Regionalwirtschaft Mecklenburg-Vorpommern Report Ausgabe 2/2016, 26. Mai 2016 Ernährungsindustrie – Chancen erkennen und nutzen Ernährungsindustrie ist wichtige Industriebranche 1 Der Ernährungsindustrie kommt in verschiedener Hinsicht eine hervorgehobene Bedeutung zu: ♦ Bundesweit ist sie mit einem Umsatzanteil von 9,8% in 2014 die drittgrößte Industriebranche und in Mecklenburg-Vorpommern mit 33,8% sogar 2 die größte Branche. ♦ Die Produkte der Ernährungsindustrie sind Kernbestandteil unseres täglichen Lebens. Insoweit sind sie besonders im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung, was sich – vor allem in Zeiten negativer Nachrichten, wie z.B. Lebensmittelskandale – schnell in den Umsätzen auswirken kann. ♦ Hinzu kommen die unterschiedlichsten Einflussdeterminanten, die sich auf die Struktur und die Entwicklung der Ernährungsindustrie auswirken. Dazu zählen ein verändertes Verbraucherverhalten (z.B. höhere Bedeutung der Nachhaltigkeit bzw. Regionalität), der demografische Wandel, die Verringerung der durchschnittlichen Haushaltsgröße, die Volatilität der Rohstoffpreise oder die Handelsmacht. ♦ Die Branche ist durch eine relativ hohe Ambiguität zwischen Einstellung und Verhalten der Konsumenten gekennzeichnet. Die Einstellung zur Qualität der Lebensmittel und deren nachhaltigen Herstellung deckt sich nur bedingt mit dem Kaufverhalten. Dies manifestiert sich unter anderem darin, dass die deutschen Haushalte 2014 mit rund 10,5% ihrer Konsumausgaben weniger für Lebensmittel ausgaben als der EU-Durchschnitt mit 3 15,0%. Vor diesem Hintergrund hat die vorliegende Studie folgende Inhalte: ♦ Analyse der Ernährungsindustrie in Mecklenburg-Vorpommern, sowie der Herausforderungen, denen sich die Branche gegenübersieht ♦ Ableitung von Chancen für Mecklenburg-Vorpommern Entwicklung Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland 2002 – 2014 nach einzelnen Produktgruppen Die Produktgruppen entwickeln sich heterogen Veränderung Pro-Kopf-Verbrauch 2004 - 2014 (%) 15 10 5 Gemüse Süsswaren 0 Brot/Brötchen Fleisch-/Wurstwaren -5 Spirituosen Milch -10 Bier Obst -15 -20 Dr. Eberhard Brezski -25 +49 511 361 2972 [email protected] -30 Fruchtsaft 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Pro-Kopf-Verbrauch 2014 (kg o. l) 100 110 120 130 Quelle: BVE, Ebner Stolz: Wetterwechsel, Forecast Studie 03/2016 1 2 3 Ernährungsindustrie = Herstellung von Nahrungs- und Futtermittel + Getränkeherstellung Quelle: Destatis Quelle: Destatis, Eurostat Wir bitten um Beachtung der besonderen Hinweise auf den letzten Seiten dieser Studie. Mecklenburg-Vorpommern Report ♦ 26. Mai 2016 Die Branche entwickelt sich Die Ernährungsindustrie ist keine homogene Branche, sondern unterteilt sich in verschiedene Segmente/Produktgruppen, die sich u.a. im Hinblick auf das unterschiedlich Verbraucherverhalten und dem damit einhergehenden Konsolidierungsdruck unterscheiden. Nur wenige Segmente, wie Süßwaren und Gemüse, haben zwischen 2004 und 2014 eine Steigerung des Pro-Kopf-Verbrauches erfahren und waren damit aufgrund des Mengenwachstums einen geringeren Konsolidierungsdruck ausgesetzt. Alle anderen abgebildeten Segmente mussten mehr oder minder starke Rückgänge im Pro-Kopf-Verbrauch verkraften, was im Zusammenspiel mit dem demografischen Wandel zu einer tendenziell an4 gespannten Ertragslage in den entsprechenden Segmenten führt. Umsätze und Exportquote der Betriebe 2007 – 2014 Deutschland Exportquote Umsatz 180.000.000 163.345.762 156.292.686 160.000.000 147.703.102 151.790.807 146.791.385 Umsätze und Exportquote der Betriebe 2007 – 2014 Mecklenburg-Vorpommern 175.226.103 172.181.519 23 169.306.196 22 140.000.000 13 12 2.000.000 11 1.500.000 10 1.000.000 9 8 15 0 2011 2012 2013 2014 16 2.500.000 0 2010 17 19 500.000 2009 4.730.094 