Soll die Änderung des

Dossier Fortpflanzungsmedizin
Soll die Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes
angenommen werden?
Am 5. Juni 2016 werden die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger über die
Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes abstimmen.
Mit der Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes soll die Präimplantationsdiagnostik
(PID) zugelassen werden: Durch künstliche Befruchtung erzeugte Embryonen sollen unter strengen Voraussetzungen genetisch untersucht werden dürfen.
(Quelle: admin.ch)
Organisationen mit unterschiedlichen Hintergründen wurden zu einer Stellungnahme
eingeladen (1 A4-Seite) und diese Texte wurden in diesem Dokument zusammengefügt. Sie wurden von «Jugend debattiert» weder bearbeitet noch auf ihre inhaltliche
Korrektheit überprüft.
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Dossier Fortpflanzungsmedizin - Soll die Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes
angenommen werden?
JA zur Fortpflanzungsmedizin
Die Entscheidung für oder gegen die Präimplantationsdiagnostik (PID) ist immer eine
persönliche Angelegenheit. Da es Mitglieder in der Schweizerischen Gesellschaft für Cystische Fibrose (CFCH) gibt, welche die PID in Anspruch nehmen (heute im Ausland) oder
nehmen wollen, muss sich die CFCH auch für deren mögliche Rechte einsetzen. Damit ist
in keiner Weise gesagt, dass ein Leben mit CF von uns geringer geschätzt würde. Alle
unsere Bemühungen und Leistungen beweisen das Gegenteil. Die moralisch-ethische
Frage des Entscheids zu einer PID bleibt auch künftig nach wie vor bei den CFBetroffenen und bei diesen allein. Kein CF-Erwachsener mit Kinderwunsch wird dazu gezwungen und auch kein Paar, das schon ein Kind mit CF hat. Zudem steht mit Art. 5 im
Fortpflanzungsgesetz die PID auch nicht allen Paaren offen.
Art. 5: Ein Fortpflanzungsverfahren darf nur angewendet werden, wenn:
a. damit die Unfruchtbarkeit eines Paares überwunden werden soll und die an deren Behandlungsmethoden versagt haben oder aussichtslos sind; oder
b. die Gefahr, dass eine schwere Krankheit auf die Nachkommen übertragen wird, anders
nicht abgewendet werden kann.
Ohne diese Gesetzesänderung wären von CF betroffene Paare, die eine solche PID wünschen, auch weiterhin gezwungen, dies illegal, mit extremen Zusatzkosten und mit erhöhtem gesundheitlichem Risiko, im Ausland durchzuführen.
Die Gesetzesänderung ist eine massvolle Weiterentwicklung der Fortpflanzungsmedizin in
der Schweiz. Sie trägt den Bedürfnissen der betroffenen Paare mit unerfülltem Kinderwunsch oder bekanntem Krankheitsrisiko des Kindes Rechnung. Gleichzeitig genügt sie
einem hohen Anspruch an eine verantwortungsvolle und umsichtige Regulierung der
Fort-pflanzungsmedizin. Zur PID wird niemand gezwungen, wir empfehlen diese nicht
aktiv, genauso wenig raten wir davon ab. Die CFCH setzt sich lediglich für die Wahlmöglichkeit ein.
Cystische Fibrose (CF) ist eine bisher unheilbare Erbkrankheit, welche die Lunge und andere Organe fortlaufend zerstört. Durch die
Symptome und täglichen sehr intensiven Therapieaufwand bestimmt
die Krankheit das Leben der Betroffenen. CF wird in der Schweiz
jährlich bei 40 Neugeborenen diagnostiziert. Für weitere Informationen: www.cfch.ch
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Dossier Fortpflanzungsmedizin - Soll die Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes
angenommen werden?
