Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 3/2016 Fachinformationen aus der Landwirtschaftsverwaltung in Bayern SCHULE und BERATUNG →→ Der Bayerische Weg in der Praxis →→ Hofheimer Land – Eine Allianz für lebendige Ortsmitten →→ Gut abgesichert auf die Reise gehen →→ Fachrichtungsübergreifende Apps im Unterricht INHALT AGRARPOLITIK ERLEBNIS BAUERNHOF ERNÄHRUNG HEIL- UND GEWÜRZPFLANZEN LÄNDLICHER RAUM FÜHRUNG VERWALTUNG DIGITALISIERUNG 33 35 36 38 Integrierte Ländliche Entwicklung in Bayern Dorfumbau: Dörfer entstehen im Kopf! Räumliche Entwicklungsmaßnahmen fördern Hofheimer Land – Eine Allianz für lebendige Ortsmitten 40 Durch Feedback lernen 43 Neue Kollegen an Bord nehmen 45 Standardisierter „Mitarbeiter Check in“ erleichtert Start an der FüAk 46 49 50 52 53 54 Gut abgesichert auf die Reise gehen Neues Fachzentrum Ökologischer Landbau am AELF Deggendorf Amtsverwaltung erfolgreich fortgebildet Internetauftritte gemeinsam gestalten Gewusst wie: Bilder für das Internet aufbereiten Informationen online stellen – Was Imperia-Redakteure für einen Internetbeitrag benötigen 55 58 61 62 Sicher zu Faktenwissen mit Reader, Quiz und Wissensrallye Fachrichtungsübergreifende Apps im Unterricht Gewusst wie: Digitalisieren von Dokumenten – OCR bei Kopierern nutzen Gewusst wie: Einfaches Einbinden von Organisationseinheiten im Outlook-Kalender ERLEBNIS B AUERNHOF ERNÄHRUNG HEIL- UND GEWÜRZPFLANZEN Forschung und Beratung für den Kräuteranbau Unkrautregulierung im ökologischen Arznei- und Gewürzpflanzenanbau Kräuterpädagogik als berufliches Standbein Krankheiten und Schädlinge auf dem Vormarsch LÄNDLICHER RAUM 19 22 26 29 FÜHRUNG 14 Herausforderungen in der Seniorenverpflegung 16 Wege zur gesünderen Ernährung in allen Lebensphasen VERWALTUNG 8 Projektwochen „Erlebnis Bauernhof“ 9 Großstadtkinder auf dem Acker 12 Ein Erntedank-Fest für die Sinne D IGITALISIERUNG 4 Der Bayerische Weg in der Praxis 6 Der Milch eine Identität gegeben AGRARPOLITIK INHALT Agrarpolitik AGRARPOLITIK Der Bayerische Weg in der Praxis Agrarpolitik Staatsminister Helmut Brunner bei der Naturkäserei TegernseerLand von DR. STEFAN GABLER und SUSANNE KRAPFL: Staatsminister Brunner hat sich für 2016 vorgenommen, jeden Monat einen Betrieb zu besuchen, der das Motto des „Bayerischen Weges“ in die Praxis umgesetzt hat. Die Palette reicht von Genossenschaftsgründungen über Dienstleistungsbereiche bis hin zur Direktvermarktung oder Urlaub auf dem Bauernhof. So vielfältig Bayern ist, so zahlreich sind die Ideen. Und wenn sich dann nachahmenswerte Leuchtturmprojekte darunter befinden – umso schöner. „Schule und Beratung“ wird über die Betriebsbesuche regelmäßig berichten und die Unternehmerinnen oder Unternehmer vorstellen. Den Auftakt machte Brunner im Januar bei der Naturkäserei TegernseerLand eG in Kreuth. Landwirtschaftliche Familienbetriebe flächendeckend in Bayern wettbe werbsfähig zu halten ist das erklärte Ziel von Staatsminister Helmut Brun ner. Individuelle Alternativen zu fin den, statt sich dem Motto „Wachsen oder Weichen“ zu beugen, ist die ein zige Möglichkeit, die vielfältige Struk tur, die flächendeckende Bewirtschaf tung und somit die Kulturlandschaft in Bayern zu erhalten. Die Naturkä serei TegernseerLand eG ist ein Para debeispiel für diesen Bayerischen Weg in der Landwirtschaft. Mit ihr sehen 23 Betriebe mit durchschnittlich 21 Milch kühen ihre Zukunft auch weiterhin in → Voll und ganz hinter dem bayerischen Weg von Staatsminister Brunner (Mitte) stehen auch (von der Milchproduktion. Ergänzend sei links) Dr. Stefan Gabler, Behördenleiter AELF Holzkirchen; Hans Hacklinger, BBV Kreisobmann; angemerkt, dass es sich hier bereits in Miesbachs Landrat Wolfgang Rzehak, der Kreuther Bürgermeister Sepp Bierschneider sowie der Vergangenheit um Nebenerwerbs Kreisbäuerin Katharina Klaus und Hans Leo (Foto: Werner Hohenauer, BLW) betriebe handelte, und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Der überdurchschnittliche ten, niedrige Milchpreise und drohende Betriebsaufgaben Milchpreis trägt dazu bei, dass der Betriebszweig Landwirt im Tegernseer Tal bildeten vor acht Jahren die Ausgangs schaft nicht mehr mit außerlandwirtschaftlichen Einkünften situation. Eine Gruppe mutiger Landwirte und Verbraucher „quersubventioniert“ werden muss. Die Lieferanten identi wollte der Aufgabe der Milchviehhaltung am Tegernsee ent fizieren sich mit „ihren“ Produkten und sind stolz, zu deren gegenwirken und brachte schließlich das Modell einer ei Erfolg beizutragen – kurzum, die Arbeit macht wieder Spaß! genen Käserei ins Gespräch. Vom Gedanken bis zur Umset Ein Plus für alle Beteiligten und nicht zuletzt auch für die Kul zung war es ein weiter, harter und kapitalintensiver Weg: Im turlandschaft: 800 Hektar LF im Berggebiet werden weiter Jahr 2010 konnte schließlich das Käsereigebäude bezogen nachhaltig flächendeckend bewirtschaftet. und mit der Vermarktung begonnen werden. Für ein solches Projekt braucht es neben Mut und aktiven Mitstreitern vor Gründung der Naturkäserei TegernseerLand e.G. allem eins: Risikobereite Unterstützer. Das überschaubare Unterdurchschnittliche Betriebsgrößen von rund 20 Kühen, Eigenkapital und ein Zuschuss von 20 Prozent im Rahmen das „Aufgehen“ der wertvollen Milch in anonymen Produk des Förderprogramms „Marktstrukturverbesserung“ des 4 SUB 3/2016 Agrarpolitik Heumilch als Alleinstellungsmerkmal Hans Leo, Vorstandsvorsitzender, ge schäftsführender Vorstand und selbst Milchlieferant, erklärte Staatsminister Brunner bei seinem Besuch, wie wich tig es bei solchen Vorhaben sei, ein Al leinstellungsmerkmal zu finden. Agrarpolitik Bayerischen Landwirtschaftsminis teriums reichten für die geplante In vestition von insgesamt 4,7 Millionen Euro nicht aus. Kurzerhand entschied man sich, Anteilsscheine zum Preis von 1 000 Euro auszugeben. Das Vertrauen in das Projekt war so groß, dass mit die sem Schritt die Investition gestemmt werden konnte. Heute zählt die Natur käserei 1 450 Anteilseigner, und es wer den stetig mehr. → Staatsminister Helmut Brunner stand den Milchlieferanten der Naturkäserei TegernseerLand Rede und Antwort (Foto: Tobias Hase) „Ein Alleinstellungsmerkmal ist zwingende Voraussetzung, um sich von den zahlreichen anderen Produkten am Markt abzuheben.“ Bei unserer Tegernseer Käserei ist dies die ausschließliche Verarbeitung von Heumilch, die zu Rohmilchkäsen – vom Bergkäse bis hin zu Frischkäsen und Camembert – verarbei tet wird, so Leo. Im Verkaufsladen ist die Palette um Joghurt, Trinkmilch und Topfen erweitert. In der angeschlossenen Gastronomie finden sich nahezu ausschließlich Gerichte aus Milch und Käse. Abgerundet wird das Gesamtprojekt durch eine „Winterstubn“ im ersten Stock, in der Versammlungen, Feiern aller Art und Tagungen für bis zu 100 Personen statt finden können. Lieferanten – Produktion – Vermarktung Für die Milchlieferanten war eine Heutrocknungsanlage unumgänglich. Die Investitionen konnten jeweils über das Einzelbetriebliche Investitionsförderprogramm bezuschusst werden. Seit 2015 können sich die Landwirte nun neben ei nem durchschnittlichen Milchauszahlungspreis von 48 Cent je Kilogramm über die im Bayerischen Kulturlandschaftspro gramm neu aufgelegte Heumilchprämie freuen. Mittlerweile liefern 23 Betriebe ihre Milch an die Naturkäserei; weitere Lieferanten werden gesucht, da die Nachfrage nach den Produkten stetig wächst. Täglich werden 6 000 Kilogramm hochwertigste Heumilch verarbeitet, und das an sieben Ta gen pro Woche. Die Käserei beliefert Hotels, Lebensmittel SUB 3/2016 läden – insbesondere Metzgereien – Gastronomie und Eventgastronomie. Nutzen für Landwirte, Kommunen und die Region Mittlerweile ist die Naturkäserei TegernseerLand nicht nur ein stabilisierender Faktor für die anliefernden Milchvieh betriebe: „Unsere Naturkäserei hat sich mit 54 Vollund Teilzeitarbeitskräften zu einem der größten Arbeitgeber der Gemeinde Kreuth entwickelt.“ Bürgermeister Josef Bierschneider, Gemeinde Kreuth Und der Miesbacher Landrat Wolfgang Rzehak ergänzt: „Sozusagen ganz nebenbei ist sie mit ihrer Schaukäserei, den Kinderprogrammen und Führungen in Kombination mit der Gastronomie auch aus dem touristischen Angebot nicht mehr wegzudenken.“ DR. STEFAN GABLER SUSANNE KRAPFL AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN HOLZKIRCHEN [email protected] [email protected] 5 AGRARPOLITIK Der Milch eine Identität gegeben Agrarpolitik Interview mit dem Vorstandsvorsitzenden der Naturkäserei TegernseerLand eG Hans Leo, Gründungsmitglied der Naturkäserei TegernseerLand eG und mittlerweile auch deren Vorstandsvorsitzender, ist gleichzeitig leidenschaftlicher Landwirt. Mit seiner Familie bewirtschaftet er einen typisch landwirtschaftlichen Betrieb im Tegernseer Tal. Die Milch seiner 16 Kühe wird auch in der Käserei zu Heumilchprodukten veredelt. Herr Leo, was zeichnet Ihren Betrieb aus? Unser Betrieb ist „aus dem Nichts entstanden“. Wir haben den Sprung ins kalte Wasser gewagt und unser Schicksal selbst in die Hand genommen. Und mit viel Glück und Unterstützung durch die Region ist das Unternehmen zu einem Erfolgsmodell geworden. Unser Ziel war und ist es, der von uns erzeugten Milch eine eigene Identität zu geben, die Wertschöpfung zu erhöhen, also den Milchpreis, und dadurch bestehende Familienbetriebe in der landwirtschaftlichen Erzeugung zu halten. Unser gewähltes Alleinstellungsmerkmal ist die ausschließliche Verarbeitung von Heumilch sowie die Herstellung von Rohmilchkäse. Was hat sich durch ihre Strategie verändert bzw. verbessert? Unsere Strategie zielt darauf ab, die wertvolle Milch unserer kleinstrukturierten Betriebe nicht mehr zu Dumpingpreisen an Großmolkereien zu liefern. Das Konzept einer eigenen Käserei war vom ersten Tag an erfolgreich, auch wenn die Umsetzung auf Grund des hohen Investitionsbedarfs nicht sofort schwarze Zahlen aufweisen konnte. Verbessert hat sich für die anliefernden Betriebe in jedem Fall der Milchpreis, der sich von den anfangs ausbezahlten 42 Cent (2010) auf jetzt durchschnittlich 48 Cent gesteigert hat. Woran messen Sie den Erfolg? Für uns sind natürlich auch wirtschaftliche Kennzahlen ausschlaggebend: 1. Umsatz, 2. Gewinn, 3. Kilogramm verarbeitete Milch und die Eigenkapitalhöhe. Es fließen aber auch ideelle Kennzahlen zum Nutzen für die gesamte Region in unsere Bewertung ein. Nennen Sie uns Beispiele dafür? Die Zahl der andienenden Betriebe hat sich stetig erhöht auf derzeit 23. Damit gestiegen ist auch die Zahl der Milchkühe auf aktuell rund 490 und der dahinterstehenden landwirt- 6 schaftlichen Flächen zum Erhalt unserer Kulturlandschaft auf momentan circa 800 Hektar. Welche nächsten Schritte planen Sie für den Betrieb? Geplant sind weitere Investitionen im Produktionsbereich, um unserem hohen Qualitätsanspruch gerecht zu wer- → Hans Leo den. Des Weiteren müssen die Lagerkapazitäten für unseren „Bergkäse alt“ baldmöglichst erweitert werden, um die stetig steigende Nachfrage bedienen zu können. Im tagtäglichen Geschäft ist der Ausbau der Qualitätssicherung oberstes Gebot. Was macht Ihren Käsereibetrieb so beispielhaft für den Bayerischen Weg? Unsere Käserei ermöglicht es den bäuerlichen Familienbetrieben in der Region, die auf Grund ihrer Größe traditionell eher im Neben- und Zuerwerb wirtschaften, die Landwirtschaft wettbewerbsfähig weiterführen zu können. Denn wenn die Landwirtschaft durch andere Einnahmen querfinanziert werden muss, wird sie früher oder später aufgegeben. Was hat sich für die beteiligten Betriebe geändert? Auch wenn hier nicht die Familie im klassischen Sinn dahinter steht, so hat sich für alle Milchlieferanten etwas geändert. Sie identifizieren sich mit ihrem Produkt und geben dies auch selbstbewusst an die Öffentlichkeit in Führungen, Vorträgen oder Betriebsbesichtigungen weiter. Worin sehen Sie den Mehrwert für die Region durch Ihren Betrieb? Unsere Naturkäserei ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Win-win-Situation für alle, oder wie Harald Gmeiner, Tourismusmanager der Alpenregion Tegernsee Schliersee sagt: SUB 3/2016 Agrarpolitik Agrarpolitik → Das schmucke Gebäude, die günstige Lage und nicht zuletzt die ausgezeichneten Produkte locken Besucher aus nah und fern → Die Kunden der Naturkäserei schätzen die vielfältige Palette der aus Heumilch hergestellten Käsesorten (Foto: Susanne Krapfl) (Foto: Michael Hinterstoißer) „Die Käserei wirbt mit der Region, und die Region wirbt mit der Käserei.“ Den Vorteil für die Landwirte habe ich bereits angesprochen. Der Vorteil für die Gemeinde liegt in der Schaffung neuer Arbeitsplätze, einer weiteren Attraktion für die Gäste und natürlich im Erhalt unserer Kulturlandschaft. Denn dies wäre ohne praktizierende Landwirte finanziell gar nicht zu bewältigen. Der Landkreis profitiert ähnlich wie die Gemeinde. Er kann darüber hinaus mit einem Vorzeigemodell für regionale Kreisläufe aufwarten und aufzeigen, dass es durchaus Alternativen zur „Wachsen oder Weichen-Theorie“ in der Landwirtschaft gibt, die nachahmenswert sind. Der Kauf unserer Produkte trägt zum Erhalt der Kulturlandschaft bei und nützt so dem Tourismus: Der Gast schmeckt die Region und hat ein gutes Gewissen. Wie sah die Betreuung durch die Landwirtschaftsverwaltung aus? Natürlich sind bei solch einer großen Maßnahme viele Behördengänge notwendig. Gleichzeitig mussten wir uns für eine neue Rechtsform entscheiden. Deshalb hatten wir zum bayerischen Genossenschaftsverband den wohl intensivsten Kontakt. Das damalige Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Miesbach hingegen war bei den Baustellungnahmen gefragt und hat die Kontakte zu den jeweiligen Ansprechpartnern hergestellt. Unsere Idee wurde kritisch hinterfragt und dann voll und ganz unterstützt. Die Förderung erfolgte letztendlich über die Landesanstalt für Landwirtschaft. SUB 3/2016 Was empfehlen Sie Betrieben in einer ähnlichen Situation? Diese Antwort ist vielleicht für viele unbefriedigend, aber ich wünsche allen, die eine Idee im Kopf und diese betriebswirtschaftlich solide geprüft haben den Mut zur Umsetzung. Genauso gehören Ausdauer und Hartnäckigkeit dazu. Einfach ist es nicht, und bis der Erfolg kommt, darf man sich nicht durch die Durststrecken, die unvermeidbar sind, verunsichern lassen. Herr Leo, vielen Dank für das Interview. DAS INTERVIEW FÜHRTEN: DR. STEFAN GABLER SUSANNE KRAPFL AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN HOLZKIRCHEN [email protected] [email protected] 7 Erlebnis Bauernhof ERLEBNIS BAUERNHOF Projektwochen „Erlebnis Bauernhof“ Unter Sommer.Erlebnis.Bauernhof – Ein Angebot für die ganze Schulfamilie ERLEBNIS BAUERNHOF von LEA KOOPMANN und BRIGIT TE BLAIM: Mit der staatlichen Förderung des Besuchs auf einem Bauernhof als außerschulischem Lernort übernimmt Bayern innerhalb Deutschlands eine Vorreiterrolle. Knapp 100 000 bayerische Schulkinder und rund 5 000 Klassen haben seit Programmstart im Juni 2012 bereits an einem Lernprogramm teilgenommen. Das ist ein großer Erfolg. Doch die Inanspruchnahme des Programms ließe sich durchaus noch steigern. Die Projektämter Fürth und Würzburg machten gute Erfahrungen mit Projektwochen für die gesamte Schule. Das Konzept wird Mitte 2016 unter dem Motto Sommer.Erlebnis.Bauernhof auf alle Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ausgerollt. Projektwochen werden von Schulen gerne durchgeführt, um ein Thema aus aktuellem Anlass oder passend zum Jahreskreis umfassend zu bearbeiten. Die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Fürth und Würzburg, Projektämter für das Programm „Erlebnis Bauernhof“, begeisterten im vergangenen Jahr „ihre“ Schulen mit einer Projekt- bzw. Aktionswoche für das Programm „Erlebnis Bauernhof“ – und verzeichneten mit jeweils neun teilnehmenden Klassen in Würzburg (hier war die Vorlaufzeit aufgrund der Neubesetzung der Projektstelle sehr kurz) und 20 teilnehmenden Klassen in Nürnberg innerhalb einer Woche großen Zuspruch. Darunter waren auch Schulen, die noch nie am Programm teilgenommen hatten. Angebot für die ganze Schule Die ganze Schulfamilie einer Schule wurde in den jeweiligen Projektwochen für das Thema Bauernhof sensibilisiert. Da in den Grundschulen nur die 3. und 4. Klassen förderberechtigt sind und die anderen Jahrgänge das Lernprogramm selbst bezahlen müssen, sorgte ein Rahmenprogramm z. B. in der Schulaula mit einzelnen Lernstationen dafür, dass die Inhalte über Bauernhof, Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung für alle Schulkinder „erlebbar“ wurden. In Förderschulen sind zwar seit der Programmöffnung im Juni letzten Jahres alle Jahrgänge förderberechtigt, doch auch hier bietet sich eine kleine Ausstellung im Schulgebäude an, um die ganze Woche an das Thema zu erinnern. Mit umfassendem Service überzeugen Der „Service“ der Projektmitarbeiter an den Ämtern umfasste die terminlichen Absprachen mit den Betrieben, die sich 8 genau in der festgelegten Woche Zeit für Schulklassen nehmen, die Hilfestellung bei der organisatorischen Planung für teilnehmende Klassen sowie Organisation, Aufbau und Betreuung des Rahmenprogramms in den Schulen. Aufgrund des → Das neue Logo des Programms „Erlebnis großen Erfolgs Bauernhof“ wirbt klar und einprägsam u. a. der beiden Proauf den neuen Plakaten und Flyern jekt- bzw. Aktionswochen soll diese Idee heuer bayernweit an allen Ämtern umgesetzt werden. Als Zeitfenster stehen die Woche vor den Pfingstferien (19. KW) und die beiden Wochen nach Pfingsten (22. und 23. KW) zur Verfügung. Der Startschuss zu den bayernweiten Projektwochen ist für 9. Mai durch Staatsminister Helmut Brunner vorgesehen. Als bayernweites Motto wurde Sommer.Erlebnis.Bauernhof gewählt. Mit dieser Maßnahme und der geplanten Einbindung des Kultusministeriums erwarten wir eine große Medienpräsenz. Da in diesem Jahr neun Wochen zwischen den Pfingst- und den Sommerferien liegen, sollen die Projektwochen zu Beginn dieses relativ langen Zeitraums SUB 3/2016 Erlebnis Bauernhof Im Folgenden gibt es schon einmal die beiden konkreten Beispiele zum „Einlesen“ – wir freuen uns auf weitere kreative Ideen als Anregung und zum Weitergeben an alle Ämter. LEA KOOPMANN (DERZEIT BEURLAUBT) VERTRETUNG CHRISTIANE SCHWALLER (OHNE BILD) [email protected] BRIGITTE BLAIM BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN [email protected] Leitfaden unterstützt ÄELF Damit die Mitarbeiter an den ÄELF von den Erfahrungen der Projektmitarbeiter profitieren können, erhalten sie die in Fürth und Würzburg erarbeiteten Materialien bzw. die Durchführungsplanung. So soll die Vorbereitung und Umsetzung der Projektwochen vor Ort so effizient wie möglich gestaltet werden. ERLEBNIS BAUERNHOF Schwung in die Inanspruchnahme des Programms bringen; die Medienberichte darüber werden die Nachfrage sicherlich ankurbeln. Auch die kurz vor dem Druck stehenden und zeitnah an die Schulen verteilten neu konzipierten Plakate und Flyer zum Programm „Erlebnis Bauernhof“ steigern den Bekanntheitsgrad. Unter anderem machte die erweiterte Zielgruppe (alle Jahrgänge der Förderschulen) eine Neuauflage nötig. Großstadtkinder auf dem Acker Projektwoche mit Nürnberger Schulen von HEIKE THIELER-GRAAFMANN und DR. ANGELA ZAUPER: Lernen, erleben, aktiv sein – dazu ist der Bauernhof der ideale Ort. Insbesondere in Großstädten haben viele Kinder immer weniger Bezug zur Landwirtschaft. Dabei ist der Besuch auf einem Bauernhof von unschätzbarem Wert. Zeit für einen Bauernhofbesuch nahmen sich zwei Grundschulen in Nürnberg. Im Rahmen einer Projektwoche „Erlebnis Bauernhof“ machten sich alle dritten und vierten Klassen der Wiesenschule und der Grundschule Zugspitzstraße auf den Weg zu Bauernhöfen in der Umgebung. Organisiert wurden die Projektwochen von der Projektstelle „Erlebnis Bauernhof“ am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Fürth. Projekttage oder Projektwochen behandeln in der Schule meist ein aktuelles Thema, das Jahresschwerpunkt der Schule oder für das Leitbild der Schule von Bedeutung ist. Die Aufmerksamkeit aller Schülerinnen und auch Eltern wird so auf ein Thema gelenkt. Es gibt verschiedenste Möglichkeiten, eine Projektwoche zu organisieren, zu gestalten und die Projektpartner zu gewinnen. Das Projektteam am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Fürth (AELF) entschied, im Schuljahr 2014/2015 gezielt mit ein oder zwei städtischen Schulen Projekttage durchzuführen. Da es eine gute Zusammenar- SUB 3/2016 beit der „Erlebnis Bauernhof“-Betriebe im Nürnberger Stadtgebiet gibt, und die meisten großen Grundschulen in Nürnberg liegen, war es naheliegend die Projekttage „Erlebnis Bauernhof“ den Nürnberger Grundschulen anzubieten. Schulen für das Thema gewinnen Insgesamt kamen zehn Schulen in Nürnberg in Frage, die 5- oder 6-zügig sind. Wir haben telefonisch Kontakt mit den Schulleitungen aufgenommen und Termine zur persönlichen Vorstellung der Projekttage „Erlebnis Bauernhof“ vereinbart. Es kristallisierten sich zwei Schulen heraus: die Wie- 9 ERLEBNIS BAUERNHOF Erlebnis Bauernhof → Bild 1: Welches Korn gehört zu welcher Ähre? Bei der Ausstellung entdecken Schülerinnen Getreide senschule (Nürnberg Südstadt) und die Grundschule an der Zugspitzstraße (Nürnberg Langwasser). Beide Schulleitungen, Liselotte Nigrawitz von der Zugspitzschule und Hans-Jürgen Hartwig von der Wiesenschule, waren dem Projekt gegenüber äußerst positiv eingestellt und engagierten sich für die Projektwoche. Sie motivierten ihre Lehrer und kümmerten sich um die organisatorischen Angelegenheiten innerhalb ihrer Schulen. Rechtzeitig mit den Planungen beginnen Im Februar starteten wir mit der konkreten Planung der Projektwochen. „Erlebnis Bauernhof“-Betriebe wurden angesprochen, freie Termine der Landwirtinnen eruiert und die konkreten Termine für die Projektwochen festgelegt. Vor den Osterferien wurde das Projekt „Erlebnis Bauernhof“ und die Projektwoche mit unserem angebotenen Rahmenprogramm im Lehrerkollegium vorgestellt. Die Lehrerinnen hatten die Möglichkeit sich direkt für die Lernprogramme auf den jeweiligen Bauernhöfen einzutragen. Alle Lehrkräfte erhielten die Adressen der beteiligten Betriebe, um selbst mit den Landwirten Kontakt aufzunehmen und Inhalte der Lernprogramme sowie Organisatorisches mit ihnen zu besprechen. Die An- und Abfahrt zu den Bauernhöfen musste immer von den Lehrkräften organisiert werden, wobei alle Betriebe mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sind. Vor- und Nacharbeit unterstützen Neben der Teilnahme an Lernprogrammen auf den Bauernhöfen stellten wir den Schulen Lernmaterial zum Ausleihen zur Verfügung und boten Literaturempfehlungen zu den unterschiedlichsten Bauernhofthemen. Eine Materialkiste, in der verschiedene Methoden mit Material und Anleitung sowie Information zu Landwirtschaft und Ernährung zusammengestellt sind, ergänzte das Angebot. 