14 16 2008 4.875.970 3.000.000 20.000.000 2007 4.116.234 4.606.907 20 17 40.000.000 4.161.564 4.381.734 15 18 60.000.000 4.300.588 3.500.000 100.000.000 80.000.000 4.500.000 Umsatz 4.583.056 4.000.000 21 120.000.000 Exportquote 5.000.000 7 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Quelle: Destatis, NORD/LB Research; Umsätze in TEUR Umsatzentwicklung in Mecklenburg-Vorpommern etwas weniger dynamisch Im Hinblick auf die Umsätze fällt auf, dass diese zwischen 2007 und 2014 in Deutschland und Mecklenburg-Vorpommern einen ähnlichen Entwicklungsverlauf genommen haben. Beide haben einen Rückgang im Zuge der Finanzund Wirtschaftskrise 2009 hinnehmen müssen. Allerdings hat die Branche in Deutschland insgesamt diese Delle bereits wieder in 2010 überwunden und in der Folge einen kontinuierlichen Wachstumspfad bis 2013 verfolgt. In Mecklenburg-Vorpommern stand dagegen auch noch das Jahr 2010 im Zeichen einer Konsolidierung der Branche, bevor sie wieder zulegte. Der Umsatzrückgang in 2014 fällt in Mecklenburg-Vorpommern mit -3,0% ebenfalls stärker aus als im deutschen Durschnitt mit -1,7%. In der Summe führt dies dazu, dass der Umsatz der Ernährungsindustrie in Deutschland zwischen 2007 und 5 2014 eine CAGR von 2,3% aufwies und in Mecklenburg-Vorpommern eine CAGR von 1,4%. Mecklenburg-Vorpommern profitiert in geringerem Ausmaß vom Auslandsgeschäft Sowohl das geringere durchschnittliche jährliche Umsatzwachstum als auch der stärkere Umsatzrückgang in 2014 dürfte unter anderem auf die niedrigere Exportquote der Branche in Mecklenburg-Vorpommern zurückzuführen sein. Diese ist zwar von 8,9% in 2007 auf 13,8 % in 2014 gestiegen, doch war der Spitzenwert bei 14,4% in 2013. Aber auch dieser Wert lag noch unter dem deutschen Ausgangswert von 16,4% in 2007. Außerdem konnte die deutsche Ernährungsindustrie ihren Auslandsumsatz kontinuierlich ausbauen und er6 reichte in 2014 eine Exportquote von 20,3%. Insoweit konnten die Betriebe des Landes in einem geringeren Ausmaß von dem dynamischen Auslandgeschäft profitieren, welches bislang eine strategische Antwort auf dem zuneh7 menden Ertragsdruck auf den heimischen Märkten war. 4 RölfsPartner: Konsolidierungsstudie - Trends und Entwicklungen in der deutschen Ernährungsindustrie, 2014 CAGR = Durchschnittliches jährliche Wachstumsrate 6 Betriebe haben mindestens 20 Mitarbeiter 7 Vgl. hierzu: PWC: Megatrends in der deutschen Agrar- und Ernährungsindustrie – Auf dem Weg zu einer wettbewerbsfähigeren und nachhaltigeren Branche, 2014 5 NORD/LB Regionalwirtschaft Seite 2 von 11 Mecklenburg-Vorpommern Report ♦ 26. Mai 2016 Anzahl Betriebe und Umsatz pro Betrieb Deutschland Umsatz pro Betrieb 6.000 5.796 5.822 Anzahl Betriebe und Umsatz pro Betrieb Mecklenburg-Vorpommern Umsatz pro Betrieb Betriebe 5.819 5.853 5.917 5.924 5.875 5.828 5.500 5.000 4.500 40.000 180 35.000 160 3.000 2.500 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 163 30.000 25.000 20.000 15.000 10.000 5.000 0 0 2007 2014 40.000 35.000 20 0 2007 166 40 5.000 500 166 60 10.000 1.000 170 80 15.000 1.500 169 100 20.000 2.000 Betriebe 176 120 25.000 3.500 170 140 30.000 4.000 167 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Quelle: Destatis, NORD/LB Research; Umsätze in TEUR Die Anzahl der Betriebe induziert eine geringe Marktdynamik Die Unterschiede in der Umsatzentwicklung kommen auch bei der Anzahl der Betriebe zum Ausdruck. Allerdings ist diesbezüglich zunächst zu konstatieren, dass sich die Anzahl der Betriebe zwischen 2007 und 2014 nur minimal geändert hat. Dies spricht dafür, dass die Ernährungsindustrie aufgrund einer eher unelastischen Nachfrage weniger stark auf konjunkturelle Schwankungen 8 reagiert. Dies bedeutet allerdings auch, dass es sich bei der Ernährungsindustrie um keine ausgesprochene