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Wasser ist knapp in Jordanien
Staat legt nationalen Plan zur Reform des Sektors bis 2030 vor / Von Christian Glosauer (Mai 2016)
Bonn (GTAI) - Wasser ist der Engpassfaktor schlechthin in Jordanien. Trotz Reformbemühungen in den letzten
Jahren hat sich der chronische Wassermangel angesichts der wachsenden Bevölkerung weiter verschärft. Die
Regierung will im Rahmen der "National Water Strategy 2016-2030" die Versorgung ausbauen und die
vorhandene Infrastruktur modernisieren. Dabei sollen auch die Abwasseraufbereitung und die Wasserentsalzung
an Bedeutung gewinnen.
Wie gravierend der Wassermangel in Jordanien ist, lässt sich unmittelbar an der Versorgungslage in wichtigen
Städten ablesen. Im Durchschnitt werden die Bevölkerungszentren nur einmal in der Woche über die Leitungen
versorgt. Auf dem Land können zwischen den stundenweisen Belieferungen auch schon mal zwei Wochen liegen.
Die Bevölkerung behilft sich mit Wassertanks auf den Hausdächern. Die Lage hat sich mit dem Zustrom von
Flüchtlingen aus Syrien und dem Irak weiter verschärft. Jordanien gibt seine offizielle Bevölkerung für 2014 mit
6,7 Mio. an. Dazu kommen die Flüchtlinge, so dass die Regierung Anfang 2016 von einer tatsächlichen
Bevölkerung von geschätzten 9 Mio. Personen ausgeht. Mit nur 140 Kubikmetern (cbm) Wasser pro Kopf und Jahr
an erneuerbaren Wasserressourcen liegt Jordanien weit unter der allgemein akzeptierten Definition für extremen
Wassermangel von 500 cbm.
"National Water Strategy 2016-2030" weckt neue Hoffnungen
Die Regierung hat Ende 2015 mit der "National Water Strategy 2016-2030" ein umfassendes Konzept für die
Wasserversorgung vorgelegt. Es ist der jüngste Reformplan in einer Reihe von Krisenplänen in den letzten
Jahrzehnten, die in der Summe nur mangelhaft umgesetzt wurden. Allerdings gibt die bemerkenswert offene und
kritische Analyse des Status Quo Anlass zur Hoffnung, dass die Umsetzung diesmal ernsthafter verfolgt wird als
in der Vergangenheit. Im Rahmen der neuen Strategie wird die Investitionsplanung aktualisiert. Sie sieht zwei
Schwerpunkte vor: Den Ausbau der Versorgung, um mit der prognostizierten Nachfragesteigerung Schritt zu
halten, sowie die Rehabilitierung beziehungsweise Erneuerung der existierenden Wasserinfrastruktur.
Ausländische Geldgeber sind im jordanischen Wassersektor seit Jahren erheblich engagiert. Dies gilt besonders
auch für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit, die dadurch ein detailliertes Wissen über diesen Bereich
gewonnen hat. Der Sektor wird zusätzlich durch das Verhältnis zum Nachbarn Israel bestimmt, mit dem Jordanien
Wasserressourcen (Totes Meer, Yarmouk-Fluß) teilt. So ist zum Beispiel die Verwirklichung des geplanten Kanals
zwischen Rotem und Totem Meer nur in Zusammenarbeit beider Staaten denkbar.
Größter Wasserverbraucher ist die Landwirtschaft. Obwohl sie nur 3 bis 4% zur Wirtschaftsleistung (2013)
beiträgt, beanspruchen die Landwirte knapp zwei Drittel des Wasseraufkommens. Hier bestehen Zielkonflikte
zwischen der Sicherung der eigenen Nahrungsmittelversorgung und dem wachsenden Bedarf in anderen Sektoren
wie der kommunalen Wasserversorgung und der Industrie. Erschwerend hinzu kommen schädliche Praktiken in
der Bewässerungswirtschaft, die seit Jahren mehr Grundwasser abpumpt als sich erneuern kann. Das gilt vor
allem für das sogenannte Hochlandplateau, das mit dem Jordantal die beiden Hauptanbaugebiete im Land stellt.
Während im Jordan Valley bereits geklärtes kommunales Abwasser in der Bewässerung verwendet wird, hat sich
die Grundwassernutzung auf dem Plateau in den letzten Jahren erhöht. Es droht eine fortschreitende Versalzung
der Grundwasservorkommen. Weiterhin besteht das Problem des Pestizid- und Düngemitteleintrags in der nur
gering regulierten Bewässerungswirtschaft.
