PDF ausgabe 2016-18 - Deutsche Gesundheits Nachrichten

Ausgabe | 18
13. Mai 2016
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Gesundheitssystem
Zahl der Krankenkassen wird sinken
Zudem wird es zu einer Verdoppelung der Zusatzbeiträge kommen. Die Last auf dem Gesundheitssystem steigt
I
Prozent. „Eingeleitete und bem Jahr 2000 gab es in Deutschland noch mehr als 400 Kranvorstehende Reformen sowie
kenkassen. Mittlerweile sind es
die demografische Entwicklung
nur mehr 128 Kassen. Das deutwerden zu erheblichen Ausgasche Gesundheitssystem befinbensteigerungen führen“, so
det sich im Wandel. Nicht nur
BDO Vorstandsmitglied Parwäz
bei den Ärzten auf dem Land
Rafiqpoor.
und bei den Apothekern lichtet
„Wenn keine Subventioniesich das Feld. Die Wirtschaftsrung durch den Bundeshausprüfungsgesellschaft BDO geht TOP 10 Krankenkassen 2015.
halt erfolgt, können diese bis zu
Grafik: BDO
davon aus, dass mittel- bis lang40 Milliarden Euro nur durch
fristig die Zahl der Krankenkasentsprechende Zusatzbeiträge
sen zwischen 20 und 35 Prozent sinken von Flüchtlingen die Wartezeit von 15 gedeckt werden. Und besonders die kleiwird. „Es wird eine kritische Finanzlage der Monaten überschritten haben dürfte und nen Kassen werden dem wirtschaftlichen
Krankenkassen zukünftig erwartet, die zu in das Krankenkassensystem kommt.“ Die Druck nicht standhalten.“ Zusätzlich dazu
steigendem Wettbewerbs- und Konzentra- Flüchtlingssituation werde demnach Aus- ist nicht auszuschließen, dass auch die
tionsprozess der Krankenkassen führen“, wirkungen auf die Krankenversicherungen Einheitsbeträge angehoben werden:
heißt es in der Krankenkassenstudie 2015. haben. Ob es jedoch eine Unterdeckung
„Von den 20 Krankenkassen, die den
Demnach werden nur mehr 80 bis 100 ge- geben wird, die die übrigen gesetzlichen niedrigsten Zusatzbeitrag erheben, ist
setzliche Krankenkassen auf dem Markt Versicherten auch über eine mögliche ein Großteil nicht bundesweit zugänglich
bestehen.
Steigerung der Zusatzbeiträge zu tragen für Versicherte. Fünf Krankenkassen sind
nur betriebsbezogen wählbar, lediglich
Grund für diese Entwicklung sind die haben, ist ungewiss.
Zusätzlich zu den Fusionen und dem vier Krankenkassen sind bundesweit für
demografische Entwicklung, der Flüchtlingsstrom und die Digitalisierung. Sie Verschwinden der Kassen wird auch eine alle Versicherten geöffnet. Die Metzinger
führen zu einer kontinuierlichen Kos- Anhebung der Beiträge erwartet. Die Wis- BKK, die als einzige Krankenkasse auch in
tensteigerung für die Kassen: „Effekte senschaftler rechnen für die kommenden 2016 keinen Zusatzbeitrag erhebt, ist nur
der Flüchtlingskrise werden für das Jahr drei Jahre mit einer Verdoppelung der für Versicherte in Baden-Württemberg
2017 erwartet, wenn rund eine Million Zusatzbeiträge für Arbeitnehmer auf 1,8 geöffnet.“
Analyse
Apotheker zieht es in die Großstadt
Die Konzentration der Apotheken im
städtischen Raum hält an. Mittlerweile
ist der Anteil der Apothekengründungen
in den Großstädten 2015 auf 40 Prozent
gestiegen. Während es hinsichtlich der
Gründungen auf dem Land stabil blieb,
gingen die Gründungen in den Städten
mit einer Einwohnerzahl zwischen 20.000
und 100.000 um 24 Prozent zurück. 2013
machten Neugründungen in der Großstadt
nur 31 Prozent aus, das zeigt die aktuelle
Umfrage der Deutschen Apotheker- und
Ärztebank (apoBank).
Eine Forcierung hat sich auch im Be-
reich der Filialapotheken abgespielt. „Der
Anteil der Apotheken, die als Filialen übernommen wurden, lag 2015 bei 29 Prozent
und nahm gegenüber den Vorjahren deutlich zu“, so die apoBank. Addiere man die
fünf Prozent Neugründungen dazu, machen
Filialen insgesamt ein gutes Drittel aller
finanzierten Apothekengründungen aus.