Wachstumsbranche handelt, sondern um eine Branche mit einem weitgehend konstanten Marktvolumen. Im Detail ist freilich festzuhalten, dass die Anzahl der Betriebe in Deutschland mit einer CAGR von 0,1% gewachsen ist, wohingegen sie in MecklenburgVorpommern mit einer CAGR von -0,3% sank. Insoweit spiegelt sich die geringere Umsatzdynamik in der Entwicklung der Anzahl der Betriebe. Die Branche hat keine Größennachteile in Mecklenburg-Vorpommern Positiv ist in diesem Kontext zu bemerken, dass die Umsätze je Betrieb in Deutschland und Mecklenburg-Vorpommern über nahezu den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg quasi identisch sind. In Deutschland betrug der Umsatz je Betrieb in 2014 28.543,84 TEUR und in Mecklenburg-Vorpommern 29.018,98 TEUR. Da der Umsatz je Mitarbeiter in Mecklenburg-Vorpommern mit 286,69 TEUR in 2014 sogar über dem bundesdeutschen Wert von 256,26 TEUR lag, kann an dieser Stelle konstatiert werden, dass die Betriebsgrößenstruktur der Ernährungsindustrie im Land wettbewerbsfähig ist. Indexierte Beschäftigungsentwicklung Ernährungsindustrie in Deutschland und Mecklenburg-Vorpommern (2007 = 100) Die Entwicklung bei den Beschäftigten verläuft in Deutschland dynamischer 104 Deutschland 103 102 101 100 Mecklenburg-Vorpommern 99 98 97 96 95 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Quelle: Bundesagentur für Arbeit, NORD/LB Research 8 Vgl. hierzu: gws Themenreport 2014/2: Die deutsche Ernährungsindustrie – Weiter auf solidem Wachstumskurs NORD/LB Regionalwirtschaft Seite 3 von 11 Mecklenburg-Vorpommern Report ♦ 26. Mai 2016 Beschäftigungsentwicklung Die Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten passt zu den der Branche unter Dynamik bislang getroffenen Aussagen in Bezug auf Deutschland insgesamt. Die deutsche Ernährungsindustrie hat zwischen 2007 und 2015 ein Plus von 3,9% bei der gesamten Wirtschaft den Beschäftigten ausgewiesen. Die indexierte Entwicklung bildet dabei gut die positive Umsatzentwicklung bis 2014 ab und bringt auch den sprungfixen Charakter des Personalaufbaus zum Ausdruck. In Mecklenburg-Vorpommern liegt dagegen eine andere Entwicklung vor. Die Ernährungsindustrie hat hier 2010 neue Stellen geschaffen, die anschließend – mit Ausnahme des Jahres 2014 – wieder sukzessiv abgebaut wurden, um 2015 praktisch den Ausgangswert des Jahres 2007 zu erreichen. Diese Entwicklung passt nur bedingt zur Umsatzentwicklung der Branche in Mecklenburg-Vorpommern. Sie ist überdies nicht durch die Anzahl der Betriebe zu begründen. Diese war seit 2010 kontinuierlich rückläufig und kann daher den Beschäftigungsanstieg in 2010 und 2014 nicht erklären. Die Ursachen scheinen daher eher in einer beschäftigungsintensiven Produktstruktur zu liegen. In der Summe bleibt festzuhalten, dass die Branche deutlich hinter der CAGR von 1,0% bei der Beschäftigung des Landes zurückbleibt. Beschäftigte Juni 2015 nach Branchensegmenten Die Fleischverarbeitung sowie die Herstellung von Brot und Backwaren dominieren die Branche 257 110 725 16.205 2.066 5.710 Summe 2015 sonstiges Getränkeherstellung Herstellung Futtermittel Herstellung sonst. Nahrungsmittel Herstellung Back-/Teigwaren Milchverarbeitung Fischverarbeitung 1.041 Verarbeitung Obst/Gemüse 946 Schlachten/Fleischverarbeitung 1.593 3.757 Quelle: Bundesagentur für Arbeit, NORD/LB Research Beschäftigungsstruktur der Branche weicht vom deutschen Durchschnitt ab Verteilt man die Beschäftigung auf Branchensegmente und vergleicht diese mit dem bundesdeutschen Durchschnitt, so fällt auf: ♦ Der Beschäftigungsanteil der beiden großen Segmente „Schlachtung & Fleischverarbeitung“ und „Herstellung von Brot/Backwaren“ entspricht nahezu den deutschen Werten. ♦ Die Verarbeitung von Obst und Gemüse ist mit einem Anteil von 6,4% deutlich größer als in Deutschland mit 3,8%. ♦ Auch die Milchverarbeitung ist mit 9,8% größer als in Deutschland (6,5%). ♦ Bei der Herstellung sonstiger Nahrungsmittel hat MecklenburgVorpommern dagegen mit 12,7% einen niedrigeren Anteil als der deutsche Durchschnitt (15,2%). ♦ Gleiches gilt für die Getränkeherstellung, die mit 4,5% einen deutlich geringeren Beschäftigungsanteil in der Branche aufweist als Deutschland mit 10,1%. 