Sonntag, 22. Mai 2016

RegerRun
Sonntag, 22. Mai 2016
Kirche St. Anton, Zürich
Ein Gedenklauf für einen bedeutenden Komponisten
Max Reger 1873 – 1916
Philipp Mestrinel
15 Uhr
Eric Koevoets
16 Uhr
Jung-Min Lee
17 Uhr
Simon Menges
18 Uhr
Martin Rabensteiner 19 Uhr
Eine Organistin und vier Organisten der jüngeren Generation zeigen in fünf je 30-minütigen Konzerten ihre Vorstellung von Max Regers Musik. Zwischen den Konzerten haben
Sie Gelegenheit, im Foyer Erfrischungen zu sich zu nehmen.
Eintritt frei – Kollekte
www.orgel-st-anton.ch
Max Reger oder der tanzende Bajuwar auf der Orgel
Als Max Reger am 11. Mai 1916 im Alter von 43 Jahren in einem Leipziger Hotelzimmer verstarb, hinterliess er ein sowohl an Umfang wie an Bedeutung gewaltiges Werk. Die Gesamtausgabe seiner Werke umfasst 38 (!) Bände. Dieses
Verhältnis von kurzer Lebensdauer und Umfang des Werkes stellt Max Reger in
einen unmittelbaren Zusammenhang zu einigen seiner grossen Vorbilder, wie
Mozart und Schubert. Dabei umfasst Regers Oeuvre nicht nur zahlreiche Werke
für die Orgel, sondern umspannt das gesamte Spektrum der Gattungen von
Musikproduktion ausser der Oper: Werke für Harmonium, Klavier, Violine, Orchester, Kammermusik, Lieder, Werke für Chor, und u.a. je ein Klavierkonzert
und ein Violinkonzert. Ähnlich wie es bei Anton Bruckners Schaffen zu beobachten ist, steht Regers Werk im typischen Spannungsfeld des Musiklebens
des ausgehenden 19. Jh. Einerseits im Formalen ausserordentlich stark dem
Traditionellen verbunden, also somit eher der Brahmsschen Vorstellung von
absoluter Musik, im Harmonischen aber stark der neudeutschen Schule eines
Richard Wagners und Franz Liszts zugeneigt. Wobei diese Modernismen
manchmal derart weit gehen, dass von einer Grundton bezogenen Tonalität
fast nichts mehr zu hören ist. Reger – „Ich reite unentwegt nach links!“ – war
sich dieser inneren Spannung sehr wohl bewusst. So setzt er seinen Werken oft
die Zügel klassischer oder barocker Formensprachen an, um ein Gegengewicht
zur manchmal ausufernden Harmonik zu schaffen. Von seinen Zeitgenossen
entweder völlig verehrt oder völlig abgelehnt war er einer der wichtigsten
Komponisten im Musikleben seiner Zeit. Er war beispielsweise in Arnold Schönbergs „Verein zur musikalischen Privataufführung“ der am meisten aufgeführte
Komponist, und ihm wurden dort, entgegen der sonstigen Gepflogenheiten,
ganze Vortragsabende gewidmet.
Zu diesem Spannungsbogen zwischen Tradition und Moderne tritt Regers eigene vielschichtige Persönlichkeit hinzu: eine manchmal geradezu verblüffende
tänzerische Leichtigkeit, die man bei einem bajuwarischen Hünen wohl nie erwarten würde, eine tiefempfundene Religiosität, die sich in vielen seiner Werke
auch Ausdruck verschafft, eine humorige Seite, die es mit den oft ruppigen
Scherzos eines Beethovens jederzeit aufnehmen kann, sowie eine oft
versponnen wirkende romantische Melodiösität, die mit ihren weiten Bögen
sowohl vom Hörer wie auch vom Interpreten grossen Atem abverlangt. Sein typischstes Idiom ist wohl aber eine nur mit dem Wort „vulkanisch-eruptiv“ zu
umschreibende Intensität des Ausdrucks, die den Hörer zu immer neuen Höhen
mitzureissen vermag.
Dass Regers Werke, ausser in Orgelkonzerten, fast nie aufgeführt werden, ist
kein gutes Zeichen für unser heutiges Kulturleben, aber erhellend für unsere
Erwartung an ‚gute’ Musik. Regers eher ehrfürchtig-strenge Grundhaltung der
Musik gegenüber steht in einem diametral entgegengesetzten Verhältnis zu
dem, was wir heute unter ‚Musik’ verstehen: ein jederzeit verfügbares, downloadbares, das Leben möblierendes Konsumgut, welches uns erheitern, in
Stimmung versetzen oder zur Ruhe bringen soll, aber keinesfalls anstrengen
darf. Die Vorstellung, dass Musik durchaus Fragen grosser Gewichtigkeit zu
stellen vermag, ja diese sogar zu beantworten weiss, ist vielen von uns sehr
fremd geworden.
