Zusammenfassung des Promotionsvorhabens „Situation und Affekt

Zusammenfassung des Promotionsvorhabens
„Situation und Affekt. Zu einer Soziologie der Atmosphäre“
Basil Wiesse
In der Soziologie ist die Beschäftigung mit vorsprachlichen Aspekten der Lebenswelt – Körper,
Gefühl, Affekt – in letzter Zeit zunehmend beliebt geworden. Eine Ausprägung dieser Entwicklung ist die Diskussion um Atmosphären, die gegenwärtig theoretisch und empirisch auf
breites interdisziplinäres Interesse stößt. Gegenstand der Diskussion ist dabei nicht die meteorologische Atmosphäre, sondern die alltagssprachliche Verwendung des Begriffs zur Erfassung
eines räumlichen Präsenzphänomens.
Die Soziologie ist in dieser Diskussion mehr methodologisch denn theoretisch vertreten,
obwohl m.E. gerade eine soziologische Perspektive wichtige Fragen der Diskussion um Atmosphären zu klären vermag; beispielsweise, wie es sich mit deren Kollektivität verhält, oder welche Rolle soziale Interaktion für die Entstehung einer Atmosphäre spielt. Diesem Umstand soll
die geplante Arbeit entgegenwirken. Dabei wird auch das enorme empirische Interesse an Atmosphären innerhalb der Sozialwissenschaften berücksichtigt.
Das auf drei Jahre angelegten Projekt fußt auf zweifacher metatheoretischer Grundlage: Einerseits eine Heuristik, die auf dem philosophischen Emergenzbegriff aufbaut und die mannigfaltigen Theoriekontexte vergleichbar machen soll. Andererseits eine Vorgehensweise, die
sich das wechselseitige Irritations- und damit Erkenntnispotential von Theorie und Empirie
zunutze macht. Auf dieser Basis erfolgt die Umsetzung in drei Schritten: Erstens, eine interdisziplinäre Aufarbeitung und emergentistische Fundierung gegenwärtiger expliziter Atmosphärentheorien. Theorien also, die den Atmosphärenbegriff ins Zentrum stellen oder ihm ausdrücklich ein Synonym innerhalb ihres eigenen Begriffsapparats zuweisen. Zweitens, die Rekontextualisierung von vorhandenem Datenmaterial mittels Sekundäranalysen und die Prüfung unberücksichtigter Methoden durch explorative Eigenerhebung. Drittens, die Ausweitung des theoretischen Feldes auf implizite Atmosphärentheorien, um auf diesem Wege
schließlich zu einer fundierte Integration von Atmosphären in soziologische Theorie und Methodologie zu gelangen.