H+ sagt JA zu zeitgemässer Fortpflanzungsmedizin
Nach mehrjähriger Vorbereitung verabschiedeten National- und Ständerat im Dezember
2014 ein ausgeglichenes, überarbeitetes Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG). Die dafür notwendige Anpassung des Verfassungsartikels 119 wurde am 14. Juni 2015 vom
Volk mit 62 Prozent Ja-Stimmen deutlich angenommen. Die unterlegenen Gegnerinnen
und Gegner der Verfassungsänderung ergriffen mit Erfolg das Referendum, weshalb am
5. Juni 2016 erneut über das Thema Fortpflanzungsmedizin abgestimmt werden muss.
Bei der Volksabstimmung geht es um wichtige Anpassungen des Fortpflanzungsmedizingesetzes, die für Paare mit unerfülltem Kinderwunsch und mit schweren Erbkrankheiten
wesentliche Verbesserungen bringen. Die Revision erhöht für Betroffene die Chancen auf
eine Schwangerschaft und reduziert die Belastungen und Risiken der KinderwunschBehandlungen. Zugelassen werden die Präimplantationsdiagnostik für schwere Erbkrankheiten (genetische Untersuchungen bei der Befruchtung ausserhalb der Körpers) und die
Möglichkeit, nur einen Embryo einzupflanzen und die restlichen zu konservieren, was zu
einer Reduktion der risikoreichen Mehrlingsschwangerschaften führen wird. Die Abstimmung betrifft auch H+, den Spitalverband, da sich rund die Hälfte der Schweizer Reproduktionszentren in Spitälern und Kliniken befinden. Diese führen etwa zwei Drittel der Invitro-Fertilisation-Behandlungen (Befruchtung ausserhalb des weiblichen Körpers) durch.
H+ unterstützt mit der JA-Parole die Gesetzesrevision für eine zeitgemässe Fortpflanzungsmedizin. Dies, weil die Spitäler und Kliniken den betroffenen Paaren zu deren Wohle die bestmögliche Fortpflanzungsmedizin in der Schweiz anbieten wollen. So dass Paare
nicht mehr gezwungen sind für solche Behandlungen ins Ausland zu gehen.
H+ Die Spitäler der Schweiz ist der nationale Spitzenverband der
öffentlichen und privaten Spitäler, Kliniken und Pflegeinstitutionen.
Ihm sind 263 Spitäler, Kliniken und Pflegeinstitutionen als Aktivmitglieder an 369 Standorten sowie rund 170 Verbände, Behörden,
Institutionen, Firmen und Einzelpersonen als Partnerschaftsmitglieder angeschlossen.
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Dossier Fortpflanzungsmedizin - Soll die Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes
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Nein zu einer schrankenlosen Fortpflanzungsmedizin
Ausgangslage
2015 wurde durch eine Verfassungsänderung die Einführung von Gentests an Embryos,
die Präimplantationsdiagnostik (PID) ermöglicht. Das neue Fortpflanzungsmedizingesetz
(FMedG) regelt die Anwendung der PID im Detail. Das PID-Verfahren stünde allen Paaren
offen, die eine künstliche Befruchtung in Anspruch nehmen.
Das Gesetz erlaubt die Auswahl nicht nur nach schweren Erbkrankheiten, sondern auch
nach genetischen Eigenschaften, "die die Entwicklungsfähigkeit des zu zeugenden Embryos beeinträchtigen können". Darunter fällt z.B. auch das Down-Syndrom.
Ein überparteiliches Komitee mit Parlamentsmitgliedern aus BDP, CVP, EDU, EVP, FDP,
Grüne, SP und SVP beurteilt das neue FMedG als viel zu weit gehend und unkontrollierbar.
Argumente
1. Das neue FMedG sieht eine breite Anwendung des PID-Verfahrens vor. Ein solcher
Gentest stellt zahlreiche genetische Infos über einen Embryo zur Verfügung. In der Praxis kann nicht mehr kontrolliert werden, dass nicht missbräuchlich z. B. nach Geschlecht
aussortiert wird. Darum braucht die PID viel engere Grenzen als im FMedG vorgesehen!