10 → Bild 2: Was wächst denn da im Boden? Kartoffelernten während eines Bauernhofbesuches Zur Nachbereitung des Bauernhofbesuches schlugen wir den Lehrerinnen vor, sich in Rücksprache mit den Bäuerinnen etwas Besonderes aus den Lernprogrammen mitgeben zu lassen. Gerne nahmen die Lehrkräfte das Angebot an, sich aus der Ausstellung (siehe nächste Seite) Getreideähren mitzunehmen und im Klassenzimmer das Thema mit ihren Schülern nachzubereiten. Um alle Schulkinder und auch Eltern auf die Projektwoche aufmerksam zu machen, bot das Projektteam an, während der Projektwoche eine Ausstellung „Erlebnis Bauernhof“ mit Aktivitäten für die Schulklassen in der Schule aufzubauen und zu betreuen. Die beiden Schulleitungen nahmen das Angebot begeistert an. Während der ganzen Woche kamen vormittags Klassen und informierten sich zu den Themen Getreide (siehe Bild 1) und Milch und wurden selbst aktiv. Die Schülerinnen konnten Getreide erfühlen, selber Haferflocken quetschen und essen und als Highlight eine Holzkuh melken. Ein Wörterpuzzle und ein Bauernhofquiz rundeten das Programm in den Schulen ab. Vielfalt der Landwirtschaft kennengelernt Die Projektwoche der Wiesenschule fand Ende Juni 2015 statt, die der Grundschule an der Zugspitzstraße Mitte Juli 2015. In diesem Zeitraum besuchten alle 3. und 4. Klassen einen Bauernhof und nahmen an unterschiedlichen Lernprogrammen, je nachdem welchen Schwerpunkt der Betrieb hatte, teil. „Vom Korn zum Brot“, „Vom Huhn zum Ei“, „Von der Milch zur Butter“ oder „Haltung und Pflege von Bienen“ sind nur einige der erlebnisorientierten Lernprogramme, die die qualifizierten Erlebnisbäuerinnen durchführten (siehe Bild 3). Im Einsatz waren der Holzhobelhof Wiedmann in Greuth, der Betrieb Vogel in Greuth, der Bio-Gemüsebaubetrieb Hofmann mit Imkerei Schüller in Nürnberg, der Gartenbaubetrieb Höfler in Kleinreuth, der SUB 3/2016 ERLEBNIS BAUERNHOF Erlebnis Bauernhof → Bild 3: Auch eine geduldige Holz-Kuh ... → Bild 4: ... ist nicht leicht zu melken! Betrieb Familie Höfler in Reutles und der Gemüsebaubetrieb Brunner in Boxdorf. Während der Projektwochen betreuten die zwei Projektmitarbeiterinnen, verstärkt durch eine Praktikantin der Fachakademie Triesdorf, an jeden Tag die Ausstellung und Aktionen (siehe Bild 3 und 4) Die Presse wurde über die „Erlebnis Bauernhof“-Projektwochen vor Beginn informiert. Auf Einladung des AELF Fürth kamen Vertreter des Nürnberger Stadtrates zum Start der Projektwoche der Grundschule Zugspitzstraße direkt auf einen Hof, um sich ein Bild über „Erlebnis Bauernhof“ zu machen und die Aktionen vor Ort selbst zu erleben. In der Presse wurde dazu berichtet. men, sind ein Meilenstein zum Gelingen der Projektwoche. Ebenso hängt der Erfolg des Projektes von der rechtzeitigen Terminplanung und der Absprache mit den Schulen und den Landwirten sowie der frühzeitigen Projektplanung ab. Gerne haben alle Lehrkräfte die Projektwochen für ihre Klassen genutzt, zumal der damit verbundene organisatorische Aufwand sich für die Schulklassen im Rahmen hielt. Alle Betriebe sind von den Schulen durch öffentliche Verkehrsmittel erreichbar. Damit waren auch die Fahrtkosten nicht zu hoch. Mit der Ausstellung „Erlebnis Bauernhof“ war das Thema auch in der Schule präsent, und die jüngeren Jahrgänge konnten ebenso daran teilhaben. Dadurch, dass die Schüler auch selbst aktiv werden konnten, war der Zulauf der Schulklassen groß. Daneben kamen immer wieder wissbegierige Kinder (z. B. aus der Mittagsbetreuung), die noch mehr zum Melken, zur Milch, zum Getreide und viel mehr zum Bauernhof erfahren wollten. Daher war es auch wichtig, dass die ganze Woche über zwei Personen in der Schule vor Ort waren und das „Erlebnis Bauernhof“ begleiteten. Unterstützung der Schulen Erfolgsgarant Beide Projektwochen wurden von den Lehrkräften sehr gut angenommen. Insgesamt waren bei dieser Aktion 20 Schulklassen auf einem Bauernhof. Durch unterschiedliche Lernprogramme lernten sie den Wert der Landwirtschaft und der Lebensmittel schätzen. Die gute und engagierte Zusammenarbeit mit den Schulleitungen, die Begeisterung für das Projekt sowie die Bereitschaft, in der Schule die Organisation zu überneh- Infobox: Erfolgsfaktoren für eine Projektwoche Erlebnis Bauernhof • • • • Frühzeitige Zeitplanung mit den Schulen Exakte Absprache mit den Landwirten Gewinnen und Begeistern der Schulleitungen Betreuung des Rahmenprogrammes in der Schule durch das AELF SUB 3/2016 HEIKE THIELER-GRAAFMANN AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN FÜRTH PROJEKTSTELLE ERLEBNIS BAUERNHOF IN DER METROPOLREGION NÜRNBERG [email protected] DR. ANGELA ZAUPER 11 Erlebnis Bauernhof ERLEBNIS BAUERNHOF Ein Erntedank-Fest für die Sinne Aktionswoche bringt neue Buchungen für das Programm „Erlebnis Bauernhof“ ERLEBNIS BAUERNHOF von KATHRIN WIMMER: Rund 200 Schulkinder nahmen an der Aktionswoche „ErntedankFest auf dem Bauernhof“ teil, die das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Würzburg im Herbst 2015 veranstaltete. Über die Aktionswoche samt Gewinnspiel sollten das Programm „Erlebnis Bauernhof“ bei Grund- und Förderschullehrkräften wieder in Erinnerung gerufen und zusätzliche Buchungen erreicht werden. Der Erfolg zeigt: Schulklassen sind über saisonal-aktuelle Themen sowie über bekannte, gesellschaftlich verankerte Ereignisse im Jahreskreislauf und im Kirchenjahr gut zu erreichen. Es lohnt sich – auch ohne Gewinnspiel – solche öffentlichkeitswirksamen Termine aufzugreifen und in einer Aktionswoche zu thematisieren. Rote Äpfel und rotwangige Kinder, wohin man schaut: Erlebnisbäuerin Gerlinde Heger hatte in der zweiten Oktoberwoche gleich drei Schulklassen der Maria-Stern-Schule Würzburg, Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Sprache, bei sich zu Besuch: Gemeinsam haben die Schülerinnen und Schüler Äpfel von der Streuobstwiese aufgesammelt, geschält und geschnitten sowie mit vereinten Kräften einen Apfelkuchen gebacken (siehe Bild 1). Aktionswoche samt Gewinnspiel für Schulen Aufmerksam auf das Programm „Erlebnis Bauernhof“ wurden die Lehrkräfte durch ein Schreiben vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Würzburg, weitergeleitet an die Förderschulen über die Regierung von Unterfranken sowie an die Grundschulen über das entsprechende Schulamt. Unter dem Motto „Erntedank-Fest auf dem Bauernhof“ lud das Amt zu einer Aktionswoche ein, um zu erleben, woher unsere Nahrungsmittel eigentlich kommen. Eine Woche lang hatten Grund- und Förderschüler von Stadt und Landkreis Würzburg die Gelegenheit, eine Lerneinheit auf landwirtschaftlichen Betrieben, die für das Programm „Erlebnis Bauernhof“ registriert sind, zu erleben und zugleich an einem Gewinnspiel teilzunehmen. Ziel der Aktionswoche „Erntedank-Fest auf dem Bauernhof“ war es erstens, das Programm wieder bei Grundschullehrkräften der 3. und 4. Klassen in Erinnerung zu rufen und die Förderschulen auf die im Sommer verkündete Öffnung für alle Jahrgangsstufen hinzuweisen. Darüber hinaus erhoffte man sich zweitens mediale Aufmerksamkeit und drittens einen Anstieg der Buchungen, bevor es ab November zu kalt werden würde. Tatsächlich gelang es durch die Kombination aus Themenwoche und Gewinnspiel, das denjenigen Klassen, die am schnellsten buchten, einen Zuschuss gewährte, alle drei Ziele umzusetzen. 12 → Bild 1: Eine starke Gemeinschaft: Während die Klasse Äpfel schält und schneidet, bereitet die Lehrerin den Teig vor „Ernte-Dank“ – den Wortsinn verstehen lernen Um die Ziele zu erreichen, wurde ein saisonal-aktuelles Motto für die Aktionswoche gewählt, das in Schule wie Bevölkerung gut verankert ist. Das Thema „Erntedank-Fest“ lässt sich nicht nur mit dem Heimat- und Sachunterricht, sondern auch mit dem Religionsunterricht sowie mit Werteund Ritualvermittlung vereinbaren. Außerdem ist es positiv besetzt und weckt Erinnerungen an alte Traditionen und ursprüngliche Erfahrungen mit Natur und Landwirtschaft. Darüber hinaus liegt die Verbindung zum Programm „Erlebnis-Bauernhof“ auf der Hand: Dankbarkeit für die Ernte und für volle Regale entsteht nur dort, wo klar ist, wie viel Arbeit, Handwerk und Fachwissen hinter der Produktion von Nahrungsmitteln steckt. SUB 3/2016 → Bild 2: Fühlen, riechen, tasten: Der Sinnesparcours fasziniert die Schulkinder Schulkinder von heute sind die Konsumenten von morgen und sollen wissen, was eine gesunde Ernährung ausmacht. Eine Lerneinheit auf dem Bauernhof ist ein wichtiger Schritt, um dies zu erreichen. Die teilnehmenden Landwirte wurden neben der Bewerbung und Öffentlichkeitsarbeit durch das AELF Würzburg mit einer Handreichung unterstützt, die Ideen auflistete, wie bereits bestehende Lernprogramme um das Thema „Erntedank“ unkompliziert erweitert werden können. Ein bewusst gestalteter Esstisch, eine kurze Meditation vor der Mahlzeit oder eine Reflexion darüber, warum eigentlich Erntedank gefeiert wird, sind unter anderem mögliche Module, um das Thema „Erntedank“ aufzugreifen. Erntedank als Erlebnis – Praxisbeispiele Auf dem Hof von Gerlinde Heger drehte sich in der Aktionswoche alles um das Thema Apfel und Erntezeit. Während ein Teil der Kinder sich noch als Kuchenbäcker bewies, absolvierte der andere einen herbstlichen Sinnesparcours: Mit → Bild 3: Wo wächst Dein Gemüse? Die Bestimmung heimischer Gemüsesorten fiel keineswegs leicht SUB 3/2016 verbundenen Augen sollten die Kinder Naturprodukte, wie Mais, Nüsse oder Zwiebeln, durch Tasten und Kräuter durch Riechen erkennen (siehe Bild 2). Das erwies sich für Manche als echte Herausforderung. Wie fühlt sich ein frisches Salbeiblatt an und wie duftet es? Unter Anleitung der erlebnis pädagogisch, ausgebildeten Landwirtin wurde selbst das schwierigste Rätsel gelöst. Einen anderen Schwerpunkt setzte die Erlebnisbäuerin Christine Lutz-Bonfig. Bei ihr lernten die Schulkinder erst viel Wissenswertes zur Kuh: Spielerisch entdeckten sie beispielsweise, wie lang eine Kuhzunge ist, und wie die Verdauung bei einem Wiederkäuer funktioniert. Danach durften sich die Viertklässler aus einem Weidenkorb mit verschiedenen Gemüsesorten bedienen. Gemeinsam sollten sie bestimmen, was sie und ihre Klassenkameraden jeweils in der Hand hielten: Paprika und Gurke aus dem Supermarkt erkannte noch jeder, aber spätestens bei Weißkohl, Lauch oder gar Schwarz wurzel wurde es schwierig. Christine Lutz-Bonfig steigerte das Niveau nochmals, wenn sie wissen wollte: „Wie wächst denn dein Gemüse? Im Boden, auf der Erde oder am Strauch?“ (siehe Bild 3). Die Erlebnisbäuerin half, wenn es für die Klasse kein Weiterkommen gab. Als Stärkung gab es im Anschluss Gemüsesuppe – und die Eltern wären sicherlich erstaunt darüber, wie schnell die Teller geleert waren und die Kinder um Nachschlag baten. Erfolgsbilanz überzeugt Ob Kartoffeln ernten, Apfelsaft pressen oder Butter schütteln: Die Aktionswoche „Erntedank-Fest auf dem Bauernhof“ sorgte bei den teilnehmenden Klassen für leuchtende Gesichter und für viele neue Erkenntnisse. Insgesamt nahmen – trotz sehr kurzer Planungsphase, da die Projektstelle erst zum September besetzt wurde – neun Klassen in Stadt und Landkreis Würzburg an der Aktionswoche teil. Besonders erfreulich: Eine Schule hatte noch nie zuvor am Programm „Erlebnis Bauernhof“ teilgenommen, bei einer weiteren liegt der letzte Besuch drei Jahre zurück. Aus den Rückmeldungen der Landwirte ist zudem zu erkennen, dass das Programm durch die Aktionswoche wieder nachhaltig bei Lehrkräften in Erinnerung gerufen wurde, denn zahlreiche Klassen fanden zwar im Aktionszeitraum keine Gelegenheit für eine Lerneinheit auf dem Bauernhof, buchten aber kurz vor oder nach der Aktionswoche. So gelang es, die Buchungen im Oktober nochmals deutlich zu steigern. Für Rückfragen oder Materialwünsche steht das AELF Würzburg gerne zur Verfügung. KATHRIN WIMMER AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN WÜRZBURG [email protected] 13 ERLEBNIS BAUERNHOF Erlebnis Bauernhof Ernährung ERNÄHRUNG Herausforderungen in der Seniorenverpflegung Fachtagung für Träger und Leiter von stationären Senioreneinrichtungen Ernährung von JOSEFINE OBERST: Im Oktober 2015 fand in München eine durch das Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) ausgerichtete Fachtagung für Träger und Einrichtungsleiter von stationären Senioreneinrichtungen statt. Im Mittelpunkt der Tagung standen aktuelle Themen wie Mangelernährung, die Bedeutung des Essens für Senioren und die Rolle der Hauswirtschaft in den Einrichtungen. Aber auch zukünftige Entwicklungen und Herausforderungen wurden beleuchtet. Die sich verändernde Altersstruktur in der Gesellschaft ist seit Jahren ein zentrales Thema in Deutschland. Seit mehr als 50 Jahren steigt die Lebenserwartung in Deutschland an. So haben Männer seit 1960 durchschnittlich 10,8 und Frauen 10,4 Jahre an Lebenserwartung gewonnen [1]. Da außerdem immer mehr Menschen alleine leben, wird die Zahl derer, die darauf angewiesen sind, in stationären Einrichtungen verpflegt und versorgt zu werden, weiter zunehmen. Nach Angaben des Bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung von 2014 leben in Bayern derzeit rund 115 600 ältere Menschen in 1 443 stationären Einrichtungen. Die ErnSTES-Studie [2] hat gezeigt, dass etwa zwei Drittel der Menschen in stationären Altenpflegeeinrichtungen von Mangelernährung betroffen oder gefährdet sind. Aus der Tatsache, dass die Bewohner solcher Einrichtungen meist ausschließlich auf das dortige Angebot angewiesen sind, resultiert eine große Verantwortung für die Verpflegung. Diese tragen nicht nur die Küche, sondern alle Mitarbeiter und vor allem die Entscheidungsträger. Die Aktualität und Bedeutung des Themas für die Praxis wurde durch den bis zum letzten Platz besetzten Tagungsraum bestätigt. Schnittstellen mit Hauswirtschaft wichtig Dr. Bernhard Opolony vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege stellte die Themen „Schnittstellenmanagement“ und „Selbstbestimmte Teilhabe“ ins Zentrum seiner Rede und machte deutlich, wie wichtig die Zusammenarbeit zwischen Hauswirtschaft und Pflege für eine erfolgreiche Versorgung der Bewohner ist. Ralf Klöber von der Organisationsberatung KlöberKassel GbR erläuterte, wie die Verpflegung zum Qualitätsmerkmal einer stationären Senioreneinrichtung entwickelt werden kann. Der entscheidende Schritt ist für ihn dabei, die Bedeutung von Hauswirtschaft und Küche wieder in den Mittelpunkt zu rücken. Daher sei es wichtig, die Wertschätzung und Anerkennung für die Berufe dieses Fachbereiches zu 14 fördern, auch in finanzieller Hinsicht. Denn nur mit einer auf hohem handwerklichem Niveau hergestellten Verpflegung, die sich an den Wünschen und Bedürfnissen der Bewohner orientiere, lasse sich eine Qualität erreichen, die als Alleinstellungsmerkmal der Einrichtung steht. Die Gefahren der Mangelernährung Prof. Dr. Christine von Arnim, Oberärztin am Universitätsklinikum Ulm, beleuchtete Ursachen und Folgen von Mangelernährung, und damit einen wichtigen Punkt, dem die Verantwortlichen in stationären Einrichtungen für Senioren gegenüberstehen. Sie verdeutlichte, dass Mangelernährung für die Betroffenen mit einem erhöhten Risiko für verschiedene Folgeerkrankungen, wie beispielsweise Wundheilungsstörungen, Osteoporose oder auch Demenz einhergehe und somit Einbußen in der Selbstständigkeit und Lebensqualität entstünden. Dadurch führten diese Folgekrankheiten oder verlangsamten Genesungsprozesse zu zusätzlichen Kosten in der Pflege und für das Gesundheitssystem. → Dr. Bernhard Opolony vom Bayerischen Gesundheitsministerium (links) und Dr. Wolfram Schaecke, der Leiter des KErn, im Gespräch SUB 3/2016 Ernährung → Staatsminister Helmut Brunner betonte die Nachhaltigkeit bei Projekten im Ernährungsbereich → Marianne Thummert, Ralf Klöber, Angelika Reiter-Nüssle und Manuela Fleißner im Gespräch mit Moderatorin Claudia Zilz (von links) Nachhaltige Entwicklungen als Ziel Ernährungsminister Helmut Brunner stellte heraus, dass es bei allen Projekten und Maßnahmen im Ernährungsbereich darum gehe, Strukturen zu schaffen, „um nicht nur ein Strohfeuer zu entfachen, sondern eine nachhaltige Entwicklung in Gang zu setzen“. Zudem verkündete Minister Brunner erste Erkenntnisse der bayernweiten Studie zu Kenndaten der Gemeinschaftsverpflegung, die Dr. Wolfgang Sichert-Hellert vom KErn anschließend vorstellte. Die bayernweite Studie hat KErn 2014 gemeinsam mit der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf durchgeführt. Ein Ergebnis für stationäre Senioreneinrichtungen ist, dass bayernweit im Durchschnitt pro Einrichtungen täglich 111 Personen mittags verpflegt werden. Zudem zeigte sich, dass in Senioreneinrichtungen die Küchen vorwiegend in Eigenregie betrieben werden. Wie Geschmackserinnerungen uns prägen Auf einen Aspekt der Ernährung abseits von Zahlen und Fakten, Wirtschaftlichkeit und Ernährungsphysiologie, nämlich der Bedeutung des Essens im Alter, ging Dr. Esther Gajek, vergleichende Kulturwissenschaftlerin an der Universität Regensburg, ein. Sie zeigte, wie Geschmack Erinnerungen, oft über Jahre hinweg, transportieren kann. Die Generation, die heute in Seniorenheimen lebt, hat beispielsweise in der Regel Krieg und Hunger erleben müssen. Solche Erinnerungen können Gewohnheiten, Vorlieben und Abneigungen bis in die Gegenwart hinein beeinflussen. Sie wies darauf hin, wie wichtig die Erfassung und Beachtung der Essbiographie der einzelnen Bewohner für deren Wohlbefinden sein kann und welche Bedeutung daher der Ernährung im Alter – über die reine Versorgung mit Nährstoffen hinaus – zukommt. Seniorenverpflegung: Wunsch und Wirklichkeit Bei der Podiumsdiskussion „Verpflegung in Senioreneinrichtungen zwischen Wunsch und Wirklichkeit“ diskutierten MaSUB 3/2016 nuela Fleißner, hauswirtschaftliche Betriebsleitung der Pur Vital Altenhilfe GmbH, Angelika Reiter-Nüssle, Referatsleiterin im StMELF, Ralf Klöber, selbstständiger Berater und Marianne Thummert, Fachreferentin für Hauswirtschaft und Küche des Caritasverbandes der Erzdiözese München und Freising. Kernpunkte waren das Schnittstellenmanagement sowie der Fachkräftemangel, aber auch die Herausforderungen der Zukunft, wie beispielsweise die Entwicklung neuer Wohnformen. Ein Beispiel für die Umsetzung einer solchen neuen Wohnform gab Bettina Stegmüller, hauswirtschaftliche Leiterin des BeneVit Pflegeheims – Haus Lechauenhof. Sie stellte das in ihrer Einrichtung umgesetzte Hausgemeinschaften-Konzept vor und berichtete von den Besonderheiten und Vorteilen dieser Organisationsform. So kann man in den wohnungsähnlichen Gemeinschaften sehr gut auf individuelle Wünsche oder Vorlieben eingehen. Beispielsweise bekommt jeder Bewohner zu seinem Geburtstag seinen Lieblingskuchen gebacken. Literatur [1] Die Bundesregierung, Demografiestrategie, 7. Januar 2016: http://www.bundesregierung.de/Content/DE/ StatischeSeiten/Breg/Demografiestrategie/ Artikel/2015-08-21-zusammenfassung.html?nn=505030#doc1412662bodyText2 [2] Ernährung älterer Menschen in stationären Einrichtungen (ErnSTES-Studie), Helmut Heseker, Universität Paderborn JOSEFINE OBERST KOMPETENZZENTRUM FÜR ERNÄHRUNG KULMBACH BEREICH ERNÄHRUNGSINFORMATION UND WISSENSTRANSFER [email protected] 15 Ernährung (alle Fotos: Thomas Einberger, argum GbR) ERNÄHRUNG Wege zur gesünderen Ernährung in allen Lebensphasen Der enable-Cluster für Ernährungsforschung Ernährung von DR. ANDREA SPANGENBERG und DR. KERSTIN DRESSEL: Immer mehr Menschen essen unterwegs, und auch zu Hause werden aus zeitlichen Gründen immer häufiger Fertiggerichte zubereitet. Selten jedoch sind diese gesund zu nennen, sondern meist kommen sie fettreich, überzuckert und ballaststoffarm daher. Um gesündere und gleichzeitig schmackhafte Lebensmittel und Fertiggerichte zu entwickeln haben sich im enable-Cluster für Ernährungsforschung zahlreiche Experten unterschiedlicher Fachrichtungen mit Industriepartnern zusammengeschlossen. Das Ziel ist, jedem Menschen – unabhängig vom Alter – eine den Bedürfnissen entsprechende, gesündere Ernährung zu ermöglichen. Unsere Nahrung ist gemessen an unserem Lebensstil viel zu energiedicht. Bei kontinuierlich gesunkener physischer Arbeitsleistung wurden die Mahlzeiten durch „Convenience-Produkte“ (engl. für bequem, komfortabel) zwar schmackhafter, aber eben auch immer ungesünder. Als Folge wird ein rapider Anstieg ernährungs-mitbedingter Krankheiten wie Adipositas, Diabetes, Krebs und Herz-Kreislauferkrankungen beobachtet. Realistische Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu 30 Prozent der derzeitigen Gesundheitsausgaben in Deutschland auf falsche Ernährung im weitesten Sinne zurückzuführen sind; dies entspricht umgerechnet der Summe von fast 100 Mrd. Euro pro Jahr. Ungesunde Essengewohnheiten kennt fast jeder Die neueste Nationale Verzehrsstudie II [1] hat gezeigt, dass die Mehrheit der Deutschen deutlich weniger frisches Obst und Gemüse zu sich nimmt, als von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlen wird. Dies hat zur Konsequenz, dass die empfohlene Aufnahme von Ballaststoffen von 30g/Tag deutlich unterschritten wird. Noch vor Infobox 1: Die Nationale Verzehrsstudie Die NVS II hat das Max Rubner-Institut im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz durchgeführt. Zwischen November 2005 und Januar 2007 wurden im Rahmen der NVS II knapp 20.000 deutschsprachige Personen im Alter zwischen 14 und 80 Jahren befragt. Die NVS II hatte zum Ziel, für Deutschland repräsentative Daten zum Lebensmittelverzehr und zum weiteren Ernährungsverhalten zu liefern sowie die aus dem Lebensmittelverzehr berechnete Nährstoffzufuhr der Bevölkerung abzubilden. 