Blickpunkt Bundeshaus, Frühlingssession 2016 der

Blickpunkt
Bundeshaus
Frühjahrssession 2016 der
eidgenössischen Räte
Der Nationalrat hat die Unternehmenssteuerreform III beraten und dabei wichtige
Differenzen zum Ständerat geschaffen. Der
Ständerat stimmt der Einführung des automatischen Informationsaustauschs mit der
EU und mit Australien zu. Die Revision der
Quellensteuer hat den Nationalrat passiert.
Unternehmensbesteuerung
Der Nationalrat hat als Zweitrat die Botschaft des
Bundesrates zur Unternehmenssteuerreform III
behandelt. Er ist wie der Ständerat weitgehend
dem Konzept des Bundesrates gefolgt, hat aber
wichtige Differenzen zur kleinen Kammer geschaffen. Namentlich befürwortet der Nationalrat
die Einführung einer zinsbereinigten Gewinnsteuer, einer Tonnage Tax sowie einer Maximalentlastungsregel. Hingegen spricht sich der Nationalrat für eine geringere Erhöhung des
Kantonsanteils an der Bundessteuer aus als der
Ständerat. Die Abschaffung der Emissionsabgabe
soll im Rahmen einer separaten Vorlage weiterverfolgt werden.
Die Differenzbereinigung soll in der Sommersession 2016 abgeschlossen werden. Vorbehältlich
eines Referendums könnten erste Massnahmen
der Reform am 1. Januar 2017 in Kraft treten. Für
die Massnahmen auf kantonaler Ebene ist eine
Übergangsfrist für die kantonalen Gesetzgeber
von rund zwei Jahren geplant.
Fabian Baumer
Lic. iur., Rechtsanwalt, dipl. Steuerexperte
Vizedirektor der Eidgenössischen Steuerverwaltung, Leiter Hauptabteilung Steuerpolitik
Quellensteuer
Der Nationalrat unterstützt die vom Bundesrat vorgeschlagene Reform der Quellenbesteuerung des
Erwerbseinkommens im Grundsatz. Die Vorlage
bezweckt, bestehende Ungleichbehandlungen zwischen ordentlich besteuerten und quellenbesteuerten
Personen zu reduzieren, insbesondere vor dem Hintergrund der bundesgerichtlichen Rechtsprechung
zum Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU.
Das Geschäft geht nunmehr in den Ständerat.
Automatischer Informationsaustausch
Der Ständerat hat der Einführung des automatischen
Informationsaustauschs mit der EU sowie mit Australien zugestimmt. Die beiden Geschäfte gehen
nunmehr in den Nationalrat. Das Inkrafttreten der
beiden Abkommen ist für den 1. Januar 2017 geplant.
Doppelbesteuerungsabkommen
und Amtshilfe
Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat
dem revidierten Doppelbesteuerungsabkommen
mit Italien zugestimmt. Das neue Abkommen führt
den Informationsaustausch auf Ersuchen zwischen
Nr. 5/2016 Seite 421
BLICKPUNKT BUNDESHAUS
den beiden Staaten ein. Im Weiteren hat der Nationalrat als Erstrat die Doppelbesteuerungsabkommen mit Liechtenstein, Norwegen, Albanien und
Oman sowie ein Informationsaustauschabkommen mit Belize und mit Granada genehmigt. Diese
Abkommen gehen nunmehr in den Ständerat.
Mehrwertsteuer
Der Ständerat hat als Zweitrat die Teilrevision des
Mehrwertsteuergesetzes beraten. Die Reform soll
unter anderem die Gleichbehandlung von inund ausländischen Unternehmen sicherstellen.
Der Ständerat ist weitgehend den Beschlüssen des
Nationalrates gefolgt, hat jedoch verschiedene
Änderungen beschlossen.
Die Differenzbereinigung ist für die Sommersession 2016 geplant. Die Neuerungen können
frühestens am 1. Januar 2017 in Kraft treten.
Verrechnungssteuer
Wie der Nationalrat hat auch der Ständerat
einer vom Bundesrat vorgeschlagenen Teilrevision
des Verrechnungssteuergesetzes zugestimmt. Gewisse Finanzinstrumente von Schweizer Banken,
darunter sog. «Bail-In Bonds», werden weiterhin
bzw. neu von der Verrechnungssteuer befreit
werden. Auch bei der Emissionsabgabe wird ein
zusätzlicher Ausnahmetatbestand geschaffen.
Vorbehältlich eines Referendums wird die Vorlage
am 1. Januar 2017 in Kraft treten.
Behandelte parlamentarische
Vorstösse
Der Nationalrat spricht sich für einen Wechsel zur
Individualbesteuerung aus und hat einer entsprechenden Motion seiner Finanzkommission
(16.3006) zugestimmt. Der Vorstoss wird nunmehr
im Ständerat behandelt werden.
Ein weiterer Anlauf zur Einführung eines Einheitssatzes bei der Mehrwertsteuer ist gescheitert.
Nr. 5/2016 Seite 422
Der Nationalrat hat eine diesbezügliche Motion
(15.3386) abgelehnt. Ebenfalls abgelehnt hat
der Nationalrat einen Vorstoss zur Befreiung
von Grundstückkäufen von der Mehrwertsteuer
(Motion 13.3238).
Gescheitert sind sodann auch zwei Vorstösse
zur steuerlichen Behandlung von OffshoreGesellschaften. Der Nationalrat hat zwei Motionen abgelehnt, die eine Verschärfung des Regelwerks gefordert hatten (14.3056 und 14.3116).
Eingegangene parlamentarische
Vorstösse
NR Jacqueline Badran/ZH will Mitarbeiterbeteiligungen an Start-up-Unternehmen steuerlich
privilegieren. Sie hat zu diesem Zweck eine parlamentarische Initiative eingereicht.
SR Pirmin Bischof/SO fordert die Beseitigung der
steuerlichen «Heiratsstrafe»(Motion 16.3044).
Dieses Ziel soll mittels der Einführung eines Splittingmodells oder einer alternativen Steuerberechnung erreicht werden, unter Beibehaltung der
gemeinsamen Veranlagung der Ehegatten.
NR Lukas Reimann/SG schlägt in einer Motion
einen neuen Steuerabzug für Ferien in der
Schweiz vor (16.3235). Damit soll die Schweizer
Tourismusbranche gestärkt werden, die unter der
Frankenstärke leidet.
NR Matthias Jauslin/AG verlangt eine Harmonisierung der Zinsen in den Bundessteuererlassen (Motion 16.3055). Es soll ein allgemeingültiger Verzugs- und Vergütungszins festgelegt
werden. Der Referenzzinssatz soll an die Marktentwicklung angebunden werden.
Die Fraktionen der BDP, der CVP und der GLP
sowie die Nationalräte Thomas Aeschi/ZG und
Beat Walti/ZH haben fünf weitgehend gleich
lautende Interpellationen betreffend Gruppenanfragen bei der internationalen Amtshilfe eingereicht (16.3113, 16.3121, 16.3122, 16.3132,
16.3133). Hintergrund der Vorstösse ist ein
Gruppenersuchen der Niederlande.