Lebensbild eines Sozialisten Richard Zimmermann Lebensbild eines Sozialisten Richard Zimmermann Recherchiert und zusammengestellt von Bernd Zimmermann Berlin Mai 2016 Alle Rechte beim Autor Für Jana Dem Andenken meiner tapferen Großeltern Richard und Elsa Zimmermann gewidmet Richard Zimmermann Richard Zimmermann wurde am 31.12.1876 in Dresden als drittes von 5 Kindern einer Arbeiterfamilie geboren. Sein Vater, Emil Zimmermann, der das Schusterhandwerk erlernt hatte, war, wie auch Richards Mutter Emma geb. Heins, in der Dresdener Tabakindustrie tätig: Emil als „Zigarrensortierer“, Emma als „Zigarettenarbeiterin“. Ende des 19. Jahrhunderts war Dresden zum Hauptumschlagplatz für Tabak und Zentrum der Tabakindustrie geworden. So wie Richards Eltern arbeiteten ca. 25% der berufstätigen Bevölkerung der Stadt in den zeitweise 60 Tabakfabriken oder bei deren Zulieferern. Frühzeitig wurde Richard mit Konflikten konfrontiert, die aus dem gewerkschaftlichen Engagement des Vaters resultierten, der später auch der sozialdemokratischen Bewegung angehörte und Repressionsmaßnahmen der Bismarck-Ära zu spüren bekam. Der Junge begleitete den Vater auf organisierten Sonntagsspaziergängen, die auch der politischen Debatte dienten, da das von 1878 – 90 gültige „Sozialistengesetz“ Versammlungen unter Strafe stellte. Er erinnert sich später besonders der Demonstration am 1. Mai 1890 in Dresden, auf der es zu Zusammenstößen mit der Polizei kam. Im Auftrag des Vaters überbrachte er als Schuljunge die in dieser Zeit illegal erscheinende Zeitung „ Der Sozialdemokrat“ an zuverlässige Abnehmer. Richards Eltern Emil und Emma geb. Heins -2Richard besuchte mit Erfolg die 8-klassige Volksschule. Da er sich kritisch mit dem von den Lehrern vermittelten Weltbild auseinander setzte, das mit den Ansichten des Elternhauses nicht übereinstimmte, galt er als „störrischer“ Schüler. Nach dem Schulabschluss erlernte er in einem kleinen Maschinenbaubetrieb den Beruf des Maschinenschlossers und kann die Gesellenprüfung nach 3 1/2 Jahren ½ Jahr vorfristig ablegen. In Abendkursen (von 20.00 – 22.00 Uhr) absolviert er von 1891 - 94 eine Gewerbeschule. Nach einer Tätigkeit in zwei Dresdener Betrieben (Maschinenbürstenfabrik, Nähmaschinenfabrik Clemens Müller) trat er im März 1896 die damals übliche „Wanderschaft“ der Handwerksburschen an. Richard ist 1,68 groß, schlank und bei guter Gesundheit. Noch in Dresden war er dem Deutschen Metallarbeiterverband beigetreten, die Mitgliedschaft wurde nach Rückkehr von der Wanderschaft 1898 erneuert. „Unterstützungswanderschein“ mit bemerkenswerten Eintrag des Kanton Aarau: „Jede weitere Umschau nach Arbeit ist abgeschafft und soll als Bettel behandelt werden“ Zu Fuß von Dresden nach Süddeutschland gewandert, fand er eine erste Beschäftigung in Säckingen am Rhein als Schlosser in der Reparaturwerkstatt der Seidenwarenfabrik Edwin Nalf A.G. Ein wichtiges Dokument war das „Arbeitsbuch“, das seinen Weg an Hand der Arbeitsstellensuche und der angetretenen Stellen dokumentiert. -3- Nunmehr im Besitz eines Reisepasses, den ihn sein Vater in Dresden beschafft hatte, setzt er nach einigen Monaten die Wanderschaft fort, lernt die Schweiz kennen und bekommt erneut Arbeit in der Schlosserei Wehner in Bulle im Kanton Fribourg. Unterkunft findet er im gut eingerichteten Ledigenheim des sogenannten „Gruetlivereins“ Die Losung des schweizerischen Gruetlivereins „durch Bildung zur Freiheit“ begeisterte den jungen Mann. Dieser recht „vaterländisch“ orientierte Arbeiterverein („Gruetli“ nimmt Bezug auf den legendären Rütli-Schwur der zur Gründung