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Wissen. Was praktisch zählt.
Biofunktionalisierte medizinische
Implantate mit Adhäsionsprotein
und Wachstumsfaktor zur
Unterkieferrekonstruktion
Autoren: Volker Ettelt, Michael Veith, Peer Kämmerer
Einleitung
Die Rekonstruktion von Defekten im Unterkiefer mittels Überbrückungsplatten bei Risikopatienten unterliegt nach wie vor einer hohen Verlustrate. Physiologisch ursächlich dafür sind Komplikationen durch Lockerungen oder Infektionen. Molekulare Ursachen liegen
in einem verlangsamten Prozess des Einwachsens und Mineralisierung solcher Titanplatten in das umliegende Gewebe. Der Projekt­
ansatz möchte durch Immobilisation mittels eines innovativen molekularen Schichtsystems nach dem Baukastenprinzip Proteine aufbringen, die
a) ein Anwachsen osteogener Zellen und
b) die Stimulation dieser Zellen zur Mineralisierung
induzieren können. Implantate mit dieser Beschichtung sollen den Prozess des Einwachsen der Titanplatten signifikant beschleunigen.
Durchführung
Bei Erstellung eines Multilagenschichtsystems wird eine Titanoberfläche biotinyliert
und mit einer Streptavidinmonolage versehen. Darauf werden spezifisch die biotinylierten Proteine immobilisiert. Die molekularen Bindungsvorgänge können mittels Oberflächenplasmonenresonanzspektroskopie (SPR) in Echtzeit verfolgt werden. Die Applikation im realen System (Unterkiefer im Kaninchenmodell) wurde
nach 3 und nach 6 Wochen auf erhöhte Bone-implant-contact(BIC)-Werte untersucht.
biotinyliertes Protein
Streptavidin
Biotin
Silan
TiOx
Abb. 1: Multilagenschichtsystem für die Biofunktionalisierung von
Titanoxidoberflächen (TiOx). Nach einer Silanisierung wird kovalent Biotin angebunden, auf welches eine bioinerte StreptavidinMonolage immobilisiert werden kann. Nachfolgend werden unspezifische Anbindungen unterdrückt und spezifisch biotinylierte
Proteine non-kovalent angebunden.
Ergebnisse
bBMP auf TiOx-Streptavidin
BMP auf TiOx-Streptavidin
BMP auf TiOx
R / a.u.
R / a. u.
Fn auf TiOX
5.9 nm
bFn auf Streptavidin auf TiOX
Fn auf Streptavidin auf TiOX
2.3 nm
0.4 nm
Bedeckungsgrad [%]
rinse
50
100
40
80
30
60
20
40
10
20
0
0
bBMP auf Streptavidin
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
1600
1800
t [s]
0
50
100
150
200
Oberflächendichte [ng/cm2]
rinse
BMP auf Streptavidin
BMP auf TiOx
250
t / min
Abb. 2: Adsorption von biotinyliertem Fibronektin (bFN) und biotinyliertem BMP-2 (bBMP-2) sowie die nicht-biotinylierten Varianten auf TiOx. Beide Proteine können spezifisch auf TiOx immobilisiert werden, während die unspezifische Anbindung der nicht-biotinylierten Variante unterdrückt wird.
Abb. 3: Bedeckungsgrad mit biotinyliertem BMP-2
(bBMP) und nativem BMP-2 (BMP) von TiOx und
TiOx-Streptavidin-Oberflächen
Abb. 4: In vivo Untersuchung des Knochenwachstums an a) unbeschichteten Implantaten; b) mit Streptavidin beschichteten Implantaten
und c) mit Streptavidin-Fibronektin beschichteten Implantaten. Bei a) zeigt sich nach 6 Wochen ein nicht zugewachsener Spalt zwischen
Implantat und Knochen, b) ein vergrößerter Spalt und bei c) kein Spalt, was auf einen verbesserten Einwachsprozess solch biofunktionalisierter Implantate hindeutet.
Ausblick
Eine biologische Untersuchung der BMP-2-biofunktionalisierten Implantate steht noch aus. Eine Kombination der beiden Proteine auf
einer Implantatoberfläche erscheint unter den bisher erreichten Ergebnissen realistisch und vielversprechend.
[1] M. A. Pogrel, S. Podlesh, J. P. Anthony, J. Alexander, Journal of oral and maxillofacial surgery : official journal of the American Association of Oral and Maxillofacial Surgeons 1997, 55, 1200–1206.
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[6] P. Kämmerer, M. Lehnert, B. Al-Nawas, V. Kumar, S. Hagmann, A. Alshihri, Frerich,B. and Veith,M, Clinical Implant Dentistry and Related Research 2014.
Kontakt
Prof. Dr. Michael Veith
August-Schmidt-Ring 10
45665 Recklinghausen
Tel.: 02361/915-443
E-Mail: [email protected]
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