9 Damit ist das Land in zwei interessanten Segmenten etwas unterrepräsentiert. 9 Hierzu zählen unter anderem auch Süßwaren, Fertiggerichte und Würzmittel. NORD/LB Regionalwirtschaft Seite 4 von 11 Mecklenburg-Vorpommern Report ♦ 26. Mai 2016 Herausforderungen der Ernährungsindustrie Die Ernährungsindustrie sieht sich mit diversen Herausforderungen konfrontiert Handelsmacht Verbrauchermacht Beschaffungsrisiken Internationalisierungsdruck Ernährungsindustrie Innovationsfähigkeit Komplexitätsfalle Konsolidierungsdruck Kooperationsfähigkeit Quelle: BVE, Ebner Stolz: Wetterwechsel – Forecast Studie 03/2016; NORD/LB Research Die Ernährungsindustrie muss angesichts der Herausforderungen Geschäftsmodelle hinterfragen und Strukturen optimieren Angesichts der hohen Bedeutung der Ernährungsindustrie für MecklenburgVorpommern, die sich zum einem in einem Umsatzanteil von 33,8% an den Industrieumsätzen in 2014 und zum anderen in einem gegenüber Deutschland höheren Anteil von 2,9% (D: 2,2%) an der gesamten Beschäftigung manifestiert, stellt sich die Frage nach den Herausforderungen der Branche. Diese sind: 10 ♦ Die vier großen Konzerne im Lebensmitteleinzelhandel kontrollieren ca. 85% des deutschen Gesamtmarktes. Die hierin zum Ausdruck kommende Handelsmacht führt zu einem erheblichen Preis- und Ertragsdruck. ♦ Die Verbrauchermacht dokumentiert sich in einem verstärkten Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit bzw. unternehmerischer Verantwortung in der Produktion. Damit einher geht die Forderung nach mehr Regionalität, Transparenz und offener Kommunikation, vor allem in den digitalen Vertriebskanälen. ♦ Angesichts einer Materialaufwandsquote von 63,9% kommt der Beschaffungssicherheit eine erhebliche Bedeutung zu. Neben einem Global Sourcing kann eine Lösung auch in der Schaffung regionaler Wertschöpfungspartnerschaften/-ketten liegen. ♦ Aufgrund des zunehmenden Me-Too-Charakters von Produkten wächst der Druck für Innovationen, die bessere Verhandlungspositionen gegenüber dem Lebensmitteleinzelhandel eröffnen. ♦ Dem weitgehend gesättigten Inlandsmarkt können Unternehmen nur entgehen, wenn sie sich zunehmend Auslandsmärkte erschließen. ♦ Digitalisierung, Innovationen, geändertes Verbraucherverhalten etc. führen zu einer höheren Komplexität in der Unternehmenssteuerung, die vor allem das Produktportfolio betrifft. ♦ Aus diesen Herausforderungen resultiert u.a. der Konsolidierungsdruck und wird weiterhin anhalten. ♦ Um diesen Konsolidierungsdruck begegnen zu können, wird von der Branche einer Vernetzung von Wertschöpfungsstrukturen – horizontal und/oder vertikal – eine zunehmende Bedeutung beigemessen. 11 In der Summe bedeutet dies, dass die Ernährungsindustrie zumindest partiell ihre Geschäftsmodelle hinterfragen und ihre Unternehmensstrukturen kontinuierlich optimieren muss. Dies kann in letzter Konsequenz auch die Errichtung neuer Produktionsanlagen an anderer Stelle bedeuten. 