der Schweizerischen Eidgenossenschaft geführt haben soll), spielte eine wichtige Rolle in der Schweizerischen Arbeiterbewegung. Richard trat in den Gruetliverein ein und profitierte von dessen abendlichen politischen und anderen weiterbildenden Veranstaltungen. Dazu zählte auch ein Kursus der französischen Sprache. -4Im Gruetliverein wurde sein Interesse an philosophischen Schriften geweckt: in seinem Bücherschrank fanden sich später Werke von Kant, Hegel, den utopischen Sozialisten, Marx, Engels und Lenin. In Bulle lernte er junge Menschen aus mehreren europäischen Ländern kennen und bereitete mit ihnen im Jahre 1897 die örtliche Feier zum 1. Mai vor. Er erinnerte sich, dass diese mit Reden in italienischer, französischer und deutscher Sprache „fast internationalen Charakter“ trug. Bereits 1896 war er Mitglied des schweizerischen Metallarbeiterverbandes geworden. Die Wanderschaft führte ihn dann Ende Mai 1887 über Südfrankreich nach Lyon und Genf und auch nach Italien. Arbeit fand er erst wieder Mitte Juli des gleichen Jahres in Fribourg in der Schlosserei Hertling Frères. In eine Streikbewegung verwickelt, muss er die Ausweisung durch die Schweizer Behörden als „lästiger Ausländer“ befürchten. Er gibt deshalb die Arbeit auf und tritt im Oktober 1897 in das Werk von Brown & Boveri in Baden bei Zürich ein. Dort lernte er wohl erstmalig die moderne Arbeitsorganisation eines kapitalistisch wirtschaftenden Unternehmens kennen, trat in den sozialistischen deutschen Arbeiterverein ein und gehörte der Ortsleitung des Schweizerischen Metallarbeiterverbandes an. Wichtig für sein späteres Engagement war auch der Besuch von Abendkursen an der dortigen gewerblichen Fachschule. Richard war aber kein „Stubenhocker“: seine abgeknickte Nase zeugte zeitlebens vom Streit auf dem Tanzsaal mit schweizerischen Burschen um ein Mädchen. Ende 1898 muss er nach Deutschland zurückkehren: sein Reisepass wird nicht verlängert, da er im Rahmen der Militärdienstpflicht jederzeit erreichbar sein muss. Er wird durch das Soldbuch ersetzt. -5Er arbeitet dann im Sächsischen Maschinenbau, zunächst in einer Zigarettenmaschinenfabrik, dann als Vorarbeiter in einem Eisenwerk bei Coswig. Von 1900 – 1908 ist er in der Präzisionswerkzeugmaschinenfabrik von Auerbach & Co. in Dresden tätig. Ein traumatisierendes Erlebnis war 1901 der Unfalltod seiner 28-jährigen Schwester Frieda, die den Verbrennungen erlag, die sie sich zugezogen hatte, als eine Petroleumlampe vom Schrank stürzte. 1899 wird er Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und gehört bald der Stadtteilleitung Dresden-Trachenberge an. Auch seine gewerkschaftliche Tätigkeit findet im Deutschen Metallarbeiterverband ihre Fortsetzung. In dem Stadtteil Dresdens, in dem Richard wohnt, lebte auch Dr. Hermann Duncker, der der gleichen SPD-Parteigruppe wie Richard angehörte. Duncker war seit 1903 hauptamtlicher Parteifunktionär und ab 1906 der erste „Wanderlehrer“ der SPD. In den wöchentlichen Gruppenversammlungen vermittelte Duncker seinen Genossen Grundkenntnisse des wissenschaftlichen Sozialismus und der Geschichte des Klassenkampfes des deutschen und internationalen Proletariats. Richard war vom Auftreten des fast gleichaltrigen, akademisch gebildeten Funktionärs fasziniert und blickte zeitlebens zu ihm auf. Während seiner Abgeordnetentätigkeit im Weimarer Landtag, gehörte Dunckers Ehefrau Käte zeitweilig seiner KPD-Fraktion an. Richard war während der Dresdener Jahre auch gewerkschaftlicher Vertrauensmann und gehörte der überbetrieblichen Körperschaft der Vertrauensmänner an. Dort kam