschland, Frankreich und Südafrika ist ein geschäftsführender Ausschuss für die
Überwachung des Innovationsfortschritts zuständig (in Deutschland ist dies der Vorstand). Auch wenn anzunehmen
ist, dass entweder die Geschäftsführung oder der Aufsichtsrat für die Überwachung von Innovation zuständig sein
sollten, zeigen die Antworten von unseren Befragten, dass sich die Zuständigkeiten häufig überlappen, wobei jeweils
das Management und der Aufsichtsrat einen Teil dieser Zuständigkeit besitzen (wie beispielsweise in Österreich und
Großbritannien).8
Es ist wahrscheinlich wenig überraschend, dass 57 Prozent der Befragten erklärten, dass Diskussionen über die neuesten
Fortschritte im Innovationsbereich im Rahmen ordentlicher Sitzungen des Aufsichtsrats erfolgten. Der Aufsichtsrat sollte
auf dem Laufenden gehalten werden, und selbst wenn ihm nicht die primäre Überwachung von Innovation obliegt,
“Ich bin der festen Überzeugung, dass Innovation für den
künftigen Erfolg europäischer Unternehmen ausschlaggebend
ist. Sie ist unsere größte Herausforderung. Ist Europa bereits
im Innovationsmodus? Europa muss Innovation fördern; das
ist meiner Meinung nach ein Thema, das uns auf jeden Fall
beschäftigen sollte, zumal Europa derzeit dazu neigt, Innovation
immer stiefmütterlicher zu behandeln.”
Befragter aus Belgien
EMEA 360 Boardroom Survey – Prioritäten und Schwerpunkte der Aufsichts- und Verwaltungsräte 25
Cyber-Sicherheit
Risiken durch Cyber-Attacken auf IT-Systeme und die darin gespeicherten Daten sind allgemein bekannt, und es
wird immer wieder darüber berichtet. Die Fähigkeiten von Hackern, sich über das Internet Zugang zu Daten zu
verschaffen, scheinen rasanter zuzunehmen als das Tempo, mit dem Organisationen wirksame Firewalls und andere
Vorrichtungen installieren können, um derartige Angriffe abzuwehren. Das offensichtliche Risiko besteht darin, dass
geschäftssensible Daten und persönliche Informationen zu Kunden, Mitarbeitern und anderen entwendet werden
können, was nicht zuletzt dem Ruf der Organisation und dem Kundenvertrauen schadet.
Auch wenn die Zahl versuchter und erfolgreicher Angriffe nicht bekannt ist, kann mit großer Wahrscheinlichkeit
davon ausgegangen werden, dass Cyber-Attacken viel häufiger vorkommen als öffentlich bekannt wird.
Wir befragten Aufsichtsratsmitglieder dazu, wie ausgeprägt das Bewusstsein für "Cyber-Risiken" und "CyberSicherheit" in ihren Gremien ist, und welche Maßnahmen ihre Unternehmen ergriffen haben, um diesem Problem
entgegenzuwirken.
Bewusstsein des Aufsichtsrats in Bezug auf Cyber-Risiken
Auf die Frage, wie ausgeprägt das Bewusstsein des Aufsichtsrates für Cyber-Risiken sei (auf einer Skala von 1–5),
antworteten nur 48 Prozent mit einem hohen (4 oder 5) und 20 Prozent mit einem niedrigen Wert (1 oder 2). Keiner
unserer Befragten hielt das eigene Unternehmen für immun gegenüber solchen Risiken.
Das Bewusstsein für Cyber-Risiken im Aufsichtsrat ist allerdings von Land zu Land unterschiedlich ausgeprägt und
scheint in einigen Ländern höher zu sein als in anderen. Vergleichsweise hoch erscheint es in Irland, Italien, Südafrika
und Großbritannien, vergleichsweise niedrig in Österreich und Belgien. Betrachtet man Österreich im Detail, so
sind die Ansichten der Aufsichtsräte hinsichtlich Cyber-Sicherheit geteilt. 52 Prozent attestieren ihrem Aufsichtsrat
ein (sehr) hohes Bewusstsein, 44 Prozent ein (sehr) niedriges Bewusstsein in Bezug auf Cyber-Sicherheit. Ist das
Bewusstsein wenig ausgeprägt, ist dies häufig unmittelbar auf vergleichsweise milde Sanktionen zurückzuführen,
die den regulatorischen Druck für Abhilfemaßnahmen in Grenzen halten.
Von unseren Befragten aus der verarbeitenden Industrie erklärten nur 38 Prozent, dass der Aufsichtsrat CyberSicherheit einen hohen Stellenwert beimesse. Obwohl im Life Sciences-Sektor 50 Prozent der Befragten von
einem sehr ausgeprägten Bewusstsein sprachen, gaben 33 Prozent einen niedrigen Wert an. Da die meisten
Produktionsprozesse IT-gestützt sind, erscheint dieser vergleichsweise niedrige Wert alarmierend, denn
Cyber-Attacken beschränken sich nicht nur auf die Finanzdienstleistungsbranche, sondern zielen auch auf
Produktionsstätten und Forschungs- und Entwicklungszentren ab.
Bestimmte Abweichungen im Bewusstsein dieser Risiken sind möglicherweise auf die Konzentration von Branchen
in den einzelnen Ländern zurückzuführen. Die Befragten, die das am stärksten ausgeprägte Bewusstsein für CyberRisiken nannten, waren weitestgehend in den Bereichen Technologie, Medien und Telekommunikation sowie
Finanzdienstleistungen und Business & Professional Services angesiedelt. Das Bewusstsein für Cyber-Risiken ist
auch in der Finanzdienstleistungsbranche besonders ausgeprägt. Beispielsweise leistet die Europäische Zentralbank
Hilfestellung in Sachen "Cyber Readiness", während Standard & Poor’s im September 2015 bekannt gab, dass
das Rating von Kreditgebern herabgestuft werden könne, wen sich Letztere nicht ausreichend vor Cyber-Attacken
schützen.