Apothekenverbünde erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. „Trotz der hohen
Investitionen, die solch ein Verbund mit sich
bringt, ist ein Teil des pharmazeutischen
Nachwuchses bereit, in Apothekenverbünde zu investieren“, sagt Georg Heßbrügge
von der apoBank. „Diese Einheiten sind
meistens gut organisiert und aufeinander
abgestimmt, daher durchaus attraktiv als
Komplettübernahme.“ Selbst eingesessene
Apotheker finden mittlerweile Gefallen
daran, Apothekerverbünde zu nutzen, um
selbst weiter zu wachsen.
Für die Apothekerverbünde mit einer Größe von etwa 2,2 Apotheken lag der
durchschnittliche Preis im vergangenen
Jahr bei 837.000 Euro. Der Übernahmepreis
für eine Filialapotheke lag im Schnitt bei
321.000 Euro. Das ist ein jährlicher Zuwachs
von 13 Prozent.
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Trotz der zu erwartenden Anhebung
der Beiträge ist auch auf lange Sicht mit
einer Anpassung des Leistungskataloges
zu rechnen. In den nächsten 10 bis 20
Jahren wird diese aufgrund der demografischen Entwicklung durchgeführt
werden müssen. Die Differenzierung bei
den Satzungsleistungen wird zwischen
den Krankenkassen hinsichtlich Höhe,
Service und Qualität in den nächsten
Jahren deutlich zunehmen.
Mit aktuell etwa 6,9 Millionen Versicherten ist die Techniker Krankenkasse derzeit die größte Krankenkasse in
Deutschland, dicht gefolgt von der Barmer
GEK (6,9 Millionen). 13 der 118 Krankenkassen hatten 2015 einen Mitgliederschwund
zu verzeichnen. Im vergangenen Jahr gab
es insgesamt acht Krankenhausfusionen.
Bis zum 01.01.2017 wollen die Deutsche
BKK und die Barmer GEK zusammengehen.
Gesundheitsausgaben nach Ausgabenträgern 2014.
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Grafik: BDO
Wirtschaft
Krankenkassen fürchten Mehrkosten in Millionenhöhe
Migranten sollen in den ersten drei Jahren bei Arzt- oder Krankenhausterminen Anspruch auf einen Dolmetscher bekommen
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ir schätzen, dass dadurch allein im
Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung Mehrausgaben von rund 120
Millionen Euro pro Jahr entstehen“, sagte
der Chef des AOK-Bundesverbands, Martin
Litsch, dem Spiegel. Falls die gesetzliche
Krankenversicherung (GKV) in Vorleistung
gehen solle, müsse zumindest der Bundeszuschuss angehoben werden.
Der Sprecher des GVK-Spitzenverbands, Florian Lanz, sagte: „Auch diese
Integrationskosten sind eine Gesellschaftsaufgabe, die man nicht einfach den gesetzlichen Krankenkassen zuschieben kann.“
So blieben Privatversicherte und der Staat
außen vor. „Das erscheint mir nicht gerecht
zu sein“, sagte Lanz zu Reuters.
Die Kassen erwarten aufgrund steigender Kosten sowie durch diverse Reformen
der schwarz-roten Regierung erhebliche
Mehrkosten, die in den nächsten Jahren
zu steigenden Zusatzbeiträgen für die
Versicherten führen.
Am 24. Mai soll das Integrationsgesetz
bei der Klausurtagung der Bundesregierung in Meseberg beschlossen werden.
Zum ersten Mal in der Geschichte der
Bundesrepublik Deutschland werde es ein
Bundesgesetz zur Integration geben, sagte
Bundeskanzlerin Angela Merkel anlässlich
der Vereinbarungen im April in Berlin.
Dem Eckpunktepapier zufolge werde das Gesetz sich an den „Grundsätzen
des Förderns und Forderns“ orientieren,
heißt es darin. Zudem soll Asylbewerbern
ein Wohnsitz zugewiesen werden können.
„Eine Verletzung der Wohnsitzzuweisung
führt für die Betroffenen zu spürbaren
Konsequenzen“, heißt es.
Die Einigung sei unter Federführung
von Innenminister Thomas de Maiziere
(CDU) und Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) gelungen, die an dem Treffen
teilnahmen, sagte ein Koalitionsvertreter.