es zu Auseinandersetzungen über das opportunistische Verhalten von Gewerkschaftsführern. Auf Grund der von ihm eingenommenen Positionen wurde Richard bald dem linken Flügel zugerechnet. Durch die Teilnahme an verschiedenen Kursen, aber insbesondere auch im Selbststudium, eignete sich Richard in jenen Jahren eine solide politische Bildung als Rüstzeug für sein Wirken an. Bereits in der Schweiz hatte er Erfahrungen mit der Notwendigkeit und dem Nutzen der internationalen Solidarität gemacht. Diese Erfahrung prägte einen seiner wichtigen Charakterzüge. -6- 1909 siedelte er nach Jena über und trat dort am 11. Januar 1909 eine Tätigkeit als Dreher in der Firma Carl Zeiss an. Sein Wochenlohn beträgt 23.-Reichsmark. Im Sommer des gleichen Jahres heiratet er die 14 Jahre jüngere Elsa, geb. Biedermann, eine hübsche dunkelhaarige Frau – nach seiner Ansicht mit sorbischen Wurzeln. Aus der Ehe, die bis zum Tod von Richard Bestand hatte, sollten 2 Kinder hervorgehen: Sohn Fritz, geboren nur 2 Monate nach der Eheschließung und knapp zwei Jahre später die Tochter Erna. Richard gehört keiner Kirche an, in seinem Militärpass befindet sich deshalb die Eintragung „Dissident“, die Kinder werden nicht getauft. Auch Else – wie er sie nannte - entstammte einer Arbeiterfamilie, der Vater hatte es bis zum Ofensetzermeister gebracht. Sie hatte nach dem Besuch der 8klassigen Grundschule zunächst als Verkäuferin im Konsum, später als Porzellanmalerin bei Villeroy & Boch in Dresden in der Leipziger Strasse gearbeitet, zeitweise das größte Industrieunternehmen der Stadt. 1911 wird auch Else Mitglied der SPD. -7- Richard mit Sohn Fritz (ca. 1912) Auch in Jena setzt Richard bald sein gesellschaftliches Engagement fort, wird Mitglied des Arbeiterausschusses und des Betriebsrates. Mit anderen Sportfreunden gründet er einen Arbeiterschwimmverein. Die junge Familie wohnt zunächst in der Jenaer Talstraße, ab 1914 in der Lutherstrasse 148 und zieht wenig später in die Nummer 154 um, wo Richard und Else bis an ihr Lebensende verbleiben. 1910 erwirbt er für 10.-RM er auch den Bürgerschein der Universitätsstadt Jena, mit dem er wahlberechtigt wird. -8Dem linken Flügel der SPD angehörend, gerät er bald in Widerspruch zur offiziellen Linie der Partei. Bei Ausbruch des I. Weltkrieges zählt er nicht zu den „Hurrapatrioten“ bzw. den „Kaisersozialisten“. Bürgerschein der Residenz- und Universitätsstadt Jena (1910) Er kritisiert die „Burgfriedenspolitik“ der SPD und verurteilt die Zustimmung zu den Kriegskrediten, die er als „beispiellosen Verrat“ empfindet. Er ist in Jena am „Proletarischen Kampfbund gegen den Krieg“ beteiligt, der unter Nutzung einer illegalen Druckerei Flugblätter mit dem Titel „Der Hauptfeind steht im eigenen Land“ herstellt und in Umlauf bringt. Wie Emil Höllein und Georg Schumann wird er Mitglied des oppositionellen „Diskutierklubs“. Sein Weg führt ihn in die Liebknecht nahestehende Gruppe „Internationale“ und später in den „Spartakusbund“. Im Juni 1915 gehört er zu den 1 000 Partei- und Gewerkschaftsfunktionären, die den „Offenen Briefes“ gegen den Kriegskurs der Parteiführung unterzeichnen, den Liebknecht initiiert hatte und der an Parteivorstand und Reichstagsfraktion der SPD gerichtet war. -9Noch zögert er aber, den Bruch mit der Partei zu vollziehen. Hatte doch August Bebel stets gerade vor einer Spaltung gewarnt. Im Jahre 1916 ist Richard aktiv an der Vorbereitung einer illegalen Reichskonferenz der Linken in der SPD beteiligt, die, als Veranstaltung eines „Wander- und Abstinenzlervereins“ getarnt, am 23. April in Jena stattfindet