“Cyber-Sicherheit ist inzwischen eine 'Notwendigkeit' und keine 'Spinnerei' mehr.”
Befragter aus der Türkei
26
Generell kam es in den letzten Jahren zu einer Zunahme von Rechtsvorschriften und Regeln in den Bereichen
Datenschutz und Cyber-Risiken, die von nationalen Gesetzen zu Cyber-Sicherheit bis hin zur allgemeinen DatenschutzGrundverordnung (DS-GVO) der EU reichen.
Trotz der unterschiedlichen Antworten unserer Befragten erklärten die meisten, dass ihre Organisation über einen Plan für
Cyber-Sicherheit verfüge, gerade mit der Entwicklung eines solchen befasst sei oder Cyber-Risiken in einen allgemeineren
Risikoplan integriert habe. Nur 7 Prozent der Befragten gaben an, dass in ihrem Unternehmen kein Plan für das
Management von Cyber-Risiken vorhanden sei, zumal ein solcher nicht als Priorität betrachtet werde (siehe Abbildung 9).
In Österreich geben 56 Prozent der Aufsichtsräte an, ihre Organisation verfüge über einen Aktionsplan in Zusammenhang
mit Cyber-Sicherheit oder aber das Thema ist im allgemeinen Risikoplan integriert (20 Prozent). Die Verantwortung dafür
wird In Österreich dabei klar beim Management gesehen (88 Prozent). Nur 19 Prozent geben an, dass hier auch der
Aufsichtsrat verantwortlich zeichnet (siehe Abbildung 10).
Abbildung 9. Vorhandensein eines Aktionsplans für Cyber-Risiken
“Verfügt die Organisation derzeit über einen Aktionsplan in Zusammenhang mit Cyber-Sicherheit?”
Quelle: Deloitte Analyse 2016
Unternehmen in den eher risikobewussten Sektoren Technologie, Medien und Telekommunikation,
Finanzdienstleistungen und Business & Professional Services verfügen offenbar häufiger über solche Aktionspläne.
Monistische gegenüber dualistischen Systemen
In Unternehmen mit dualistischen Führungsstrukturen werden Aktionspläne für Cyber-Sicherheit im Allgemeinen
einmal pro Jahr überprüft. Liegt dagegen eine monistische Führungsstruktur vor, zeigt sich ein ausgewogenes
Verhältnis zwischen ad-hoc-, vierteljährlichen und jährlichen Überprüfungen.
“Die Relevanz von Cyber-Sicherheit hat zugenommen. Es gibt
inzwischen mehr und mehr Cyber-Attacken. Die zunehmende
Beliebtheit von digitalen Kanälen und die höhere technologische
Entwicklungsstufe werden die Situation ohne Frage weiter
verschärfen.”
Befragter aus Polen
EMEA 360 Boardroom Survey – Prioritäten und Schwerpunkte der Aufsichts- und Verwaltungsräte 27
Zuständigkeiten für Cyber-Risiken und Cyber-Sicherheit
Die Zuständigkeiten für Cyber-Risiken und Cyber-Sicherheit sind in den einzelnen Unternehmen unterschiedlich
(siehe Abbildung 10).
Abbildung 10. Zuständigkeit für Cyber-Sicherheit
“Wurde im Aufsichtsrat ein Beauftragter für Cyber-Sicherheit ernannt?”
Ja – diese Funktion gab es schon immer
Österreich
4%
4%
28%
20%
EMEA
Ja – diese Funktion gibt es seit Kurzem
Nein – wir tragen diese Verantwortung gemeinsam
Nein – Für Fragen der Cyber-Sicherheit ist der Prüfungsausschuss zuständig
0%
20%
8%
16%
Nein – Für Fragen der Cyber-Sicherheit ist der Risikoausschuss zuständig
Nein – Cyber-Sicherheit wird im Rahmen der Risikopläne behandelt
Quelle: Deloitte Analyse 2016
Das weiß ich nicht
Sonstige
3%
2%
31%
14%
9%
20%
3%
18%
Von jenen Befragten die "Sonstige" wählten, gaben
nur 4 Prozent an, einen eigenen Beauftragten für
Cyber-Sicherheit zu haben, 13 Prozent gaben an,
kein eigenes Aufsichtsratsmitgleid dafür nominiert
zu haben.
Sobald sich ein Aufsichtsrat der Bedeutung eines bestimmten Themas – wie etwa Umwelt oder Nachhaltigkeit –
bewusst wird, kann ein bestimmtes Mitglied mit einer entsprechenden Aufsicht und Rechenschaftspflicht beauftragt
werden. Was den potenziellen Schweregrad des Cyber-Risikos angeht, wäre unter Umständen zu erwarten, dass
ein recht großer Teil von Unternehmen einem Mitglied des Aufsichtsrats eine besondere Zuständigkeit überträgt.
Ist der gesamte Aufsichtsrat dafür zuständig bzw. ist das Thema Cyber-Sicherheit im Risikomanagementplan
des Aufsichtsrates enthalten, kann sich diese fehlende besondere Zuständigkeit stark auf Qualität, Tempo und
Wirksamkeit von Kontrollmaßnahmen auswirken.
Allerdings erklärten nur gerade einmal 5 Prozent der Befragten, dass ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied besondere
Zuständigkeiten für Cyber-Sicherheit besitze und dem Gremium des Aufsichtsrats entsprechende Sachverhalte
melden müsse. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass es in den Aufsichtsräten nur sehr wenige
IT-Experten gibt, der Aufsichtsrat seine kollektive Zuständigkeit aktiv wahrnimmt oder einem Ausschuss (wie dem
Prüfungsausschuss oder dem Risikoausschuss des Aufsichtsrats) die besondere Zuständigkeit für dieses Risiko
überträgt. Da die Bedeutung von Cyber-Risiken für Aufsichtsräte zunehmen dürfte, wird sich dies künftig mit hoher
Wahrscheinlichkeit ändern.