100 Jahren war eine Ballaststoffaufnahme von 70g/Tag keineswegs ungewöhnlich. Im Gegensatz dazu liegt der Verbrauch von Fleisch und Fleischprodukten besonders bei den deutschen Männern weit über den DGE-Empfehlungen. Frauen und junge Männer wiederum konsumieren reichlich Zucker. Auf der anderen Seite haben viele ältere Menschen einen Mangel an Eiweiß, Vitamin D, Kalzium, Folsäure und Ballaststoffen. Der Mensch ist tatsächlich was er isst Über alle Lebensphasen und Altersstufen hinweg hat kein Umweltfaktor einen größeren Einfluss auf das menschliche Genom als die Ernährung. Die Interaktion von Ernährung und Genom bewirkt Änderungen unserer Genfunktionen genauso wie sie Einfluss nimmt auf die genetisch festgelegte Anfälligkeit für Erkrankungen oder den Schutz davor. Es besteht deshalb kein ernstzunehmender Zweifel, dass sich eine positive Veränderung unseres Ernährungsverhaltens auch positiv auf die gesamte Gesundheit auswirkt. Um das Ernährungsverhalten einer ganzen Bevölkerung zu verbessern benötigt man zum einen politische Maßnahmen, die die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zugunsten eines gesunden Lebensstils verschieben. Zum anderen braucht man zielgruppengerechte und lebensphasenspezifische Konzepte für Risikogruppen. Hier setzt der enable-Cluster für Ernährungsforschung an (siehe Abbildung 1). → Abbildung 1: Das Logo des enable-Clusters für Ernährungsforschung 16 SUB 3/2016 ERNÄHRUNG 22 Teilprojekte in drei Arbeitsgebieten Untergliedert ist der Cluster in drei einzelne Arbeitsgebiete, die unterschiedliche Fragestellungen verfolgen. Insgesamt 22 Einzelprojekte werden in diesen drei Arbeitsgebieten durchgeführt. Die Vernetzungsaktivitäten innerhalb des Clusters sind daher hoch, um die Kooperation der insgesamt 39 Partner aus Forschungseinrichtungen und Lebensmittelindustrie reibungslos zu ermöglichen. Die Themen der Arbeitsgebiete lauten: →→ Neudefinition der Beziehung zwischen Ernährung und Gesundheit – neue Ansätze und Methoden →→ Neuentwicklung von Lebensmitteln zur Verbesserung des Gesundheitswerts – Möglichkeiten und Grenzen →→ Ernährungskommunikation – neue Werkzeuge und Dienste Bei der Neudefinition der Beziehung zwischen Ernährung und Gesundheit geht es um neue Methoden, das Erscheinungsbild des Menschen so zu kategorisieren (Phänotypisierung), dass an bestehenden und neuen Kohorten oder Datensätzen der Zusammenhang zwischen Ernährung und Krankheit neu bestimmt werden kann. Die gewonnenen Erkenntnisse werden den Arbeitsgebieten zwei und drei zur Verfügung gestellt und fließen in die Entwicklung neuer Strategien für gesündere Lebensmittel und bessere Ernährungskommunikation ein. Für das Ziel, neue, sensorisch attraktive Lebensmittel mit verbessertem Gesundheitswert für die vier spezifischen Lebensphasen zu entwickeln und systematisch in den Zielgruppen zu testen werden die Wünsche und Bedürfnisse der spezifischen Konsumentengruppen erfasst. Im Fokus stehen dabei beliebte „Convenience“-Produkte wie Hamburger oder Pizzen. In den einzelnen Teilprojekten wird eng mit den verschiedenen Partnern aus der Lebensmittelindustrie und dem Handel zusammengearbeitet und die Akzeptanz der Produkte bei den Verbrauchern getestet. Damit entsteht eine einzigartige Plattform für die interdisziplinäre Neuentwicklung und -prüfung von Lebensmitteln. Im Teilbereich Ernährungskommunikation arbeiten Informatiker, Ernährungswissenschaftler sowie Konsum- und Verhaltensforscher zusammen, um die Ernährungskom munikation unter Nutzung moderner Informations- und → Abbildung 2: Lebensphasenmodell im enable-Cluster für Ernährungsforschung SUB 3/2016 17 Ernährung Bayerischer Cluster für gesündere Ernährung Mit dem seit Juni 2015 laufenden neuen Forschungscluster enable greifen Universitäten und Forschungsinstitute das Thema gesundheitförderliche Ernährung in allen Lebensphasen auf. Der von der Technischen Universität München (TUM) geführte Cluster wird in den kommenden drei Jahren mit fast 5,8 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Sprecher und Koordinator des Clusters ist Prof. Dr. Hans Hauner, der den Lehrstuhl für Ernährungsmedizin an der TUM leitet. Ziel ist es, in der gemeinsamen interdisziplinären Forschungsarbeit gesunde Lebensmittel wie auch „Convenience-Produkte“ zu entwickeln, die sich an den Bedürfnissen verschiedener Altersgruppen orientieren. Darüber hinaus untersuchen Wissenschaftler, wie Verbraucher ihre Lebensmittel auswählen und wie sich diese Entscheidungen im Sinne einer gesunden Wahl beeinflussen lassen. Die Entwicklung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien sollen dazu beitragen, die Verbraucher über eine gesündere Ernährung zu informieren und ein vernünftigeres Essverhalten in der Bevölkerung zu erreichen. Zum „Lebensphasenmodell“ der verschiedenen Altersgruppen (siehe Abbildung 2) zählen Schwangere, Heranwachsende oder ältere Menschen, die anfällig für Krankheiten sind und bei denen das Essverhalten eine große Rolle spielt. Für jede der vier Gruppen im Lebensphasenmodell werden Probanden als „enable-Kohorten“ rekrutiert. Mit Hilfe der Kohorten werden humane Interventionsstudien realisiert, deren Ergebnisse in enger Kooperation mit mehreren Teilprojekten des enable-Clusters nutzbar sind. Ernährung ERNÄHRUNG staltungen steht außerdem allen interessierten Personen offen, um den Wissensund Erfahrungsaustausch zwischen den akademischen und wirtschaftsorientierten Partnern zu fördern und zu intensivieren. Mit enable wird der Gesundheitsstatus der Bevölkerung in besonderen Lebensphasen von Schwangerschaft bis ins hohe Alter untersucht. Mit den gewonnenen Erkenntnissen können diese Lebensphasen → Abbildung 3: Die Partner im enable-Cluster für Ernährungsforschung; Laufzeit: 01.06.2015 – 31.05.2018. nachhaltig verbessert werEine zweite Phase im Anschluss ist geplant den. Moderne Informationsund KommunikationstechKommunikationstechnologien zu verbessern und zielgrup- nologien wie APPs, PC-Spiele, Avatare etc. spielen bei der pengerecht auszurichten. Dabei werden soziale Netzwerke Vermittlung von ernährungsrelevantem Wissen für eine genutzt, aber auch neue, teilweise interaktive Ansätze wie gesündere Lebensmittelauswahl eine herausragende Rolle. Spiele („Gaming“) entwickelt, um das Ernährungsverhalten der Zielgruppen im Sinne einer gesünderen Ernährung Vier bundesweite Cluster günstig zu beeinflussen. Die Wirksamkeit der neuen Werk- Der enable-Cluster ist einer von insgesamt vier vom Bunzeuge und Inhalte wird dabei ebenfalls systematisch eva- desforschungsministerium (BMBF) geförderten Clustern luiert. der Ernährungsforschung. Neben enable gibt es Cluster in Halle-Leipzig (Kompetenzcluster für Ernährung und kardioWissenschaft Hand in Hand mit Unternehmen vaskuläre Gesundheit – „nutriCARD“), in Berlin-Brandenburg Abbildung 3 zeigt die Partner des enable-Clusters in einer (Ernährungsintervention für gesundes Altern – „nutriACT“) Übersicht. In allen Teilprojekten besteht eine enge Koope- und in Bonn (Von der Epidemiologie zu evidenzbasierter ration zwischen den ausführenden Wissenschaftlern und Kommunikation: neurodegenerative Erkrankung – „dietBB“). Unternehmen der Ernährungswirtschaft. Damit wird sicher- Insgesamt wendet die Bundesregierung für die Ernährungsgestellt, dass die Entwicklungen marktorientiert sind und forschungscluster also rund 26 Mio. Euro in den nächsten von bestehenden oder neuen Unternehmen übernommen drei Jahren auf [2]. und als Produkte auf den Markt gebracht werden können. Zur Unterstützung von Innovationen im Ernährungs- und Literatur Lebensmittelbereich unterhält enable ein eigenes Innova- [1] Nationale Verzehrsstudie II, 2008. MRI – Max Rubner tionsbüro, das Produkt- und soziale Innovation gezielt vorInstitut, Haid-und-Neu-Straße 9, 76131 Karlsruhe. antreibt. Dazu gehört nicht nur die Beratung bereits aktiver http://www.mri.bund.de/NationaleVerzehrsstudie Start-ups sondern z. B. auch das Scouting nach neuen Pro- [2] http://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/5657.php duktideen und deren umfassende Förderung entlang der (letzter Aufruf: 10. November 15) gesamten Innovationskette. Interdisziplinarität gibt den Ausschlag Eine Besonderheit des enable-Clusters ist sein breites Spektrum an Disziplinen und Methoden, von biomedizinischen Ansätzen über moderne Sensorik bis hin zu Verbraucherforschung, Soziologie und Informatik. Regelmäßige gemeinsame Seminare, Workshops und andere Veranstaltungen stellen sicher, dass ein enger interdisziplinärer Austausch zwischen den Arbeitsgebieten erfolgt. Ein Teil dieser Veran- 18 DR. ANDREA SPANGENBERG (OHNE BILD) KOMPETENZZENTRUM FÜR ERNÄHRUNG FREISING [email protected] DR. KERSTIN DRESSEL TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN ENABLE-CLUSTERS [email protected] SUB 3/2016 Heil- und HEILUND GEWÜRZPFLANZEN Gewürzpflanzen Forschung und Beratung für den Kräuteranbau Arbeitsgruppe Heil- und Gewürzpflanzen an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft von DR. HEIDI HEUBERGER: Der Anbau von Heil- und Gewürzpflanzen erfordert viel Spezial wissen und Erfahrung, so dass spezialisierte Landwirte die Beratung nicht an allen Ämtern erhalten. Die Landesanstalt für Landwirtschaft, im speziellen die Arbeitsgruppe Heil- und Gewürzpflanzen, steht als Ansprechpartnerin für die Anliegen der Landwirte, Berater und Firmen der Branche in Bayern zur Verfügung. Die angewandte und möglichst praxisnahe Forschung baut darauf auf. Dabei stehen die hohe Qualität der heimischen Produkte sowie deren Bestehen im internationalen Wettbewerb im Zentrum. Beratung durch die LfL Bei den Arznei- und Gewürzpflanzen handelt es sich meist um anspruchsvolle Kulturen, die vom Landwirt viel Wissen und Erfahrung erfordern. Davon hängt ab, ob wettbewerbsfähige und hochwertige Ware erzeugt und vermarktet werden kann. Aus dieser Tatsache ergibt sich ein hoher Bedarf an Forschung und Beratung. Dem stehen in Anbetracht der Artenvielfalt und der geringen Anbauflächen begrenzte Kapazitäten für diese Aufgaben gegenüber. Insofern ist eine deutschlandweite Zusammenarbeit aller Akteure unverzichtbar. An der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) widmet sich die Arbeitsgruppe „Heil- und Gewürzpflanzen“ des Instituts für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der angewandten Forschung und Beratung für die Praxis. Die Arbeitsgruppe ist Anlaufstelle für alle Fachfragen rund um den feldmäßigen Anbau und die Erstverarbeitung von Arznei- und Gewürzpflanzen. Ausgenommen sind Fragen des Pflanzenschutzes, hier sind die Kollegen vom LfL-Institut für Pflanzenschutz zuständig. Die meist telefo- SUB 3/2016 HEIL- UND GEWÜRZPFLANZEN Der Anbau von Arznei- und Gewürzpflanzen ist gekennzeichnet durch eine große Vielfalt von angebauten Arten, geringe Anbauflächen (von wenigen Quadratmetern bis circa 1 000 Hektar je Art), hohe Qualitätsanforderungen an die Rohware, sowie durch die hohe Wertschöpfung, die bis zum Endprodukt generiert wird. In Bayern werden auf knapp 2 000 Hektar über 50 verschiedene Arten angebaut, die ihre Verwendung in pharmazeutischen Produkten, Nahrungsmitteln (z. B. Küchenkräuter, Tees), Nahrungsergänzungsmitteln, Futtermittelzusätzen sowie Kosmetika finden. Die getrocknete Rohware, die sogenannte „Droge“, steht dabei im internationalen Wettbewerb. → Bild 1: Biodiversität pur – der Schaugarten mit Europäischen und Chinesischen Arznei- und Gewürzpflanzen am Baumannshof nisch oder per E-Mail eingehenden Anfragen reichen vom bayerischen Landwirt, der am Einstieg in diese besonderen Kulturen interessiert ist, bis zum Mitarbeiter eines Unternehmens, der z. B. spezifische Informationen zur Qualitätsbeeinflussung seiner Pfefferminze-Rohware sucht. Je nach Fragestellung wird auf eigene Erkenntnisse sowie auf eine umfangreiche Literatursammlung zurückgegriffen, oder es werden Fachkollegen im deutschsprachigen Raum empfohlen. Allgemeine Informationen zum Anbau, zur Destillation Ätherischer Öle und Kulturanleitungen zu einer Reihe von Arznei- und Gewürzpflanzenarten sind als Teil des Beratungsangebots auf den Internetseiten der Arbeitsgruppe zu finden (siehe Infobox). Beratungs- und Informationsnetzwerke Eine einzelbetriebliche Beratung vor Ort auf den Betrieben ist von Seiten der LfL nicht möglich. Diese leisten in Gebieten 19 Heil- und Gewürzpflanzen Infobox: Wichtige Informationsquellen für den Anbau von Arznei- und Gewürzpflanzen HEIL- UND GEWÜRZPFLANZEN Folgende Unterlagen wurden verwendet und können bei den Autorinnen angefordert werden: • Fragebogen zu positiven Situationen, Frage Internetseiten der LfL-Arbeitsgruppe Heil- und Gewürzpflanzen: http://www.lfl.bayern.de/ipz/heilpflanzen/ • LfL-Kulturanleitungen zum Download oder als Druckversion: http://www.lfl.bayern.de/ipz/heilpflanzen/030708/index.php Einführungsliteratur für interessierte Neueinsteiger: • Dachler, M. und H. Pelzmann (1999): Arznei- und Gewürzpflanzen. Anbau- Ernte- Aufbereitung. Österreichischer Agrarverlag, Klosterneuburg, 2. Auflage. • Plescher, A. (2014): Arzneipflanzenanbau als landwirtschaftlicher Erwerb. Praxisleitfaden für den Einstieg in den Arznei- und Gewürzpflanzenanbau. HLBS Verlag, Berlin. Ausführliche weiterführende Literatur für Landwirte, Beratung, Ausbildung und Forschung: • Hoppe, B. (Hrsg.) (2009 bis 2013): Handbuch des Arznei- und Gewürzpflanzenbaus. 5 Bände. Verein für Arznei- und Gewürzpflanzen SALUPLANTA e. V. Bernburg. • http://www.saluplanta.de • KTBL (2002): KTBL-Datensammlung Heil- und Gewürzpflanzen mit CD-ROM, KTBL-Schriftenvertrieb im Landwirtschaftsverlag, Münster. (derzeit leider vergriffen, Neuauflage und Online-Ausgabe in Vorbereitung) mit konzentriertem Anbau von Küchenkräutern oder Teeund Arzneipflanzen einzelne erfahrene Berater des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten oder des Gemüseerzeugerrings. Darüber hinaus sind in Bayern private Spezialberater für Sonderkulturen aktiv, deren Service von größeren Betrieben und von Unternehmen in Anspruch genommen wird. Von besonderer Bedeutung sind schließlich die Fachleute in den Rohwareabteilungen der abnehmenden Hand, die ihre Vertragslandwirte im Sinne der Qualitätsund Mengensicherung beratend unterstützen. Die Berater sind wiederum mit den Fachleuten der LfL bestens vernetzt, sowohl im direkten Kontakt als auch z. B. im Öko-Arbeitskreis Arznei- und Gewürzpflanzen der LfL sowie im Verein zur Förderung des Arznei- und Gewürzpflanzenanbaus in Bayern. In den Mitgliederversammlungen des Fördervereins, zu dessen Mitgliedern auch Landwirte und Unternehmen der abnehmenden Hand zählen, werden mit regelmäßiger Beteiligung der LfL aktuelle Themen vorgestellt, mit der Praxis diskutiert und es wird nach Lösungen gesucht. 20 Über die bayerischen Grenzen hinweg vertritt und unterstützt die Autorin und Leiterin der LfL-Arbeitsgruppe die Belange der Landwirte in nationalen Branchen-Gremien wie dem Deutschen Fachausschuss für Arznei-, Gewürz- und Aromapflanzen (DFA). Zudem ist sie als Expertin für den Anbau unter anderem in der Arbeitsgruppe „Arzneipflanzenanbau“ der Forschungsvereinigung der Arzneimittel-Hersteller e. V. (FAH), dem Ausschuss „Pharmazeutische Biologie“ der Deutschen Arzneibuchkommission und im ISO TC249 „Traditional Chinese Medicine“ tätig. Auf diese Weise trägt die LfL zur fachlichen und strategischen Klärung von auftretenden Problemen und Herausforderungen in der gesamten Branche bei. Forschungsthemen aus der Praxis Aus der Beratungspraxis und den Kontakten mit der Industrie hat die LfL eine Reihe von praxisnahen Forschungsthemen aufgegriffen und teils in einzelnen Versuchen, teils in größeren Forschungsprojekten bearbeitet. So gehen die aktuellen Arbeiten zur nicht-chemischen Unkrautregulierung auf die Beratungen und die hohe Priorisierung im Öko-AK Arznei- und Gewürzpflanzen der LfL zurück. Die seither erfahrene hohe Resonanz bei Veranstaltungen und Vorträgen bekräftigt deren Praxisbedeutung, auch für den konventionellen Anbau. Im Fall der Inkulturnahme von Heilpflanzen für die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) ging die Initiative von einem deutschen TCM-Arzt aus, der im heimischen Anbau eine Chance für die Verbesserung der Qualitäts- und Versorgungssicherheit einiger TCM-Kräuter sah. Aus dem interdisziplinären Forschungsprojekt ist inzwischen ein ebensolches interdisziplinäres Netzwerk von Wissenschaftlern, Landwirten und Händlern geworden, dessen Erkenntnisse und Erfahrungen u. a. in Monographien (Qualitätsvorschriften) des Europäischen Arzneibuchs und in die ISO-Standards zur TCM Eingang fanden. BLBP-Herkünfte und „richtige Sorten“ Die Artenvielfalt und der geringe Anbauumfang machen die Entwicklung und den Schutz von Sorten für Züchtungsunternehmen wenig lohnenswert. Auch kann das Saatgutverkehrsgesetz für die meisten Arten nicht angewandt werden, sie fehlen in dessen Artenliste. Nur für bedeutende Arten, wie z. B. Petersilie, Dill und Kamille, gibt es eine Auswahl geschützter Sorten. Demgegenüber gibt es von vielen Arten nicht geschützte Sorten, deren sortencharakteristische Erhaltung nicht gewährleistet ist. So wurden an der LfL zum Beispiel 15 verschiedene Herkünfte der Baldriansorte ‘Polka‘ und neun von ‘Anthos‘ gesammelt, die sich teilweise deutlich in der Ertragsleistung und in den Inhaltsstoffgehalten unterscheiden. Vor diesem Hintergrund wurden in den 80er und 90er Jahren an der LfL viele Herkünfte von verschiedenen Arten und ungeschützten Sorten auf ihre agronomische Leistung und die erzielbare Drogenqualität untersucht. Die SUB 3/2016 Heil- und Gewürzpflanzen → Bild 2: Das Sortiment von über 150 Minzeklonen wird für die Nutzung in der Praxis erhalten → Bild 3: Großes Interesse fand der Baldrianfeldtag 2012, an dem Forschungsergebnisse des Verbundprojekts „KAMEL“ am Ergebnisse wurden als Entscheidungshilfe zur Sortenwahl publiziert. Darüber hinaus wurden Saat- und Pflanzgut der besten Herkünfte als sogenannte BLBP-Herkünfte zur Vermehrung und Nutzung an die Praxis abgegeben und haben sich dort bewährt. Der besonders ölreiche Zitronenmelisse-Klon BLBP 33 hat sogar Berühmtheit erlangt. Die beschriebenen Sammlungen der klonvermehrten Arten wie Minzen (> 150 Klone, siehe Bild 2), Melisse (> 80 Klone), Meerrettich und Knoblauch werden bis heute an der LfL erhalten und bei Gelegenheit erweitert. Das Material steht für die weitere Forschung und Züchtung sowie zur Nutzung durch Landwirte und Unternehmen zur Verfügung. An der LfL fanden bzw. finden zudem Züchtungsarbeiten statt, die weit über die Herkünfteprüfungen hinausgehen. Die Züchtung bei Arnica montana, die die vielgenutzte Sorte ‘Arbo‘ hervorbrachte, oder aktuell bei Baldrian begründet sich aus dem Bedarf der Praxis und dient zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des heimischen Anbaus dieser Arten. Technologieentwicklung Als erfolgreiches Beispiel der Technologieforschung an der LfL kann die Entwicklung der Wasserdampf-Destillationsanlage für die feldnahe Gewinnung Ätherischer Öle aus frischem Pflanzenmaterial genannt werden. Die hochwertigen Öle, die damit auf besonders schonende Weise gewonnen werden, finden z. B. Anwendung in der Aromatherapie. Forschungsnetzwerk unterstützt und inspiriert Die vielfältigen Forschungsaufgaben der AG Heil- und Gewürzpflanzen können nur dank der engen Zusammenarbeit mit Kollegen anderer Arbeitsgruppen an der LfL realisiert werden. Dazu gehören vor allem die beiden LfL-Versuchsbetriebe Baumannshof und Puch, die IPZ-Arbeitsgruppen Beschaffenheitsprüfung Saatgut, Gewebekulturtechniken, Hopfen Genomanalyse, sowie die Kollegen des Pflanzenschutzes und der Analytik. Darüber hinaus gibt es fallweise Kooperationen mit der TU München, der Hochschule Weihenstephan-TriesSUB 3/2016 dorf oder mit Partnern aus der Wirtschaft. Hervorzuheben ist hier das interdisziplinäre Netzwerk zum Anbau hochwertiger Chinesischer Heilpflanzen, zu dem die LfL (Leitung des Netzwerks), die Karl-Franzens-Universität Graz, die Ludwig Maximilians Universität München, die TCM-Ärzteverbände DECA und SMS sowie die Firma Kräuter Mix gehören. Die Forschungsprojekte sind meist über staatliche Drittmittel finanziert, teilweise unter finanzieller Beteiligung von Unternehmen und landwirtschaftlichen Betrieben. Auch industriefinanzierte Projekte wurden z. B. zu Pfefferminzklonen und zur Anbauoptimierung von Eisenkraut durchgeführt. Da die staatlich finanzierte LfL keine Exklusivforschung für einzelne Unternehmen durchführt, muss in von der Industrie initiierten Forschungsarbeiten ein festzulegender Teil der Ergebnisse in der Beratung und zur Veröffentlichung genutzt werden. Mit dem Wissenstransfer schließt sich der Kreis Die Ergebnisse und Erfahrungen aus den Forschungsarbeiten gelangen über wissenschaftliche und praxisorientierte Artikel bzw. Vorträge