Ihren Streit über ein Daueraufenthalts-
Die Mehrkosten könnten zu erneut steigenden Beitragskosten führen.
Foto: EU-Kommission
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recht nach drei Jahren legten die Minister
mit einem Kompromiss bei. De Maiziere
setzte durch, dass „eine unbefristete Niederlassungserlaubnis nur erteilt [wird],
wenn der anerkannte Flüchtling seinerseits
Integrationsleistungen erbracht hat“. Da-
bei soll allerdings „die besondere Lage der
Flüchtlinge berücksichtigt“ werden.
Vorgesehen seien auch 100.000
Ein-Euro-Jobs für Flüchtlinge. Um Asylbewerbern und Geduldeten den Zugang
zum Arbeitsmarkt zu erleichtern, soll die
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Vorrangprüfung für drei Jahre abgeschafft
werden. Bisher dürfen sie eine Arbeitsstelle
nur besetzen, wenn Einheimische oder
andere Europäer keinen Vorrang haben.
Auch als Leiharbeiter dürfen sie künftig
beschäftigt werden.
Wissenschaft
Forscher entwickeln Impfstoff gegen Krankenhauskeime
Jedes Jahr gibt es Berichte über gefährliche Krankenhauskeime. Ein neuer Impfstoff auf Zuckerbasis könnte Abhilfe schaffen
Süßer Angriffspunkt für therapeutische Antikörper: das Zuckermolekül „PS-I“ von C. difficile ist in seiner
dreidimensionalen Form dargestellt (orange: Kohlenstoff; rot: Sauerstoff; weiß: Wasserstoff.
Foto: © MPI f. Kolloid- und Grenzflächenforschung
J
edes Jahr sterben in den USA etwa 15.000
Menschen an einem der gefährlichsten
Krankenhauskeime, dem Darmbakterium Closteridium difficile. In Deutschland
sind jährlich etwa 800 Menschen betroffen. In manchen Situationen ist der Keim
lebensgefährlich. Dadurch dass sich der
Keim stetig verändert, verlieren Antibiotika regelmäßig ihre Wirkung auf diesen.
Dem Max-Planck-Institut zufolge tragen
etwa 40 Prozent der stationären Patienten
in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern den Erreger. Da diese meist schon geschwächt sind, ist es einfach für das Bakterium sich auszubreiten.
Ein neues Molekül könnte nun helfen.
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts
für Kolloid- und Grenzflächenforschung
haben ein Molekül entwickelt, das den Patienten vor dem Bakterium schützen kann.
„Es ähnelt dem charakteristischen Zuckerpelz auf der Oberfläche der Bakterien und
kann daher eine ähnliche Immunantwort
hervorrufen wie das Bakterium selbst“, so
die Wissenschaftler. Das künstliche Molekül wurde dann an ein Aminosäuregerüst angebracht. Ein immunaktivierendes
Peptid regte daraufhin in Versuchen bei
Mäusen das Abwehrsystem zur Bildung
von Antikörpern an.
Damit wäre es möglich, therapeutische Antikörper zu produzieren, um das
Immunsystem von betroffenen Patienten
im Notfall stützen zu können. Ein Impfstoff
ist auch denkbar. „Unsere aktuellen Ergebnisse sind ein sehr gutes Beispiel dafür,
wie Grundlagenforschung mithilfe des
Studiums der menschlichen Immunantwort gegen Zucker zu neuen Kandidaten
für den Kampf gegen gefährliche Krankenhauskeime führen kann“, sagt Peter H.
Seeberger, Direktor am Max-Planck-Institut
für Kolloid- und Grenzflächenforschung
und Professor der Freien Universität Berlin.
Zusammen mit der Vaxxilon AG aus
der Schweiz arbeiten die Wissenschaftler
derzeit an der Entwicklung neuer Kohlenhydrat-Impfstoffe. Drei auf Zuckern
basierende Impfstoffe gegen bakterielle
Infektionen sind bereits traditionell entwickelt worden: gegen Lungenentzündung
(Pneumokokken), Hirnhautentzündung
(Meningokokken) und Haemophilus influenzae Typ b. Nun wird auf künstlich
hergestellte Impfstoffe gesetzt.
