Nuit debout: Unruhen in Paris ein Zeichen für Europa

Nuit debout: Unruhen in Paris
ein Zeichen für Europa
So, jetzt haben die Franzosen den Salat. Wenn Sie bisher
richtigerweise angenommen haben, dass das deutsche Volk von
seiner sogenannten Regierung belogen, betrogen und verraten
wird, dann liegen Sie richtig. Anders geht es aber den
Franzosen auch nicht.
Rainer Hill
Seit Wochen hört und liest man in den Nachrichten von Unruhen
in Paris und Frankreich. Noch schlimmer gestalten sich die
Nachrichten, wenn Sie nicht nur den Mainstream-Nachrichten
folgten, sondern auch eben jenen Medien, die eben wirklich
berichten, was derzeit in Frankreich abgeht.
Von Nuit debout haben Sie sicher schon gelesen. Nuit debout
bedeutet frei übersetzt „die Nacht wach“, man könnte dies also
als eine Art Nachtwache bezeichnen. Diese Bewegung wurde von
jungen Franzosen ins Leben gerufen, welche sich ernsthaft
Sorgen um ihre Zukunft machen. Dazu müssen Sie natürlich
wissen, dass die Arbeitslosigkeit in Frankreich wesentlich
höher ist als hierzulande, zumindest nach offiziellen Zahlen,
und Hartz-IV haben die da drüben auch nicht. Man kämpft dort
also wirklich schon ums nackte Überleben – und vor allem um
Zukunft.
Auslöser dieser Bewegung Nuit debout war und ist eine
Arbeitsrechtsreform der französischen Regierung, die diese
sich
hat
einfallen
lassen,
um
vor
allem
der
Jugendarbeitslosigkeit entgegenzuwirken, aber auch um sonst
die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Und – oh Wunder, natürlich
denkt niemand in irgendeiner Regierung, außer in Russland
vielleicht (z.B. Verbot von Leiharbeit) daran, Unternehmer
mehr in die Pflicht zu nehmen. Nein, lieber Leser, auch diese
Regierung will die Arbeitslosigkeit auf Kosten der
Arbeitnehmer bekämpfen. Wie? Nun, indem sie Arbeitnehmerrechte
beschränkt.
Da die Franzosen aber doch anders gestrickt sind, gehen diese
seit Wochen – und das auch noch zu Hunderttausenden – Nacht
für Nacht auf die Straßen, um dagegen zu protestieren. Im Zuge
dieser Proteste kam es auch schon zu gewalttätigen
Auseinandersetzungen, über die hierzulande kaum bis gar nicht
berichtet wird – und wenn, dann bestenfalls, um die Bewegung
Nuit debout zu diskreditieren.
Interessanterweise finden die Anhänger von Nuit debout nicht
nur in Frankreich immer mehr Anhänger, sondern auch europaweit
formiert sich mittlerweile so ein Widerstand, den wohl selbst
die Franzosen nicht haben kommen sehen. Und das Feuer des Nuit
debout greift immer weiter um sich, auch in Deutschland.
Mittlerweile hat sich auch noch in der eigenen französischen
Regierung Widerstand gegen diese Arbeitsrechtsreform
manifestiert. Den Konservativen in der ansonsten
sozialistischen „Regierung“ gehen die Reformen nämlich nicht
weit genug, und auch einige „Kollegen“ in den eigenen Reihen
sind dagegen. Der französische Präsident Francois Hollande
wollte daraufhin unter Berufung auf einen bestimmten
Verfassungsartikel die Reform ohne Abstimmung an der
Nationalversammlung vorbei einführen. Das ermöglichte nunmehr
einen Misstrauensantrag der Konservativen.
Hoffnung für die Menschen, für die Arbeitnehmer? Nicht
wirklich. Der Misstrauensantrag wurde erwartungsgemäß
gestellt, verfehlte aber sein Ziel, da von den erforderlichen
288 benötigten Stimmen nur 246 dafür stimmten. Der Antrag ist
also gescheitert. Im Gegenzug dafür gilt die Reform
automatisch als angenommen und geht nunmehr in die letzte
Abstimmung, soll heißen, der französische Senat wird sich am
13. Juni mit der Reform beschäftigen.
Die Folgen dieses absurden Theaters, das in keinster Weise den
Arbeitnehmern geholfen hat oder helfen wird, wird die
Regierung in den nächsten Tagen und Nächten zu spüren
bekommen. Bereits jetzt sind wieder Tausende Franzosen auf den
Straßen, und es werden mehr werden. Sie werden die Nacht zum
Tag machen, und die Krawalle werden zunehmen. Die Franzosen
haben nun einmal eine andere Mentalität als die Deutschen.
Bei solchen Gelegenheiten fallen einem doch immer wieder die
Vorhersagen des Alois Irlmaier ein, der vorhersagte, dass die
französische Jugend rebellieren und letztendlich sogar den
Eiffelturm in Brand stecken wird.