zurück in die Anbau- und Beratungspraxis. Dabei werden vor allem die branchenspezifische Zeitschrift für Arznei- und Gewürzpflanzen und das jährlich stattfindende „Bernburger Winterseminar Arznei- und Gewürzpflanzen“ als Wissens- und Diskussionsplattformen genutzt. Je nach Thema werden Feldtage wie zuletzt zu Baldrian (siehe Bild 3), zu Chinesischen Heilpflanzen oder zur Unkrautregulierung veranstaltet. Und schließlich stellen Beratungsunterlagen und Informationen im Internetangebot der LfL einen optimalen Wissenstransfer sicher. DR. HEIDI HEUBERGER BAYERISCHE LANDESANSTALT FÜR LANDWIRTSCHAFT INSTITUT FÜR PFLANZENBAU UND PFLANZENZÜCHTUNG [email protected] 21 HEIL- UND GEWÜRZPFLANZEN Baumannshof vorgestellt wurden Heil- UND HEILund GEWÜRZPFLANZEN Gewürzpflanzen Unkrautregulierung im ökologischen Arznei- und Gewürzpflanzenanbau HEIL- UND GEWÜRZPFLANZEN von DR. HEIDI HEUBERGER, HANNA BLUM, DR. CHRISTINE HOLZAPFEL und DR. HARALD SCHMIDT: Unkrautregulierung ist ein „Dauerbrenner“, insbesondere im Ökoanbau der unkrautempfindlichen Kräuterkulturen. Umgekehrt liegen aber systembedingt gerade im ökologischen Anbau langjährige Erfahrungen in der nicht-chemischen Unkrautregulierung vor. Mit umfangreichen Befragungen von Ökobetrieben in Bayern und Umgebung, von deutschen Anbauberatern und internationalen Geräteherstellern wurde erstmals ein umfassendes Bild der Unkrautregulierungspraxis im ökologischen Arznei- und Gewürzpflanzenanbau erstellt. Viele Verarbeiter von ökologisch produzierten Arznei- und Gewürzpflanzen sind in Bayern ansässig bzw. haben Vertragslandwirte in Bayern. Die Präferenz für regionale und nachhaltig produzierte Rohware steigt stetig. Um die Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen und deutschen Ökoproduktion dieser Kulturen zu steigern, bedarf es einer optimierten Unkrautregulierung, insbesondere in der Kulturpflanzenreihe, um die mitunter extrem hohen Handarbeitskosten zu minimieren und Verunreinigungen der Rohware zu verhindern. Unkräuter im Erntegut gelten als Fremdbestandteile und sind grundsätzlich zu minimieren. Die derzeitigen Diskussionen um die pyrrolizidinalkaloidhaltigen Ackerunkräuter, die als Beifang bei der Ernte z. B. Teekräuter kontaminieren, verschärfen die Notwendigkeit, die Unkrautregulierungsstrategien zu optimieren. Daraus ergibt sich der Bedarf der Praxis, dass Forschung und Beratung sich dieser Thematik annehmen und das ganze Bündel nicht-chemischer Unkrautregu- Infobox 1: Weiterführende Informationen Schlussbericht der Status-Quo Analyse http://www.lfl.bayern.de/ipz/heilpflanzen/074639/index.php Übersicht über die Geräte und Verfahren zur nicht-chemischen Unkrautregulierung http://www.lfl.bayern.de/mam/ cms07/ipz/dateien/geräteübersicht_feldtag.pdf R. Bauermeister, R. Total, D. Baumann, P. Bleeker, M. Koller, M. Lichtenhahn (Hrsg.) 2005. Unkrautpraxis: Mechanische Unkrautregulierung im Gemüsebau. Agroscope, Wädenswil, 52 Seiten 22 lierungsmaßnahmen zu optimieren helfen. Dieses beinhaltet indirekte und direkte Maßnahmen wie beispielsweise Fruchtfolgegestaltung, Bodenbearbeitung und mechanische oder thermische Maßnahmen. Die nicht-chemischen Verfahren gewinnen wegen der geringen Verfügbarkeit zugelassener Herbizide und der Sensibilität gegenüber Rückständen im Ernteprodukt auch im konventionellen Anbau zunehmend an Bedeutung. Status Quo Analyse 2014 In einem ersten Schritt wurde in einem gemeinsamen Projekt der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) und des Fördervereins Ökoplant e. V. der Status-Quo der Unkrautregulierungspraxis im ökologischen Arznei- und Gewürzpflanzenanbau in Bayern ermittelt, wobei ein Fokus auf der Unkrautbekämpfung in der Reihe lag. Die Ziele der Untersuchungen waren: →→ die erfolgreichen Ansätze und Methoden zur Unkrautregulierung von indirekten Maßnahmen bis hin zum gezielten Geräteeinsatz zu beschreiben, →→ Problembereiche mit Handlungsbedarf in Forschung, Beratung und Geräteentwicklung zu identifizieren und →→ aktuelle Grundlagen für den Austausch zwischen Landwirten und Beratern sowie für die Optimierung einzelbetrieblicher Strategien zu schaffen. Es wurden mittels Fragebögen sechs europäische Gerätehersteller (16 angefragt) sowie 19 Fachberater und Firmenexperten (33 angefragt) interviewt. Mit 32 Betriebsleitern (von 56 angefragten) wurden fragebogengestützte Interviews schriftlich und telefonisch bzw. vor Ort durchgeführt. Zudem wurde eine Literatur-, Internet- und Branchenrecherche zu Geräten und zu den Unkrautregulierungsverfahren in Arznei- und Gewürzpflanzen durchgeführt. SUB 3/2016 Heil- und Gewürzpflanzen Ergebnisse Mit den umfangreichen Befragungen von Ökobetrieben in Bayern und Umgebung, von deutschen Anbauberatern und internationalen Geräteherstellern ergab sich erstmals ein umfassendes Bild der Unkrautregulierungspraxis im ökologischen Arznei- und Gewürzpflanzenanbau. Systembedingt liegen gerade im ökologischen Anbau langjährige Erfahrungen in der nicht-chemischen Unkrautregulierung vor. Die hohe Teilnahmequote der Landwirte und der Berater an den Befragungen und das Interesse auch von konventionellen Betrieben unterstrichen die Relevanz der Thematik in der Praxis. Es wurde deutlich, wie stark die einzelbetrieblichen Bedingungen, Anbaukonzepte und Unkrautregulierungsstrategien variieren (siehe Abbildung 1 und Tabelle 1). Ein effektives Unkrautmanagement ist nur durch ein Gesamtpaket an aufeinander abgestimmten und erfolgreich durchgeführten Einzelmaßnahmen möglich. Die Knackpunkte: Problemunkräuter und sensible Kulturen Als Problemunkräuter wurden häufig Quecke, Ackerkratzdistel, Einjähriges Rispengras, Franzosenkraut, Kreuzkräuter, Nachtschatten, Vogelmiere, Weißer Gänsefuß und Stechapfel genannt. Auf einigen Betrieben treten bereits die sich ausbreitenden und schwer bekämpfbaren Arten Portulak und Österreichische Sumpfkresse auf. Kulturen sind besonders sensibel gegenüber Verunkrautung, wenn diese →→ direkt gesät werden, →→ eine langsame Jugendentwicklung aufweisen, →→ keinen Bestandsschluss erreichen, →→ mehrjährig sind, →→ sich flächig ausbreiten oder/und →→ die Blätter bzw. das Kraut genutzt wird. Dazu gehören zum Beispiel Petersilie, Blattsellerie, Pfefferminze, Arnika, Thymian und Estragon. Indirekte Maßnahmen und Bodenbearbeitung Von den indirekten Maßnahmen wurde der Fruchtfolge, insbesondere dem Kleegras- bzw. Feldfutteranbau, eine besondere Bedeutung zugemessen. Für eine hohe Wirksamkeit gegen Unkraut sind die erfolgreiche Etablierung eines lückenlosen, wüchsigen Bestandes sowie die Beerntung und die Abfuhr des Schnittgutes wichtige Voraussetzungen (siehe Bild 1). Der Wechsel mit Wintergetreide ist aussichtsreich gegen typische „Gemüseunkräuter“. Die Unkrautwirkung von Hackkulturen wird unterschiedlich bewertet, Dauerkulturen werden meist als Unkrautvermehrer (Quecke!) eingeschätzt. Ebenso kann mit Bodenbearbeitungsmaßnahmen wie der Stoppelbearbeitung (hier vor allem in Form einer Unkrautkur), der Grundbodenbearbeitung und der Saatbett bereitung der Unkrautdruck reduziert werden. Die unterschiedlichen Anforderungen der Verfahren an Zeitpunkt und Bodenzustand müssen im Rahmen der Fruchtfolge bzw. des Fruchtwechsels → Abbildung 1: Der Anteil an Arznei- und Gewürzpflanzen (AuG) sowie die Bewässerungsmöglicheingeplant werden. Die meisten der keiten variieren stark in den befragten Betrieben (jeder Balken entspricht einem Betrieb). befragten Betriebe handhaben Stop- SUB 3/2016 23 HEIL- UND GEWÜRZPFLANZEN Die Auswertung der Befragungen und der Literaturrecherche, sowie die Diskussion der Ergebnisse erfolgten zunächst intern, anschließend im kleinen Kreis mit Beratern sowie Ende September 2014 öffentlich in einem Feldworkshop zur Unkrautregulierung. Der Projekt-Schlussbericht ist im Internet abrufbar (siehe Infobox 1). Heil- und Gewürzpflanzen Betrieb Unkrautbewertung 1 1 2 3 4 5 6 7 5 keine Angabe 5 5 1 4 3 mittel gut Getreide Getreide mit Untersaat Kleegras Böden Vorfrucht Kartoffel, Kleegras Luzerne Stoppelbearbeitung 3,5 1 1 1 2 Stoppelb.-tiefe 10 15 15 13 15 Herbst Herbst Herbst Herbst Frühjahr Herbst 1 1 0,3 15.-20.04. ab M03 A04-M04 M03 20.-25.04 M03-E03 E03-A04 Reihenabstand (cm) 33 25 50 25 33 28 36 Beregnung möglich nein Ja ja ja ja ja ja 4,5 4,5 4 3,5 4 4 4 Pflugtermin Falsches Saatbett Sätermin Ernten Herbst 1 1,5 HEIL- UND GEWÜRZPFLANZEN Direkte Regulierung Abflammgerät 1 1 1 1 1 Striegel 9 4 4 3 6 3 3 Maschinenhacke 5 8 6 6 2,5 5 5 Handhacke, Jäten oder Unkrautziehen 2 4 1 4 1 2 1 Ziehen/ schnelle Hacke 3 3 4 2 3 3 Mulcher 3 Abkürzungen: M: Mitte, E: Ende, gefolgt von 03 (März) bzw. 04 (April) 1 1: wenig problematisch, 5: sehr problematisch → Tabelle 1: Angaben zu Anbau und nicht-chemischen Unkrautregulierungsmaßnahmen von Petersilie in bayerischen Öko-Betrieben pelbearbeitung flexibel mit null bis vier Durchgängen, je nach Anbausituation. Berater empfehlen die Frühjahrspflugfurche vor spät gesäten oder gepflanzten Kulturen als wirk- → Bild 1: Nur ein flächig angelegter, gut gepflegter Kleegrasbestand (rechts) hat ein hohes Potenzial zur Unkrautunterdrückung 24 sames Mittel gegen Quecke und Ackerkratzdistel. Das sehr wirksame „Falsche Saatbett“ für Direktsaatkulturen wird von rund zwei Dritteln der befragten Betriebe angewendet. Es kann jedoch nur praktiziert werden, wenn nicht frühestmöglich im Jahr gesät werden muss und wenn ausreichend Bodenfeuchte für die Kur bzw. anschließend für die Kultur vorhanden ist. Um den Sameneintrag von außen einzudämmen, sollten Randstreifen bzw. Fahrgassen rechtzeitig vor dem Aussamen bearbeitet werden. Unkrautkontrolle während der Kultur Der Erfolg von Einzelmaßnahmen zur direkten Bekämpfung in der Reihe während der Kultur wurde zum Teil sehr unterschiedlich bewertet. Die Fingerhacke wurde von den befragten Landwirten und Beratern positiv bewertet, ist aber nur auf 9 von 32 Betrieben vorhanden. Fingerhacken werden in Kombination mit Scharhacken eingesetzt, sofern der Zwischenachsabstand des Geräteträgers dies zulässt; alternativ wird der Heckanbau praktiziert. Auch Abflammgeräte SUB 3/2016 Heil- und Gewürzpflanzen → Bild 2: Einsatz der Fingerhacke mit unterschiedlichen Fingerhärten in Ringelblume beim Unkrautfeldtag am Baumannshof wurden von befragten Landwirten positiv bewertet, sind aber nur auf 13 von 32 Betrieben vorhanden. Für die flächige Bearbeitung v. a. für mehrjährige Kulturen oder nach der Krauternte haben sich Striegel bewährt, für empfindlichere Kulturen oder Kulturstadien insbesondere ein Präzis ionszinkenstriegel. Für das Verschütten kleiner Unkräuter in der Reihe werden Scharhacken genutzt, die in jedem Betrieb zum Teil mehrfach vorhanden sind. Der Schütt- oder Häufeleffekt wird durch nahes Heranfahren an die Reihe kombiniert mit schnellem Fahren oder angeschweißten Flacheisen erreicht. Auch der Häufeleffekt der Sternrollhacke wird genutzt. Das Interesse an automatischen Reihenführungsoder Hacksystemen ist vorhanden, die Akzeptanz bei den derzeitigen Gerätepreisen und Strukturen jedoch noch gering. Was fehlt? Informations- und Forschungsbedarf Zur Optimierung der Unkrautbekämpfung fehlen für viele Geräte kulturartspezifische Kennzahlen und dokumentierte Ergebnisse. Diese wären dringend notwendig, da die Gerätewahl oft als sekundär, deren Einsatzzeitpunkt (Pflanzenstadien, Witterung, Bodenbedingungen) jedoch als deutlich wichtiger beurteilt wurde. Als sehr wichtig wurden die Wartung und die Einstellung der Geräte eingestuft. Kulturartspezifische Informationen wären zudem wichtig für Investitionsentscheidungen hinsichtlich neuer Geräte. Im Gerätehandel sind Erfahrungswerte zum Einsatz in Arznei- und Gewürzpflanzen bislang nur begrenzt vorhanden. In einem geplanten Folgeprojekt sollen verschiedene Geräte zur Regulierung in der Reihe standort- und kulturspezifisch getestet werden. Vor dem eigentlichen Test müssen die optimalen Einsatzbedingungen ermittelt und die dabei gewonnenen Erfahrungen für die Praxis nutzbar gemacht werden. Weitere Lösungsansätze zur Verbesserung der Un- SUB 3/2016 In den sieben befragten Petersilie anbauenden Ökobetrieben wird die einjährige Kultur mit durchschnittlich vier Krauternten von wenig bis sehr unkrautproblematisch bewertet (vgl. Tabelle 1). Der Anbau erfolgt nach Kleegrasumbruch, Kartoffeln oder nach Getreide mit ein- bis mehrfacher Stoppelbearbeitung und Pflügen meist im Herbst. In einigen Betrieben wird ein falsches Saatbett bereitet, das den Aussaattermin etwas verzögert. Sechs der Betriebe haben eine Beregnungsmöglichkeit. Die Intensität der mechanischen Unkrautregulierung variiert zwischen 12 und 20 Arbeitsgängen pro Jahr. Auf fünf der sieben Betriebe wird ca. 14 Tage nach der Aussaat ein Abflammgerät eingesetzt, da die lange Auflaufphase dieser Umbellifere vielen Unkrautarten einen deutlichen Vorsprung lässt. Auf allen Betrieben sind Maschinenhacke und Striegel im Einsatz. In einigen Betrieben wird vor dem ersten Schnitt die Maschinenhacke zweibis fünfmal, z. T. mit Schutzscheiben durchgeführt. Nach den Schnitten wird, zum Teil in Kombination mit dem Striegel, gehackt oder zwei Wochen später mit der Hackmaschine in die Reihen gehäufelt. Die Handhacke im Sinne des Jätens in der Reihe ist in jedem Betrieb ab vier bis fünf Wochen nach der Saat bis zum ersten Schnitt ein- bis viermal erforderlich. Vor jedem Schnitt werden die Bestände meist noch einmal durchgegangen und große Unkräuter gezogen. krautregulierung wäre die Weiterentwicklung und Erprobung von organischen Mulchmaterialien, die Geräteentwicklung zur selektiven Bekämpfung bzw. mit Nutzung von Kamera- oder RTK-Systemen und nicht zuletzt die vertiefte Kenntnis regulierungsrelevanter Eigenschaften bedeutender Unkrautarten. DR. HEIDI HEUBERGER DR. CHRISTINE HOLZAPFEL BAYERISCHE LANDESANSTALT FÜR LANDWIRTSCHAFT INSTITUT FÜR PFLANZENBAU UND PFLANZENZÜCHTUNG [email protected] [email protected] DR. HARALD SCHMIDT HANNA BLUM ÖKOPLANT E. V. [email protected] [email protected] 25 HEIL- UND GEWÜRZPFLANZEN Infobox 2: Unkrautbekämpfung in der Praxis – Beispiel Petersilie Heil- UND HEILund GEWÜRZPFLANZEN Gewürzpflanzen Kräuterpädagogik als berufliches Standbein Umsetzungsbeispiele aus der Praxis HEIL- UND GEWÜRZPFLANZEN Qualifizierung zur Kräuterpädagogin – Was ist einige Jahre nach Ausbildungsabschluss daraus geworden? Einige Kräuterpädagoginnen stellen ihren Weg vor und zeigen, wie sie die Ausbildung im Betrieb oder als Standbein nutzen. Dabei sind die Wege vielfältig und verschieden, gebunden an die betrieblichen Voraussetzungen, die persönlichen Neigungen oder beruflichen Möglichkeiten. In loser Folge stellen sich die Kräuterpädagoginnen den Fragen und können so anderen Interessenten Perspektiven aufzeigen und bei der Ideen findung helfen. Wir starten in Mittelfranken. Anna-Maria Rupp lebt mit ihrer Familie in der Kohlmühle bei Treuchtlingen. Ihr Mann bewirtschaftet den landwirtschaftlichen Betrieb mit Mastschweinen und einer Biogasanlage. Auf der Wülzburg, einem Renaissance-Schloss bei Weissenburg, arbeitet Anna-Maria Rupp im fünfundzwanzigsten Jahr als Fachlehrerin an der Berufsfachschule für Kinder- und Altenpflege sowie der Berufsschule zur sonderpädagogischen Förderung der Rummelsberger Diakonie. Frau Rupp, Sie binden Ihre Qualifikation zur Kräu terpädagogin beruflich ein. Was begeistert Sie so sehr am Thema „Essbare Wildkräuter“? Wie der Name schon sagt, essbare Wildkräuter sind Pflanzen ohne nennenswerte Hege und Pflege. Sie sind in der Natur um uns herum seit vielen Jahren gewachsen, gemäht und wieder von neuem geworden. Sie haben Blüten und Samen entwickelt, um dann im nächsten Jahr wieder zu wachsen. Wenn man wie ich im Unterricht in Ernährungslehre die Themen Fotosynthese und Zuckeraufbau vorstellt, werden diese faszinierenden Vorgänge, die in der Natur täglich stattfinden, plötzlich ein Phänomen. Da werden Kohlendioxid und Wasser bei „Sonnenschein“ im Blattgrün der Pflanze zu hoch komplexen Molekülen umgewandelt. Es entstehen Kohlenhydrate in verschiedensten Arten, die dann wiederum pflanzenspezifisch umgewandelt werden. Meine Schüler und Schülerinnen lernen dies und staunen nicht schlecht, wenn die Erkenntnis folgt, dass jede noch so kleine Pflanze diesen komplizierten Vorgang ganz selbstverständlich vollbringt. Sie sind im Hauptberuf Lehrerin. Wie schlägt sich das in Ihrem Angebot als Kräuterpädagogin nieder? Als Lehrkraft bin ich ständig in Aktion mit Erklären, Phänomene aufdecken, neugierig machen und sinnliches Erleben 26 → Bild 1: Anna-Maria Rupp mit Schülern bei der Pflanzenbestimmung anbahnen. Im Evangelischen Bildungszentrum in Pappenheim biete ich wildkräuterspezifische Vorträge oder Workshops an, z. B. in der Sommerfreizeit für Großeltern und Enkel. Verschiedene Altersgruppen sind einfach spannend und immer wieder eine Herausforderung. Mein Angebot richtet sich auch an Grundschulen (siehe Bild 1). Die Kinder sammeln auf einer Wiese, wir sortieren und bestimmen die Pflanzen draußen gemeinsam. Im Klassenzimmer werden die gesammelten Schätze weiterverarbeitet. Viele Schuljahrgänge kommen so in den Genuss der Wildkräuter und kennen dann die Pflanzen und mich als Kräuterpädagogin in späteren Jahren. Wie nutzen Sie die Lage Ihres landwirtschaftlichen Betriebs? Mein Zuhause, die Kohlmühle, liegt am Fuße des Nagelberges als Einzelhof mitten in der Landschaft. Um uns herum sind Wiesen, Äcker, Trockenrasen, Feuchtwiesen mit Bachlauf, Wald und Hecke, vielfältige Standortverhältnisse, von SUB 3/2016 Heil- und Gewürzpflanzen Sie haben also auch in Ihrem Hauptberuf die Möglichkeit, Ihr Kräuterwissen einzubringen? Ja, an unserer Berufsschule stand die Erneuerung des Gartens an. Meine Aktivitäten mit Wildkräutern begeisterten meine Schulleiterin. Sie unterstützte mich und ließ mir freie Hand bei der Erneuerung des Schulgartens (siehe Bild 2). Der Garten wurde in verschiedene Beete aufgeteilt, die jeweils eine andere Wahrnehmung der Pflanzen ermöglichen. Da ich häufig mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu tun habe, war es wichtig von bekannten Themen (Tiergarten, Alphabet, usw.) aus zu gehen, um ins komplexe Reich der Pflanzen zu kommen. Am Eingang des Gartens befindet sich z. B. der Pflanzentiergarten (siehe Bild 3). Das sind Pflanzen mit Tiernamen, wie Gänseblümchen, Löwenzahn, Fette Henne, alles essbare Wildpflanzen. → Bild 2: Der Schulgarten auf der Wülzburg bei Weissenburg, der Bereiche mit althergebrachten Heilpflanzen (siehe Bild 2), ein Farbenbeet und ein Duftpflanzenbeet zeigen die Vielfalt der Kräuterwelt. Mein Favorit ist das Alpha-Beet, wo die Pflanzen geordnet nach dem ABC wachsen (siehe Bild 4). Dieses Erlebnis im Garten habe ich verschiedensten Schülern und ebenso Erwachsenen vermittelt. Die Teilnehmer erfolgreicher Lehrerfortbildungen oder anderer Fortbildungsveranstaltungen mit Kräuterpädagogen waren von der Didaktik begeistert. Welche Schritte wurden unternommen, um die Kräuterpädagogik einzubinden? Schon während der Qualifizierung begann ich die Kräuterpädagogik in meine Tätigkeit als Fachlehrerin einzubinden. Sie ist ein fester und wachsender Bestandteil, ich bekomme durch meine Arbeit mit vielen Menschen ja auch immer wieder neue Anregungen. In meinem Fall ist die Umsetzung der Kräuterpädagogik stärker in meinem Hauptberuf erfolgt. Meine Begeisterung für das Thema wollte ich jedoch unbedingt auch auf unserem Hof umsetzen. So ist im angebauten Wintergarten ein Seminarraum für 20 Personen entstanden, in dem referiert und gegessen werden kann. Die Küche wurde nach hygienischen Erfordernissen umgebaut. Zusatzgeräte wurden sukzessiv beschafft. Wie lange hat der Einbindungsprozess gedauert? Der Prozess hat mit dem Abschluss der Ausbildung zur Kräuterpädagogin im Jahr 2006 begonnen und hält an, denn immer wieder kommen neue Ideen, um manches noch effektiver zu gestalten. → Bild 3: Pflanzentiergarten, hier das Gänse-Fingerkraut schemenhaft einen Kräutermensch zeigt SUB 3/2016 27 HEIL- UND GEWÜRZPFLANZEN nass bis trocken. Die eigenen Flächen bieten gute Bedingungen für das Suchen, Erklären und Sammeln von Wildpflanzen. Diesen Vorteil nutze ich auch, um Zusammenhänge von Standortbedingungen und Vegetation zu vermitteln. Das Gleiche gilt für die landwirtschaftliche Grünland- und Ackernutzung. Ich habe die freigewordene Küche unseres Mehrgenerationenhauses mit Kücheninventar nach Absprache mit dem zuständigen Lebensmittelkontrolleur erneuert. Mein Beruf als Fachlehrerin kam mir hier bei der Planung, der Vor- und Zubereitung der Speisen sowie den umfassenden Hygienevorschriften voll entgegen. Mein Ziel war, nach einer Kräuterwanderung die Gäste mit Wildkräuterspezialitäten zu verwöhnen, die Wildkräuter mit allen Sinnen zu erleben. Diese Sinnesschulung kann ich auch im Garten an der Schule einsetzen. Heil- und Gewürzpflanzen → Bild 4: Alpha-Beet, Pflanzen von A bis Z in einem Beet → Bild 5: Zusätzlich zum Schulgarten betreut Anna-Maria Rupp die HEIL- UND GEWÜRZPFLANZEN Schulimkerei Welche berufliche Ausbildung oder andere Qualifi kation haben Sie? Ich bin ausgebildete Fachlehrerin für Handarbeit und Hauswirtschaft. Begonnen habe ich mit der Ausbildung zur städtischen, dann zur ländlichen Hauswirtschafterin. Verschiedene Praktika in hauswirtschaftlichen Großbetrieben folgten und anschließend der Abschluss zur städtischen Betriebsleiterin. Da mir das Unterrichten schon immer gefiel, besuchte ich ein Pädagogisches Institut mit anschließendem Referendariat zur Fachlehrerin. An den beruflichen Schulen begann ich, hauswirtschaftliche Fächer zu unterrichten. Mein Werdegang ist für meine derzeitige Tätigkeit als Lehrkraft stimmig. Ich kann mein berufliches Wissen komplett bei der Ausübung als Kräuterpädagogin einsetzen und das Kräuterwissen komplett in die Schule integrieren. Eine hauswirtschaftliche Vorbildung kann im Umgang mit Lebensmitteln von großem Nutzen sein. Sehr wichtig finde ich bei Führungen auf dem Hof, die tatsächliche Situation in der landwirtschaftlichen Praxis aufzuzeigen. Hier nutze ich die Chance, mit den Besuchern, die ja gleichzeitig Verbraucher sind, in den Dialog zu kommen. Welche Ausbildungsmodule der Landwirtschafts verwaltung haben Sie genutzt? Nach fünfzehnjähriger Tätigkeit als Lehrkraft wollte ich neue Impulse setzen. So meldete ich mich bei der Qualifizierungsmaßnahme zur Kräuterpädagogin am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Ingolstadt an. Der Kurs wurde damals noch umfassend finanziert, die Inhalte und Ziele waren auf eine Umsetzung im landwirtschaftlichen Betrieb aufbereitet. Eine zusätzliche Qualifizierungsmaßnahme, die in Kooperation der IHK mit dem AELF Ingolstadt für das Inverkehrbringen von freiverkäuflichen Arzneimitteln stattfand, wurde erfolgreich mit Prüfung abgelegt. „Wir wollen, dass die Verbraucher mit uns reden und nicht über uns.