und als „Osterkonferenz“ in die Geschichte eingeht. Innerhalb der Jenaer Sozialdemokratie kommt es zu einer weiteren Zuspitzung der Auseinandersetzungen zwischen systemkonformen und linken Strömungen. Im Juni 1916 wählt der „Sozialdemokratische Wahlverein“ Richard Zimmermann zum Vorsitzenden der Ortsgruppe. Die Kriegsjahre sind auch für die junge Familie schwer zu ertragen. In Erinnerung bleibt die Sorge um das tägliche Brot, das besonders im „Kohlrübenwinter“ 1916/17 knapp wird. Im Januar 1917 ist er Delegierter der von der rechten Parteiführung abgelehnten Reichskonferenz der SPD, die im Berliner Reichtagsgebäude stattfindet und stimmt der dort verabschiedeten Resolution gegen die revisionistische Linie der Parteiführung zu. Das trägt ihm und der gesamten Jenaer Ortsgruppe scharfe Kritik der regionalen SPD-Leitung ein, die die Teilnahme an der Konferenz als „statutenwidrig“ bewertet und eine weitere Mitgliedschaft der Teilnehmer in der Gesamtpartei in Frage stellt. Der Prozess der Spaltung der SPD beschleunigt sich, als die Fraktion der „Sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft“ im Reichstag eine Oppositionskonferenz einberuft, die vom 06. bis 08. April 1917 in Gotha tagt. Einer der Delegierten war der Vorsitzende der Jenaer Ortsgruppe der SPD, Richard Zimmermann. Infolge dieser Konferenz entstand die USPD, der Richard mit dem gesamten SPD-Ortsvorstand beitrat. Er übernahm den Vorsitz der neuen Ortsgruppe der USPD. Auch die Spartakusgruppe wird Mitglied der USPD, bewahrt jedoch einen eigenständigen Status (heute würde man von einer innerparteilichen „Plattform“ sprechen). Mit Kautsky und Bernstein sitzen im zentralen Parteivorstand jedoch auch revisionistische Kräfte. Im gleichen Jahr gehört Richard in Jena zu den Organisatoren eines Hungerstreiks gegen den Krieg. Im Zeiss-Werk ist er auch in der gewerkschaftliche Arbeit aktiv. So wird er Mitglied des „Unfallverhütungsausschusses“ und ist gleichfalls im Ausschuss - 10 zur Einrichtung einer Volksküche im „Löwen“ vertreten. Diese soll mit der Beköstigung von 1 200 Bedürftigen die Not lindern helfen (Preis eines Mittagessens 60 Pfennig). Ende Januar 1918 riefen Teile der USPD (Spartakusgruppe) zu einem Massenstreik auf, der als „Munitionsarbeiterstreik“ bekannt wurde. Am 31.01.1918 tritt Richard auf der ersten Streikversammlung auf dem Jenaer Marktplatz als Redner auf (neben Josef Klose/USPD und Wilhelm Faber/SPD). Nur wenige Stunden später versammeln sich 7 000 Streikende auf dem Bibliotheksplatz, wo er über den Streik im Reich und über die Friedensverhandlungen in Brest-Litowsk informiert. Die Versammlung beschließt ein Schreiben an den Reichskanzler, in dem es heißt: „Seine Exzellenz wird ersucht, davon Kenntnis zu nehmen, dass die proletarische Friedensbewegung auf die Stadt J e n a übergegriffen hat. – 7000 in der Kriegsindustrie beschäftigte Arbeiter sind in den Ausstand getreten. Einmütig unterstützen wir folgende von der Berliner Arbeiterschaft aufgestellte Forderungen:.......“ Gefordert wird Frieden ohne Annexionen entsprechend der Ausführungsbestimmungen, die vom russischen Volksbeauftragten in Brest-Litowsk formuliert wurden, Zuziehung von Arbeitervertretern aller Länder zu den Friedensverhandlungen, ausgiebigere Nahrungsversorgung, Aufhebung des Belagerungszustandes, Freilassung aller politischen Gefangenen und Beendigung der Militarisierung der Betriebe sowie eine Demokratisierung des Staates. Der Brief wird von Richard Zimmermann und Johann Engels unterzeichnet. Später musste sich die Streikleitung den Drohungen der Militärbehörden beugen