Häufig ist die Geschäftsleitung für den Aktionsplan in Zusammenhang mit Cyber-Risiken zuständig, insbesondere in
Österreich, Belgien, Deutschland, Norwegen und der Schweiz. In anderen Ländern kann die Zuständigkeit zwischen
der Geschäftsleitung und dem Aufsichtsrat oder einem Ausschuss des Aufsichtsrats aufgeteilt werden.
Die wenigen Befragten, denen zufolge einem Mitglied des Aufsichtsrates eine besondere Zuständigkeit für CyberSicherheit obliegt, waren durchwegs im Finanzdienstleistungssektor tätig.
“Die Cyber-Sicherheit einer Organisation ist angeblich nur so stark wie
deren schwächster Mitarbeiter, zumal Hacker auf unbedachte, ungelernte
oder ungeschulte Mitarbeiter aus sind, um sich Zutritt zum Netzwerk ihres
Arbeitgebers zu verschaffen." 7
Aus 2016 Director’s Alert
28
Vergütung
Hinsichtlich der Vergütung des Managements und der Mitglieder der Geschäftsleitung bestehen in den einzelnen
Ländern unterschiedliche Vorbehalte. Als wesentliche Probleme werden die Schaffung einer Verzahnung zwischen
Vergütung und Performance und die hohe Entlohnung des Managements genannt. Die von uns gestellten Fragen
konzentrierten sich auf die Verzahnung zwischen Performance und Vergütung.
Die geschäftliche Performance lässt sich anhand verschiedener Verfahren (im finanziellen und nicht-finanziellen
Bereich) sowie auf lange (Nachhaltigkeit) und kurze Sicht ermitteln. Vergütungspakete für das Management können
zudem Boni oder Aktienzuteilungen umfassen, die auf eine Reihe von verschiedenen Performancezielen beruhen.
Die große Mehrheit unserer Befragten (85 Prozent) hielt die Aussage, dass die Vergütung für das Management
und die Mitglieder der Geschäftsleitung eng an die Performance und die Wirtschaftlichkeit ihrer Organisation
gebunden ist, entweder für zutreffend oder für voll und ganz zutreffend. Nur 9 Prozent der Befragten – darunter ein
vergleichsweise großer Anteil aus Norwegen und der Türkei – hielten dies für nicht oder überhaupt nicht zutreffend.
Doch selbst in diesen Ländern bezeichneten die meisten Befragten die geschäftliche Performance als Faktor, der bei
Vergütungsentscheidungen herangezogen wird.
Über so gut wie alle Branchenebenen gesehen halten es die meisten Befragten für zutreffend, dass die Vergütung
eng an die Performance gebunden ist. Erwartungsgemäß ist dies einzig bei Beschäftigten des öffentlichen Sektors
nicht der Fall.
Auf die Frage, welche Performanceaspekte bei Vergütungsentscheidungen einbezogen werden, wurden am
häufigsten die geschäftliche Performance, die Förderung der Unternehmensstrategie und die Meinung der
Shareholder genannt (siehe Abbildung 11). Dies zeigt, dass finanziellen und nicht-finanziellen Indikatoren mehr
Gewicht beigemessen wird als Charaktereigenschaften, wie etwa der Fähigkeit von Individuen, sich durchzusetzen
und Führungskompetenz unter Beweis zu stellen.
Abbildung 11. Vergütung und Verknüpfung mit Performanceaspekten
“Wie wird die Vergütung für das Management und die Mitglieder der Geschäftsleitung ermittelt?”
Österreich
92%
Geschäftliche Performance (einschließlich Finanzlage)
EMEA
86%
Förderung der Geschäftsstrategie
36%
36%
28%
32%
12%
28%
32%
20%
16%
16%
16%
55%
Ansichten der Aktionäre/Gesellschafter
Führungskompetenz
Einheitlichkeit der Vergütungskonzepte für Geschäftsleitung
und Mitarbeiter
Marktposition
Nachhaltigkeit
Einfachheit und Klarheit der Vereinbarung
Innovation
Öffentliche Wahrnehmung der Vergütung von Führungskräften
Sonstige
38%
33%
33%
24%
23%
21%
19%
18%
17%
9%
Öffentliche Wahrnehmung der Organisation
Quelle: Deloitte Analyse 2016
Sonstige bezieht sich unter anderem auf
Branchenvergleich, Kundenzufriedenheit,
Mitarbeitermotivation und allgemeine qualitätive
Kriterien.
EMEA 360 Boardroom Survey – Prioritäten und Schwerpunkte der Aufsichts- und Verwaltungsräte 29
Die geschäftliche Performance lässt sich allerdings mit einer Vielzahl von Verfahren messen, und zwar sowohl auf
kurz- als auch langfristiger Basis. Entsprechend verwundert es nicht im Geringsten, dass die meisten Befragten dies
als Hauptfaktor für Vergütungsentscheidungen nannten. Überraschend ist unter diesen Umständen vielmehr, dass der
prozentuale Anteil nicht höher ist.
Unter den verschiedenen von unseren Befragten identifizierten Vergütungskriterien sind einige Besonderheiten
hervorzuheben. Ein großer Anteil der Befragten in Südafrika nannte Führungskompetenz als Kriterium, die meisten
Befragten im Nahen Osten hingegen die Förderung der Geschäftsstrategie. Bei nahezu jedem zweiten Befragten in
Zypern zählte Innovation zu den wichtigsten Kriterien.