10 Quelle: BVE Ebner Stolz: Wetterwechsel – Forecast Studie 03/2016; gws: Themenreport 2014/2 – Die deutsche Ernährungsindustrie; Rölfs Partner: Konsolidierungsstudie – Trends und Entwicklungen in der deutschen Ernährungsindustrie, 2013; PWC: Megatrends in der deutschen Agrar- und Ernährungsindustrie, 2014 11 Quelle: Deutsche Bundesbank, Hochgerechnete Unternehmensabschlüsse 2013 NORD/LB Regionalwirtschaft Seite 5 von 11 Mecklenburg-Vorpommern Report ♦ 26. Mai 2016 Indexierte Bruttowertschöpfung der Landwirtschaft 2015 (D = 100) Mecklenburg-Vorpommern verfügt über eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft 98,6 100,1 Baden-Württemberg Bayern BWS je Erwerbstätiger BWS je Arbeitsstunde 92,0 83,7 105,3 112,6 Brandenburg 89,0 89,5 Hessen 149,5 156,2 Mecklenburg-Vorpommern 101,2 102,3 Niedersachsen Nordrhein-Westfalen 84,8 87,4 119,8 126,5 Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen 71,0 69,5 92,6 97,4 138,6 147,7 Sachsen-Anhalt Schlewig-Holstein Thüringen 98,3 99,4 103,4 105,5 Quelle: Destatis; NORD/LB Research Mecklenburg-Vorpommern bietet gute strategische Rahmenbedingungen für die Ernährungsindustrie Der Umgang mit den skizzierten Herausforderungen obliegt selbstverständlich jedem einzelnem Unternehmen in der Ernährungsindustrie. Gleichwohl soll im Folgenden kurz skizziert werden, welche strukturellen Rahmenbedingungen Mecklenburg-Vorpommern zu ihrer Bewältigung bietet. ♦ Mecklenburg-Vorpommern verfügt über eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft, die Möglichkeiten zur Schaffung integrierter Wertschöpfungsketten „Vom Acker bis zum Teller“ bietet. Dies kann auch unter Nutzung 12 von Industrie 4.0-Techniken geschehen. ♦ Da lediglich etwas mehr als ein Fünftel der inländischen Güternachfrage durch Importprodukte gedeckt wird, könnten die integrierten Wertschöpfungsketten zur Befriedigung der Verbraucherwünsche nach mehr Regionalität, Transparenz und Nachhaltigkeit genutzt werden. ♦ Die vorhandene Verkehrsinfrastruktur ist gut geeignet, zur Erschließung der inländischen und der skandinavischen Märkte sowie des weiteren Ostseeraums. ♦ Rund 16,8% der deutschen Produktion der Ernährungsindustrie finden ihren Absatz im Gastgewerbe, 7,1% in den Dienstleistungen des Gesundheitswesens und 3,4% in den Dienstleistungen von Heimen und des 13 Sozialwesens. Dabei handelt es sich um Abnehmer, denen in Mecklenburg-Vorpommern eine hohe Bedeutung zukommt. Sowohl das Gastgewerbe als auch das Gesundheitswesen sind wichtige Sektoren, so dass potenziell gute Voraussetzungen zur Entwicklung von gemeinsamen Innovationen vorliegen. ♦ Mit der Food-Akademie hat die Branche eine zentrale Weiterbildungsstätte geschaffen, mit der sie dem absehbaren Fachkräftemangel begegnen 14 kann. Mecklenburg-Vorpommern hat damit gute Rahmenbedingungen, die es zum Erhalt und Ausbau seiner Ernährungsindustrie nutzen kann und sollte. 12 13 14 Vgl. PWC: Vom Acker bis zum Teller – Die vierte industrielle Revolution hat begonnen, 2015 Quelle: Destatis Input-Output-Rechnung 2012 Vgl. gws: Themenreport 2014/2 – Die deutsche Ernährungsindustrie NORD/LB Regionalwirtschaft Seite 6 von 11 Mecklenburg-Vorpommern Report ♦ 26. Mai 2016 Fazit: Mecklenburg-Vorpommern hat gute Voraussetzungen um die Ernährungsindustrie auszubauen Die Ernährungsindustrie ist für Mecklenburg-Vorpommern von hoher Bedeutung. Sie ist mit Abstand die größte Industriebranche. Die Branche steht dabei in Mecklenburg-Vorpommern grundsätzlich vor den gleichen Herausforderungen, wie die Gesamtbranche. Allerdings existieren in diesem Bundesland Rahmenbedingungen, die die Branche bei der Bewältigung der Zukunftsanforderungen unterstützen können. Hierzu zählen neben einer leistungsfähigen Landwirtschaft und einer guten Verkehrs-/Logistikinfrastruktur vor allem die Möglichkeiten zur Generierung und Etablierung integrierter Wertschöpfungsketten. Mit letzteren kann den Herausforderungen Verbrauchermacht, Beschaffungsrisiken, Innovationsfähigkeit und Kooperationsfähigkeit begegnet werden. Neben Energie, Tourismus, Gesundheitswirtschaft und der maritimen Branche bildet das Ernährungsgewerbe ein zentrales Cluster, das durch die Integration mit Land-, Gesundheits- und Tourismuswirtschaft weitere Perspektiven hat und