und mit einem Litfasssäulenanschlag, unterzeichnet von Richard Zimmermann und Wilhelm Faber, die Wiederaufnahme der Arbeit empfehlen. Nach Beendigung des Streiks wird gegen dessen Führer, unter ihnen Richard Zimmermann, Max Bach und Josef Klose ein Verfahren wegen Hochverrats eingeleitet. Um Unruhen zu vermeiden, wurde das Verfahren verzögert und die Genannten – wie auch weitere 120 Streikteilnehmer – wurden zum Heeresdienst einberufen. Dort wurden die „Aufwiegler“ in einer speziellen Einheit, der „6. Ersatzkompanie“ zusammengefasst, die an die Westfront kommandiert wird. Im Militärpass wird die Teilnahme an folgenden Gefechten bestätigt: „28.08.-14.09.18 Stellungskämpfe zwischen Oise und Marne; 15.09.-10.10.18 Stellungskämpfe in der Woevre-Ebene u. westl. der Mosel; 11.10.-11.11.18 Stellungskämpfe in der Woevre-Ebeme; Rückmarsch durch Lothringen, die Rheinprovinz u. die Pfalz während des Waffenstillstandes“ - 11 An der Einberufung des bis dto. freigestellten Richard Zimmermann waren Zeiss-Führungskräfte maßgeblich beteiligt. Da Korrumpierungsversuche gegen den „Kopf der revolutionären Bewegung“ im Werk fehlschlugen (Richard sollte Vorarbeiter in der Dreherei werden), denunzierte man ihn beim zuständigen „Stellvertretenden Generalkommando XI.A.K.“ in Kassel mit folgendem Schreiben: „Zimmermann, Richard, geb. 31.12.1876, Obere Heimstättenstraße 51(*), Dreher in der Drehereiabteilung Seidemann, Militärverhältnis : a.v. – Er gehört dem Vorstand unseres Arbeiter-Ausschusses an und ist auch Abteilungsvertreter in seiner Abteilung . Z. gehört nach Urteil seiner vorgesetzten Werkstattbeamten zu den unangenehmen Elementen unserer Firma, insbesondere als er viel Unruhe in seine Abteilung hineinbringt, es dabei aber versteht, seine Person im Hintergrund zu halten. Im Arbeiterausschuss hat er unseres Wissens eine gewichtige Stimme.“ (*) Irrtum bzgl. Wohnanschrift! Mit dem Waffenstillstand am 11.11.1918 wird Richard in den Soldatenrat gewählt. Das führt zur Verzögerung seiner Rückkehr nach Jena bis Mitte Dezember 1918. Dort wird er dann in den bereits bestehenden Arbeiter- und Soldatenrat kooptiert, dem er bis zu dessen, der Politik der sozialdemokratischen Volksbeauftragten (Rat der Volksbeauftragten unter Vorsitz von Friedrich Ebert) geschuldeten Auflösung angehört. Es zeigt sich immer deutlicher, dass linientreue SPD-Anhänger starke Positionen in der USPD innehaben, so dass sich die Liebknecht-Linie nicht durchsetzen kann. Auf Initiative des Spartakusbundes entsteht die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) zum Jahresende 1918, in Jena wird 1919 eine Ortsgruppe gebildet. 1920 tritt Richard, von der Ermordung von Liebknecht und Luxemburg zumindest mit Billigung der SPDFührung tief betroffen, mit einem Großteil der Jenaer USPDAnhänger zur KPD über. In den Kriegsjahren - 12 In der kommunistischen Bewegung gab es bekanntlich erhebliche Meinungsverschiedenheiten über den historischen Platz von Rosa Luxemburg. Wenn in jener Zeit, aber auch später nach 1945, solche Diskussionen geführt wurden, bezeichnete Richard sie gern als einen Adler der Revolution – in Anlehnung an die betreffende Äußerung Lenins: „Ein Adler kann manchmal wohl tiefer hinabsteigen als ein Huhn, aber nie kann ein Huhn in solche Höhen steigen wie ein Adler“. Richard ist seit Januar 1919 wieder Betriebsanghöriger von Zeiss Jena (Wochenlohn 30.