“ Was würden Sie anderen raten, die eine Diversifizie rung anstreben? Wichtig ist, dass ich das tue, was ich wirklich will und dafür auch Verantwortung übernehme. Wenn sich zeigt, dass etwas nicht zu mir passt, darf ich es ändern. 28 Frau Rupp, vielen Dank für das Interview. DAS INTERVIEW FÜHRTE: JUTTA KOTZI BAYERISCHE LANDESANSTALT FÜR LANDWIRTSCHAFT [email protected] SUB 3/2016 Heil- und HEILUND GEWÜRZPFLANZEN Gewürzpflanzen Krankheiten und Schädlinge auf dem Vormarsch Entwicklungen, Probleme und Strategien von FRANK ANGERMÜLLER: Seit der Mensch Handel treibt und die Weltmeere befährt gelangen durch die Globalisierung zunehmend mehr Krankheiten und Schädlinge aus aller Welt nach Europa. Ein Teil dieser Krankheiten und Schädlinge kann massive Probleme an Pflanzen verursachen. Es könnten dadurch sehr hohe finanzielle Schäden bis hin zu einer „Ölkrise“ entstehen, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Aus diesem Grunde ist es notwendig, dass die grünen Profis vor Ort die wichtigsten Schaderreger kennen, sich deren Bedeutung bewusst sind und die zur Bekämpfung notwendigen Maßnahmen einleiten. → Bild 1: Der Eichenprozessionsspinner breitet sich aus Klimawandel begünstigt Einwanderung Die Ökosysteme in Mitteleuropa dürfen nicht statisch betrachtet werden, sondern unterliegen ständig einer dynamischen Veränderung durch die sich verändernden klimatischen Bedingungen und den Menschen. Ein Beispiel hierfür stellt der heimische Eichenprozessionsspinner dar, der sich auf Grund des Klimawandels mittlerweile in ganz Deutsch- land verbreitet hat (siehe Bild 1). Seit 2012 hat er sich als bundesweiter Schädling etabliert mit den Schwerpunkten in den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Die Larven bilden mit dem dritten Larvenstadium Brennhaare aus. Damit können sie schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen des Menschen verursachen. Neben den Eichen in SUB 3/2016 HEIL- UND GEWÜRZPFLANZEN Seit dem Beginn des weltweiten Handels wandern Schadorganismen, begünstigt auch durch die Klimaerwärmung, nach Europa ein und können sich ausbreiten. Die Erwärmung des Klimas beschleunigt sowohl die Ausbreitung nach Norden als auch in höhere Lagen. Die für Europa problematischen, meldepflichtigen Arten stammen zumeist aus Asien oder Nordamerika, da dort ähnliche klimatische Bedingungen vorliegen und auch entsprechende Wirtspflanzen vorhanden sind. Es fehlen jedoch in Europa die von Natur aus in den Heimatgebieten vorhandenen Gegenspieler. Diese eingeschleppten Schadorganismen können heimische Arten verdrängen oder auch Wirtspflanzen zum Absterben bringen. So lebt etwa ein Drittel der eingeschleppten Insekten an Gehölzen. Einer Risikoanalyse aus den USA zu Folge sind z. B. 97 Prozent aller Schadorganismen an Bäumen mit Verpackungsholz verbunden. Wie die Funde der letzten Jahre z. B. beim Asiatischen Laubholzbockkäfer (ALB) zeigen kommen trotz der für Holzverpackungsmaterial und pflanzengesundheitlichen Behandlungs- und Überwachungsmaßnahmen geltenden Vorschriften immer wieder Käfer bzw. Larven nach Europa. Aus diesem Grunde wurde z. B. im Jahr 2014 am Institut für Pflanzenschutz der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in Freising eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich ausschließlich mit der Bekämpfung des ALB beschäftigt. Außerdem verstärkt Bayern seit dem Jahr 2015 die Importkontrollen. 29 Heil- und Gewürzpflanzen Wäldern sind zunehmend auch die Eichen des innerstädtischen Grüns (Alleen, Parks, Spielplätze …) befallen. Für den Schutz der Eichen vor Fraßschäden gilt das Pflanzenschutzrecht. Im Gegensatz dazu stehen im urbanen Bereich die gesundheitlichen Auswirkungen im Vordergrund, und so hat die Bekämpfung nach dem Biozidrecht zu erfolgen. Garten- und Landschaftsbau als Frühwarnsystem Die fremden Insekten treten meistens zuerst in Siedlungsgebieten auf. Die Gründe hierfür sind, dass ein Großteil der verpackten Waren dorthin geliefert wird. Der bedeutsamste Weg der Einschleppung für an Gehölzen lebende Insekten ist der Import von Holzprodukten oder der Handel mit Pflanzen. Auch besitzen die Gehölze im Siedlungsbereich oft eine geringere Widerstandskraft gegenüber dem Befall. Da ein Befall sehr häufig zuerst an Ziergehölzen auftritt, stellen Gartenbaubetriebe, Baumschulen und insbesondere der Garten- und Landschaftsbau ein Frühwarnsystem dar. Ein besonderes Augenmerk im Hinblick auf das Auftreten von neuen Krankheiten und Schädlingen muss deshalb bei der Aus- und Fortbildung von grünen Berufen gelegt werden. Die Bevölkerung und die Politik sind durch das verstärkte Auftreten z. B. des Asiatischen Laubholzbockkäfers und der rasanten Ausbreitung der Kirschessigfliege im Jahr 2014 sensibilisiert. Krankheiten und Schädlinge aus allen Teilen der Welt Die Infobox zeigt nur einige der bekannteren Arten, die allein in den letzten 15 Jahren nach Europa gelangt sind und dort HEIL- UND GEWÜRZPFLANZEN Infobox: Beispiele für Schadorganismen, die nach Europa eingeschleppt wurden Jahr Schadorganismus Fundort Wirtspflanzen Herkunft Fundorte (Jahr) Anmerkungen 1999 Kiefernholznematoden Portugal Pinus-Arten Nordamerika vermutlich um 1905 über Japan nach China und Europa gelangt; Spanien (2008, 2010, 2012, 2013); Insel Madeira (2009) Befallsgebiete weiten sich aus 2000 Citrusbockkäfer (CLB) Italien polyphag China Deutschland (2008) – Acer palmatum aus China; Einfuhrverbot (2010-2012) 2000 Coloradotannenrindenlaus, Schwarze Tannenrindenlaus Deutschland Abies-Arten, Cedrus atlantica Nordamerika Schweiz (2007) 2002 Edelkastaniengallwespe Italien Castanea Ostasien (China) Im vergangenen Jahrhundert weitere asiatische Länder und Nordamerika; Schweiz (2009); seit Ende 2014 kein Quarantäneschadorganismus mehr 2003 Eschenprachtkäfer Russland Fraxinus Ostasien Eschen vorgeschädigt durch Eschentriebsterben 2005 Buchstriebsterben (Cylindrocladium buxicola) Deutschland Buxus 2006 Buchsbaumzünsler Deutschland Buxus 2007 Pseudomonas syringae pv. aesculi Deutschland Aesculus 2007 Marmorierte Baumwanze Schweiz 2008 1994 in England entdeckt, Schweiz (ca. 2006) Ostasien Schweiz, Niederlande (2007); Frankreich, Großbritannien (2009); Ungarn, Türkei (2011) ca. 100 Wirtspflanzen Ostasien u. a. in Deutschland, Italien, Frankreich, Ungarn; verursacht Saugschäden; Überträger Phytoplasmen Rundköpfiger Apfelbaumbohrer Deutschland Obstgehölze Nordamerika Einzelfall 2011 Kirschessigfliege Südeuropa Obstgehölze Ostasien Bayern, BW, Rheinland- Pfalz 2013 Bakterium (Xylella fastidiosa) Italien ca. 160 Arten Amerika Italien (Apulien) an Olive; Einschleppung vermutlich über Zierpflanzen aus Costa Rica 2014 Pilz (Sirococcus tsugae) Deutschland Cedrus, Tsuga Nordamerika Verursacht Schäden an den Triebspitzen; kann zum Absterben führen 2014 Asiatische Hornisse Deutschland Ostasien Seit 2004 in Frankreich; Insektenjäger (heimische Hornisse, Bienen) 30 SUB 3/2016 Heil- und Gewürzpflanzen Einwanderer aus Asien Der Eschenprachtkäfer (Agrilus planipennis) wurde vor ca. zehn Jahren in Nordamerika eingeschleppt. Seit ca. 2003 breitet er sich auch in Europa von Moskau nach Westen hin aus. Er befällt Eschen und tötet sie innerhalb kurzer Zeit ab. Im Bereich des Bambus gab es früher kaum Schädlinge in Mitteleuropa, die den aus Asien, Nord- und Südamerika stammenden Arten und Sorten hätten gefährlich werden können. Die sehr anpassungsfähige Bambusmilbe ist ihren Wirtspflanzen aus Asien mit Hilfe des weltweiten Handels mittlerweile jedoch gefolgt. Im Gegensatz zu den heimischen Gemeinen Spinnmilben überlebt die Bambusmilbe auch starken Frost und Kälte. Da sie die Eier in ein Gespinstnest legen ist der Einsatz von Kontaktmitteln nicht wirksam. In Japan werden zur Bekämpfung Raubmilben eingesetzt, die zurzeit in Europa noch nicht erhältlich sind. Aus dem Mittelmeerraum Der Grüne Wacholder-Prachtkäfer (Ovalisia festiva) ist eigentlich ein typischer Vertreter der Fauna des Mittelmeeres. Da der Käfer nur selten vorkam, zählte er zu den vom Aussterben bedrohten Arten. Während er ursprünglich nur Wacholderarten (Juniperus, Cupressus) befiel, findet man ihn in der Zwischenzeit auch auf anderen Gehölzen wie z. B. auf Thuja und Chamaecyparis. Der Befall führt zum Verbräunen und Absterben von Ästen oder ganzen Pflanzen. Für den Befall typisch sind die schräg stehenden 4 bis 5 mm großen, spitzovalen Ausbohrlöcher (Borkenkäfer: kleinere runde Löcher). Befallene Gehölze sollte man häckseln oder verbrennen. Aus Nordamerika Der Rundköpfige Apfelbaumbohrer (Saperda candida) ist in Nordamerika heimisch. In seiner Heimat ist er einer der bedeutendsten Schaderreger an Obstgehölzen (bevorzugt Malus, aber auch Amelanchier, Aronia, Cotoneaster, Crataegus, Cydonia, Prunus, Pyrus und Sorbus). Die Käfer fliegen von Juli bis September, meist jedoch nur so um die 10 Meter weit. Die frischen Ausbohrlöcher der Käfer sind ca. 0,8 bis 0,9 cm groß und rund. Sie befinden sich meist an der Stammbasis, können aber auch über den Stamm verteilt sein. Die Käfer sind markant gefärbt. Sie sind olivbraun und besitzen zwei weiße bis cremefarbene Streifen, die vom Kopf bis zum Ende der Flügeldecken verlaufen. Dadurch sind sie gut von heimischen Arten zu unterscheiden. SUB 3/2016 Aus Afrika Der Bananentriebbohrer (Opogona sachari) gehört zu den Echten Motten. Er stammt ursprünglich aus Afrika. Er befällt jedoch nicht nur, wie der Name vermuten lässt, Bananen, sondern auch andere Zierpflanzen wie z. B. Yucca, Ficus-Arten und Palmen. Die Larven fressen im Inneren der Pflanze und können fleischige Pflanzen ganz aushöhlen. Eine Bekämpfung über Pheromonfallen ist möglich. Melde- und bekämpfungspflichtige Arten Meldepflichtig sind alle Schadorganismen, die bereits Quarantänestatus besitzen, sowie „neue“ Schadorganismen, das heißt solche, die nicht in der Richtlinie 2000/29/EG aufgeführt sind, bisher nicht in Deutschland aufgetreten sind und Schadsymptome verursachen. Eine Meldepflicht besteht für jede Person, die „im Rahmen ihres beruflichen oder gewerblichen Umgangs mit Pflanzen oder Pflanzenerzeugnissen oder hölzernem Verpackungsmaterial Kenntnis vom Auftreten oder dem Verdacht des Auftretens eines meldepflichtigen Schadorganismus erhält“. Privatpersonen sind zwar nicht zur Meldung verpflichtet, es wird ihnen aber empfohlen, bei einem Verdacht ihren Pflanzenschutzdienst zu informieren. Gefürchtete Schädlinge Der Asiatische Laubholzbockkäfer (Anoplophora glabripennis; Asian Longhorned Beetle; ALB) (siehe Bild 2) und der Citrusbockkäfer (Anoplophora chinensis; Citrus Longhorn Beetle; CLB) sind die zurzeit in Deutschland am meisten gefürchteten Schädlinge an Bäumen. So verursacht der ALB in seiner Heimat China seit dem Ende der 70er Jahre sehr große Schäden. Im Norden Chinas wurden bereits mehr als 200 Millionen Bäume vernichtet. Um die Ausbreitung des Käfers zu vermeiden, besteht in ganz Europa Quarantänepflicht. Diese Bockkäfer sind an die klimatischen Bedingungen in Deutschland sehr gut angepasst. Außerdem finden sie eine Vielzahl von geeigneten Wirtsbäumen (polyphag) vor. Der Citrusbockkäfer (siehe Bild 3) entwickelt sich im Gegensatz zum Asiatischen Laubholzbockkäfer in der Regel am Stammfuß und in den Wurzeln. Die Verschleppung erfolgt bei dieser Art nicht über das Verpackungsholz, sondern vielfach über Pflanzenlieferungen. Jüngere Bäume beginnen nach einem starken Befall schnell abzusterben. Ältere Bäume können einen Befall eine gewisse Zeit ertragen. In Italien existiert immer noch ein ca. 40 000 ha großes Gebiet, in dem der Käfer Schäden verursacht hat. Ein Befall stellt sowohl eine ökologische als auch ökonomische Bedrohung für Kommunen und die Gartenbesitzer dar. Er kann zurzeit nur durch das Einschlagen und Häckseln der befallenen Bäume bekämpft werden. Im Umkreis von 31 HEIL- UND GEWÜRZPFLANZEN mehr oder weniger große Probleme bereitet haben. Ein Teil der eingeschleppten Arten muss auf Grund ihres Risikopotentials sehr genau beobachtet werden. Heil- und Gewürzpflanzen → Bild 2: Asiatischer Laubholzbockkäfer (Foto: LfL, Institut für Pflanzen- → Bild 3: Citrusbockkäfer (Foto: LfL, Institut für Pflanzenschutz) HEIL- UND GEWÜRZPFLANZEN schutz) 1 bis 2 km müssen alle Bäume beobachtet werden. Mittlerweile werden auch ALB / CLB Spürhunde für die Suche z. B. in Baumschulen eingesetzt. In den USA werden bereits neben Fällmaßnahmen auch Insektizide für die Baum- bzw. Bodenimpfung eingesetzt. Ein Forscher in der Schweiz hat in Zusammenarbeit mit einer Firma, die Pflanzenschutzmittel herstellt, eine Impfung ins Splintholz entwickelt. Sie wird schon zur Bekämpfung der Kastanienminiermotte eingesetzt. In Zukunft soll sie auch gegen den Eichenprozessionsspinner und den Asiatischen Laubholzbockkäfer zur Bekämpfung eingesetzt werden können. Einige Schädlinge (Larven) können mittlerweile auch über ihr bioakustisches Muster identifiziert werden, wie ein Projekt des österreichischen Bundesamtes für Wald (BFW) zeigt. Denn jede Larve verursacht andere Geräusche im Holz, die abhängig sind von der Größe der Larve, den Mundwerkzeugen und der Holzart. Für den Asiatischen Laubholzbockkäfer, den Bäckerbock und den Roten Palmrüssler gibt es Audiodateien zur Erkennung. Die Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) ist ein gefürchteter Schädling, da sie ein breites Wirtsspektrum besitzt und sich stark und schnell vermehrt. Sie befällt gesunde, beerenartige, weichschalige Früchte von der Aprikose bis zur Weintraube. Ein Befall kann zu einem Totalverlust führen. Im Rahmen der Bekämpfung spielen Hygienemaßnahmen (Früchte nicht am Gehölz belassen – in Plastiktüten entsorgen) eine wichtige Rolle. Auch eine Abdeckung mit Netzen ist möglich. Die Kirschessigfliege kann jedoch immer wieder in Obstplantagen und Hausgärten über Wildobstarten wie Holunder, die Kornelkirsche oder wilde Brombeeren einwandern. Im Hinblick auf die Bekämpfung setzt man in der Zukunft auf Netze, eine Weiterentwicklung der Köderverfahren 32 sowie biotechnischer Bekämpfungsverfahren und die Nutzung natürlicher Gegenspieler. Eine neue meldepflichtige Bakterienkrankheit (Xylella fastidiosa) bedroht die Olivenbäume in der italienischen Region Apulien. Bei einer weiteren Ausbreitung droht den Olivenbäumen in ganz Italien und darüber hinaus ein Massensterben. Das Bakterium stellt aber auch ein erhebliches Risiko für ganz Europa dar, da es ein sehr großes Wirtsspektrum (u. a. Acer, Citrus, Nerium, Prunus, Quercus etc.) besitzt. Das ursprünglich aus Amerika stammende Bakterium wird durch saugende Insekten übertragen. Es wurde vermutlich über infizierte Pflanzen oder über Insekten in Pflanzenlieferungen nach Italien eingeschleppt. „Nichts in der Geschichte des Lebens ist beständiger als der Wandel.“ Charles Darwin (1809 – 1882) Englischer Naturforscher Literatur beim Autor FRANK ANGERMÜLLER BAYERISCHE LANDESANSTALT FÜR WEINBAU UND GARTENBAU ABTEILUNG LANDESPFLEGE SACHGEBIET FREIRAUMPLANUNG UND WETTBEWERBE [email protected] SUB 3/2016 Ländlicher Raum LÄNDLICHER RAUM Integrierte Ländliche Entwicklung in Bayern Starke ländliche Räume durch interkommunale Zusammenarbeit von BEATRIX DRAGO und CHRISTIANE GROSS: Interkommunale Zusammenarbeit hat Konjunktur: In Bayern arbeiten derzeit rund 700 Gemeinden in 90 Prozessen der Integrierten Ländlichen Entwicklung (ILE) und älteren Kommunalen Allianzen zusammen. Nach dem Motto „Gemeinsam sind wir stärker“ sollen in einer ILE Synergieeffekte gefördert und Entwicklungspotenziale erschlossen werden, um für alle beteiligten Gemeinden eine „win-win-Situation“ zu erreichen. Unterstützt werden die Gemeinden dabei von den Ämtern für Ländliche Entwicklung. Der ILE-Prozess läuft in mehreren Phasen ab, die in diesem Artikel erläutert werden. In den darauffolgenden Beiträgen werden konkrete Beispiele für ILE-Prozesse in Bayern vorgestellt. Ausgangsbedingungen und Potenzialen aufgebaut. Patent lösungen gibt es nicht. Jede ILE beginnt mit Vertrauensbildung Die Integrierte Ländliche Entwicklung ist ein Prozess, der auf der freiwilligen Zusammenarbeit von Gemeinden basiert. Zu Beginn einer ILE steht daher stets die gegenseitige Vertrauensbildung. In einer Initialphase werden die verschiedenen Interessensvertreter aus Wirtschaft, Behörden, Verbänden und Vereinen mit den kommunalen Mandatsträgern sowie aktiven Bürgerinnen und Bürgern zusammengeführt, informiert und motiviert. Hierbei werden auch erste Themen diskutiert und das konkrete ILE-Gebiet festgelegt. Die Abgrenzung eines Raumes mit gemeinsamen Problemstellungen ist hierbei genauso wichtig, wie ein gutes Verhältnis der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister untereinander. Um den Prozess erfolgreich zu beginnen, bereiten sich die Infobox 1: Vorteile interkommunaler Zusammenarbeit Infobox 2: Bayerische Schulen für Dorf- und Landentwicklung • In Bayern gibt es drei Schulen für Dorf- und Land-/ bzw. Flurentwicklung, die in ehemaligen Klostergebäuden untergebracht sind: Thierhaupten, Plankstetten und Klosterlangheim. Als Bildungsstätten besteht ihre Aufgabe darin, Gemeinden im ländlichen Raum bei einer zukunftsfähigen Entwicklung zu unterstützen. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Vorbereitung auf eine aktive und verantwortungsvolle Mitwirkung in den Verfahren und Projekten der Ländlichen Entwicklung, wie z. B. ILE-Prozessen oder Dorferneuerungsverfahren. • • • • Wettbewerbsvorteile durch Bündelung von Kräften und Standortpotenzialen Auslastung und Erhalt von Infrastrukturen durch gemeinsame Nutzung Effizienzsteigerung durch Bündelung von Ressourcen und Kompetenzen Einsparmöglichkeiten durch gemeinsame Einrichtungen wie Bäder, Kläranlagen, Bauhöfe Gegenseitige Unterstützung anstatt eines kommunalen Konkurrenzwettbewerbs SUB 3/2016 33 LÄNDLICHER RAUM Egal ob demographischer Wandel, Innenentwicklung, Sicherung der Mobilität und Daseinsvorsorge, Veränderungen der Agrar- und Wirtschaftsstruktur, Energiewende oder Ressourcenschutz – immer mehr Gemeinden erkennen, dass aktuelle und künftige Herausforderungen in der Gemeinschaft mit anderen Gemeinden besser zu lösen sind (Infobox 1). Die interkommunale Zusammenarbeit ist ein bewährtes und erfolgreiches Instrument, um die notwendigen strukturellen Veränderungs- und Entwicklungsprozesse in die Wege zu leiten. Mit der Integrierten Ländlichen Entwicklung (ILE) besteht seit 2005 die Möglichkeit, die Zusammenarbeit ländlicher Kommunen von staatlicher Seite aus fachlich zu begleiten und finanziell zu fördern. Integriert bedeutet hierbei, verschiedene kommunale Handlungsfelder, Instrumente und Förderprogramme in einem ganzheitlichen Entwicklungsprozess zu koordinieren und räumlich abgestimmt einzusetzen. Hierbei wird individuell auf den kommunalen Ländlicher Raum LÄNDLICHER RAUM beteiligten Gemeinden in einem Seminar an einer Schule für Dorf- und Landentwicklung auf die ILE vor. Integriertes Entwicklungskonzept als Grundlage In einem zweiten Schritt wird gemeinsam mit einem möglichst interdisziplinär besetzten Planungsbüro und unter Beteiligung engagierter Bürgerinnen und Bürger unter der Trägerschaft der Gemeinden ein Integriertes Ländliches Entwicklungskonzept (ILEK) erarbeitet: Auf Basis von fachlichen Untersuchungen und Stärken-Schwächen-Analysen werden Ziele, Handlungsfelder und Maßnahmen für die zukünftige Entwicklung der Gemeinden festgelegt. Hilfestellung zur Analyse der Gemeinden bietet der Vitalitäts-Check 2.0. Hierbei handelt es sich um ein datenbankgestützes Instrument, das Leerstände und Baulücken in Zusammenhang mit Daseinsvorsorgeeinrichtungen, der demographischen Entwicklung und weiteren Faktoren erfasst. Das thematische Spektrum der Maßnahmen in einem ILEK ist sehr breit und umfasst beispielsweise →→ die Innenentwicklung samt Revitalisierung von Leerständen, →→ die Sicherung von Nahversorgung und Mobilität oder auch →→ die Förderung von Naherholung, →→ den Ausbau eines landwirtschaftlichen Kernwegenetzes →→ sowie Hochwasserschutz, Gewässerentwicklung und Bodenschutz. rung. Bereits während der Erarbeitung des ILEK können erste Startprojekte ausgewählt werden, mit denen die Umsetzungsphase begonnen wird. Schritt für Schritt kommen weitere Projekte hinzu. Neben der Umsetzung durch die Gemeinden selbst, aber auch durch Dritte, kann eine Vielzahl von Projekten im Rahmen der Dorferneuerung und Flurneuordnung unterstützt werden. Hierzu gehört auch die Bereitstellung von Flächen für öffentliche, gewerbliche und landwirtschaftliche Vorhaben im Rahmen des Flächenmanagements und der Bodenordnung. Darüber hinaus ist es zudem zielführend, Programme und Instrumente anderer Ressorts einzusetzen, beispiels- Durch die interkommunale und integrierte Betrachtung können die erarbeiteten Projekte und Maßnahmen sowohl räumlich als auch inhaltlich aufeinander abgestimmt werden. In der Konzeptphase wird die sogenannte Steuerungsgruppe gegründet, in der sich regelmäßig die Bürgermeister der beteiligten Gemeinden mit Vertretern des ALE treffen und nächste Schritte im ILE-Prozess besprechen und initiieren. Umsetzung konkreter Projekte ist wichtiges Ziel Ein wesentliches Merkmal von ILE-Prozessen ist deren Umsetzungsorientie- 34 → Abbildung: Aktueller Stand der ILE in Bayern SUB 3/2016 Ländlicher Raum Infobox 3: Merkmale der Integrierten Ländlichen Entwicklung • • • • • Interkommunaler Ansatz: Gemeinden schließen sich zusammen, um abgestimmte Handlungsansätze zu erarbeiten und Entwicklungsmöglichkeiten zu erschließen. Träger eines ILE-Prozesses sind die beteiligten Kommunen. Freiwilligkeit: Die Zusammenarbeit der Kommunen basiert auf dem Grundsatz der Freiwilligkeit. Integriert: es werden verschiedene Handlungsfelder thematisiert und die erarbeiteten Maßnahmen sowohl inhaltlich als auch räumlich aufeinander abgestimmt. Partizipativer Ansatz: Die Erarbeitung des ILEK erfolgt unter Einbindung lokaler Akteure. Umsetzungsorientierung: Ziel ist die Umsetzung konkreter Projekte. Möglichkeiten hierzu bieten z. B. Dorferneuerungs- oder Flurneuordnungsverfahren. weise Mittel aus der Wasserwirtschafts- und Landwirtschaftsverwaltung oder aus LEADER. In der Umsetzungsphase können die Gemeinden durch eine Umsetzungsbegleitung unterstützt werden. Hierbei handelt es sich um ein externes Büro, das für die Koordinierung Begleitung und Abwicklung von Projekten zuständig ist. Untersuchungen der Technischen Universität München zeigen, dass neben einer mittel- bis langfristigen Regelung der Trägerstruktur auf interkommunaler Ebene (Rechtsform) die Umsetzungsbegleitung eine zentrale Rolle bei der erfolgreichen Realisierung von Projekten und dem Erfolg eines ILE-Prozesses einnimmt. BEATRIX DRAGO CHRISTIANE GROSS BEREICH ZENTRALE AUFGABEN DER BAYERISCHEN VERWALTUNG FÜR LÄNDLICHE ENTWICKLUNG [email protected] [email protected] Dorfumbau: Dörfer entstehen im Kopf! Mit dem Thema »Dorfumbau: Dörfer entstehen im Kopf! – Wie können die Veränderungsprozesse mit den Menschen gestaltet werden?