Dabei kann man sich durchaus in Regers Musik verlieben. Der Liebhaber zarterer Töne etwa in das unsterblich schöne Benedictus für Orgel, oder in den ‚Geigenden Eremiten’ aus den ‚Vier Tondichtungen nach Gemälden von Arnold
Böcklin’ für Orchester. Oder der eher intellektuell geneigte Hörer in die Mozartoder Hiller-Variationen für Orchester usw. usf.
Es gäbe viel, sehr viel zu entdecken in Regers Welt, von der sich durchaus sagen
lässt - was wohl nur auf wenige Komponisten wie Bach, Beethoven, Mozart und
Schubert zutrifft - nämlich, dass sie ein eigener Kosmos ist. Und dies wünsche
ich Ihnen allen, den Zuhörern des RegerRuns wie auch der vier weiteren Orgelkonzerte, dass Sie sich von Max Reger bei der Hand nehmen lassen und in
neue, bis anhin unentdeckte, oder besser gesagt, verlorene, Welten führen lassen.
Heinz Specker
Franz Nölken: Max Reger bei der Arbeit. Gemälde, 1913
PHILIPP MESTRINEL 15 UHR
Philipp Mestrinel hat Klavier am Konservatorium und an der Musikhochschule
Zürich studiert, wo er 2002 das Konzertdiplom für Klavier bei E. Heiligers erlangte. Nach einem Gast-Aufenthalt an der Rubin-Akademie der Universität
Tel-Aviv bei A. Vardi folgten ein Kirchenmusikstudium an der Musikhochschule
Luzern. 2010 erlangte er das Konzertdiplom für Orgel vom SMPV bei J. Wittwer.
Im Anschluss studierte er Orgel bei E. Le Divellec und M. Sander und schloss
das Master of Performance für Orgel mit Auszeichnung ab.
Philipp Mestrinel arbeitet unter anderem als Hauptorganist an der reformierten Kirche Horgen.
Johann S. Bach
1685-1750 Fantasie und Fuge g-Moll
Max Reger
Fantasie über den Choral
«Wie schön leucht’ uns der Morgenstern» Op. 40,1 (1899)
«Max Regers Orgelwerke sind stark von Johann Sebastian Bachs Oeuvre geprägt. In seinen Stücken griff Reger traditionelle Stilmerkmale und Gattungen
auf und führte diese bis an die Grenzen der Tonalität. Das gleichzeitig traditionelle und vorwärtsdrängende Moment kommt in seinen Choralfantasien besonders stark zur Geltung.
Johann Sebastian Bachs Fantasie und Fuge in g-Moll BWV 542 gehört mit Sicherheit zu seinen harmonisch kühnsten Werken. Darin sind bereits Ansätze zur
Disharmonie im ‚Regerschen’ Sinne enthalten.»
Philipp Mestrinel
ERIC KOEVOETS 16 UHR
Eric Koevoets studierte an der Hochschule für Musik in Rotterdam, Orgel, Klavier und Chorleitung. Für Orgel erwarb er auch das Konzertdiplom. Seit 2007 ist
er Kantor und Organist an der Sankt Lambertikirche in Rotterdam.Er geht einer
umfangreichen Konzerttätigkeit als Organist nach. Von ihm erschienen mehrere
CD-Einspielungen, darunter das Gesamtwerk für Orgel von Franck. Seit einigen
Jahren konzentriert er sich auf ein CD-Projekt mit dem Gesamtwerk für Orgel
von Bach. Auch erschienen die CD 'Voix Céleste' und die CD mit Symphonie II
und Symphonie V von Widor. Er komponierte Musik für Orgel, Chor mit Orgel
und Sopran mit Orgel.
Aus Neun Stücke Op. 129 (1913)
- Toccata und Fuge in d-moll
- Capriccio in g-moll
Aus Vier Präludien und Fugen Op. 85 (1904)
- Praeludium und Fuge in F-dur
Introduktion und Passacaglia in d-moll (1899)
«My idea about 'Reger inspired by Bach' will be clear in the choice of pieces. I
have chosen three lesser-known works and at the end a famous piece. I especially like very much the poetic side of Reger's music and from this point of view
is the program really interesting with a lot of various atmospheres, colors and
moods. From very intimate to really majestic and passionate.»
