Zum Jahr der Barmherzigkeit

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JAHR DER BARMHERZIGKEIT
05.06.2016 - Sonntagsblatt Nr. 23
Zum Heiligen Jahr – Bischof Karl Golser zu den Werken der Barmherzigkeit
Maßnehmen am Verhalten Jesu
In den Gewölben des Brixner Kreuzganges sind die Werke der leiblichen Barmherzigkeit
dargestellt. An diese Bilder knüpfte der langjährige Professor und spätere Bischof Karl Golser
eine Betrachtung.
D
ieser Beitrag ist nicht bloß
die Kranken: „Es sollte zu den
in diesem Heiligen Jahr
Aufgaben einer Pfarrgemein-
sehr aktuell, sondern vor al-
de am Ort gehören, ein Netz
lem auch deshalb, weil Bischof
aufzubauen, damit man infor-
Karl Golser
miert wird, wo es Kranke gibt,
wegen
die sich über einen Besuch
sei-
ner schweren
freuen.“
Erk ra n ku ng
Auch das sechste Werk der
selbst Objekt
Barmherzigkeit
der Werke der
besuchen“ geht laut Golser
„Gefangene
Barmherzig-
auf die antiken Zeiten zurück.
keit ist, oder, wie Bischof Ivo
Heute sei eine Auseinander-
Muser sich ausdrückte: „Er ist
setzung über die „ethisch zu
vom Professor zum Confessor
verantwortbaren
geworden.“
Strafvollzugs“
Ziele
des
gefragt.
Die
charakterisierte
christliche Gemeinschaft dür-
Karl Golser in seinem Beitrag
fe es nicht unberührt lassen,
(in: Brixner Forum 2010) die
wenn in unserem Gefängnis
heutige Zeit als zunehmend
sehr oft Jugendliche einsitzen
„erbarmungslos“:
mo-
oder auch viele Einwanderer.
derne Leben werde immer
Die Marginalisierung in der
unübersichtlicher, die Unter-
Gesellschaft führe eben zu
Eingangs
Das
Straftaten.
schiede zwischen Reichen und
Armen würden immer größer.
In diese Welt hinein habe Je-
„Hungrige speisen“; Fresko über dem früheren romanischen Domeingang
im Brixner Kreuzgang (um 1417)
sus Christus das Erbarmen
Handeln, wie Christus
gehandelt hat
Gottes verkündet. Der erste
Schritt, sich von diesem Erbar-
Auch das zweite Werk der
Barmherzigkeit: „Nackte be-
Das siebte Werk der Barmher-
men treffen zu lassen, sei, die
Barmherzigkeit
„Durstige
kleiden“. Es sei gut, dass Ob-
zigkeit „Tote bestatten“ wurde
Armut und Not der Menschen
tränken“ sei von erschrecken-
dachlose aus der Kleiderkam-
erst im Mittelalter zu den bei
zu sehen. Die bei Matthäus (25,
der Aktualität. 1,2 Milliarden
mer der Caritas versorgt wer-
Matthäus aufgezählten Wer-
3–46) aufgezählten Werke der
Menschen haben laut Golser
den. Man könne nicht allen
ken hinzugefügt. Heute be-
Barmherzigkeit
wie
keinen Zugang zu ausreichend
helfen, die auf den Straßen
steht nach Golser die Gefahr,
wir Gottes Erbarmen nachah-
Trinkwasser. Das sei eine Her-
betteln, es ist aber laut Golser
dass in unserem Lande eine
men sollen.
ausforderung nicht nur für
wichtig,
professionellen
ganze Bestattungskultur ver-
Regierende, sondern auch für
oder halbprofessionellen Hel-
loren geht: „Es ist ein schlei-
das individuelle Konsumver-
fer zu unterstützen.
chender Prozess im Gange, der
zeigen,
Millionen Hungernde
die
halten.
Das fünfte Werk der Barm-
in Richtung ,Entsorgung‘ un-
Das erste Werk der Barmher-
Ein wichtiges Anliegen un-
herzigkeit „Kranke besuchen“
serer Verstorbenen geht.“
zigkeit „Hungernde speisen“
serer Zeit trifft auch das drit-
hat das Christentum von An-
„Alle Werke der Barmherzig-
ist heute besonders aktuell:
te Werk der Barmherzigkeit
fang an sehr ernst genommen:
keit nehmen ihr Maß am Ver-
„Es ist leider eine Tatsache,
„Fremde beherbergen“. Schon
„Ohne das Christentum wäre
halten Christi selbst, der uns
dass täglich 24.000 Menschen
damals zwangen kriegerische
die Entwicklung des heutigen
ein Beispiel gegeben hat, damit
an Hunger sterben – drei Vier-
Auseinandersetzungen
und
Sanitätswesens nicht möglich
auch wir so handeln, wie er an
tel davon sind Kinder unter
Naturkatastrophen viele Men-
gewesen“, schrieb der Autor.
uns gehandelt hat, uns selbst
fünf Jahren – und dass 800 Mil-
schen, ihre Heimat zu verlas-
Die
Rationali-
zum Nächsten zu machen für
lionen Menschen an Hunger
sen.
sierung unserer Krankenhäu-
alle, die in Not sind: Nur dann
und Unterernährung leiden“,
Auf die Obdachlosen bezieht
ser lasse oft den professionell
werden wir ihm selbst begeg-
berichtete Golser.
Golser das vierte Werk der
Pflegenden zu wenig Zeit für
nen“, schrieb Golser.
ökonomische
pr