Medienkonferenz
Faktenblatt MNA-Empfehlungen
Datum
20. Mai 2016
Thema
Empfehlungen der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und
Sozialdirektoren (SODK) zu unbegleiteten minderjährigen Kindern und
Jugendlichen aus dem Asylbereich (MNA-Empfehlungen)
A
Ausgangslage
Unbegleitete minderjährige Kinder und Jugendliche aus dem Asylbereich – auch
„mineurs non accompagnés“ oder kurz „MNA“ genannt – haben aufgrund ihres
Alters sowie des Umstandes, dass sie ohne Sorgeberechtigte in der Schweiz sind
und teilweise im Asylprozess stehen, besondere Schutzbedürfnisse. Sie sind aus
diesen Gründen auch speziell gefährdet, Opfer von Menschenhandel, weiteren
Formen der Ausbeutung (insbesondere sexuelle), organisierter Kriminalität sowie
anderen illegalen Tätigkeiten zu werden. Zudem sind MNA aufgrund ihrer
Fluchterfahrungen oft traumatisiert.
Aufgrund der markanten Zunahme der Asylgesuche von unbegleiteten
minderjährigen Kindern und Jugendlichen seit 2014 sah sich das Staatssekretariat
für Migration (SEM) gezwungen, diese Personen ab Frühjahr 2015 ohne
Berücksichtigung der Alterskategorien gemäss dem Verteilschlüssel auf alle
Kantone zu verteilen. Diese Massnahme hat zur Folge, dass auch Kantone, die bis
dahin noch nicht über die entsprechende Infrastruktur oder Lösungen verfügten,
künftig eine den Bedürfnissen entsprechende Unterbringung, Betreuung und
gesetzliche Vertretung von MNA sicherzustellen haben. Aktuell gehen die Kantone
sehr unterschiedlich auf die spezifischen Bedürfnisse von unbegleiteten
minderjährigen Kindern und Jugendlichen aus dem Asylbereich ein.
B
Ziel der Empfehlungen
Um die Kantone im Umgang mit MNA zu unterstützen, hat die SODK Empfehlungen
erarbeitet. Diese sehen Minimalstandards vor und sollen insbesondere in den
Bereichen Unterbringung, Betreuung und gesetzliche Vertretung eine gewisse
Harmonisierung der kantonalen Regelungen herbeiführen.
Unbegleitete minderjährige Kinder und Jugendliche aus dem Asylbereich sind in
erster Linie minderjährige Personen und sollen gemäss den Empfehlungen nicht wie
„de-facto Erwachsene“ behandelt werden. Im Umgang mit MNA ist bei allen
staatlichen Massnahmen das übergeordnete Kindesinteresse vorrangig zu wahren.
Die Behörden sollen bei ihren Handlungen eine Unterbringung, Betreuung und
gesetzliche Vertretung zur Verfügung stellen, die den spezifischen Bedürfnissen der
MNA – auch nach Schutz und Beistand – Rechnung trägt.
Die SODK hat die Empfehlungen zu unbegleiteten minderjährigen Kindern und
Jugendlichen aus dem Asylbereich an ihrer Plenarversammlung vom 19./20. Mai
2016 zu Handen der Kantone verabschiedet. Die Empfehlungen richten sich primär
an die zuständigen Stellen in den Kantonen und Gemeinden oder an mit dieser
Aufgabe betraute Dritte. Im Zusammenhang mit der Vorlage zur Beschleunigung der
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Asylverfahren und der geplanten bis zu 140-tägigen Aufenthaltsdauer in den Zentren
des Bundes, könnten die Empfehlungen auch für den Bund relevant sein.
C
Inhalt der Empfehlungen
Die Empfehlungen formulieren Mindeststandards in den Hauptbereichen
Unterbringung, Betreuung, gesetzliche Vertretung, Schule und weiterführende
Ausbildungsmöglichkeiten sowie Übergang zur Volljährigkeit.
Insbesondere empfiehlt die SODK den Kantonen:
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-
MNA in die sie betreffenden Entscheide miteinzubeziehen und ihre Anliegen und
Wünsche wenn immer möglich und sinnvoll zu berücksichtigen.
-
MNA bei Verwandten, in Pflegefamilien, in speziellen MNA-Zentren, in
Wohngruppen oder (bei entsprechenden Bedürfnissen) in sozialen Einrichtungen
unterzubringen. Die Unterbringung von MNA im Alter der obligatorischen
Schulpflicht in Asylunterkünften mit erwachsenen Personen ist zu vermeiden.
-
ein möglichst bereites Angebot an Unterbringungsformen zur Verfügung zu
stellen; das allenfalls durch regionale Zusammenarbeit optimiert werden kann.
-
sicherzustellen, dass die Bewilligungskriterien für die Unterbringung von MNA
erfüllt und die Aufsichtspflichten wahrgenommen werden.
-
die Betreuung von MNA professionell, bedürfnis-, alters- und geschlechtergerecht
auszugestalten sowie der Urteilsfähigkeit, dem Entwicklungsstand, den
Fähigkeiten und der Lebenserfahrung von MNA Rechnung zu tragen.
-
den Schutz der Kinder und Jugendlichen, die Förderung des Selbstbewusstseins
sowie – sofern notwendig – das schrittweise Heranführen an die Selbständigkeit
als wichtigste Zielsetzung der Betreuung von MNA anzuerkennen. Dies beinhaltet
unter anderem den Spracherwerb, die Unterstützung bei der Integration in
Bildungsangebote sowie das Entwickeln von Zukunftsperspektiven.
-
entsprechend dem Verfahrensstand des Asylgesuches und dem
Entwicklungsstand der MNA einen zentralen Fokus auf die soziale Integration,
die Vermittlung von gesellschaftlichen Werten und Normen sowie auf die
Integration in die berufliche Bildung bzw. die Arbeitswelt zu legen.
-
dafür zu sorgen, dass nach der Zuweisung einer/eines MNA in den Kanton so
rasch als möglich eine Beistand- oder Vormundschaft errichtet wird. Die
Ernennung einer Vertrauensperson ist nicht alternativ, sondern als temporäre
Massnahme bis zur schnellstmöglichen Ernennung einer Beiständin/eines
Beistandes oder einer Vormündin/eines Vormundes zu sehen.
-
allfällige Hürden im Hinblick auf die Integration in die Berufsbildung und den
Arbeitsmarkt abzubauen sowie die Zusammenarbeit mit den
Arbeitsmarktbehörden und der Wirtschaft zu fördern.
-
für die Bedürfnisse von spät zugewanderten Jugendlichen entsprechende
Massnahmen aufzugleisen, insbesondere um die berufliche Integration von
denjenigen Jugendlichen mit Bleiberecht zu ermöglichen.
-
Patenschaften zur Unterstützung der Integration von MNA in die Gesellschaft, zur
Begünstigung ihres emotionalen Wohlergehens sowie zur Erleichterung des
Übergangs in das Erwachsenenalter zu fördern.
-
MNA bei Bedarf über die Volljährigkeit hinaus und bis zum Abschluss der
Erstausbildung bzw. bis zum Erreichen der Fähigkeiten, welche für eine
autonome Lebensführung erforderlich sind, im Rahmen einer
sozialpädagogischen Nachbegleitung zu betreuen.
Reg: lme-6.56