Die öffentliche Wahrnehmung der Vergütung höherer Führungskräfte zählt nicht unbedingt zu den Kriterien, die die
Vergütungspolitik beeinflussen – und das trotz der in manchen Ländern (wie beispielsweise in Großbritannien) von
den Medien stark thematisierten Vorbehalte.
Insgesamt scheint allgemeine Einigkeit darüber zu bestehen, dass die Vergütung in gewisser Weise an die
Performance gebunden sein sollte, auch wenn sich die Ansichten zur Vergütung des Managements und
der Mitglieder der Geschäftsleitung unterscheiden. Dennoch stellten wir keine Fragen zur Messung von
Performancestufen oder dem Umfang von Vergütungspaketen, da es auch unter den Aufsichtsratsmitgliedern
(von denen viele geschäftsführende Aufgaben in anderen Unternehmen wahrnehmen) häufig ausgeprägte und
divergierende Auffassungen gibt.
Einstimmig mit den Aufsichtsräten der EMEA Region sieht auch die große Mehrheit der Aufsichtsräte in Österreich
(84 Prozent) die Vergütung des Managements bzw. der Geschäftsleitung eng an die Performance und laufende
Wirtschaftlichkeit der Unternehmen gebunden. Dabei legen die Österreicher, noch mehr als ihre Kollegen innerhalb
von EMEA, den eindeutigen Schwerpunkt bei der Festlegung der Managementvergütung auf die geschäftliche
Performance (92 Prozent; EMEA: 86 Prozent). Die Förderung der Geschäftsstrategie wird hingegen nur von
36 Prozent der österreichischen Aufsichtsräte als Kriterium für die Festlegung der Vergütung genannt. Auf EMEA
Ebene wird darauf weitaus größeres Augenmerk gelegt (55 Prozent). Einen gewissen Einfluss auf Vergütungen
haben auch noch Führungskompetenz, Nachhaltigkeit und Innovation. Vergleichsweise geringer Wert wird auf die
öffentliche Wahrnehmung betreffend die Organisation als auch die Vergütung der Führungskräfte gelegt. Wenig
überraschend obliegt die Aufsicht über die Vergütung des Managements in Österreich als auch innerhalb von EMEA
vorrangig dem Vergütungsausschuss.
Monistische gegenüber dualistischen Systemen
Bei den Antworten der Befragten zu Vergütungsfragen zeigten sich in unserer Umfrage keine Unterschiede
zwischen monistischen und dualistischen Systemen.
30
Talent- und Nachfolgeplanung
Eine ausgeprägte und wirksame Führungskompetenz genießt bei den Aufsichtsräten einen hohen Stellenwert.
Technologie, Globalisierung und Bevölkerungsentwicklung werden auch in Zukunft die Strukturen von Organisationen
beeinflussen. Der Aufsichtsrat von morgen dürfte ohne Frage eine andere Mischung aus Kompetenzen und
Eigenschaften benötigen als heute. Die Nachfolgeplanung für Geschäftsführer und andere höhere Führungskräfte
sollte im Aufsichtsrat daher fortwährend Beachtung finden. Ähnliche Überlegungen gelten zudem auch für
Aufsichtsratsmitglieder. Die erforderlichen Kompetenzen und Erfahrungen sollten zu einem allgemeinen
Talentgleichgewicht im Aufsichtsrat beitragen, damit dieser effektiv arbeiten kann. Zu beachten ist hier jedoch, dass
die Nachfolgeplanung in Leitungsgremien von Familienunternehmen von anderen Faktoren als Diversität und Talent
beeinflusst werden kann.
Wir wollten von unseren Befragten wissen, wie sie über die Nachfolgeplanung im Aufsichtsrat denken. Die große
Mehrheit (81 Prozent) hält es entweder für "zutreffend" oder "voll und ganz zutreffend", dass die Zusammensetzung
des Aufsichtsrats "angemessen überprüft" wird, um sicherzustellen, dass die Mitglieder über die geeigneten
Kompetenzen verfügen. Starke Zustimmung äußerten die meisten Befragten in Zypern, Finnland, Italien, Südafrika
und Großbritannien. In Irland, Norwegen, Polen und der Schweiz halten es hingegen mehr Befragte für lediglich
"zutreffend" als "voll und ganz zutreffend".
Nur 7 Prozent der Befragten halten es für nicht zutreffend, dass die Zusammensetzung ihres Aufsichtsrats
angemessen überprüft wird. Viele der Befragten, die dieser Ansicht sind, sind im öffentlichen Sektor sowie dem
Energie- und Rohstoffsektor tätig. 11 Prozent der Umfrageteilnehmer erklärten allerdings, ihre Organisation habe
keinen Plan für die Nachfolge im Aufsichtsrat. Diese Befragten verteilen sich auf mehrere Länder, sind jedoch in erster
Linie in den Bereichen Finanzdienstleistungen sowie Energie und Rohstoffe tätig.
Kompetenzen und Diversität
Auf die Frage, welche Faktoren Berücksichtigung finden, wenn über die zukünftigen Anforderungen an die
Fähigkeiten des Aufsichtsrats entschieden wird, wurde eine Reihe unterschiedlicher Antworten gegeben. Kenntnisse
über die Branche und Faktoren, die mit den künftigen Entwicklungszielen der Organisation zusammenhängen,
wurden in den Antworten am häufigsten genannt (siehe Abbildung 12).
Abbildung 12. Faktoren, die bei der Entscheidung über zukünftige Anforderungen an die Fähigkeiten des Aufsichtsrats
Berücksichtigung finden
“Welche Faktoren werden bei der Entscheidung über zukünftige Anforderungen an die Fähigkeiten des Aufsichtsrats berücksichtigt?”
