Korruption ist auch ein europäischer Exportschlager

Psychologie aktuell: Report Psychologie: Korruption ist auch ein europäischer Exportschlager
13-05-16
Report Psychologie: Korruption ist auch ein europäischer Exportschlager
Korruption: Kollektivistische Gesellschaften mit intensiven Familiennetzwerken neigen zu
"Vetternwirtschaft" und Clanbildung. Daraus ergeben sich selbstverständliche und moralisch
verbindliche Verhaltensweisen, die aus Sicht der modernen westeuropäischen Kultur als
korrupt gewertet werden. Dennoch ist Korruption auch in Deutschland alltäglich gang und
gäbe. "Report Psychologie" bietet mit seiner aktuellen Ausgabe Informationen und
Reflexionen zum Thema "Korruption - Mangelware Integrität".
Dr. Jamie-Lee Campbell unterscheidet drei Formen:
• Die situative Korruption meint die alltägliche, spontane Korruption z.B. unberechtigtes
Krankfeiern
• Der Weltfußballverband FIFA ist ein Beispiel für kontraproduktive Korruption - eine Art
Selbstbereicherung Einzelner auf Kosten der Gruppe
• Die organisationale Korruption bedeutet Selbstbereicherung einer Gruppe auf Kosten des
gesamten Gemeinwesens - etwa der Kfz-Industrie zulasten des Umweltschutzes
"Der Corruption-Perception-Index (CPI) von Transparency International zeigt die Intensität der
wahrgenommenen Korruption von 168 Staaten an. Während Deutschland (Platz 10) sowie die EU im
vorderen Drittel des Rankings als relativ korruptionsfrei wahrgenommen werden, scheint Korruption
ansonsten stark bis sehr stark verbreitet. Für den CPI werden regelmäßig Experten befragt. Das ist
auf verschiedene Weise problematisch. Beim Blick auf den CPI wirkt es, als sei Korruption vermehrt
ein Problem von ´Entwicklungsländern´ und nicht von uns. Fakten sind aber:
• Die situative Korruption ist in diesen Ländern weiter verbreitet und somit sichtbarer als die
´Hinterzimmerkorruption´ z.B. in Europa
• Studien belegen, dass westliche Firmen mehr im Ausland bestechen, so dass die Korruption
(zumindest zum Teil) durch westliche Unternehmen exportiert wird
• Steueroasen ermöglichen Korruption im großen Stil; dennoch werden die gängigen
Steueroasen als wenig korrupt wahrgenommen. So steht die Schweiz als größte Steueroase
beim CPI auf Platz 7 von 168" - als relativ Korruptions-unverdächtig, schreibt Campbell.
Die Report-Psychologie-Autoren räumen mit einer Reihe von Irrtümern auf. Z.B. wirft Prof. Dr.
Thomas Kliche einen kritischen Blick auf die "gute alte Zeit": "Preußische Tugenden haben wieder
Aufwind. Leider war Preußen zu seinen besten Zeiten eine Entwicklungs- und ansonsten eine
Raubdiktatur, also eine Umverteilung staatlicher Gemeinheit - der Souverän durfte unkontrolliert lügen
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und betrügen, dafür forderte er von Untergebenen bedingungslose Loyalität. Sekundärtugenden wie
Ordnung und Disziplin retten nicht vor Korruption ..."
Report Psychologie 5/2016
T. Kliche, S. Thiel (Hrsg.) Korruption - Forschungsstand, Prävention, Probleme. Pabst, 540 Seiten,
ISBN 978-3-89967-691-4
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