2. Mit dem FMedG wird eine gefährliche Selektionsmentalität eingeführt. Künftig überleben im Labor nur diejenigen Embryonen, die als optimal angesehen werden. Viele Behindertenorganisationen wehren sich gegen das FMedG, weil sie befürchten, dass die Solidarität gegenüber Menschen mit einer Behinderung leiden wird. Je mehr und je früher aussortiert werden kann, desto weniger haben diese Menschen einen Platz in unserer Gesellschaft.
3. Das neue FMedG führt zu einem ethischen Dammbruch. Das menschliche Leben wird
bewertbar und kommerzialisierbar. Künftig wird im Labor zwischen lebenswertem und
"lebensunwertem" Leben entschieden. Überzählige Embryos werden nach 10 Jahren vernichtet oder der Forschung zur Verfügung gestellt. Zudem ist nicht einmal der Nutzen der
PID für unfruchtbare Paare wissenschaftlich erwiesen.
Die EVP setzt sich seit 1919 für eine Politik auf Basis christlicher Werte
ein. Sie betreibt sach- und lösungsorientierte Politik, die Gerechtigkeit und
Menschenwürde in den Mittelpunkt stellt und sich für einen enkeltauglichen Umgang mit Ressourcen und Umwelt stark macht.
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Dossier Fortpflanzungsmedizin - Soll die Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes
angenommen werden?
Pro Infirmis sagt Nein zum Fortpflanzungsmedizingesetz
Pro Infirmis sagt Nein zum zum Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) und stützt sich
dabei auf ihre bisherige Haltung zur Pränatalen Diagnostik (PND) und zur Präimplantationsdiagnostik (PID). Diese Haltung bewegt sich im Spannungsfeld zwischen dem Selbstbestimmungsrecht der werdenden Eltern und der Forderung an die Gesellschaft, das
Recht auf Leben von Menschen mit Behinderungen nicht zu relativieren und Behinderte
nicht zu diskriminieren.
Die ursprüngliche Gesetzesvorlage des Bundesrates zum FMedG ging von einer begrenzten Öffnung der PID bei schweren Erbkrankheiten aus. Dazu, wie auch zur verfassungsrechtlichen Grundlage der Einführung der Präimplantationsdiagnostik (PID) in der
Schweiz hat Pro Infirmis Ja gesagt. Das Parlament hat in der Folge jedoch eine massive
Ausweitung der PID auf alle Unregelmässigkeiten bei den Genen beschlossen. So ist in
diesem Diagnoseverfahren auch eine Trisomie 21 feststellbar, welche in keiner Weise
vergleichbar ist mit einer Erbkrankheit, die therapieresistente Schmerzen verursacht und
die betroffene Person im Alltag massiv beeinträchtigt. Mit dieser Ausweitung ist Pro Infirmis nicht einverstanden.
Menschen mit Behinderung und ihre Organisationen befürchten, dass die im FMedG nun
vorgesehenen Diagnosemöglichkeiten im präimplantativen bzw. embryonalen Stadium
dazu führen könnten, auch das Lebensrecht Behinderter und zu relativieren. Diese
Ängste sind ernst zu nehmen. Für Pro Infirmis ist es unabdingbar, dass das
Selbstbestimmungsrecht der werdenden Eltern erhalten bleibt, sich für oder gegen die
Durchführung solcher Diagnoseverfahren zu entscheiden. Pro Infirmis begrüsst es daher,
wenn das Fortpflanzungsmedizingesetz mit seinen weitreichenden Folgen nicht nur im
Rahmen einer parlamentarischen Auseinandersetzung, sondern auch im Zusammenhang
mit einer Volksabstimmung in der breiten Öffentlichkeit diskutiert wird.
Pro Infirmis ist die grösste Fachorganisation für Menschen mit einer
Behinderung in der Schweiz und Dachorganisation einer Reihe von regionalen und lokalen Behindertenorganisationen. Sie unterstützt mit ihren
Dienstleistungen Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen bei
der Lebensgestaltung und der Teilhabe in den verschiedenen Lebensbereichen.
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