Österreich
79%
67%
Branchenkenntnis
EMEA
87%
Strategische Ausrichtung der Organisation
17%
29%
29%
33%
Wachstumsziele
Internationale Entwicklungspläne
Risikowahrnehmung im Zusammenhang
mit Nachfolgefragen
Sonstige
69%
41%
41%
29%
19%
Quelle: Deloitte Analyse 2016
Monistische gegenüber dualistischen Systemen
Befragte von Unternehmen mit dualistischer Führungsstruktur maßen Wachstumszielen und Plänen für eine
internationale Entwicklung bei der Ermittlung zukünftiger Anforderungen weniger Bedeutung bei. Dies kann auf
Faktoren zurückzuführen sein, die nicht mit der Struktur des Aufsichtsrats zusammenhängen.
EMEA 360 Boardroom Survey – Prioritäten und Schwerpunkte der Aufsichts- und Verwaltungsräte 31
Während die Anforderungen an die Fähigkeiten der potentiellen Mitglieder im Ermessen des Aufsichtsrats liegen,
können andere Kriterien für die Diversität entweder von Rechts wegen oder durch die Richtlinien des Corporate
Governance-Kodex vorgeschrieben sein (insbesondere im Hinblick auf die Geschlechterverteilung). Ein Unternehmen
kann Anforderungen an Aufsichtsratsmitglieder mithilfe einer formalen Matrix für Kenntnisse und Fähigkeiten
festlegen und potenzielle neue Mitglieder gemäß ihrer Positionierung innerhalb der Matrix beurteilen. Auf die Frage,
welche Kriterien für die Auswahl von Aufsichtsratsmitgliedern herangezogen werden, nannten zahlreiche Befragte
professionelle Qualifikationen, Geschlecht sowie die Internationalisierung der Organisation und die Zusammensetzung
des Aufsichtsrats. Für österreichische Aufsichtsräte nimmt Internationalisierung mit 32 Prozent einen vergleichsweise
geringeren Stellenwert ein (siehe Abbildung 13).
Abbildung 13. Diversitätskritrien für die Zusammensetzung des Aufsichtsrats
“Die Zusammensetzung des Aufsichtsrats beruht auf folgenden Diversitätskritrien:”
Quelle: Deloitte Analyse 2016
Die meisten Befragten, denen zufolge Alter ein Faktor ist, der die Diversität des Aufsichtsrats beeinflusst, sind
Aufsichtsratsmitglieder in Deutschland, der Schweiz und Südafrika. In bestimmten Fällen kann dies direkt mit
Anforderungen des lokalen Kodex für Corporate Governance zusammenhängen – beispielsweise müssen
Aufsichtsräte in Deutschland ihre Alterspolitik offenlegen (auch wenn diese durch keine Richtlinien näher definiert
werden).
Das Alter spielt in Österreich nur für 32 Prozent der befragten Aufsichtsräte eine Rolle für die Zusammensetzung
des Aufsichtsrats. Damit liegen wir zwar über dem EMEA-Wert (21 Prozent), aber deutlich unter dem zum Beispiel
in Deutschland angegebenem Wert, wo 45 Prozent der Aufsichtsräte das Alter als wesentliches Diversitätskriterium
ansehen.
Bei der Zusammenstellung von Aufsichtsräten spielt das Geschlecht in solchen Ländern eine bedeutendere Rolle,
in denen es gesetzliche Anforderungen für Geschlechterdiversität gibt (wie etwa in Großbritannien für größere
börsennotierte Unternehmen) oder strenge Maßnahmen ergriffen wurden, um die Geschlechterdiversität in
börsennotierten Unternehmen zu fördern.
Die Befragten waren dabei mit großer Mehrheit der Auffassung, dass Geschlechterdiversität bei der Ernennung von
Aufsichtsratsmitgliedern in Deutschland, Italien, den Niederlanden, Norwegen und in Großbritannien von Bedeutung
sei. Die Zahlen in Belgien und Frankreich waren indes niedriger als allgemein erwartet.
32
Unter diesen Ländern besitzen Deutschland, Italien und Norwegen gesetzliche Verpflichtungen für
Geschlechterquoten, während die Niederlande in ihrem Corporate Governance-Kodex eine Richtlinie verankert
haben, wonach eine Nichtkonformität zu begründen ist ("comply or explain"). Auch in Belgien und Frankreich gibt es
gesetzliche Anforderungen in Bezug auf Geschlechterquoten, die in Belgien bis 2017 von börsennotierten, und bis
2019 von nicht börsennotierten Unternehmen umgesetzt sein müssen. In Frankreich müssen große börsennotierte
Unternehmen bis 2016 einen Frauenanteil von mindestens 40% umsetzen (bis Januar 2017 für alle anderen
Unternehmen). Auch wenn in Irland und Südafrika keine Quotenanforderungen gelten, ist das Geschlecht auch hier
(im Allgemeinen) ein wichtiges Kriterium für die Ernennung von Aufsichtsratsmitgliedern. Aufgrund dessen dürfte die
Relevanz des Geschlechts bei der Beurteilung von Kandidaten in allen diesen Ländern im Laufe der nächsten Jahre
zunehmen.
In anderen Ländern sieht die Sachlage dagegen anders aus. Von den 10 Prozent der Befragten, denen zufolge die
eigene Organisation keine Diversitätspolitik verfolgt, kamen viele aus Rumänien, Polen und dem Nahen Osten.
Rumänien und Polen haben in Bezug auf Geschlechterquoten Bestimmungen gemäß dem Grundsatz "comply or
explain" verabschiedet. In Zypern oder dem Nahen Osten gibt es hingegen keine Richtlinien oder Empfehlungen zur
Gewährleistung einer Geschlechterdiversität in Aufsichtsräten.