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Wasser ist knapp in Jordanien
Wachsende Nachfrage durch Industrie, Kraftwerke und Tourismus
Gemessen am Beitrag zur Wirtschaftsleistung von 18% ist der Wasserverbrauch des verarbeitenden Gewerbes mit
nur 4 bis 5% des Aufkommens oder 39 Mio. cbm (2013) gering. Der Anteil des Touristiksektors ist mit einigen
Millionen Kubikmetern jährlich noch sehr klein. Dennoch wächst die Nachfrage und der Staat will den künftigen
Bedarf stärker aus Recyclingwasser decken, um das hochwertige Grundwasser vor allem für den
Trinkwasserbedarf zu reservieren.
Die Wasserwirtschaft selbst ist durch Pumpstationen und Verteilungssysteme ein Großverbraucher von Energie.
Im Jahr 2013 verbrauchten die Wasserwerke 14% des insgesamt durch die Kraftwerke im Land zur Verfügung
gestellten Stroms. Diesem enormen Energieeinsatz will der Staat unter anderem durch vermehrte Nutzung
erneuerbarer Energien in der Wasserwirtschaft begegnen. Mittelfristiges Ziel ist ein Anteil von 10% der
Erneuerbaren in diesem Sektor. Die Pläne für die Nutzung von Kernkraft mit ihrem großen Wasserbedarf dürften
bei einer Umsetzung eine große Herausforderung darstellen. Bislang ist geplant, geklärtes Abwasser zur Kühlung
der Kraftwerke einzusetzen.
Erhebliche Wasserverluste
Mit dem euphemistischen Begriff "Non-Revenue-Water" (NRW) werden Wasserverluste im Netzwerk und die
illegale Wasserabzweigung einschließlich ungenehmigter Grundwasserentnahmen umschrieben. Im Jahr 2014
belief sich das NRW auf erstaunliche 50% des in das Netz geschickten Wassers, was erhebliche Verluste für die
Wassergesellschaft bedeutet. Durch höhere Strafen für unerlaubte Entnahmen und die Behebung technischer
Leckagen soll bis 2030 der Wert auf 25% des Aufkommens verringert werden. Die technischen Verluste alleine
sollen bis dahin auf 15% sinken.
"Unkonventionelles" Wasser wird wichtiger
Sogenanntes unkonventionelles Wasser wird in Zukunft eine noch größere Rolle bei der Versorgung spielen. Dazu
gehört geklärtes Abwasser und entsalztes Wasser. Zu dieser Kategorie zählt auch fossiles Wasser aus dem DisiAquifer, das seit kurzem aus dem Süden in die Hauptstadt Amman gepumpt wird. Langfristig soll das Großprojekt
eines Kanals zwischen Rotem und Totem Meer die wachsende Nachfrage absichern. Mit
Wasserentsalzungsanlagen soll dann das Wasser aus dem Rotem Meer behandelt werden. Gleichzeitig würde dies
dem sinkenden Wasserstand im Toten Meer entgegenwirken.
Entwicklung der Wasserressourcen und künftige Nachfrage (in Mio. cbm pro Jahr)
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Jahr
2014
2015
2020
2025
2030
Grundwasser nachhaltige Nutzung
275
275
275
275
275
Grundwasser Übernutzung
173
173
156
130
104
Nicht-erneuerbares Grundwasser
160
160
169
224
224
Niederschlagswasser (Lokal und Tiberius See)
250
250
260
270
280
Geklärtes Abwasser
137
140
180
200
220
Neue Ressourcen (Wasserentsalzung)
10
10
90
90
240
Summe
995
1.008
1.130
1.189
1.343
Nachfrage von Industrie, Kommunen und Tourismus
714
717
727
751
810
Bewässerung (über Wasseruhren)
497
505
520
535
550
Bewässerung, Nachfrage
678
700
700
700
700
Nachfrage Ölschiefer und Kernkraft
0
0
57
72
90
Nachfrage insgesamt
1.211
1.222
1.304
1.358
1.450
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Wasser ist knapp in Jordanien
Quelle: Ministry of Water and Irrigation, National Water Strategy
Ministerium für Wasser bestimmt Wasserpolitik
Maßgebliche Institution im jordanischen Wassersektor ist das Ministry of Water and Irrigation (MWI). Es ist
zuständig für die Wasserversorgung und Abwasserklärung und koordiniert sich dabei mit der Water Authority of
Jordan (WAJ) und der Jordan Valley Authority (JVA). Die Zuständigkeit des MWI für Wasserversorgung und
Kläranlagen wird in dem Gesetz Nr. 14 aus dem Jahr 2014 geregelt. Die WAJ kümmert sich auf operativer Ebene
um die landesweite Wasserversorgung und Abwasserbehandlung. Die Richtlinienkompetenz insbesondere für die
Festlegung der Wasserpreise liegt jedoch beim Ministerium. Die JVA ist für die wirtschaftliche Entwicklung des
Jordantals zuständig. Dabei fallen auch die Entwicklung von Wasserressourcen sowie das Management der
Wasservorkommen auf übergeordneter Ebene in ihre Zuständigkeit.
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