« hat die Deutsche Landeskulturgesellschaft (DLKG) Neuland beschritten und den sozialen Dorfumbau erstmals in einer Tagung intensiv behandelt. Dabei steht die Frage im Vordergrund, wie angesichts des demographischen Wandels in Schrumpfungsregionen das dörfliche Gemeinschaftsleben und die sozio-kulturelle Daseinsvorsorge aufrechterhalten werden können. Die Tagung hat hierzu in Theorie und an Hand eindrucksvoller Beispiele aufgezeigt, dass ein Dorfumbau gelingen kann, bei dem gleichzeitig auch das Engagement der Bürger aktiviert wird, um »Sorgende SUB 3/2016 Gemeinschaften« dauerhaft zu etabliert, die dann eine funktionsfähige Sozialin frastruktur nachhaltig gewährleisten. Ein erfolgreicher Dorfumbau in diesem Sinne setzt jedoch ein bewusstes Umdenken aller am Prozess Beteiligten voraus. Damit entstehen Dörfer durch ein Change Management zunächst im Kopf, um dann die Veränderungsprozesse mit den Menschen gestalten zu können. Auf dem Weg zu einem ganzheitlichen, demographiegerechten, sozialen Dorfumbau gibt der Tagungsband wertvolle Beispiel und grundlegende Strategien an die Hand. Der Tagungsband und die anderen vorausgegangenen Hefte aus der Schriftenreihe der DLKG können daher allen nachdrücklich empfohlen werden, die an der Entwicklung ländlicher Räume und ihrer Dörfer interessiert sind. Alle Publikationen stehen auch als pdfDownload auf der Homepage der DLKG (http://www.zalf.de/htmlsites/DLKG/Seiten/schrift.html) kostenfrei zur Verfügung. LÄNDLICHER RAUM Wie können die Veränderungsprozesse mit den Menschen gestaltet werden? DLKG – Deutsche Landeskulturgesellschaft (Hrsg.), 130 Seiten, Schriftenreihe der DLKG, Heft 12, Softcover, Eigenverlag, Müncheberg, 2015, 15,00 €, ISSN: 1614-5240 Univ.-Prof. Dr.-Ing. Karl-Heinz Thiemann Vorsitzender der DLKG Universität der Bundeswehr München Professur für Landmanagement 35 Ländlicher Raum LÄNDLICHER RAUM Räumliche Entwicklungs maßnahmen fördern IRE im Rahmen von EFRE 2014 – 2020 am Beispiel „Ingolstadt und Umland erleben – Nachbarschaft erfahren“ LÄNDLICHER RAUM Von IRMGARD NEU-SCHMID: Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung hat sich zum Ziel gesetzt, Ungleichheiten zwischen Regionen zu beseitigen und den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt in der Region zu stärken. Der Förderbereich 5 „Nachhaltige Entwicklung funktionaler Räume“ wird ausschließlich im Rahmen von Integrierten Räumlichen Entwicklungsmaßnahmen (IRE) umgesetzt. Ingolstadt ist mit dem interkommunalen Konzept „Ingolstadt und Umland erleben – Nachbarschaft erfahren“ unter den 20 bayernweit geförderten Projekten. Ziele des Konzepts sind, die in der Stadt-Umland-Beziehung vorhandenen Potenziale besser auszuschöpfen, neue Netzwerke einzugehen und die Lebensqualität der Stadt-Umland-Region als wichtiger Standortfaktor für die Region zu erhöhen. Die Investitionen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) werden auf fünf Förderbereiche mit einem Gesamt Fördervolumen von 485 Mio. Euro verteilt. Der Förderbereich 5 „Nachhaltige Entwicklung funktionaler Räume“ wird ausschließlich durch die Integrierten Räumlichen Entwicklungsmaßnahmen (IRE) umgesetzt. Dieser Förderbereich umfasst vier Maßnahmengruppen: →→ 5.1 Förderung von Nichtstaatlichen Museen; →→ 5.2 Förderung einer nachhaltigen Nutzung von Baudenkmälern und kulturhistorisch bedeutsamen Gebäuden; →→ 5.3 Revitalisierung von Konversions-und Brachflächen sowie Gebäudeleerständen und →→ 5.4 Grün-und Erholungsanlagen. Insgesamt stehen für diesen Bereich 58 Mio. Euro EU-Mittel zur Verfügung. Fördervoraussetzungen und Auswahlverfahren Teilnehmen konnten Kooperationen von Kommunen mit mindestens einer Stadt, die einen funktionalen Raum mit gemeinsamen Zielen bilden und Bereitschaft zur interkommunalen Zusammenarbeit zeigen. Diese Kooperationen entwickelten ein integriertes Konzept, das mindestens zwei Handlungsfelder aus den Bereichen Wirtschaft, Ökologie, Klima, Soziales und Demografie abdeckt und Projektideen zu den gewählten Handlungsfeldern enthält. Zum Wettbewerb für die Konzepterstellung aufgerufen haben 2013 die Bayerischen Staatsministerien des Inneren und für Wirtschaft. Die letzte Auswahlrunde erfolgte im April 2015. Derzeit läuft die Projektumsetzung. Die Konzepte 36 Infobox 1: Integrierte Räumliche Entwicklungsmaßnahmen (IRE) Die Erstellung eines IRE-Konzeptes setzt voraus, dass sich mehrere Kommunen, darunter mindestens eine Stadt als Leitkommune, die Bereitschaft zur interkommunalen Zusammenarbeit zeigen, zu einer Kooperation zusammenschließen. Für dieses Kooperationsgebiet wird ein integriertes Konzept mit mindestens zwei Handlungsfeldern erstellt. Darin werden Projekte zur Umsetzung aus dem EFRE- Maßnahmenbereich 5.1 – 5.4 benannt. Die Auswahl der Konzepte und auch die Umsetzung erfolgten im Wettbewerb durch ein IRE-Auswahlgremium. wurden in einem Zwei-Stufen-Verfahren ausgewählt. In Bayern kamen von mehr als 80 in Stufe 1 eingereichten Interessensbekundungen letztendlich 20 Konzepte von interkommunalen Kooperationen für die Projektumsetzung zum Zug (siehe Infobox 2). Förderung Für die Förderung von Projekten der 20 ausgewählten Kooperationen stehen 58 Mio. Euro EU-Mittel in der Förderperiode 2014 bis 2020 bereit. Neben der Obersten Baubehörde im Innenministerium sind das Umweltministerium, das Wirtschaftsministerium und das Kultusministerium am EFRE-Förderbereich „Nachhaltige Entwicklung funktionaler Räume“ beteiligt. Die Sachgebiete Städtebau an den Bezirksregierungen stehen für die Beratung bei der Auswahl SUB 3/2016 Ländlicher Raum Das Ingolstädter Konzept Die Stadt Ingolstadt, zwei Kommunen aus dem Landkreis Eichstätt, die Stadt Neuburg a.D. und der Markt Manching (Landkreis Pfaffenhofen) haben sich zu einer Kooperation zusammengeschlossen und im Dezember 2013 die Interessensbekundung zur Teilnahme am Wettbewerbsverfahren „Nachhaltige Entwicklung funktionaler Räume“ eingereicht. In einem zweiten Schritt wurde das Konzept für die IRE entwickelt mit dem Ziel, die in der Stadt-Umland-Beziehung vorhandenen Potenziale besser auszuschöpfen, neue Netzwerke einzugehen und die Lebensqualität der Stadt-Umland-Region als wichtigen Standortfaktor für die Region zu erhöhen. Die Kooperation erarbeitete ein Leitbild aus den Ergebnissen der Analyse für das Gebiet, das in vier für die Region bedeutsamen Handlungsfeldern umgesetzt werden kann (siehe Abbildung). Als Handlungsfelder mit einer Vielzahl von möglichen Projekten sind im IRE dargestellt: →→ Reaktivierung von Brach- und Konversionsflächen, →→ Kultur-Naturerbe und Tourismus, →→ Schaffung und Optimierung grüner Infrastruktur, →→ Wirtschaftsstrukturelle Entwicklung. Ein sehr weitreichendes großes Projekt im Handlungsfeld „Kultur-Naturerbe und Tourismus“ ist die Landesgartenschau 2020 in Ingolstadt. Das IRE „Ingolstadt und Umland erleben – Nachbarschaft erfahren“ wurde von der Bewertungskommission in der letz- Infobox 2: Ausgewählte Kooperationen und ihre Leitkommune Aktivregion Stadt-Land-See (Leitkommune Scheidegg), ARGE Regental (Reichenbach), Brückenland Bayern-Böhmen (Schönsee), Entwicklungsraum A9 (Pegnitz), Fichtelgebirge (Selb), Haßberge (Haßfurt), Hesselberg Region (Leutershausen), Ingolstadt und Umland erleben (Ingolstadt), Innovative Energieregion Regensburg (Regensburg), Landkreis Kronach (Kronach), Markgräfliche Kulturregion Bayreuth/Land (Bayreuth), Neumarkter Kuppenalb-Allianz (Velburg), Nördliches Naabtal (Nabburg), Rhön-Grabfeld (Ostheim v.d.R), Rottaler Hofmarken (Arnstorf ), Seenland Oberpfälzer Wald (Neunburg vorm Wald), Sonthofner Land (Sonthofen), Stadt-Umland Rosenheim (Rosenheim), Stadt und Landkreis Hof – Rand wird Mitte (Hof ), Würzburg-Umland (Gerbrunn). ten Auswahlrunde Mitte März 2015 ausgewählt. Die konkreten Fördermöglichkeiten der einzelnen Projekte werden derzeit in enger Abstimmung mit der Regierung von Oberbayern, Sachgebiet Städtebauförderung, geprüft (siehe auch www.ingolstadt.de). LEADER und IRE Das IRE-Gebiet überschneidet sich nur in Teilbereichen mit den angrenzenden Lokalen Aktionsgruppen ( LAGs), so →→ die LAG Altmühl-Donau mit der Kommune Großmehring, →→ die LAG Landkreis-Pfaffenhofen mit dem Markt Manching und →→ die LAG Altbayerisches Donaumoos mit der Stadt Neuburg a. D. In den Lokalen Entwicklungsstrategien der LAGs wurden diese Gebietsüberschneidungen jeweils berücksichtigt. In betroffenen Gebieten wird die Projektauswahl entsprechend auch durch die LEADER Koordinatorin mit IRE abgesprochen. Der Kelten- und Römerweg des Marktes Manching erfüllt alle LEADER-Kriterien und wird nach Abstimmung mit der Regierung von Oberbayern als LEADER-Projekt beantragt. → Inhalte des Leitbilds für das IRE „Ingolstadt und Umland erleben – Nachbarschaft erfahren“ SUB 3/2016 IRMGARD NEU-SCHMID AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN INGOLSTADT LEADER-KOORDINATORIN OBERBAYERN NORD UND KELHEIM [email protected] 37 LÄNDLICHER RAUM und Umsetzung der Projekte zur Seite. Eine enge Abstimmung mit den Lokalen-Aktionsgruppen erfolgt, soweit sich Gebietsüberschneidungen ergeben. Ländlicher Raum LÄNDLICHER RAUM Hofheimer Land – Eine Allianz für lebendige Ortsmitten Erfahrungen eines Bürgermeisters mit ILEK LÄNDLICHER RAUM von WOLFGANG BORST: Eine bedarfsgerechte Planung und eine regional angepasste Konzeption erhöht die Akzeptanz der Maßnahmen in der Bevölkerung. Die Förderung der Umsetzungsbegleitung macht aus dem gedruckten Papier auch eine nachhaltige Strategie, die nicht für die Schublade produziert wurde. Da immer mehr Kommunen die Notwendigkeit zur interkommunalen Zusammenarbeit sehen, wäre es wünschenswert, wenn sich dies auch weiterhin in der Fördermittelpolitik wiederspiegelt. Auch eine langfristige Unterstützung bei der Beschäftigung der Allianzmanager ist unbedingt notwendig. Wolfgang Borst, 1. Bürgermeister der Stadt Hofheim, sieht für Kommunen wie Hofheim die Integrierte Ländliche Entwicklung als die optimale Entwicklungsmöglichkeit. Die Gemeinden des nördlichen Landkreis Haßberge haben schon seit jeher eine enge Verbindung zueinander. Bis zur Gebietsreform 1972/73 waren sie im Landkreis Hofheim i.UFr. vereint. Auch anschließend behielt die Stadt Hofheim als Unterzentrum ihre wichtige Funktion als Versorgungsund Arbeitsort für die umliegenden Gemeinden. Durch die Bildung der Verwaltungsgemeinschaft Hofheim, der neben der Stadt selbst die Gemeinden Aidhausen, Bundorf, Ermershausen, Riedbach sowie der Markt Burgpreppach angehören, wurde auch der enge Kontakt auf politischer und Verwaltungsebene erhalten. Weitere enge Verflechtungen auf Ebene von Politik, Bevölkerung und Infrastruktur besteht traditionell zur östlich angrenzenden Marktgemeinde Maroldsweisach. Die sieben Gemeinden eint aber nicht nur ihre langen intensiven Beziehungen zueinander; sie stehen heute und in Zukunft auch vor den gleichen Problemen. Als sehr dünn besiedelter Raum im ehemaligen Zonenrandgebiet fehlt es an industriellen und hochqualifizierten Arbeitsplätzen. Einzig die Stadt Hofheim und in Ansätzen der Markt Maroldsweisach bilden hier eine Ausnahme. Die restlichen 51 Ortschaften orientieren sich in diesen Punkten in Richtung der nächstgrößeren Zentren Schweinfurt, Coburg, Bamberg oder Haßfurt. Die hierdurch erfolgte Abwanderung gerade jüngerer Menschen wird durch das (in gesamt Deutschland) negative Geburtensaldo verstärkt. Die Folge ist eine Überalterung der 38 → Die Bürgermeister/in der Allianz-Gemeinden mit Verwaltung und Vertretern des ALE Gesellschaft und ein Überbestand an Wohngebäuden, was zu einem zunehmenden Leerstand besonders in den Ortskernen führt. Dieser Leerstand im Ortskern initiiert im schlimmsten Fall eine Negativspirale, die fatal für den ländlichen Raum ist. Durch den Verlust an Attraktivität verliert der Ortskern seine Anziehungskraft, Geschäfte und Gasthäuser schließen, auch wegen der weniger werdenden Kundschaft. Die Ortskerne verlieren in Folge dessen weiter an Funktion, und die Menschen können nicht im Ort gehalten werden. Gerade das wachsende Angebot an Wohnraum in den Siedlungsgebieten verschärft diesen Effekt zusätzlich. Innentwicklung vor Außenentwicklung Durch die enge Beziehung der Gemeinden untereinander wuchs schnell die Einsicht, dass es sich hier um SUB 3/2016 Ländlicher Raum Maßgenschneiderte Leitprojekte für die Region Neben dem Schwerpunkt Innenentwicklung wurden weitere Leitprojekte definiert und im Detail untersucht: →→ Bürgerhäuser, ein dezentrales System →→ Interkommunales Bürgerzentrum →→ Touristische Inwertsetzung des Landjudentums →→ Regionales Flächenmanagement →→ ÖPNV und alternative Erreichbarkeitsstrukturen Diese fünf Leitprojekte werden von einzelnen Projekten zur Sicherung der Daseinsvorsorge flankiert. All diese Projekte und Ziele sind auf den tatsächlichen Bedarf in unserer Region maßgeschneidert. Genau hier liegt die Stärke der Integrierten Ländlichen Entwicklung (ILE): Die Schwerpunkte und Handlungsziele werden von den Regionen individuell aufgestellt. Es gibt keine starren Förderkonstrukte, in die man sich einpressen muss. Auch der Zuschnitt der ILE-Regionen selbst folgt den gewachsenen Strukturen und Verflechtungen, nicht den starren Verwaltungsstrukturen. Nur so können die Potentiale des ländlichen Raums wirklich weiterentwickelt werden. SUB 3/2016 → Titelseite unseres „Allianzboten“ mit dem 3x jährlich alle Haushalte über die Aktivitäten der Allianz informiert werden Umsetzungsbegleitung sichert Erfolg Die Umsetzung der Handlungsziele zieht eine Vielzahl an Einzelprojekten und Arbeit in den einzelnen Ortschaften mit sich. Die Bürgermeister selbst und auch die Verwaltungen arbeiten häufig schon an der Grenze der Belastbarkeit. Von daher ist es nur der konsequente Schritt der Landwirtschaftsverwaltung eine Umsetzungsbegleitung für die ILE zu fördern. Im Hofheimer Land wurde so im Jahr 2013 ein sogenannter Allianzmanager eingestellt, der die Projekte der Allianz seitdem koordiniert. Nur so ist sichergestellt, dass die Arbeit, die die Bürgerinnen und Bürger in das Entwicklungskonzept investierten, auch umgesetzt wird. Für die Nachhaltigkeit dieser Entwicklung setzte die Hofheimer Allianz ein Zeichen: In der diesjährigen Mitgliederversammlung beschloss das Gremium den Allianzmanager nach Ablauf der ersten, dreijährigen Förderperiode unbefristet weiter anzustellen. Gerade im Bereich der Innenentwicklung ist außerdem die Zusammenarbeit mit der Städtebauförderung für uns essentiell. Durch die gute Zusammenarbeit der Ländlichen Entwicklung und der Städtebauförderung in unserer Region, können die vorhanden Potentiale optimal genutzt werden. WOLFGANG BORST 1. BÜRGERMEISTER STADT HOFHEIM IN UNTERFRANKEN [email protected] 39 LÄNDLICHER RAUM ein Problem handelt, das die gesamte Region betrifft und dem nur gemeinsam begegnet werden kann. Die erste gemeinsame Aktion und der Startschuss der Hofheimer Allianz waren ein gemeinsames Bekenntnis zur Innenentwicklung vor der Außenentwicklung und das Auflegen eines einheitlichen kommunalen Förderprogramms zur Reaktivierung leerstehender Bausubstanz. Nach und nach kamen mehr Handlungsfelder zu dem Thema Innenentwicklung dazu (Dorfgemeinschaftshäuser, Nahversorgung, regionale Identität, Aufrechterhaltung der sozialen Infrastruktur…). Diese Themen konnten allerdings nur gemeinsam mit den Bürgern erarbeitet und weiterentwickelt werden. Hierfür war die Erstellung eines ILEK (mit integriertem Daseinsvorsorgekonzept) – mit Unterstützung des Amtes für Ländliche Entwicklung und in unserem Fall auch der Regierung von Unterfranken – ein dankbares Instrument. In vielen Bürgerforen und Gesprächskreisen wurde vom beauftragten Büro ein 270 Seiten starkes Konzept entwickelt. Den hilfreichen Ideen und Anregungen der Bürger wurde hiermit ein Platz eingeräumt. Gleichzeitig haben wir hierdurch einen hilfreichen Leitfaden zur Weiterentwicklung unserer Region bekommen, der quasi von der Bevölkerung legitimiert ist. Führung FÜHRUNG Durch Feedback lernen Führung von ULRICH LIEBERT: Es ist menschlich, auf kritische Rückmeldungen automatisch abzu blocken oder emotional darauf zu reagieren. Dabei sind Führungskräfte auf offenes Feed back angewiesen, wenn sie ihre Fähigkeiten verbessern wollen. Der Beitrag möchte dabei unterstützen, Gefühle zu kontrollieren und kritische konstruktive Rückmeldungen als Ent wicklungschancen zu nutzen. Vorgesetzte sind meist neben fachlichen Tätigkeiten und der Leitung der Organisationseinheit auch mit der Aufgabe der Personalführung beschäftigt – je nach Größe der Führungsspanne mehr oder weniger. In aller Regel wurden sie im Rahmen ihrer Ausbildung auf die Führungsarbeit kaum bis gar nicht vorbereitet. Dieser Beitrag wen det sich direkt an Führungskräfte und möchte ihnen Mut zusprechen, sich durch regelmäßige Rückmeldung gemeinsam mit den Mitarbeitern weiterzuentwickeln. Wie führt man seine Beschäftigten richtig und zielgerichtet? Welche Führungskraft ist wodurch erfolgreich? Welcher Führungsstil ist der Richtige? Wieviel Zeit muss ich für die Führungsarbeit einplanen? All diese Fragen beschäftigen Sie vermutlich, sobald Sie die Führungsarbeit neu übernehmen dürfen oder müssen. Der Beitrag der Ausbildung zur Führungsarbeit ist eher dürftig, der Schwerpunkt Ihrer Ausbildung lag sicher im fachlichen Bereich. Trösten Sie sich, Sie sind nicht alleine! Gut 30 Prozent der Beschäftigten in Deutschland müssen/dürfen Führungsaufgaben wahrnehmen, haben dafür aber keinerlei Ausbildung erlebt. Der Beruf „Führungskraft“ ist die Tätigkeit mit den wenigsten Ausbildungsstätten in Deutschland und wahrscheinlich weltweit. In der Regel wird man nach dem Prinzip „learning by doing“ ins kalte Wasser geschmissen. Der Blick in die Bücherkiste hilft auch nicht wirklich weiter. Es gibt unzählige Literatur zum Thema „Führung“, doch welches Buch ist geeignet und empfehlenswert, welches passt für Sie und zu Ihnen am besten? Und wenn Sie denn eines gefunden habe, dann braucht es noch die nötige Zeit für aufmerksames Lesen. Das ist dann wiederum nur Theorie, aber Sie sind vermutlich gezwungen, Führung hier und heute anzuwenden. Wenn Sie unsicher sind, wie Sie Ihr Personal richtig führen und zugleich ernsthaft an sich arbeiten möchten, dann gibt es eine einfache Antwort: Fragen Sie die von Ihnen geführten Beschäftigten! Denn wer wissen möchte, ob er gut, richtig, wertschätzend, zielgerichtet und erfolgreich führt, der kann und sollte einfach die Betroffenen fragen und regelmäßig eine sogenannte Rückmeldung oder ein Feedback einholen bzw. darum bitten. Doch so einfach geht es auch wieder nicht, denn es könnte passieren, dass Sie auf Ihre Frage „Geht´s dir gut mit mir und meiner Führungsarbeit?