Foto: Marie Schröder D ie ie au auß ergewöhnliche ergewöhnliche L iebe iebe W ussten Sie, liebe Leserin, verehrter Leser, dass ein besonders bissiger Hund früher zur Wildschweinjagd eingesetzt wurde? Aus dieser Zeit rührt wahrscheinlich auch der Begriff „Sauhund“ bzw. „Schweinehund“ her? Es lag daher nahe, dass diese Bezeichnung irgendwann auch für freche oder gehässige Menschen als Schimpfwort übernommen wurde. Und jüngst kamen wir in unserer Familie in die Situation, uns in besonderer Weise mit dem Begriff auseinanderzusetzen. Aber ich fange von vorne an. Vor nunmehr drei Jahren kam Eddy in unser Haus. Der Ursprungsgedanke bei mir war damals schon die Angst vor den Schwarzkitteln, deren zerstörerischen Spuren ich auf meinen Wanderungen sah. Ein kleiner frecher Terrier, so dachte ich, sei ein idealer Weggefährte und Beschützer. Doch ich hatte mich geirrt. Schnell stellte sich heraus, dass er mich keineswegs beschützen würde. Stattdessen nährte sein Verhalten den Verdacht, dass er die Begabung habe, je- 48 den Angreifer fröhlich mit dem Schwanz wedelnd als Spielgefährten zu begrüßen. Und was die Schwarzkittel betrifft, sollte sich diese Vermutung tatsächlich einmal erfüllen. Schnell stellten wir fest, unser Eddy ist ein eigenartiger Geselle. Ganz besonders reizt er sein Herrchen zu außergewöhnlich-psychologischen Hunde-Studien. Es wurde seitdem nicht langweilig. Frauchen muss nun häufiger putzen. Eddy schleppt mehr Schmutz ins Haus als unsere beiden Enkel und ein Hund lässt sich nichts sagen! Seitdem Eddy weiß mit welchen Blick er sein Herrchen verzaubern kann, werden Machtworte zum Kuschelkurs und Frauchen hat verloren. Eddy ist flink und sobald sich eine Tür öffnet wird er zu einem blitzartigen Geschoß. Egal ob raus oder rein, der Hund ist zu Herrchens Leidwesen nicht zu halten. Er holt sein Halsband vom Schuhschrank und signalisiert „jetzt will ich raus“ und bevor Herrchen ihn an die Leine legt ist er schon über alle Berge. Für Abendstunden wurde extra ein Blink-Leuchtehalsband angeschafft, damit er sehen kann, in welche Richtung der Hund entschwunden ist. Nach langen Spaziergängen wurde es zu einem Ritual, das Herrchen seinen Liebling schon an der Kellertür empfängt. Als erzieherische Maßnahme gedacht gefiel es unserem Hund sofort. Ja, er wartet geduldig bis Herrchen für die Dusch-Wellness-Prozedur vor ihn in die Knie geht und ihn shampooniert, frottiert und anschließend sogar föhnt. Mit der Meinung, dass Eddy etwas sehr verwöhnt sei, stehe ich, das Frauchen vollkommen allein. Anfangs hatte ich noch gemeckert, finde es jetzt sehr sinnvoll und nehme sogar in Kauf, dass zuweilen mein Shampoo oder Duschgel für Herrchens Hundele zweckentfremdet wird. Unser Eddy liebt das Wasser. Kaum draußen planscht er durch den nahen Heckenbach, durch das matschig, sumpfige Gelände des Bachbiotops und mit seinen kurzen Beinen hängt durchblick 2/2016 er meistens bis unterm Bauch im Schlamm und Dreck. Irgendwann stellten wir fest: Eddy „pubertiert“ oder waren es seine ersten Frühlingsgefühle? Alles, was wir ihm langsam und mühevoll antrainiert hatten, war weg. Er hörte nicht mehr, er fraß tagelang nicht und selbst Herrchen war mit seinem Latein am Ende. Mit dem Hund war nichts mehr anzufangen. Er verschmähte sogar seine gemütliche Kuhle im Sessel und blieb teilweise einfach stocksteif wie tot im Garten liegen. Herrchen musste ihn mehrfach „reanimieren“. Sprach behutsam auf ihn ein, redete ihm gut zu, manchmal aber auch sehr verärgert. Einige Nächte verbrachte unser Hund vollkommen beleidigt in unserer Toilette und knurrte äußerst bös-verärgert, wenn man ihn in seiner Stimmung stören musste. Und plötzlich war er weg. Wir riefen, pfiffen und suchten, er blieb einen ganzen Nachmittag verschollen. „Wo ist bloß Eddy?“ fragten unsere Enkel. Opa meinte: „Na ich glaube, langsam wird er ein Mann. Sicherlich hat er sich eine Freundin angelacht!“ „Nun kuschelt und schmust er mit ihr?“, fragte Matti und hielt ganz erschreckt die Luft an. „Ach du je! Dann machen sie lauter Hundebabys und eines Tagen kommen die alle her und fragen, wo ist unser Vater!“ Die Phase ging vorüber. Eddy wurde wieder normal. Marie, unser Nachbarsmädel, war vom ersten Tage an die große Liebe unseres Hundes. Lustig anzusehen, wenn Marie hoch zu Ross durch die Kalteiche reitet und der kleine Eddy tappelt mit seinen etwas schräggestellten, kurzen Beinen nebenher. In diesem Jahr erleben wir eine neue Kuriosität. Bei schlechtem Wetter mochte unser Hund nicht mehr vor die Tür gehen. Ganz extrem wurde es, als dann auch noch die winterliche Kälte einsetzte. Marie hatte Erbarmen und erstand ein rotes Mäntelchen. Nicht zu glauben, unserem Hund gefiel es! Ganz schnieke und fein gemacht, wedelte sein Schwänzchen und er zappelte den nun mollig-warmen Ausflügen mit Marie entgegen. Und seit jenen Tagen erlebte unser Eddy ein neues weibliches Wesen. Hedwig hat Eddys Herz erobert! Frische Frühlingsgefühle? Schmetterlinge im Bauch? Seine Hormone tanzen Tango? Er hegte gar keine Sympathien für alle anderen Hundedamen in der Umgebung. Selbst Schnüffelspaziergänge waren nicht aktuell. Er, der begeistert im Auto mitfährt, hopst beschwingt ins Fahrzeug, wenn es zu Hedwig geht und er hechelt seiner Herzensdame entgegen. Per Smartphon sahen wir die ersten Fotos der jungen Liebe und waren total perplex. Hedwig ist ein Frischling! Durch einen tragischen Verkehrsunfall verlor eine Wildschweinmama ihr Leben. Sie hinterließ ein Waisenkind und Marie fand das gestreifte Bündelschen vereinsamt im Wald. Mühevoll päppelte sie das Baby mit der Flasche groß und nannte es Hedwig. Noch sehen sie beide putzig aus, wenn sie miteinander spielen. Hedwig entwickelt sich gut, ist nun nach einigen Wochen enorm gewachsen. Langsam beginnt sie eigenwillig in TeenagerMentalität ihre Umwelt aufzumischen. „Oh, oh“, sinnierte nun unser kleiner Enkel und dachte scheinbar an das letzte Jahr, als Opa erklärte: Eddy wird langsam ein Mann! „Oh, oh, oh! Wenn Eddy jetzt so verliebt mit Hedwig schmust und kuschelt...., hoffentlich kriegen wir keine kleinen Schweinehundebabys!“ Eva-Maria Herrmann 2/2016 durchblick 49
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