Chancen eröffnet. Dies setzt auch einen flächendeckenden Breitbandausbau voraus, denn viele Möglichkeiten lassen sich erst im Kontext von digi15 talen Technologien/Lösungen voll ausschöpfen. Um in den quantitativ oftmals gesättigten Absatzmärkten zu bestehen und zu expandieren, bietet weiterhin der unterdurchschnittliche Exportanteil einen Ansatzpunkt. Auf dem Heimatmarkt sind Preisführerschaft, Markenbildung und Qualität sowie Produktinnovationen Stichworte für die Weiterentwicklung. Zur Begrenzung der Bremseffekte durch die aufkommende Fachkräfteproblematik sollte in Zusammenarbeit mit Betrieben, Verbänden und Kammern die Ausbildung weiter gestärkt werden. Auch die Kooperation von Hochschulen und Betrieben bietet Chancen für Fachkräftesicherung und Innovation. In der Summe kann damit festgehalten werden, dass MecklenburgVorpommern über gute Voraussetzungen verfügt, um seine wichtigste Industriebranche, die zudem nur relativ schwach auf konjunkturelle Schwankungen 16 reagiert , zukunftssicher aufzustellen. Denn die größten Chancen, dem Ertragsdruck zu entgehen, sieht die Branche in der Beschaffung, der Erzielung zusätzlicher Erträge auf der Absatzseite und der Effizienzsteigerung in der Produktion. Mit seiner Landwirtschaft und der hohen Bedeutung von wichtigen Abnehmerbranchen verfügt Mecklenburg-Vorpommern über wichtige Rahmenbedingungen zur Nutzung dieser Chancen. Diese Rahmenbedingungen könnte das Land überdies auch dazu nutzen, um weitere Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern anzusiedeln. Dies gilt vor allem für Unternehmen, die mit heimischen Lieferanten integrierte Wertschöpfungsketten aufbauen wollen. 15 16 Vgl. NORD/LB Mecklenburg-Vorpommern Report: Breitbandausbau – Herausfordernd, aber volkswirtschaftlich positiv, März 2015; NORD/LB Report: Finanzierungsansätze Breitbandausbau. Juni 2015 Vgl. gws: Themenreport 2014/2 – Die deutsche Ernährungsindustrie NORD/LB Regionalwirtschaft Seite 7 von 11 Mecklenburg-Vorpommern Report ♦ 26. Mai 2016 Konjunktur, Zahlen und Fakten Reales BIP (in % ggü. VJ) in 2015 über Bundesdurchschnitt Mecklenburg-Vorpommern Neue Länder (ohne Berlin) 6 4 1,6 1,1 2 Deutschland 4,4 1,9 0,8 1,9 1,0 -0,7 0 -0,1 -0,1 2003 2004 2005 1,7 -0,2 0,5 -0,8 -2 -4 -6 2002 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Die Konjunktur hat ihren Wachstumskurs aus 2014 auch in 2015 fortgesetzt und damit den Negativtrend des Jahres 2012 deutlich hinter sich gelassen. Mit 1,9% lag das reale BIP-Wachstum über dem bundesdeutschen Durchschnitt von 1,7%. Wesentlicher Grund hierfür waren die binnenkonjunkturellen Kräfte, von denen Mecklenburg-Vorpommern aufgrund seines starken Dienstleistungssektors besonders profitierte. Für 2016 rechnen wir für MecklenburgVorpommern mit einem Wachstum in Höhe von 1,6% (Deutschland 1,6%). Quelle: Destatis, NORD/LB Arbeitslosenquote deutlich über Bundesdurchschnitt Mecklenburg-Vorpommern Ostdeutschland Die Arbeitslosenquote liegt in MecklenburgVorpommern über dem bundes- und ostdeutschen Durchschnitt. Mit 10,2% lag die Arbeitslosenquote im April 2016 etwas unter den Vorjahreswert von 10,6%. Deutschland 11,5 11,0 10,5 10,0 9,5 9,0 8,5 8,0 7,5 7,0 6,5 6,5 6,7 6,3 6,2 6,3 6,0 6,4 6,2 6,0 6,0 Apr.-15 Mai-15 Juni-15 Juli-15 Aug.- Sept.- Okt.-15 Nov.15 15 15 6,6 6,5 6,3 6,1 Dez.15 Der Arbeitsmarkt zeigt sich damit zwar verbessert, weist aber nach wie vor eine erhebliche saisonale Komponente auf, die vor allem auf die große Bedeutung des Tourismus und der Agrarwirtschaft zurückzuführen ist. Jan.- Febr.- März- Apr.-16 16 16 16 Quelle: Bundesagentur für Arbeit Baugewerbe hat sich gegenüber dem Vorjahr rückläufig entwickelt (in Mio. EUR) Wohnungsbau Gewerblicher Bau Öffentlicher und Straßenbau Quelle: Statistik-MV 657.926 706.575 502.770 512.714 506.829 521.486 Nov.