Gentechnik
USA: Cartoonist wegen kritischer Saatgut-Karikatur gefeuert
Er hatte eine Karikatur veröffentlicht, die die US-Agrar-Konzerne Monsanto und Dupont kritisiert
D
er US-amerikanische Cartoonist Rick
Friday wurde von seinem Arbeitgeber
„Farm News“ gefeuert, berichtet die New
York Times. Er hatte zuvor eine Karikatur
gezeichnet, die die US-Agrarkonzerne
Monsanto, Dupont und Pioneer kritisiert.
Sein Cartoon zeigt einen US-Farmer, der einem anderen Farmer sagt: „Ich wünschte
die Landwirtschaft würde mehr Profit ab-
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werfen“. Darauf antwortet der andere Farmer mit den Worten: „Das tut sie doch. Im
Jahr 2015 haben die Vorstandsvorsitzenden von Monsanto, Dupont, Pioneer und
John Deere zusammen mehr verdient als
2129 Landwirte in Iowa“.
U.S. Uncut leakte die E-Mail-Korrespondenz zwischen Friday und seinem Chef.
Fridays Chef: „Du kannst es glauben,
oder nicht. Die mehr als 20-jährige Zusammenarbeit zwischen Farm News und dir
ist vorbei. Heute wurde ich angewiesen,
keine Cartoons mehr von dir zu nehmen.
Der letzte hat für einen Shitstorm gesorgt,
den ich nicht nachvollziehen kann. Einige
Agrarmultis sind der Meinung, dass man
sie nicht kritisieren oder Späße über sie
machen darf. Die Karikatur führte auch
dazu, dass ein Saatguthändler seine Werbeanzeigen bei Farm News storniert hat.“
Friday hat nach eigenen Angaben 21
Jahre für Farm News gearbeitet. Er hat über
1.090 Karikaturen veröffentlicht und erreichte damit wöchentlich mehr als 24.000
Haushalte in 33 Bezirken von Iowa.
Der US-Agrarkonzern Monsanto vertreibt unter anderem Glyphosat unter dem
Markennamen Roundup und erzielte damit
im vergangenen Jahr einen Umsatz von 4,8
Milliarden Dollar. Auch andere Konzerne
produzieren das sogenannte Totalherbizid.
Aber auch auf dem Gentechnik-Markt ist
Monsanto gut vertreten. Ein Markt, der auch
Die Monsanto-kritische Karikatur aus Farm News.
andere Firmen wie Bayer und BASF lockt.
Brasilien beispielsweise ist der zweitgrößte Produzent von Soja und ein Kerngebiet von Monsantos Insektizid Roundup.
Die Bayer AG und BASF SE planen derzeit,
mit genmanipulierten Sojabohnen Monsanto in Brasilien Marktanteile streitig zu
machen. 94 Prozent der brasilianischen
Sojabohnen sind gentechnisch verändert.
Die Regierung rechnet für dieses Jahr mit
einer Ernte in Höhe von mehr als 100 Mil-
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lionen Tonnen.
Je nachdem, wann und ob TTIP abgeschlossen wird, könnte ein neues Kapitel in
Sachen Gentechnik geöffnet werden. Bisher
drängen die Amerikaner darauf, zukünftig
mit TTIP auch gentechnisch veränderte Lebensmittel in die EU exportieren zu dürfen.
Die EU lehnt dies bisher aber ab. Hat die USA
mit ihrer Forderung jedoch Erfolg, würde
dies der Biotech- und Gentechnikbranche
einen weiteren Schub geben.
Wirtschaft
Pharmakonzern Roche setzt auf Diabetes-Geschäft
Trotz etlicher Umsatzeinbußen hat sich der Pharmakonzern Roche erneut für die Diabetes-Branche im Haus ausgesprochen
D
er Schweizer Pharmakonzern Roche
will am Geschäft mit BlutzuckerMessgeräten festhalten. Der zuletzt mit
Umsatzeinbußen kämpfende Bereich
dürfte im kommenden Jahr wieder zu
Wachstum zurückfinden, sagte der Chef
der Roche-Diagnostiksparte, Roland Diggelmann. Die Aussichten für den Bereich
Diabetes Care seien angesichts des zunehmenden Auftretens von Diabetes des
Typs 2 (Altersdiabetes) weiterhin gut.
„Dieses Jahr sollten Sie kein Wachstum
erwarten, aber ich denke im kommenden
Jahr dürften wir zum Wachstum zurückkehren“, zitiert ihn Reuters. „Das ist eindeutig unsere Sicht.“
Während Roche sich auf Messgeräte spezialisiert
hat, punktet Boehringer Ingelheim mit Medikamenten.