-Mark). Bereits im Februar vermerkt die Personalabteilung, dass er „angeblich“ in den Arbeiterrat gewählt wurde und deshalb gemäß § 82 des Statuts der Carl-Zeiss-Stiftung bis zum 30. März 1920 von der Arbeit suspendiert wird. Bereits am 28. Februar kehrt er jedoch an seinen Arbeitsplatz zurück, wie die Personalakte vermerkt. Unter seiner Führung ist die revolutionäre Gewerkschaftsliste bei den Betriebsrätewahlen erfolgreich. Im Zeisswerk ist der damals noch nicht 45jährige bereits als „der alte Richard“ bekannt – was nur in Bezug auf seine Kampferfahrungen stimmt. Zu Jahresbeginn 1919 ist Richard Zimmermann gemeinsam mit Emil Höllein mit dem Aufbau einer sozialistischen Tageszeitung befasst, die den Namen „Neue Zeitung“ tragen soll. Nach eigener Erinnerung von Richard war Höllein von Anbeginn begeistert vom Gedanken einer eigenen Arbeiterzeitung. Richard bewundert auch in den Folgejahren dessen „Tatkraft, Energie und felsenfestes Selbstvertrauen“. Bis zu dessen Tod 1929 bleibt Richard dem späteren Reichstagsabgeordneten, den er auch auf Grund seiner Intelligenz und seines Wissens schätzt, freundschaftlich verbunden Als schwierige Aufgabe erwies sich die Beschaffung des für die Zeitung notwendigen Startkapitals. Richard und Max Bach firmieren als Treuhänder und vertreiben Anteilscheine, die von Hunderten von Sympathisanten erworben werden – vielfach mittels Verpfändung der eigenen Wohnungseinrichtung, wie das auch bei Richard der Fall war. Redaktion und Druckerei werden in Jena am Lutherplatz 1 eingerichtet und nach Überwindung mannigfacher Hemmnisse erscheint am 01. August 1919 die erste Ausgabe. Kurze Zeit später trifft dann auch die teure, hochmoderne, für 16-seitige Zeitungen ausgelegte Rotationsdruckmaschine ein, die von der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg geliefert wird. Zunächst noch Publikation der USPD, wird die Zeitung 1920 Organ der KPD. Richard ist gemeinsam mit Max Bach und zwei weiteren Genossen Geschäftsführer von Druckerei und Verlag und Emil Höllein verantwortlicher Redakteur. - 13 Nach der Wahl von Höllein in den Reichstag übernimmt Richard 1921 die Chefredaktion, die er bis 1923 inne hat und zeichnet als Editor verantwortlich. Die Zeitung, das „Kampforgan der KPD“, die bis zum Verbot 1933 erscheint (ab 1930 als „Rotes Echo“ in Erfurt), zählt in den Folgejahren bekannte kommunistische Funktionäre als Redakteure und Volontäre unter ihren Mitarbeitern (Alexander Abusch als Chefredakteur 1924-26, Fritz Gäbler, Willy Gebhardt, Johannes König, Erich Kops....). Die politisch unbequeme Zeitung erfährt zahllose Anfeindungen der herrschenden politischen Kreise, wird wiederholt zeitweise verboten und steht mehrfach vor dem finanziellen Aus. Ausdruck dessen ist die mehrfache Pfändung von Teilen der Wohnungseinrichtung des Ehepaares Zimmermann. Richard hat in dieser Periode und in den kommenden Jahren der Abgeordnetentätigkeit kaum Zeit für die Familie: beruflich in der Woche (die damals den Sonnabend einschloss) stark belastet, am Sonntag oft auf Versammlungen, Wahlveranstaltungen oder im Gespräch mit seinen Wählern. So obliegt die Kindererziehung im Wesentlichen seiner Frau. Politisch unter dem Einfluss des Vaters, gehören Sohn und Tochter bald kommunistischen Jugendorganisationen an. Seine Frau Else sieht stets zu Richard auf und folgt ihm auch in weltanschaulicher Hinsicht. Richard bezieht sie in die politische Arbeit ein: so kandidiert sie z.B. 1932 in Jena auf der Liste der KPD für den Stadtrat. Mitglied des Weimarer Landtags (1920 – 1933) Ende der Leseprobe von: Lebensbild eines Sozialisten - Richard Zimmermann Bernd Zimmermann Hat Ihnen die Leseprobe gefallen? Das komplette Buch können Sie bestellen unter: http://bit.ly/1TLu7YE
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