-15 Nov.-14 Die Umsätze des Bauhauptgewerbes haben sich in Mecklenburg-Vorpommern in Vergleich zum Vorjahr verringert. Sie fielen von EUR 1.741 Mio. im November 2014 auf EUR 1.668 Mio. im November 2015. Dies entspricht einer Verringerung um 4,2%. Interessanterweise ist der Umsatzrückgang über alle Segmente zu beobachten gewesen und damit auch im Wohnungsbau, der in anderen Bundesländern noch von dem günstigen Zinsumfeld profitiert hat. Der „Öffentliche und Straßenbau“ hat dagegen weniger nachgegeben, als es aufgrund der anstehenden Schuldenbremse zu erwarten war. NORD/LB Regionalwirtschaft Seite 8 von 11 Mecklenburg-Vorpommern Report ♦ 26. Mai 2016 17 Kumulierte Industrieumsätze (in TEUR) haben sich positiv entwickelt 4.112.665 4.087.588 Nahrungs- und Futtermittel 2.248.100 1.451.951 Maschinenbau 1.195.370 1.178.838 Herstellung Holz-, Flecht- & Korbwaren 802.157 810.909 Chemie 642.469 744.857 Automotive Metallerzeugung & -bearbeitung 613.182 375.205 Herstellung Metallerzeugnisse 542.810 613.509 2015 2014 Die Umsätze des verarbeitenden Gewerbes haben sich per Ende 2015 insgesamt gegenüber dem Vorjahr um 5,8% verbessert. Dazu haben aber keineswegs alle Branchen beigetragen. Vor allem die AutomotiveIndustrie sowie die Herstellung von Metallerzeugnissen ließen etwas nach. Dagegen konnte sich der Maschinenbau sowie die Metallerzeugung und –bearbeitung deutlich verbessern. In der Summe zeigt sich damit durchaus ein uneinheitliches Bild, wenngleich sich Mecklenburg-Vorpommerns Industrie in Gänze ausgesprochen positiv präsentiert. Quelle: Statistik-MV Exportquote unterhalb des bundesdeutschen Niveaus 60 55 50 45 40 35 30 25 20 15 10 Mecklenburg-Vorpommern Deutschland 26.6 26.9 28.5 26.8 2007 2008 2009 2010 28.8 2011 31.3 31.5 2012 2013 Quelle: Destatis, NORD/LB 33.3 2014 35.9 2015 Die Exportquote zeigte 2015 mit 35,9% deutlich verbessert gegenüber dem Vorjahr (33,2%). Damit hat Mecklenburg-Vorpommern seit 2005 – mit Ausnahme des Jahres 2010 – seine Exportquote kontinuierlich erhöht. Die kontinuierliche Steigerung ist dabei ein Spiegelbild der positiven Umsatzentwicklung des verarbeitenden Gewerbes in Mecklenburg-Vorpommern und ein Zeichen für die sich langsam verbessernde Wettbewerbsfähigkeit und die steigende Diversifikation der Industrie des Landes sowie der erfolgreichen schrittweisen Einbindung in die internationale Arbeitsteilung. Weitere Informationen zu den Konjunktur-, Zins- und Wechselkursprognosen des NORD/LB Research Analysten- und Volkswirtschaftsteam werden u. a. in der monatlich erscheinenden Publikation Economic Adviser veröffentlicht. Erhältlich unter www.nordlb.de/research. 17 Basis: Betriebe mit mind. 50 Beschäftigte. NORD/LB Regionalwirtschaft Seite 9 von 11 Mecklenburg-Vorpommern Report ♦ 26. Mai 2016 Sector & Regional Research Torsten Windels +49 (511) 361-2008 Leitung Research / Volkswirtschaft [email protected] Dr. Martina Noß +49 (511) 361-8701 Leitung Sector & Regional Research / Luftfahrt [email protected] Dr. Eberhard Brezski +49 (511) 361-2972 Regionalwirtschaft [email protected] Natalja Kenkel +49 (511) 361-9315 Regionalwirtschaft [email protected] Finanzierung Berit Zimmermann +49 (391) 589-1505 Sparkassen-Konsortial-Ost [email protected] Jörn Zimmermann +49 (385) 543-1050 Sparkassen-Konsortial-Ost [email protected] Ute Wojtasik +49 (385) 543-1048 Sparkassen-Konsortial-Ost [email protected] Jutta Siewert +49 (385) 543-1021 Sparkassen-Konsortial-Ost [email protected] Christin Plewinske +49 (385) 543-1052 Sparkassen-Konsortial-Ost [email protected] Jan Kastenschmidt +49 (511) 361-9935 Kommunalgeschäfte [email protected] Relationship Management [email protected] Relationship Management Jens Reimann +49 (385) 543-1053 Landesförderinstitut Mecklenburg-Vorpommern Dr. Ronald Machner +49 (385) 