Foto: Flicrk/ Alden Chadwick/CC by 2.0
Der vor allem für seine Krebsmedikamente bekannte Konzern aus Basel ist der
weltgrößte Anbieter von Diagnosegeräten
und medizinischen Tests sowie Marktführer im Bereich Blutzuckermessung. Die wegen Preissenkungen in den USA schwache
Entwicklung der vergangenen Jahre hatte
wiederholt Spekulationen geschürt, Roche
könnte dem Beispiel von Bayer folgen und
sein Diabetes-Geschäft verkaufen. Diggelmann trat dem entgegen: „Es ist weiterhin
ein gutes Geschäft“, sagte er. „Wir geben
keine Gewinnmargen bekannt. Aber es ist
ein Geschäft, das Cashflow generiert und
das Zukunft hat.“
Im Gegensatz zu Roche konnte
Boehringer Ingelheim auch im vergangenen Jahr vom Diabetesgeschäft profitie-
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ren. 2015 kletterte der Umsatz um gut elf
Prozent auf 14,8 Milliarden Euro, bereinigt
um Währungseffekte legten die Erlöse um
rund vier Prozent zu. Der Betriebsgewinn
stieg um sechs Prozent auf 2,3 Milliarden
Euro. Boehringer habe im vergangenen
Jahr so viele Einreichungen, Zulassungen
und Neueinführungen von neuen Produkten verzeichnet wie nie zuvor in seiner
Geschichte.
Der Umsatz mit Diabetes-Präparaten
schnellte um fast 64 Prozent in die Höhe,
währungsbereinigt stand immer noch ein
Plus von rund 49 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro zu Buche. Insgesamt kletterten
die Erlöse mit verschreibungspflichtigen
Medikamenten, dem wichtigsten Geschäft
von Boehringer, währungsbereinigt um
gut vier Prozent auf 10,7 Milliarden Euro.
In der Tiermedizin legte der Umsatz währungsbereinigt um mehr als zehn Prozent
auf knapp 1,4 Milliarden Euro zu.
Die Zahl der Diabetiker ist auf weltweit
422 Millionen angestiegen (2012). Im Jahr
1980 waren es nur 108 Millionen. Die Zahl
der Betroffenen dürfte bis 2040 auf 642
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Millionen steigen. Zuletzt rief die WHO
zu mehr Engagement im Kampf gegen
Diabetes auf. Geschehe dies nicht, könnte
Diabetes bis spätestens 2030 zu den sieben häufigsten Todesursachen weltweit
gehören. Allein in Deutschland sind derzeit
etwa 6 Millionen Menschen an Diabetes
erkrankt. Doch selbst hierzulande weiß
fast jeder Fünfte nicht einmal, dass er an
der Krankheit erkrankt ist. Die Zahl der
Diabetes Typ-2-Neuerkrankungen unter
deutschen Jugendlichen hat sich in den
vergangenen Jahren sogar verfünffacht.
Gesundheit
UN fordern höhere Preise für Wasser in reichen Ländern
Die Weltbank und die Vereinten Nationen warnen vor einem Wassermangel wegen des Klimawandels
W
assermangel infolge von Klimaveränderungen könnte der Weltbank
zufolge bis 2050 zu einem Einbruch der
Konjunktur in mehreren Regionen der
Welt führen. Besonders hart dürfte es den
Nahen Osten treffen. Dort könne die Wirtschaftsleistung um bis zu 14 Prozent fallen. Auch in China und Indien würde der
Wandel schwerwiegende Folgen haben, so
die Modellrechnungen der Weltbank.
Laut den Vereinten Nationen betrifft
die Wasserknappheit jedoch bald nicht
mehr nur die Golf-Region sondern immer
mehr Gebiete auf der ganzen Welt: Auch Europa ist nach einer Studie der UN spätestens
2070 von der weltweiten Wasserknappheit
betroffen. Der Klimawandel und der mit der
Bevölkerung wachsende Bedarf an Nahrung,
Energie und sanitärer Versorgung gefährden demnach auf lange Sicht die weltweite
Wasserversorgung. Bereits bis 2030 könne
die Lücke zwischen dem Bedarf und der natürlichen Neubildung von Grundwasser auf
40 Prozent anwachsen, prognostizieren die
Experten der UN-Wetterorganisation WMO.