Darüber hinaus wurde auch die Frage gestellt, ob der eigene Aufsichtsrat Richtlinien für Altersgrenzen, Geschlechterund Kompetenzdiversifizierung oder Amtszeitbegrenzungen eingeführt hat. Einige Befragte erklärten, dass für alle
dieser Diversitätskriterien Richtlinien Anwendung fänden (darunter auch eine Mehrheit in Frankreich); allerdings
gaben 27 Prozent an, dass keinerlei Richtlinien in dieser Hinsicht vom Aufsichtsrat befolgt würden. Die negativen
Antworten stammten zum Großteil von Befragten aus Österreich, Finnland, Polen und Rumänien.
Hinsichtlich Geschlechterdiversifizierung – in Österreich nur für staatsnahe Betriebe gesetzlich vorgeschrieben – wurde
von 13 Prozent der befragten Aufsichtsräte eine entsprechende Richtlinie ieingeführt. Dieser Wert liegt deutlich unter
jenem von EMEA mit 37 Prozent.
EMEA 360 Boardroom Survey – Prioritäten und Schwerpunkte der Aufsichts- und Verwaltungsräte 33
Einbindung der Stakeholder in die Nachfolgeplanung
Die Mehrheit unserer Befragten erklärten, ihre Organisation spreche sich mit ihren Stekaholdern ab und beziehe diese
bereits in einer Frühphase des Prozesses in die Nachfolgeplanung ein: 55 Prozent verwiesen darauf, dass dies der
gegenwärtigen Praxis entspreche, während weitere 18 Prozent angaben, dass ihre Organisation hiermit beginne. Nur
10 Prozent antworteten, dass sich ihre Organisation nicht bereits in der Frühphase mit den Stakeholdern abspreche
(siehe Abbildung 14). Die wichtigsten Stakeholder dürften Großaktionäre sein, obwohl dies je nach Befragtem
unterschiedlich sein kann.
Abbildung 14. Einbindung der Stakeholder in die Nachfolgeplanung
“Werden die wichtigsten Stakeholder fürhzeitig in die Nachfolgeplanung eingebunden?”
Österreich
63%
4%
13%
13%
8%
Ja – die Interessengruppen werden frühzeitig eingebunden
Ja – damit beginnen wir jetzt
Nein – wir binden Interessengruppen noch nicht frühzeitig ein
Nein – wir verfügen über keinen Nachfolgeplan
Das weiß ich nicht
EMEA
55%
18%
10%
11%
7%
Quelle: Deloitte Analyse 2016
Von den Befragten, denen zufolge das eigene Unternehmen keinen Nachfolgeplan besitzt und sich nicht bereits in
der Frühphase mit den Interessengruppen abspricht, stammte eine vergleichsweise hohe Zahl aus Österreich, Belgien,
Frankreich, Polen, Rumänien und Großbritannien.
Zukunftsaussichten
Da sich Organisationen weiterentwickeln, kann davon ausgegangen werden, dass sich die Art der für den
Aufsichtsrat erforderlichen Kompetenzen ebenfalls ändert. Allerdings erklärte ein vergleichsweise großer
Anteil der Umfrageteilnehmer (27 Prozent) auf die Frage, inwieweit sie kurzfristig mit Änderungen des
Kompetenzspektrums für Aufsichtsräte rechnen, dass sie überhaupt keine Veränderung erwarten. Wann
immer Änderungen genannt wurden, hingen diese mit der Notwendigkeit zusammen, die Zusammensetzung
des Aufsichtsrates neu auszurichten, um die Mischung aus Kompetenzen und Erfahrungen, internationalem
Know-how und Geschlechtern zu verbessern. Einige Befragte nannten ebenfalls ausdrücklich die
Notwendigkeit für mehr Bewusstsein für IT- und Cyber-Sicherheit auf Ebene des Aufsichtsrats.
34
Performance und
Evaluierung des Aufsichtsrats
Die Corporate Governance-Kodizes mehrerer Länder enthalten eine Vorschrift für die regelmäßige und formale
Beurteilung der Leistung des Aufsichtsrats. Beispielsweise sind laut den Corporate Governance-Kodizes Frankreichs,
der Niederlande und Großbritanniens jährliche Effizienzprüfungen vorgeschrieben (mit einer externen Beurteilung
mindestens alle 3 Jahre). Diese Effizienzprüfung sollte es Aufsichtsräten prinzipiell ermöglichen, eigene Schwächen
zu erkennen und Schulungen, Aktivitäten oder ihre Zusammensetzung so zu modifizieren, dass diesen Schwächen
entgegengewirkt werden kann.
73 Prozent unserer Befragten erklärten, ihre Organisation beurteile die Leistung ihres Aufsichtsrats, während dies
lediglich 21 Prozent verneinten (von denen jedoch 4 Prozent derzeit die Notwendigkeit hierzu prüften). Zu den
Ländern, in denen Evaluierungen des Aufsichtsrats weniger üblich sind, gehören Österreich, der Nahe Osten, Polen
und die Türkei. Im Vergleich dazu gaben über 90 Prozent der Befragten an, dass ihre Organisation Beurteilungen
durchführe, darunter Umfrageteilnehmer in Südafrika, Finnland, Frankreich, Irland, Italien und Norwegen
In Österreich werden Effizienzprüfungen des Aufsichtsrats nur von 28 Prozent der Befragten durchgeführt. 44 Prozent
geben an, keine Beurteilung der Leistung des Aufsichtsrats durchzuführen.9
Von den Befragten, deren Unternehmen Evaluierungen des Aufsichtsrats vornehmen, hielt die große Mehrheit
(81 Prozent) die Aussage, dass die Ergebnisse der Beurteilung des Aufsichtsrats für künftige Veränderungen
herangezogen werden, entweder für zutreffend oder voll und ganz zutreffend. In Österreich, Zypern, Frankreich,
Irland, Italien, dem Nahen Osten, Polen und Südafrika hielten dies sogar zwischen 90 und 100 Prozent der Befragten
für zutreffend.