Eric Koevoets
JUNG-MIN LEE 17 UHR
Die südkoreanische Organistin Jung-Min Lee erhielt ihre Ausbildung in Seoul,
München, Frankfurt, Köln und Utrecht, u.a. bei Prof. Hee-Sung Kim, E. Krapp,
D. Roth, J. Geffert und B. Winsemius. Sie ist Preisträgerin des 6. Internationalen
Orgelwettbewerb in Korschenbroich, Deutschland (2007). 2007 bis 2013 war
sie Dozentin für Orgel an mehreren Universitäten in Seoul.
Seit 2014 arbeitet sie als Organistin der reformierten Kirchgemeinde WangenBrüttisellen.
Aus Zwölf Stücke Op. 59 (1901)
- Te Deum A-Moll
- Melodia B-Dur
Fantasie über den Choral
«Hallelujah! Gott zu loben, bleibe meine Seelenfreud’!» Op. 52,3» (1900)
«Ich war immer von der jubelnden Freude fasziniert, die die Choralfantasie
«Halleluja! Gott zu loben » ausstrahlt. Der schöne Text des Chorals wird hier auf
besonders beeindruckende Art vertont. Die Orgel von St Anton mit ihrem
imposanten und sehr poetischen Klang scheint mir das ideale Instrument für
diese grossartige Musik zu sein.»
Jung-Min Lee
SIMON MENGES 18 UHR
Simon Menges wuchs in Kleve am Niederrhein auf und erhielt als Teenager Orgelunterricht von Prof. Wolfgang Seifen in Kevelaer. Menges studierte Kirchenmusik in Düsseldorf. Daran schlossen sich zwei Solistenexamen, eines an der
SMU in Dallas (USA) und das andere an der UdK in Berlin, an. Im Nebenfach
studierte er Klavier und Improvisation.
Simon Menges erhielt mehrere internationale Preise und Auszeichnungen: u.a.
Carl Nielsen Wettbewerb in Odense/DK, beim 1. Internationaler Orgelwettbewerb am Mailänder Dom etc. Menges spielte Konzerte u.a. in Notre Dame de
Paris, Mailänder Dom, St. Paul’s Cathedral London, Berliner Dom, Konzerthaus
Berlin, Aarhus Domkirke.
Aus Zwölf Stücke Op. 80 (1904)
- Toccata a-moll
- Fuge a-moll
Aus Zwölf Stücke Op. 65 (1902)
- Kanzone Es Dur
- Scherzo d-moll
Variationen und Fuge WoO IV/7 über
„Heil, unserm König heil“ (englische Nationalhymne) (1901)
Anstatt einen „grossen Reger“ möchte ich beim RegerRun an der wundervollen
Orgel in St. Anton gerne mehrere „kleine“ Werke Max Regers spielen. Diese
Kompositionen sind manchmal nicht so bekannt, aber trotzdem mindestens
ebenso reizvoll wie seine grossen Werke.
Die abschliessende Fantasie und Fuge über die britische Nationalhymne bietet
zudem eine überaus bekannte Melodie, die jeder gut durch das ganze Stück
verfolgen kann. So hoffe ich, auch Zuhörern, die noch nicht so „Regererfahren“
sind, den grandiosen Stil des Komponisten näher bringen zu können.
Simon Menges
MARTIN RABENSTEINER 19 UHR
Martin Rabensteiner erhielt seine Ausbildung in Weimar, Amsterdam und
Wien bei Michael Kapsner, Bernhard Klapprott, Jacques van Oortmerssen und
Pier Damiano Peretti. Diplom 2009 mit Note 1,0. 2012-2014 Chorleitungsstudium bei Markus Utz an der ZHdK. Preisträger mehrerer Wettbewerbe (Wiesbaden, Erfurt/Weimar).
Zurzeit arbeitet er als Organist der reformierten Kirchgemeinde Adliswil.
Zweite Sonate D-Moll Op. 60 (1901)
- Improvisation
- Invokation
- Introduktion – Fuge
"Die 2. Sonate ist für mich ein Querschnitt durch die Regersche Orgelmusik. Sie
enthält alles, was Reger ausmacht: Überschwang, Pathos, Abgründigkeit, Verklärung und selbst Humor. In keinem anderen grossen Werk kommt er so sehr
zum Punkt, wie in diesem. Die 2. Sonate ist für mich nicht nur eines der grossartigsten Werke Regers, sondern der gesamten Orgelliteratur."
Martin Rabensteiner
Mit Schlusswort am Ende des Konzertes von Dr. Andreas Rellstab, Pfarrer
Unsere nächsten Konzerte:
- auch Max Reger gewidmet Sonntag, 18. September 2016, 18.15 Uhr – Stefan Engels
Sonntag, 6. November 2016, 17.00 Uhr – Balázs Szabó
Sonntag, 20. November 2016, 17.00 Uhr – Heinz Specker
Sonntag, 11. Dezember 2016, 17.00 Uhr – Martin Sander