Bis zum Jahr 2050 werde der weltweite
Bedarf an Wasser dadurch voraussichtlich
um 55 Prozent ansteigen. Bis 2070 werde
die Wasserknappheit auch in Mittel- und
Südeuropa zu spüren sein.
Ein Lösungsansatz zum Wassersparen
könnte es demnach sein, Wasser teuer zu
machen. „Die derzeitigen Wasserpreise sind
normalerweise viel zu niedrig, um reiche
Haushalte und Industrien davon abzuhalten, überzogen viel Wasser zu verbrauchen“,
so der UN-Bericht.
In den Vereinigten Arabischen Emiraten hat man bereits erste Maßnahmen
ergriffen. Ein künstlich angelegter Berg soll
bald mehr Niederschläge erzeugen. Der
Berg soll die Luft dazu bringen, aufzusteigen
und Wolken zu bilden. Diese sollen dann
mit Chemikalien „geimpft“ werden, um
als Steigungsregen für die Bewässerung
der Region zu sorgen.
Das Konzept ist eine Auftragsarbeit von
US-Wissenschaftlern des National Center
for Atmospheric Research (NCAR), berichtet
das Wirtschaftsmagazin Arabian Business
in Dubai. Die Forscher studierten demnach
derzeit detaillierte Modelle des Projekts um
bis zum Sommer zu bewerten, welche Art
von Berg in welcher Höhe und Steigungswinkel die besten Auswirkungen auf das
Wetter hat. Das Forschungskonsortium aus
verschiedenen US-Universitäten hat dafür
bereits 400.000 Dollar an Forschungsgeldern erhalten.
Auf der Suche nach neuen Trinkwasserquellen investiert die trockene Region
der arabischen Wüsten große Summen für
die Erforschung von Wettertechnologien.
Wie jüngst bekanntgegeben, haben die
Vereinigten Arabischen Emirate allein im
vergangenen Jahr 558.000 Dollar für das
sogenannte „Cloud-Seeding“ ausgegeben.
Dieses Verfahren zur Wetteränderung nennt
sich auch „Wolkenimpfen“ und bewirkt
ein chemisch induziertes Abregnen von
Wolken. Dabei kommen meist Metallionen
zum Einsatz, die etwa per Flugzeug direkt
in die Wolken gesprüht werden und die
Regentropfen beschweren und so zum
Niederregnen bringen.
Noch müssen die Forscher herausfinden, wie viel genau das Bauen eines
künstlichen Bergs kosten würde, sollte es
sich als rentabel erweisen, soll ein Ingenieursbüro in der nächsten Projekt-Phase
den Bau konkret konzipieren.
Die Arabischen Emirate haben bereits
Erfahrungen mit künstliche Landschaftsveränderungen, auch Geo-Engineering
genannt: So entstand in der Region das
berühmte Projekt der Palm Islands, zwei
künstlich vor der Küste aufgeschüttete
Luxus-Inselgruppen in Form von Palmen.
Kosten waren bei solchen Mega-Projekten für die reichen Ölländer bisher kein
Problem, doch mit dem nachlassenden
Öl-Boom tritt das Trinkwasserproblem der
Wüstenstaaten immer stärker in den Vordergrund. Saudi-Arabien hat nach Jahren
der Wasserverschwendung nun wegen des
extremen Wassermangels radikale Maßnahmen ergriffen und die Landwirtschaft
komplett verboten.
Insbesondere das Verbot des Futtermittelanbaus bringt den größten Milchproduzenten des Landes in Bedrängnis: Almarai
betreibt mitten in der Wüste die größte
Kuhfarm der Welt. Um die Versorgung der
50.000 Tiere zu sichern, kauft der Konzern
nun massiv Agrarflächen im Ausland auf,
vornehmlich in Afrika und den USA. Die
Regierung unterstützt die Strategie: Im
vergangenen Jahr hat die Politik finanzielle
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Die arabischen Emirate haben bereits Erfahrungen mit Mega-Bau-Projekten in der Wüste.
Förderung für alle Investoren angekündigt, die Ackerland in Übersee kaufen. In
Afrika und vornehmlich im Sudan haben
saudische Investoren bereits mehr als eine
Million Hektar Land gekauft und sich dort
bereits massive Kritik wegen Landgrabbings
eingehandelt.