6363-1201 Geschäftsleitung [email protected] Robert Fankhauser +49 (385) 6363-1204 Geschäftsleitung [email protected] NORD/LB Regionalwirtschaft Seite 10 von 11 Mecklenburg-Vorpommern Report ♦ 26. Mai 2016 Wichtige Hinweise Die vorstehende Studie ist erstellt worden von der NORDDEUTSCHEN LANDESBANK GIROZENTRALE („NORD/LB“). Die NORD/LB unterliegt der Aufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB), Sonnemannstraße 22, 60314 Frankfurt am Main und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Graurheindorfer Straße 108, 53117 Bonn sowie Marie-Curie-Straße 24-28, 60439 Frankfurt am Main. Diese Studie und die hierin enthaltenen Information en wurden ausschließlich zu Informationszwecken erstellt und werden ausschließlich zu Informationszwecken bereitgestellt. Es ist nicht beabsichtigt, dass die Studie einen Anreiz für Investitionstätigkeiten darstellt. Sie wird für die persönliche Information des Empfängers mit dem ausdrücklichen, durch den Empfänger anerkannten Verständnis bereitgestellt, dass sie kein direktes oder indirektes Angebot, keine Empfehlung, keine Aufforderung zum Kauf, Halten oder Verkauf sowie keine Aufforderung zur Zeichnung oder zum Erwerb von Wert papieren oder anderen Finanzinstrumenten und keine Maßnahme, durch die Finanzinstrumente angeboten oder verkauft werden könnten, darstellt. Alle hierin enthaltenen tatsächlichen Angaben, Informationen und getroffenen Aussagen sind Quellen entnommen, die von uns für zuverlässig erachtet wurden. Da insoweit allerdings keine neutrale Überprüfung dieser Quellen vorgenommen wird, können wir keine Gewähr oder Verantwortung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der hierin enthaltenen Informationen übernehmen. Die aufgrund dieser Quellen in der vorstehenden Studie geäußerten Meinungen und Prognosen stellen unverbindliche Werturteile unserer Analysten dar. Veränderungen der Prämissen können einen erheblichen Einfluss auf die dargestellten Entwicklungen haben. Weder die NORD/LB, noch ihre Organe oder Mitarbeiter können für die Richtigkeit, Angemessenheit und Vollständigkeit der Informationen oder für einen Renditeverlust, indirekte Schäden, Folge- oder sonstig e Schäden, die Personen entstehen, die auf die Informationen, Aussagen oder Meinungen in dieser Studie vertrauen (unabhängig davon, ob diese Verluste durch Fahrlässigkeit dieser Personen oder auf andere Weise entstanden sind), die Gewähr, Verantwortung oder Haftung übernehmen. Die vorstehenden Angaben beziehen sich ausschließlich auf den Zeitpunkt der Erstellung dieser Unterlag en und können sich jederzeit ändern, ohne dass dies notwendig angekündigt oder publiziert wird. Eine Garantie für die fortgeltende Richtigkeit der Angaben wird nicht gegeben. Diese Studie stellt keine Anlage-, Rechts-, Bilanzierungs- oder Steuerberatung sowie keine Zusicherung dar, dass ein Investment oder eine Strategie für die individuellen Verhältnisse des Empfängers geeignet oder angemessen ist, und kein Teil dieser Studie stellt eine persönliche Empfehlung an einen Empfänger der Studie dar. Jeder Empfänger sollte, bevor er eine Anlageentscheidung trifft, im Hinblick auf die Angemessenheit von Investitionen in Finanzinstrumente oder Anlagestrategien, die Gegenstand dieser Studie sind, sowie für weitere und aktuellere Informationen im Hinblick auf bestimmte Anlagemöglichkeiten sowie für eine individuelle Anlageberatung einen unabhängigen Anlageberater konsultieren. Die Weitergabe dieser Studie an Dritte sowie die Erstellung von Kopien, ein Nachdruck oder sonstige Reproduktion des Inhalts oder von Teilen dieser Studie ist nur mit unserer vorherigen schriftlichen Genehmigung zulässig. Redaktionsschluss 26. Mai 2016 NORD/LB Regionalwirtschaft Seite 11 von 11
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