Obwohl die Umfrageteilnehmer angaben, dass die Beurteilungen im Allgemeinen für Veränderungen herangezogen
würden und diese beeinflussen, verwiesen 74 Prozent darauf, dass nur wenige bzw. überhaupt keine Informationen
über die Beurteilung von Aufsichtsräten nach außen offengelegt werden. Insofern eine externe Offenlegung erfolgt,
kann diese durchaus gemäß den Anforderungen nationaler Kodizes für Corporate Governance vorgeschrieben sein.
Die Evaluierungen werden in erste Linie intern bzw. durch eine Kombination aus internen und externen Prüfern
durchgeführt. Über zwei Drittel der Befragten in Finnland, Zypern und dem Nahen Osten erklärten, ihre Organisation
“Da es schwierig ist, sich selbst zu bewerten, wird der
Evaluierungsprozess immer wieder aufgeschoben.”
Befragte aus der Schweiz
EMEA 360 Boardroom Survey – Prioritäten und Schwerpunkte der Aufsichts- und Verwaltungsräte 35
stütze sich auf interne Beurteilungen, während sich die Umfrageteilnehmer, die eine Kombination aus internen und
externen Prüfern nannten, im Allgemeinen in Frankreich, Norwegen und Großbritannien befanden. Einige wenige
Befragte erklärten, Evaluierungen würden nur über externe Anbieter durchgeführt; die Mehrheit von ihnen kam aus
Italien, Rumänien und Deutschland.
Abbildung 15. Durchführung von Effizienzprüfungen im Aufsichtsrat
“Wie erfolgt die Beurteilung des Aufsichtsrats?”
Österreich
Intern
Extern (unter Einbeziehung Dritter)
Intern und extern kombiniert
Intern
Extern (unter Einbeziehung Dritter)
Intern und extern kombiniert
58%
0%
42%
EMEA
37%
Frankreich und Irland
Norwegen
UK
Italien
Rumänien
Deutschland
Naher Osten und Polen
Zypern
Finnland
100%
52%
11%
80%
76%
21%
71%
36%
47%
58%
43%
Quelle: Deloitte Analyse 2016
“Die Bedeutung von Evaluierungen wird nicht voll verstanden.”
Befragter aus Polen
36
Kriterien für die Effizienzprüfung des Aufsichtsrates
Die oben genannten Evaluierungen orientieren sich hauptsächlich an der Performance im Hinblick auf Strategie,
Führungskompetenz und finanzielle Kriterien, obwohl zwischen den einzelnen Ländern gewisse Abweichungen
gegeben sind (siehe Abbildung 16).
In Österreich dienen als Grundlagen für die Leistungsbeurteilung des Aufsichtsrats insgesamt vorrangig Strategie,
Führungskompetenz sowie finanzielle Kriterien. Operative Aspekte finden in Österreich mit 9 Prozent deutlich weniger
Berücksichtigung als auf EMEA Ebene mit 48 Prozent.
Abbildung 16. Kriterien für die Effizienzprüfung des Aufsichtsrats
“Auf welcher Grundlage wird die Leistung des Aufsichtsrats insgesamt beurteilt?”
Österreich
64%
55%
45%
Strategie
EMEA
69%
62%
51%
48%
Führungskompetenz
Finanzen
9%
36%
18%
18%
Operative Aspekte
Sonstige
Positionierung
Innovation
30%
30%
27%
Sonstige bezieht sich auf die generelle
Arbeitsweise, die Zusammensetzung, das
persönliche Engagement des Aufsichtsrats und
die Kooperation mit dem Mangement.
Quelle: Deloitte Analyse 2016
Die wichtigsten 3 Anforderungen an einen effektiven Aufsichtsrat:
“1. Zugang zu umfassenden Informationen über das Unternehmen, damit
der Aufsichtsrat die Lage eines Unternehmens angemessen beurteilen kann.
2. Offene und fortwährende Kommunikation zwischen dem Aufsichtsrat
und wichtigen Personen im Unternehmen.
3. Fähigkeit des Aufsichtsrats bzw. von dessen Mitgliedern, rasch
Entscheidungen zu treffen.
Darüber hinaus ist die Zusammensetzung des Aufsichtsrats ein
entscheidender Faktor. Hat ein Unternehmen einen signifikanten
Wandel durchlaufen, kann es für den Aufsichtsrat unter Umständen
erforderlich sein, Personen mit speziellen Kompetenzen, Kenntnissen und
Branchenerfahrungen einzubeziehen, die den Transformationsprozess
positiv beeinflussen können.”
Befragte aus Polen
EMEA 360 Boardroom Survey – Prioritäten und Schwerpunkte der Aufsichts- und Verwaltungsräte 37
Wir wollten von unseren Befragten wissen, welche drei Anforderungen an einen effektiven Aufsichtsrat ihres
Erachtens nach am wichtigsten sind. Den Begriff "effektiv" definierten wir dabei nicht, sondern überließen den
Befragten die Auslegung. Es ist nicht weiter verwunderlich, dass Erfahrung, Diversität und Wissen auf der Liste
ganz oben standen. Interessant ist jedoch, dass Transparenz (auch in Verbindung mit effektiver Kommunikation),
Verbundenheit mit der Organisation und Führungskompetenz ebenfalls eine wichtige Rolle spielen
(siehe Abbildung 17).
Ebenso bemerkenswert ist es vielleicht auch, dass Vision, Vertrauen, Risikomanagement und die Notwendigkeit,
gut informiert zu sein, auf der Liste recht weit unten stehen. Dem Bedürfnis, das Management und die Ansichten
anderer zu hinterfragen, wird ebenfalls eine vergleichsweise geringe Bedeutung beigemessen. Dies dürfte die Frage
aufwerfen, was genau von einem effektiven Aufsichtsrat erwartet wird, und ob die Zusammensetzung zahlreicher
Aufsichtsräte wirklich so ausgewogen ist, wie sie sein sollte.