Nun hat Almarai eine Ausweitung
seiner Strategie der Expansion außerhalb
von Saudi-Arabien angekündigt. So hat das
Unternehmen jüngst Agrargrundstücke in
den USA für insgesamt 80 Millionen Dollar
gekauft. Mehr als vierzig Quadratkilometer
davon liegen in Arizona, zudem kaufte
Almarai auch sieben Quadratkilometer
in Kalifornien, meldet Reuters. Kalifornien ist einer der beliebtesten Staaten
für ausländische Investoren in den USA.
Rund 2,5 Prozent des privaten Ackerlands
sind in ausländischem Besitz, zitiert die
Fachzeitschrift Agrimoney Daten des USLandwirtschaftsministeriums.
Besonders die Farmer im dürregeplagten Kalifornien kritisieren den Schritt, so
Berichte aus US-Medien. Almarai baue das
Heu für seine Kühe künftig ausgerechnet
in Regionen an, die selbst mit Trockenheit
und Wassermangel zu kämpfen haben.
Besonders Kalifornien kämpft seit vier
Jahren mit einer Jahrhundert-Dürre, die
die Wirtschaft des Staates nach offiziellen
Schätzungen bereits 2,74 Milliarden Dollar
gekostet hat. Holly Irwin, Sprecherin einer lokalen Farmervereinigung in Arizona
sagte gegenüber dem US-Sender CNBC:
„Wir lassen sie hier rüberkommen und
unsere Ressourcen aufbrauchen. Das ist
sehr frustrierend für mich, insbesondere
wenn Anwohner zu mir kommen und mir
erzählen, dass ihre Brunnen austrocknen
und sie tiefer bohren müssen, um an Wasser
zu gelangen. Es ist für diese Leute sehr
teuer, neue Brunnen zu bohren“.
Die Farmer fordern von der Regierung
Regulierungsmaßnahmen, um den weiteren Export von Wasser in Form von Heu
nach Saudi-Arabien zu unterbinden. Denn
den Farmern zufolge haben sich die Saudis
gezielt die Gebiete ausgesucht, in denen es
wenig Regulierung zum Grundwasserverbrauch gebe.
Saudi-Arabiens Wasserproblem ist zum
großen Teil hausgemacht: Der Wüstenstaat
liegt eigentlich auf einem der größten unterirdischen Wasserreservoirs der Welt.
Allerdings wurden die in Jahrtausenden
gewachsenen Wasserspeicher innerhalb nur
einer Generation zu mehr als vier Fünftel
geleert.
Mitschuld sind gigantische Agrar-
13. Mai 2016
Foto: Flickr/ brando.n/CC by 2.0
projekte: Neben der größten Milchfarm
der Welt, deren Vieh wegen der Außentemperaturen von bis zu 55 Grad Celsius
permanent mit Wasser besprüht werden
muss, um nicht vor Hitze zu kollabieren,
hat Saudi-Arabien auch riesige Weizenfelder in der Wüste angelegt mit dem Ziel,
den Wüstenstaat zum Selbstversorger bei
Weizen zu machen. Die Strategie machte
das Königreich zeitweise zum sechsgrößten
Weizenproduzenten der Welt. Für kurze Zeit
hat Saudi-Arabien so viel produziert, dass es
große Teile der Ernte an die Nachbarländer
verschenken musste, damit das Korn nicht
verrottet. In den 1990er Jahren verbrauchten die saudischen Farmer dafür ganze 5
Billionen Gallonen oder rund 19 Billionen
Liter Wasser pro Jahr, wie der amerikanische
Investigativblog Reveal ausgerechnet hat.
Mit dem praktischen Verbot der Landwirtschaft zieht Saudi-Arabien jetzt radikal
die Notbremse. Ob die Maßnahmen noch
rechtzeitig kommen, ist fraglich: Zahlreiche
Jahrtausende alte Oasen sind jedenfalls
bereits für immer ausgetrocknet. Sollten
die letzten Quellen des reichen Ölstaats
versiegen, dürften sich die saudischen
Zukäufe von Territorium im Ausland in
absehbarer Zeit nicht mehr nur auf Ackerland für Heuanbau beschränken.
Impressum Geschäftsführer: Christoph Hermann, Karmo Kaas-Lutsberg. Herausgeber: Dr. Michael Maier (V.i.S.d. §§ 55 II RStV).
Redaktion: Anika Schwalbe, Gloria Veeser, Julia Jurrmann, Cüneyt Yilmaz. Sales Director: Philipp Schmidt. Layout: Nora Lorz. Copyright:
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