Abbildung 17. Die wichtigsten 3 Anforderungen an einen effektiven Aufsichtsrat
"Was sind die 3 Hauptkriterien für einen effektiven Aufsichtsrat?"
Erfahrung
32%
28%
23%
22%
22%
Diversität
Wissen
Strategiefokussiert
Transparenz
Engagement
Führungskompetenz
Unabhängigkeit
Zusammenarbeit
Hinterfragung
Professionalität
15%
15%
12%
11%
9%
9%
9%
Sonstige Kriterien für einen effektiven Aufsichtsrat umfassen unter anderem die Kooperation mit dem
Management, Riskomanagement, Compliance und Governance.
Quelle: Deloitte Analyse 2016
Die Antworten der Befragten zeigen uns, dass ein effektiver Aufsichtsrat nur nach sehr sorgfältiger Prüfung zusammengestellt werden kann, wobei das erworbene Wissen von Einzelpersonen sowie ihr Charakter und ihre Fähigkeit,
ihre Stärken mit jenen anderer Mitglieder zu verschmelzen und dabei ein Ergebnis zu erhalten, Berücksichtigung
finden und so ein Ganzes hervorbringen, das größer ist als die Summe seiner Bestandteile.
Die wichtigsten 3 Anforderungen an einen effektiven Aufsichtsrat:
"1. Teamwork innerhalb des Aufsichtsrats.
2. Dem Unternehmen echten Mehrwert verschaffen.
3. Den Standpunkt des Unternehmens übernehmen, statt
individuelle Standpunkte zum Ausdruck zu bringen.”
Befragter aus Frankreich
38
Endnoten
Siehe EZB-Bankenaufsicht: SSM Priorities 2016, einzusehen unter: www.bankingsupervision.europa.eu/ecb/pub/pdf/
publication_supervisory_priorities_2016.en.pdf
2
4 von 25 Befragten in Österreich, 3 von 22 Befragten in Deutschland, 3 von 23 Befragten in Großbritannien, 2 von
15 Befragten in Frankreich und 5 von 7 Befragten im Nahen Osten.
3
"Trifft zu" oder "trifft voll und ganz zu": 86% Geschäfts- und Unternehmensdienstleistungen, 84% Life Science,
79% Finanzdienstleistungsbranche. "Trifft nicht zu" oder "trifft überhaupt nicht zu": 50% öffentlicher Sektor, 20%
Bauwirtschaft, 16% Konsumgüterindustrie.
4
So waren beispielsweise in Österreich nur 1 Befragter von 25, in Belgien 1 Befragter von 12 und in Irland 2 Befragte
von 26 Aufsichtsratsmitgliedern, die regelmäßig ihre Reputation überprüften – gegenüber 10 von 22 in Deutschland
und 6 von 15 in Frankreich.
5
Übersicht:
•auf alle Organisationsebenen fokussiert, "trifft (voll und ganz) zu": 25% öffentlicher Sektor, 60%
Bauwirtschaft,59% Finanzdienstleistungsbranche
•vorfallsbasiert: 57% BPS, 54% Energie und Rohstoffe; 25% Life Sciences
•in die Organisationskultur integriert: 71% Business & Professional Services, 56% Konsumgüterindustrie, 0%
öffentlicher Sektor, 0% Bauwirtschaft
•systematisch (in vorgegebenen Abständen durchgeführt): 43% Business & Professional Services, 42% Life
Sciences, 0% Bauwirtschaft, 0% öffentlicher Sektor
6
Siehe den Deloitte-Bericht: 2016 Directors’ Alert: Ingredients for success: Striking the right balance. 2016.
Abrufbar unter www2.deloitte.com/content/dam/Deloitte/global/Documents/Risk/gx-ccg-directors-alert-2016.pdf
7
Übersicht:
•5 [sehr wichtig]: 67% Life Sciences, 52% Technoloige, Medien und Telekommunikation
•4: 57% Business & Professional Services, 52% Konsumgüter
•2: 20% Bauwirtschaft, 17% Finanzdienstleistungen
•1 [unwichtig]: 11% Energie und Rohstoffe, 10% Bauwirtschaft
8
In Österreich antworteten 20 von 25 Befragten, dass der Vorstand für die Überwachung von Innovation zuständig
sei, während 14 von 25 Befragten erklärten, dass dies dem Aufsichtsrat obliege. In Großbritannien nannten 15 von
23 Befragten das Management und 12 den Verwaltungsrat.
9
Zu den Ländern, in denen Beurteilungen des Aufsichtsrats weniger üblich sind, gehören Österreich (11 von 25
Befragten), der Nahe Osten (5 von 7), Polen (5 von 14) und die Türkei (8 von 15). Dagegen erklärten über 90%
der Befragten in Südafrika (10 von 10 Befragten), Finnland (21 von 22), Frankreich (14 von 15), Irland (24 von 26),
Italien (14 von 15) und Norwegen (12 von 13), dass ihre Organisation Beurteilungen des Aufsichtsrats vornehme.
1 EMEA 360 Boardroom Survey – Prioritäten und Schwerpunkte der Aufsichts- und Verwaltungsräte 39
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+47 (0)23 279 000
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Turkey
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Governance Lead
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Germany
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Governance Lead
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Development Program Lead
Deloitte Poland
+48 (0)22 511 0015
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United Kingdom
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Vice Chairman
Deloitte LLP
+44 (0)20 7007 3352
[email protected]
Weitere Mitwirkende
Marie-Elisabeth Bellefroid,
Marcus Brocard,
Anand Chandrasekharan,
Ulrike Erdélyi, Tracy Gordon,
Kate McCarthy, Louis McLean,
Ram Krishna Sahu, Melissa
Scully, Corinne Sheriff
und Lisa Watson
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