“ mit einem einfach kurzen „ja“ oder „passt“ im Sinne einer 40 „Anpassungsleistung“ abgefertigt werden. Daher gibt es einige Regeln, die Sie beim Fragen beachten sollten. Anläße für Feedback-Gespräche Letztlich gibt es zahllose Anlässe für Rückmeldungen. Ich möchte wissen, wie ich meine Beschäftigten führe, ob ich meine Anweisungen und Aufträge klar und verständlich formuliere, ob ich die Aufgaben sinnvoll und gerecht verteile, ob ich Aufgaben delegiere, die auch von der Person leistbar sind. Mich interessiert, wie ich meine erste Besprechung oder Präsentation geleitet habe. Ich will meine rhetorischen Fähigkeiten weiterentwickeln. Ich möchte das Vertrauen in die Fähigkeiten meiner Mitarbeiter stärken oder würde gerne eine Antwort auf die Frage erhalten, ob ich das Kritikgespräch klar, konsequent in Bezug auf die Sache und trotzdem wertschätzend zur Person geführt habe, oder wie ich im Verhandlungsgespräch mit meinen Kunden gewirkt habe. Bei all diesen Anlässen sollte als erstes die eigene (Selbst-)Einschätzung abgefragt werden. Da dabei zumindest am Anfang des Vorgesetztendaseins mit ziemlicher Sicherheit Unsicherheiten und Fragezeichen bleiben, bitte ich zur Sicherheit den oder die Beschäftigten um sein/ihr offenes und ehrliches Feedback. Grundsätzliches zum konstruktiven Feedback Feedback oder Rückmeldung ist eine wesentliche Grundlage, um sich im eigenen (Führungs-)Verhalten weiterentwickeln zu können. Führungskräfte sollten dabei mit Vorbild vorangehen und nicht so tun, als ob sie alles meisterhaft beherrschen würden, nur weil sie Vorgesetzter sind. Keiner ist unfehlbar, und jeder und alles kann noch besser werden. SUB 3/2016 Führung Infobox 1: Ablauf eines Feedback-Gespräches rungen getroffen. Einfacher ist es, wenn der Feedback-Geber am Ende seines Feedbacks dieses mit einer klaren Erwartung und/oder Wunsch beschließt: 1. Benennung des konkreten Vorfalles/Ereignisses/Sach- verhalts: Was ist vorgefallen? 2. Persönliche Interpretation: Wie hat das auf mich gewirkt? 3. Ausgelöstes Gefühl: Was hat das bei mir ausgelöst (v. a. auch in Bezug auf die emotionale Ebene)? 4. Fragen: Wie hat der andere diese Situation erlebt? Was war die Ursache? Was sind die Hintergründe? Wie stellt sich diese Situation für den Anderen dar? „Zukünftig erwarte ich mir von dir in ähnlichen Situationen …“ Dann kann die Suche nach Lösungen relativ schnell beendet sein, indem der Feedback-Nehmer z. B. sagt: „Okay, das nehme ich mir vor.“ Feedback sollte daher nach Möglichkeit immer mit einem Ausblick in die Zukunft beendet werden. Dann ist es konstruktiver und führt schneller in die Zukunft, als wenn sich die Gesprächspartner langwierig mit der Klärung der bereits vergangenen Situation beschäftigen, die leider häufig zeitlich (zu) weit zurückliegt. Nutzen von Feedback Der Nutzen von Feedback liegt auf der Hand: Offene, ehrliche und konstruktive Rückmeldung hilft mir meine „blinden Regeln des Feedback-Gesprächs Flecken“ zu erkennen, und birgt die Chance, daran zu arbei- Damit Feedback auf fruchtbaren Boden fällt, sollte man daten, sich und sein Verhalten weiterzuentwickeln. Ich erkenne bei gewisse Regeln beachten (siehe Infobox 2). die Wirkung meiner Worte und Taten auf die Betroffenen Diese Regeln sollten zumindest am Anfang unbedingt und erfahre von Betroffenen oder Beteiligten, ob mein Tun beachtet werden, sonst läuft man Gefahr, dass eine offene und Verhalten das gewünschte Ziel erreicht hat oder nicht. Bis zu welchem Maße das möglich ist, wird weitgehend Infobox 2: Regeln, damit ein Feedback gelingt bestimmt durch die Lernbereitschaft und die Lernfähigkeit des einzelnen Der Feedback-Geber soll ... Der Feedback-Empfänger soll ... und der Mitarbeiter bzw. Beschäftig... in ICH-Botschafen sprechen ... zuhören ten. Auf diese Weise ist es möglich, die Situation zu reflektieren und neue, zu... das Verhalten des Feedback... nachfragen, um die Sichtweise kunftsorientierte Aktivitäten auszuproEmpfängers beschreiben: des Feedback-Gebers zu verstehen bieren. anhand konkreter Ablauf des Feedback-Gesprächs Ein Feedback-Gespräch sollte nach einem festen Schema geführt werden (siehe Infobox 1). Erst wenn diese vier Fragen hinreichend geklärt sind und vom Gesprächspartner verstanden wurden, schließt sich das so genannte „Feed-Forward“ an. In diesem Schritt werden wirksame Lösungen für die Zukunft gesucht und nach Möglichkeit konkrete Vereinba- SUB 3/2016 Situationen und wertungsfrei ... seine Gefühle dabei zeigen, benennen ... zusammenfassen, was er verstanden hat ... zuhören, zuhören ... ... die Folgen für sich schildern Das sollte unterbleiben! ... sich rechtfertigen ... sich verteidigen 41 Führung Dazu gehört zum einen ein ausgeprägtes Selbstreflexionsvermögen. Auf der anderen Seite ist die zeitnahe und konkrete Rückmeldung von Mitarbeitern, Kollegen und/oder Vorgesetzten für die persönliche Weiterentwicklung – nicht nur bezogen auf die Führungsarbeit – wesentlich. Führung Führung und gut gemeinte Rückmeldung gleich in den falschen Hals gelangt. Erfahrungen mit Feedback und Ausblick Keine Angst, Feedback funktioniert! Es hilft nicht nur der Führungskraft, sondern auch den Mitarbeitern, sich weiterzuentwickeln. In Organisationseinheiten und Teams, wo offenes, ehrliches und regelmäßiges Feedback möglich und an der Tagesordnung ist, entwickelt sich ein positives Betriebsklima, getragen von großem gegenseitigen Vertrauen. In zahlreichen Seminaren, Führungsstilanalysen, Teamtrainings und Klausuren, aber auch in meinem beruflichen Alltag habe ich den Nutzen von Feedback erlebt und kann ihn vorbehaltlos bestätigen. Ich bin überzeugt davon, dass regelmäßiges, konkretes und zeitnahes Feedback die wesentliche Quelle für die persönliche Weiterentwicklung und speziell das eigene Führungsverhalten ist. Dies gilt allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen: →→ Die Person, die es betrifft, muss Feedback wirklich (hören) wollen und offen sein für Feedback. Ungefragtes Feedback sollte (eher) unterlassen werden. →→ Feedback auszusprechen muss nach den oben erwähnten Regeln erfolgen, klar in der Sache und wertschätzend zur Person. Wertschätzung in diesem Zusammenhang heißt auch, dass der Feedback-Geber versucht, sich bei der Rückmeldung an die (Kommunikations-)Welt des Feedback-Nehmers anzupassen und nicht umgekehrt. Nur dann kann dieser die Rückmeldung verstehen und/oder sie annehmen. →→ Wenn eine Führungskraft von einem Mitarbeiter ehrliches und offenes Feedback erhält und dieser es spätestens bei seiner nächsten Leistungs-Beurteilung negativ zu spüren bzw. heimgezahlt bekommt, dann ist das Ende einer konstruktiven Feedback-Kultur. Feedback erfordert Mut und dieser Mut, diese Offenheit sollte sich auszahlen, am besten durch eine wirksame Verhaltensänderung, minimal durch ein ehrliches „Danke“. →→ Fällt Feedback als offene, ehrliche, zeitnahe und konkrete Rückmeldung auf offene Ohren, dann ist der Weg zu einer „Feedback-Kultur“ und damit einem positiven Betriebsklima ge- und eröffnet. →→ Wie so oft, so auch hier, sollten Führungskräfte beim Geben und Empfangen von Feedback mit Vorbild vorangehen. Dies ist die wirksamste Möglichkeit auf dem Weg zu einer Feedback-Kultur. 42 Nur Mut – Feedback tut gut :-) ! Literatur [1] Seminarunterlage „Mitarbeiterführung“ der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten [2] LUFT, J. UND PAPERS VON E. HEYN UND H. G. SCHÖPPING (1971) [3] BIEGER ECKHARD, MÜGGE JUTTA, HÖLLER CLAUDIA, MÜLLER SABINE: Den Ton treffen – Kompetenz für Gesprächsleitung, weiterbildung live, Band 1, Hamburg: E. B. -Verlag Hamburg, 1999. [4] HARVARD-BUSINESS Ausgabe März/2014 ULRICH LIEBERTH AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN LANDSHUT [email protected] Fingerspitzengefühl Gefühl kann ganz verschieden sitzen, der eine hat es in den Fingerspitzen, jedoch bei anderen ist´s verzogen hinauf bis an die Ellenbogen. Dort ist´s zwar nicht mehr ganz so fein, doch kann´s von großem Nutzen sein. aus: „Eugen Roths sämtliche Werke“, Carl Hauser Verlag, München SUB 3/2016 Führung FÜHRUNG Neue Kollegen an Bord nehmen Tipps zur Einführung, die sich auszahlen von SUSANNE MAYER: Bei der Einführung neuer Kolleginnen und Kollegen in die neue Tätigkeit sollten einige Tipps beachtet werden, damit sich der oder die Neue gut integriert. Dafür sind vor allem der Ablauf des ersten Arbeitstages und der ersten Wochen entscheidend. Sowohl eine Einführung durch die anwesende Führungskraft, die Vorstellung des Einarbeitungsplans wie auch die Einweisung am Arbeitsplatz bestärken den Neuen schon ab dem ersten Tag in positiver Weise. Auch die Betreuung in den ersten Arbeitswochen beeinflusst die Motivation und Eigeninitiative des neuen Mitarbeiters. Warum Onboarding? In diesem Rahmen wird das „Onboarding“ neuer Kolleginnen und Kollegen in der Landwirtschaftsverwaltung zu einem bedeutenden Thema. „Onboarding“ bezeichnet das ‚an Bord nehmen‘, also die Einstellung und vor allem die Eingliederung neuer Kolleginnen und Kollegen in das Amtsgeschehen. Natürlich ist dieser Integrationsprozess mit relativ hohem Aufwand verbunden; schließlich braucht es Zeit, eine neue Kollegin in ihren neuen Arbeitsplatz einzuführen. Während dessen häuft sich schnell mal die Arbeit auf dem eigenen Schreibtisch. Jedoch sollte der erste Eindruck, den ein neuer Kollege an seinem ersten Arbeitstag bekommt, nicht unterschätzt werden. Dieser Eindruck ist das Fundament, auf dem die Neuen ihre Motivation, ihr Engagement und den Grad der Eigeninitiative für ihre neue Tätigkeit aufbauen. SUB 3/2016 Integrieren bereits vor Dienstantritt Erste Maßnahmen, um als Dienststelle einen guten Eindruck bei den Neuen zu machen, können schon nach der Vertragsunterzeichnung ergriffen werden. Da die Einstellung meist auch einen Wohnortswechsel mit sich bringt, kann das Amt mit nützlichen Hinweisen zur Wohnungssuche hilfreich zur Seite stehen. Vor dem offiziellen Arbeitsbeginn bieten sich bereits Einladungen zu Veranstaltungen des Amtes an. Dadurch kann ein erstes inoffizielles gegenseitiges ‚Beschnuppern‘ stattfinden. In etwa zwei bis drei Wochen vor dem ersten Arbeitstag des neuen Mitarbeiters sollte durch ein persönliches Telefonat oder ein entsprechendes Anschreiben geklärt werden, wo und bei wem er sich am ersten Arbeitstag melden soll. Im Amt selbst müssen die Mitarbeiter frühzeitig über den offiziellen Arbeitsbeginn der neuen Kollegin, des neuen Kollegen informiert werden. Besonders wichtig ist dies für die beteiligte Abteilung, in der der Neuankömmling tätig sein wird. Der Arbeitsplatz: gelebte Willkommenskultur Damit der Start in der neuen Tätigkeit möglichst reibungslos verläuft, muss auch der Arbeitsplatz mit allen nötigen Utensilien spätestens am ersten Arbeitstag eingerichtet sein. Dabei sollten sowohl alle für die Arbeit nötigen Programme und Zugänge zur Verfügung stehen als auch eine ausreichende Bürogrundausstattung, wie Ablagemöglichkeiten, Rechner und Büromaterial, wie Stifte, Locher, Büroklammern und ähnliches. Ein zu Beginn eher zeitaufwendiger und arbeitsintensiver, aber durchaus sehr positiv zu bewertender Gruß auf dem Schreibtisch des zukünftigen Kollegen ist eine vom Amt erstellte Willkommensmappe. Informationen über die Orientierung in der neuen Wahlheimat, zu den ersten Schritten vor Ort und zum Leben in der Region (Wohnungssuche, 43 Führung Seit 2015 werden wieder im jährlichen Rhythmus Nachwuchskräfte in den unterschiedlichen Qualifikationsebenen eingestellt, da in den nächsten Jahrzehnten rund 800 Personen der Landwirtschaftsverwaltung in den wohlverdienten Ruhestand gehen werden. Das heißt, jedes Jahr dürfen insgesamt 115 Nachwuchskräfte (50 Referendare, 50 Anwärter der QE3 und 15 Anwärter der QE2) die Organisation und die Abläufe in der Landwirtschaftsverwaltung kennen lernen [1]. Um diesen jungen Leuten den Einstieg in den Berufsalltag am Amt zu erleichtern ist es sinnvoll, sich als Behörde vorab Gedanken zu machen, wie der Einstieg und vor allem die Integration der Nachwuchskräfte ablaufen soll. Führung Führung Kultur, Freizeitaktivitäten, …) können genauso enthalten sein wie Informationen zum Amt selbst (z. B. Arbeitszeitregelung, Krankmeldung, regelmäßige Besprechungen, Leitfaden für neue Beschäftigte von A – Z, Dienstordnung, Geschäftsverteilungsplan, Telefonverzeichnis, Unternehmenskultur am Amt, etc.) und den Ansprechpartnern der verschiedenen Aufgaben- und Sachgebieten. Wird diese Mappe einmal gut vorbereitet, brauchen die Inhalte an neue Mitarbeiter kaum angepasst werden. Ein Mentor begleitet die Einarbeitung Um die ersten Tage für die neue Kolle- → Die jungen Kolleginnen und Kollegen des Einstellungsjahrgang 2014 der Landwirtschaftsvergin oder den neuen Kollegen einfacher waltung: Zielgerichtete und motivierende Einarbeitung unterstützt ihre Integration am Amt und zu gestalten, sollte vorab ein Mentor macht sie schnell arbeitsfähig bestimmt werden, der die Integration übernimmt. Zur Unterstützung erstellt dieser gemeinsam Die Begrüßung sollte, wenn möglich, durch eine anmit dem Vorgesetzten einen Einarbeitungsplan, der auf fol- wesende Führungskraft ausgeführt werden. Im Anschluss gende Fragen eine Antwort gibt: findet meist ein Rundgang durch das Gebäude statt. Da→→ Welche Informationen (z. B. Arbeitszeiten, Verhalbei sollten auch die Drucker- und Kopierräume, das Zeitertensregeln, Organisationsstruktur, Arbeitsabläufe) fassungsgerät, die Materialausgabe, das Postfach, der Sobenötigt der Neue zu Arbeitsbeginn? zialraum, die Unterrichtsräume, die Sanitärräume und das →→ Mit welchen internen Gruppen (Mentor, Arbeitskol- schwarze Brett nicht vergessen werden. Daran schließt ein legen, Führungskräfte) wird die neue Kollegin oder Einführungsgespräch mit dem Mentor und dem Vorgesetzder neue Kollege zusammenarbeiten und wie soll ten an, dessen Schwerpunkt der zuvor erarbeitete Einarder Kontakt erfolgen? beitungsplan ist. Zum Ende des Gesprächs werden die For→→ Welche Tätigkeiten wird sie oder er ausführen, wie malitäten, wie die Zeiterfassung, die Urlaubsregelung, die und durch wen soll die Einarbeitung erfolgen? Dienstreiserichtlinien oder die Dienstvereinbarung erklärt. →→ Welche Arbeitsmaterialien und Ausstattung des Ar- Zu diesem Zeitpunkt kann auch die bereits beschriebene beitsplatzes sind nötig, und wer wird mit der Bereit- organisatorische Mappe mit den wichtigsten Informationen stellung und Beschaffung beauftragt? zu Standort und Amt übergeben werden. Hilfreich ist außer→→ Welche Meilensteine in Hinblick auf den bisheridem ein Board mit Fotos und Funktionen der Amtsmitarbeigen Fortschritt in der Einarbeitung sind sinnvoll? ter; dies erleichtert die Eingewöhnung und das Merken von Mit wem sollen diese besprochen werden, um den Namen und Gesichtern. Informations- und Qualifizierungsbedarf zu ermitDarauf folgt die Einführung am Arbeitsplatz. Dabei werteln? den sowohl die Funktionsweise und Bedienung der Telefonanlage erklärt, als auch die Zugänge zu den für die Arbeit Beantwortet ein Einarbeitungsplan diese Fragen, kann vie- benötigten Programme. Anhand von vorbereiteten Unterlen Konflikten vorgebeugt werden und die Kosten der Ein lagen und Arbeitsmitteln kann sich der Neue im Laufe des arbeitung verringern sich. Tages und der nächsten Wochen mit den Programmen vertraut machen. Motto des ersten Tages: Kennenlernen Der erste Tag steht ganz unter dem Motto „Kennenlernen Erst administrative, dann fachliche Aufgaben von Kollegen, Arbeitsplatz und Abläufen“. Die ersten Tage und Wochen können in zwei Phasen unterteilt werden: Die Orientierungs- und die Lern- und Integrationsphase. 44 SUB 3/2016 Führung In der Orientierungsphase sollte der neue Mitarbeiter für einige Tage in den Sachgebieten eingesetzt werden, die mit seinem Aufgabenbereich in Zusammenhang stehen. Meist empfiehlt es sich während dieser Phase administrative Tätigkeiten zu erteilen, damit er sich in der Umgebung orientieren kann (Räumlichkeiten, Strukturen, Dienstwagen, etc.). Vor allem in den ersten Tagen ist es unumgänglich, Arbeitsunterlagen und -abläufe zu erklären und zu besprechen. Dabei soll der Mentor die Arbeitsausführung begleiten, prüfen und die Ergebnisse mit dem neuen Kollegen besprechen. Falls nötig wird Hilfestellung zur Erarbeitung der Aufgaben angeboten. In der Lern- und Integrationsphase ist die Einfügung schon vorangeschritten. Während dieser Phase werden Zusammenhänge zwischen den Aufgaben- und Sachgebieten sowie Abläufe im Amt erkannt und strukturiert. Jetzt kann der Neue mit kleineren fachlichen Aufgaben betraut werden, die er eigenverantwortlich zu bearbeiten hat. Dabei ist darauf zu achten, dass der Schwierigkeitsgrad und die Komplexität der Aufgaben stetig steigen. Während der Einarbeitungsphase sollten Führungskraft und Mentor die neue Kollegin weder schonen (Schonstrategie), noch sich selbst überlassen (Wurf – ins – kalte – Wasser) noch überfordern (Entwurzelungsstrategie). Es sollte darauf geachtet werden, dass der Neuankömmling von Beginn an gefordert wird und sich damit an das Tempo der Abteilung gewöhnen kann. Es ist auch wichtig, dass sich die Führungskraft während dieser Zeit öfters davon überzeugt, dass die neue Kollegin vollständig in den Informationsfluss der Abteilung und des Amtes eingebunden wird und notwendige Informationen aktiv an sie weitergeleitet werden [2]. Die neuen Kolleginnen und Kollegen werden dies sicherlich gerne annehmen und Ihnen danken! Literatur: [1] SCHULE UND BERATUNG, 2015: Nachwuchskräfte verjüngen die Verwaltung, Juni / Juli 2015, Seite 60 – 61 [2] FACHHOCHSCHULE KÖLN, 2012: Integrationsprogramm für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, August 2012, Seite 15 – 18, URL: https://www.verwaltung. th-koeln.de/imperia/md/content/verwaltung/allgemein/nur_intern/integration_neuer_mitarbeiter.pdf SUSANNE MAYER AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN WEIDEN [email protected] Standardisierter „Mitarbeiter Check in“ erleichtert Start an der FüAk Vorbereitungsphase Hierzu gehören beispielsweise die Einrichtung des Arbeitsplatzes mit der notwendigen Ausstattung bis hin zum Türschild, die Bereitstellung von Zeitkarte, Hausschlüssel, Zugangskennungen, Willkommensheft „Check In“ und ein Begrüßungsaushang am schwarzen Brett. SUB 3/2016 Einführungsphase Sie beginnt mit dem ersten Arbeitstag. Die Einführungsphase umfasst eine Vorstellungsrunde im Haus, die Einführung in alle Bereiche und Aufgaben der FüAk sowie die speziellen Aufgaben am Arbeitsplatz. Erforderliche Zusatzqualifizierungen werden in einem Schulungsplan mit dem Vorgesetzten vereinbart. Als Ansprechpartner und Vertrauensperson steht in dieser Phase zusätzlich ein „Pate“ zur Seite. Abschlussgespräch Am Ende der Einführung steht ein intensives Gespräch mit dem Vor- gesetzten. Hier können gegebenenfalls weitere Qualifizierungsmaßnahmen vereinbart werden. Der Prozess ist in einer Checkliste abgebildet, in der alle Zuständigkeiten geregelt sind und die alle Beteiligten gemeinsam abarbeiten. Sie ist auf Anfrage bei der FüAk erhältlich. Führung Die Integration neuer Kolleginnen und Kollegen erfolgt an der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (FüAk) nach einem im Werteorientierten Qualitätsmanagement (WQM) der FüAk festgelegten Standardprozess. Er gliedert sich in drei Phasen: Hubert Burger, Qualitätsmanagementbeauftragter [email protected] 45 Verwaltung VERWALTUNG Gut abgesichert auf die Reise gehen Reisekosten und Arbeitszeitanrechnung bei Dienstreisen und Fortbildungsreisen (Teil 1) von OLIVER WERNER: Reisen – ob für auswärtige Dienstgeschäfte oder eine Fortbildung – werfen regelmäßig verschiedene Fragen auf: Bin ich auf einer Reise versichert? Gilt das auch, wenn ich von Zuhause aus reise? Wie sieht die Haftung aus, wenn ich ein Dienstfahrzeug benutze? Wer zahlt einen Schaden am privaten Kraftfahrzeug? Wann ist eine Reise eine Dienstreise oder eine Fortbildungsreise? Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit der Abgrenzung zwischen Dienstreisen und Fortbildungsreisen und der Wahl des Verkehrsmittels. Reisen sind tägliches Geschäft vieler Beschäftigter. Dann ist es gut zu wissen, wann man gegen Unfälle abgesichert ist und welche Aufwendungen für eine Reise erstattet werden. Verwaltung Keine Reise ohne grünes Licht von oben Jede Dienst- oder Fortbildungsreise bedeutet: →→ Dienstunfallfürsorge (bei Beamtinnen und Beamten) oder Unfallversicherung (bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern) müssen zusätzliche Risiken abdecken, wenn Beschäftigte ihren gewöhnlichen Arbeitsplatz für eine Reise verlassen. →→ Die Dienststelle muss den Reisenden entstehende Kosten (für die Reise selbst, für Unterkunft und Verpflegung usw.) tragen (Reisekostenvergütung). →→ Im Einzelfall müssen zusätzliche Schäden (z. B. durch einen Unfall) ersetzt werden. Deshalb muss jede Reise angeordnet oder genehmigt werden. In der Regel stellen Beschäftigte dazu einen Antrag und Vorgesetzte genehmigen ihn. Im Reisekostenrecht ist zwar – auch als Beitrag zur Verwaltungsvereinfachung – nicht immer ein Reiseantrag bzw. eine Genehmigung vorgeschrieben. Da aber bei fast allen Reisen eine Entscheidung zu den Details der Reise, insbesondere dem zu wählenden Verkehrsmittel getroffen werden muss, wird einem dieses Verfahren nicht erspart bleiben. Dienstreise oder Fortbildungsreise? Oft wird bemängelt, dass statt einer Dienstreise nur eine Fortbildungsreise ermöglicht wird. Hintergrund sind die ungünstigeren Rechtsfolgen, insbesondere bei der Reisekostenvergütung und beim Ersatz von Sachschäden. Die Abgrenzung ist schwierig. Sie hängt immer vom Einzelfall ab. Jede Reise ist anders. Selbst bei gleichem Ziel und Zweck kann sie für den einen Beschäftigten eine Dienstreise, für 46 den anderen Beschäftigten aber eine Fortbildungsreise sein. All dies lässt sich nicht generell regeln. Dienstreisen sind Reisen zur Erledigung von Dienstgeschäften außerhalb des Dienstorts (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayRKG) [1]. Bleibt man am Dienst- oder Wohnort, wird vom Dienstgang gesprochen (Art. 2 Abs. 4 Satz 1 BayRKG). Dienstgeschäfte sind die im konkreten Amt zur unmittelbaren Erledigung übertragenen Dienstaufgaben. Also sind Fortbildungsreisen keine Dienstreisen. Davon geht auch das Bayerische Reisekostengesetz aus. Es enthält besondere Regelungen für Reisen zum Zweck der Aus- und Fortbildung (Art. 24 Abs. 1 BayRKG). Diesen stellt es die Dienstreisen ausdrücklich gegenüber (Art. 24 Abs. 2 BayRKG). Fortbildungsreisen sind Reisen: →→ zur beruflichen Weiterbildung oder →→ zur Erweiterung beruflicher Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen oder →→ zur Anpassung an geänderte dienstliche Anforderungen oder →→ zur Vorbereitung auf die Wahrnehmung neuer oder anderer Aufgaben Nur dieser in Nr. 24.2 VV-BayRKG [3] beschriebene Zweck spielt eine Rolle. Eine Fortbildungsreise wird auch nicht zur Dienstreise, weil Beschäftigte nicht freiwillig, sondern „gezwungenermaßen“ teilnehmen. Dienstreisen sind Reisen zur Erledigung von Dienstgeschäften. Das sind die unmittelbar übertragenen Dienstaufgaben. Fortbildung vermittelt dagegen das „Wissen“ und das „Können“ hierfür. SUB 3/2016 Verwaltung Die Rechtsprechung unterstellt übrigens jedem Beschäftigten ein Eigeninteresse an einer Fortbildung, weil sie die berufliche Weiterentwicklung fördert. Fortbildungsreisen sind aber auch immer im dienstlichen Interesse. Dienstliches Interesse Kann eine Fortbildung die Durchführung der Dienstaufgaben fördern, ist sie im dienstlichen Interesse. Für berufliche Fortbildungsveranstaltungen kann eine Dienst- oder Arbeitsbefreiung gewährt werden. Fortbildung fördert die berufliche Weiter entwicklung. Sie ist regelmäßig auch im Eigeninteresse der Beschäftigten. Überwiegt das dienstliche Interesse an einer Fortbildung das Eigeninteresse des Beschäftigten und steht das Thema der Fortbildung in unmittelbarem Zusammenhang mit den übertragenen Dienstaufgaben, ist eine Fortbildungsreise möglich. In besonderen Fällen wird das Interesse von Beschäftigten an der Fortbildung durch ein (nahezu) ausschließliches dienstliches Interesse überlagert. Nur dann ist – mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde – eine Auslagenerstattung wie bei Dienstreisen denkbar. Die Fortbildung wird dadurch aber nicht zur Dienstreise; z. B. bleibt ein Ersatz von Sachschäden dennoch ausgeschlossen. Übrigens ist es unzulässig, eine Fortbildungsreise zur Dienstreise zu machen, nur weil das für Beschäftigte z. B. wegen höherer Reisekostenvergütung günstiger ist. Umgekehrt gilt das Gleiche, etwa um Haushaltsmittel einzusparen. Eine solche Entscheidung kann auch keine SUB 3/2016 Infobox: Triftige Gründe für die Benutzung privateigener Kraftfahrzeuge Nr. 6.2 Satz 2 VV-BayRKG benennt Beispiele für triftige Gründe: • Mit regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln ist das Ziel nicht oder nur schwer zu erreichen. • Mit der Benutzung privateigener Fahrzeuge kann wesentlich Arbeitszeit eingespart werden. • Mit der Benutzung privateigener Fahrzeuge können mehrere Dienstgeschäfte erledigt werden, was bei Benutzung regelmäßig verkehrender Beförderungsmittel nicht möglich wäre. • Notwendiges schweres (mindestens 10 Kilogramm) oder sperriges Gepäck muss mitgenommen werden. • Mindestens zwei Dienstreisende nutzen ein Fahrzeug gemeinsam, mindestens für die Hälfte der Strecke (außer der Mitfahrer hat eine unentgeltliche Fahrmöglichkeit). • Dienstreisende sind als Schwerbehinderte erheblich gehbehindert oder aus anderen gesundheitlichen Gründen auf die Benutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen Grundlage für andere Fragestellungen sein, z. B. ob die Vor aussetzungen für die Anerkennung eines Dienst- bzw. Arbeitsunfalls vorliegen oder nicht. Wahl des Reisemittels Bei allen Reisen stellt sich die Frage nach dem Verkehrsmittel. Das Haushaltsrecht gibt vor, das wirtschaftlichste Beförderungsmittel zu wählen und alle bestehenden Ermäßigungsmöglichkeiten auszunützen. Die Kosten der Reise allein sind nicht ausschlaggebend. Eine Anreise wird z. B. mit dem Fahrrad immer günstiger als bei jedem anderen Verkehrsmittel sein. Doch benötigt sie bei größeren Entfernungen wesentlich mehr (Arbeits-)Zeit und wirkt sich damit beim Tagegeld aus, wenn nicht sogar eine zusätzliche Übernachtung erforderlich wird. Dann ist der Vorteil schnell dahin. Auch sollen im Bereich von Verkehrsverbünden Kraftfahrzeuge möglichst nicht mehr verwendet werden, außer die Zeitersparnis reduziert das Tagegeld. Können Verkehrsmittel unentgeltlich benutzt werden (z. B. öffentliche Verkehrsmittel mit entsprechenden Netzoder Zeitkarten), werden andere Fahrkosten nicht erstattet (Art. 5 Abs. 1 Satz 4 BayRKG). Kommt eine Anreise mit regel- 47 Verwaltung Gegenüber Dienstreisen wird bei Fortbildungsreisen eine geringere Reisekostenvergütung gewährt. Das Reisekostengesetz räumt hier dem Dienstherrn bzw. Arbeitgeber einen Ermessensspielraum ein. Die Erstattung – wie nachstehend beschrieben – kann also auch geringer ausfallen oder sogar ganz wegfallen (Art. 24 Abs. 1 BayRKG): →→ Wegstrecken- und Mitnahmeentschädigung und Tagegelder nur zu höchstens 75 Prozent; →→ nur notwendige Übernachtungskosten, keine Übernachtungspauschale; →→ bei regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln nur notwendige Fahrkosten, also z. B. keine 1. Klasse bei der Bahn; →→ bei Fortbildungsreisen bis zu sechs Stunden Dauer keine notwendigen Kosten für Verpflegung. Verwaltung mäßig verkehrenden Beförderungsmitteln nicht in Betracht, wird die Wahl auf ein Kraftfahrzeug fallen. Vorrang hat dann ein Dienstfahrzeug. Kann ein solches unentgeltlich benutzt werden kann, wird Wegstrecken- und Mitnahmeentschädigung für die Benutzung eines eigenen Fahrzeugs nicht gewährt (Art. 6 Abs. 5 BayRKG). Nur wenn ein Dienstfahrzeug nicht verfügbar und auch ein Mietwagen nicht günstiger ist, wird die Benutzung des privateigenen Kraftfahrzeugs in Betracht kommen – im Einzelfall mit triftigen Gründen (siehe Infobox). Das kann auch ein Motorrad, Motorroller, Moped, Mofa oder Fahrrad sein. Reisen vom und zum Wohnort Eine Reise am Wohnort zu beginnen oder zu beenden, ist meistens von Vorteil – schon aus Gründen der Zeitersparnis. Bereits die Anordnung bzw. Genehmigung bestimmt, wo eine Reise beginnt oder endet. Dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten (Nr. 7.2 VV-BayRKG). An der Wohnung können Reisen beginnen oder enden, wenn →→ die Wohnung näher zum auswärtigen Geschäftsort liegt als die Dienststelle oder →→ die Reisezeit von der Wohnung auf Grund günstiger Verkehrsverbindungen erheblich kürzer ist oder →→ Gesichtspunkte der Fürsorge für den Beginn oder das Ende der Dienstreise an der Wohnung sprechen (z. B. Dienstreisebeginn an einem Samstag, Sonnoder Feiertag) Verwaltung An der Dienststelle beginnen oder enden Reisen in der Regel, wenn →→ diese – wenn auch nur kurz – vor oder nach der Reise aufgesucht wird oder →→ Reisende in einen Dienstwagen umsteigen oder dort abgesetzt werden oder →→ Beginn und Ende der Dienstreise innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit liegen. Fahrtkostenerstattung sowie Wegstrecken- und Mitnahmeentschädigung werden nur für die von der Dienststelle zum auswärtigen Geschäftsort führende kürzeste Fahrstrecke gewährt. Der Wohnort tritt bei der Abrechnung nur dann an die Stelle des Dienstorts, wenn es zur Erledigung des konkreten Dienstgeschäfts aus dienstlichen Gründen erforderlich ist, die Dienstreise zwischen zwanzig Uhr und sechs Uhr oder an einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag 48 anzutreten oder zu beenden (Art. 5 Abs. 1 Satz 3 BayRKG bzw. Art. 6 Abs. 7 BayRKG). Die Reisekostenvergütung orientiert sich bis auf wenige Ausnahmen immer an der kürzes ten Strecke zwischen Dienstort und auswärti gem Geschäftsort – auch wenn von Zuhause aus gereist wird. Arbeitszeit und Reisezeiten Zum Schluss noch ein Wort zur Berücksichtigung der Reisezeiten bei der Arbeitszeit: Bei Dienstreisen wird die auswärtige Tätigkeit immer voll auf die Arbeitszeit angerechnet. Gleiches gilt für die innerhalb der individuellen Sollarbeitszeit gelegenen Reisezeiten. Für die anderen Reisezeiten gibt es im Umfang von einem Drittel (bzw. zwei Dritteln an Wochenenden und Feiertagen) Freizeitausgleich. Bei Fortbildungsreisen werden bei der Arbeitszeit höchstens die Stunden für den jeweiligen Arbeitstag berücksichtigt, die der Sollarbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten entsprechen. Fortbildungsreisen gehen daher gegenüber Dienstreisen eher zu Lasten der Freizeit, gerade bei langen Reisezeiten. Aber: Fortbildung liegt – wie bereits erwähnt – auch im Interesse der Beschäftigten. Einschlägige Rechtsvorschriften [1] Bayerisches Gesetz über die Reisekostenvergütung der Beamten und Richter (Bayerisches Reisekostengesetz – BayRKG) – gilt auch für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (§ 23 Abs. 4 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder – TV-L). [2] Verordnung zur Anpassung der Wegstreckenentschädigung (Wegstreckenentschädigungsverordnung – WegstrV) [3] Allgemeine Verwaltungsvorschriften zum Bayerischen Reisekostengesetz (VV-BayRKG) [4] Richtlinien zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Freistaates Bayern (Haushaltsvollzugsrichtlinien – HvR) OLIVER WERNER STAATLICHE FÜHRUNGSAKADEMIE FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN [email protected] SUB 3/2016 Verwaltung VERWALTUNG Neues Fachzentrum Ökologischer Landbau am AELF Deggendorf Ökologischer Landbau kann für viele landwirtschaftliche Betriebe eine interessante Option darstellen. Sie wird entweder aus ökonomischen Erwägungen heraus gewählt oder weil die Betriebsleiterfamilie sich mit den Bewirtschaftungsmethoden des ökologischen Landbaus identifiziert. Um den umstellungsinteressierten Landwirten in Ostbayern ein verbessertes Beratungsangebot zu bieten, wurden die Zuständigkeiten im Ökolandbau in Franken, der Oberpfalz und Niederbayern neu zugeschnitten (siehe Abbildung). Für den Regierungsbezirk Mittelfranken ist nun das Fachzentrum Ökologischer Landbau am Amt in Neumarkt zuständig. Die Zuständigkeit für Niederbayern wechselte an das neu geschaffene Fachzentrum nach Deggendorf, das Thomas Lehner und Theodor Eckmüller betreuen. Die ersten 100 Tage sind um … „A guada Ochs ziagt langsam o“, waren sinngemäß die ersten Worte zur Einführung der beiden neuen Mitarbeiter am Fachzentrum, trotzdem ging es mit den Anfragen und Beratungen recht zügig los. In den ersten vier Monaten wurden knapp 70 Anfragen umstellungsinteressierter Landwirte auf den Betrieben vor Ort oder am Telefon beantwortet und über 180 Teilnehmer in Schulungen erreicht, Tendenz steigend. Nachdem in unserer Wahrnehmung viele unterschiedliche Akteure fachliche Unterstützung für Biobetriebe anbieten, war es uns ein erstes Anliegen dieses Angebot für die Landwirte transparenter darzustellen. Im „Terminkalender für Ökobetriebe und SUB 3/2016 FZ Ökologischer Landbau AELF Bamberg FZ Ökologischer Landbau AELF Neumarkt i.d.OPf. FZ Ökologischer Landbau AELF Deggendorf FZ Ökologischer Landbau AELF Ebersberg FZ Ökologischer Landbau AELF Kaufbeuren → Abbildung: Neue Gebietskulisse für die fünf Fachzentren Ökologischer Landbau solche die es werden wollen“ finden sich diese Überlegungen wieder: www.aelf-dg. bayern.de/landwirtschaft/oekolandbau Interesse und Skepsis halten sich die Waage Die Beratungsanfragen haben sehr unterschiedliche Qualität. Sie reichen von einfachen Rückfragen zur Kontrollstellentätigkeit sowie Aufgaben und Rolle der Verbände bis hin zur maximal möglichen Spaltenfläche: Das gesamte Spektrum des Regelwerks Ökolandbau ist gefordert. Im Unterricht an den landwirtschaft lichen Fachschulen oder beim Bildungsprogramm Landwirt BILA ist häufig ein „Gegenwind“ spürbar. Wir fragen in diesem Kreis in einem kleinen Fragebogen die Umstellungsbereitschaft auf Ökologischen Landbau ab. Regelmäßig setzen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen zu über 90 Prozent das Kreuz bei „ich bleibe konventionell!“. Allerdings sind die auch überwiegend der Meinung, dass „Biobetriebe im Vergleich zu konventionellen Betrieben erfolgreicher sind“. Ökolandbau in Ostbayern hat noch Potenzial Der Ökolandbau ist in Ostbayern mit etwa vier Prozent der Betriebe im Vergleich zu Bayern mit etwa sieben Prozent noch deutlich ausbaufähig. Viele Landkreise in Oberbayern weisen eine Quote ökologisch bewirtschafteter Betriebe von über 15 Prozent auf und zeigen, dass diese Wirtschaftsform den Status des Exotischen längst verlassen hat. Die Umstellung auf ökologischen Landbau im Gesamtbetrieb kann für viele Betriebe eine – auch ökonomisch – interessante Möglichkeit sein, den Betrieb zukunftsfähig aufzustellen. Thomas Lehner, AELF Deggendorf 49 Verwaltung Seit September 2015 ist am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Deggendorf ein neues Fachzentrum Ökologischer Landbau für den Regierungsbezirk Niederbayern zuständig. Seine Hauptaufgaben sind die Beratung umstellungsinteressierter Landwirte und der Wissenstransfer an den landwirtschaftlichen Berufsnachwuchs. Verwaltung VERWALTUNG Amtsverwaltung erfolgreich fortgebildet Seminarreihe startet mit Modul „Haushalt“ von PETRA KRAUS: Auf vielfachen Wunsch bietet die Führungsakademie seit 2015 eine Fortbildung für Beschäftigte der Amtsverwaltungen an den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten an. Der Praxisbezug im ersten Modul „Haushalt“ war entscheidendes Anliegen und Ziel bei der Planung des Seminars. Die Seminarrückmeldungen zeigen, dass der Anspruch erreicht wurde. Verwaltung „Das war eine rundum gelungene Veranstaltung mit Beispielen aus der Praxis der Amtsverwaltung an den Ämtern“, zog eine Teilnehmerin ihr Resümee aus dem dreitägigen Seminar zum Thema „Haushalt“, das im April 2015 von der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (FüAk) zum ersten Mal angeboten worden war. Bereits 2013 forderten die Leiter der Amtsverwaltung (LAV) bei einer Dienstbesprechung am Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF), geeignete Kräfte der 2. Qualifikationsebene (QE) der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF) fortzubilden, um ihr Wissen in zentralen Angelegenheiten der Amtsverwaltung zu vertiefen. Besonders brisant ist die Situation in den nächsten Jahren, da viele LAV und deren Stellvertreter in den Ruhestand gehen und dann Personalengpässe überbrückt werden müssen. Nachdem eine Umfrage unter den LAV einen dringenden Fortbildungsbedarf für die Mitarbeiter in den Amtsverwaltungen offenlegte, formulierten einige LAV der ÄELF in einem Workshop mit der FüAk fünf Fortbildungsfelder, die speziell für die Aufgaben in der Amtsverwaltung rüsten sollen (siehe Infobox 1). Start mit dem Modul „Haushalt“ An der FüAk erarbeiteten Leiter der Amtsverwaltung gemeinsam mit Vertretern des StMELF ein detailliertes dreitägiges Fortbildungsprogramm mit Inhalten, die so bisher innerhalb unserer Verwaltung nicht vermittelt wurden (siehe Infobox 2). Das Seminar sollte bestmöglich auf die Bedürfnisse der Teilnehmer eingehen und die Gegebenheiten am Amt sowie die Vorgaben durch das StMELF berücksichtigen. Deshalb 50 Infobox 1: Fortbildungsfelder für Beschäftigte in der Amtsverwaltung an den ÄELF • • • • • Haushalt und Beschaffung Personal, zum Beispiel Beamten- und Tarifrecht Organisation, zum Beispiel Allgemeine Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern und Informationstechnik Liegenschaften, zum Beispiel Gebäudeverwaltung außerfachliche Fortbildungen, zum Beispiel Arbeitsund Büroorganisation, Gesprächsführung Schulungen in den zugehörigen Fachprogrammen werden teilweise von externen Dienststellen erbracht, wie z. B. durch das Landesamt für Finanzen zum Integrierten Haushalts- und Kassenverfahren (IHV). war man sich schnell einig, dass die Referenten aus den eigenen Reihen kommen sollten. Daher wurde auf in der Verwaltungspraxis erfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Staatsministerium und den Amtsverwaltungen der ÄELF zurückgegriffen. Didaktik und Methodik erhöhen Lernerfolg Um den Lernerfolg zu erhöhen, wird neben den qualifizierten Fachreferaten und den praxisnahen Beispielen auch großer Wert auf die Didaktik und Methodik gelegt. Methoden wie Netzwerke unter den Teilnehmern, Lernpartner und die Arbeit an Beispielen in Einzel- oder Gruppenarbeit unterstützen den Transfer in die Praxis. Ein Lerntagebuch, in das die Teilnehmer ihre Erkenntnisse des Tages notieren, bietet Gelegenheit, das Gelernte zu reflektieren. Dabei steht die Frage im Vordergrund, was die Teilnehmer von dem Gelernten gleich am Amt in die Praxis umsetzen wollen. Sie SUB 3/2016 Verwaltung Infobox 2: Inhalte des Moduls „Haushalt“ für die Amtsverwaltung Themen Ziele Inhalte Haushaltsrecht Überblick über rechtliche Grundlagen Gesetze, VOen, Bay HO Haushaltssystematik Beherrschung der Systematik Buchungsgrundlagen Gruppierungen Haushaltsplanung Überblick über die Grundlagen der Haushaltsaufstellung Haushaltskreislauf Ablauf Haushaltsaufstellung Haushaltsvollzug Beherrschung des Haushaltsvollzugs IHV, HVR, VVs, DBestHG, Budget, Kassenanschlag, Beschaffung/ Vergabe, Handvorschuss, Geldannahmestelle Haushaltskontrolle Einblick in Kontrolle und Aufsicht Fachaufsicht Rechnungsprüfung Schulhaushalt kommunal Überblick über Grundlagen Verbuchung, Barkasse, Aufstellung Sicherheit in Fragen des Amtshaushalts vermittelt Eine Evaluierung des Seminars unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern nach einem halben Jahr zeigte, dass das Seminar gute Grundlagen für das Arbeiten im Amtshaushalt geschaffen hat. Besonders hervorgehoben haben sie die Behandlung haushaltsrechtlicher Fragestellungen: „Es gab einen sehr guten Überblick und Einblick in das Haushaltsrecht.“ Damit verbunden sei eine größere Sicherheit im Umgang mit rechtlichen Fragestellungen, die Hemmung vor dem Blick in die gesetzliche Grundlage sei geringer geworden. Eine gezielte Anwendung der Vorschriften in der täglichen Arbeit ist nun möglich. Auch die Seminarunterlagen werden als Nachschlagewerk mit Beispielen geschätzt. Unterstützung durch Vorgesetzte entscheidend Eine Unterstützung durch die Vorgesetzten und die eigenverantwortliche Umsetzung des Erlernten im Haushaltsvollzug sind förderlich, das erlernte Wissen anzuwenden. Im Sinne eines stetigen Verbesserungsprozesses können so eingespielte Abläufe in der Amtsverwaltung kontinuierlich und effizient weiterentwickelt werden. Ganz konkret schil- SUB 3/2016 dert eine Teilnehmerin ihren Transfer ein halbes Jahr nach dem Seminar: →→ „Die Feststellung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit wird exakt bei jeder Einnahme und Ausgabe beachtet und umgesetzt. →→ Beschaffungsanträge und Vergabevermerke werden unter Beachtung der Wertgrenzen für jede Beschaffung erstellt. →→ Anschaffungen werden, wenn möglich, fast ausschließlich über Rahmenverträge getätigt. →→ Auf die Verwendung der richtigen Mahn- und Verzugszinsschlüssel sowie des Schlüssels „150“ (Sonstige AO) bei der Auszahlung von Prüfervergütungen bei Eingaben im IHV wird geachtet.“ Ausweitung des Angebots geplant Auch 2016 bietet die FüAk für die ÄELF wieder ein Grundlagenseminar „Haushalt“ an, ergänzt durch Seminare zum Integrierten Haushaltsverfahren. 2016 starten gleichzeitig zwei Seminare „Haushalt“ für die Landesanstalt für Landwirtschaft, deren Schwerpunkt sich etwas von denen der ÄELF unterscheidet. Bei Bedarf kann ein Seminar „Haushalt“ für die Ämter für Ländliche Entwicklung konzipiert werden. Die Forstschule Lohr erarbeitet ein Modul Personal und Organisation. Außerfachliche Fortbildungen zur Büroorganisation, dem Selbst- und Zeitmanagement oder der Gesprächsführung können die Mitarbeiter bereits jetzt über die bestehenden Angebote der FüAk oder der Forstschule Lohr belegen. PETRA KRAUS STAATLICHE FÜHRUNGSAKADEMIE FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN [email protected] 51 Verwaltung besprechen die Erkenntnisse und Umsetzungsvorhaben in Kleingruppen, um die Inhalte nochmals zu festigen und sich durch die Notizen gegenseitig Anregungen zu geben. Eventuelle Fragen zu den Inhalten des Tages werden zunächst in der Gruppe geklärt. Fragen die hier nicht beantwortet werden können, werden gesammelt, ins Plenum eingebracht und von den Fachreferenten geklärt. So kann ein erfolgreiches Lernen unterstützt werden. Verwaltung VERWALTUNG Internetauftritte gemeinsam gestalten Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten arbeiten mit Zentralredaktion von BARBARA VETTER: Die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF) erstellen Inhalte für ihre Internetauftritte. Die Zentralredaktion an der Staatlichen Führungsakademie (FüAk) oder der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) schaltet sie frei. Das ist das Prinzip, mit dem alle ÄELF seit vergangenem Jahr arbeiten. Erste Erfahrungen zeigen: Das Konzept bewährt sich. Die Ämter haben im Zuge des Relaunchs, das heißt der Umstellung auf das neue Design und Konzept, einen Teil ihrer redaktionellen Freiheit abgegeben: Das Genehmigen bzw. finale Freischalten jeder Ämterseite übernimmt die Zentralredaktion (ZR). Dies ist jedoch nicht mit Zensur gleichzusetzen, sondern als konstruktive Begleitung der redaktionellen Arbeit und Qualitätssicherung zu verstehen. Fachliche und regionale Inhalte oder die Impulse dafür dürfen und müssen von den Ämtern kommen – dies zeichnet einen jeden der 47 regionalen Internetauftritte aus. Die Fachschulen arbeiten inzwischen ebenfalls mit diesem Konzept. Verwaltung Vier-Augen-Prinzip Eine zentrale Anlaufstelle für die Internetauftritte macht auch deshalb Sinn, weil IT-Anwendungen zunehmen und die Mitarbeiter an den Ämtern immer mehr Programme – neben ihren eigentlichen Tätigkeiten – bedienen müssen. Das Vier-Augen-Prinzip gibt den Redakteuren vor Ort Sicherheit und steigert die Qualität der Ämterauftritte. Die Auftritte der Ämter entsprechen seit der Umstellung den Anforderungen der Barrierefreiheit. Die Verwendung von PDF wurde neu geregelt. Gemäß dem Grundsatz der Datensparsamkeit kommen personenbezogene Daten wie E-Mail-Adressen nur sehr sparsam zum Einsatz. Ihre Verwendung ist nun einheitlich. Verteilen an mehrere Ämter Ein Austausch- und Verteilsystem ermöglicht es, Seiten eines Amtes zu verteilen. So können Informationen von Fachzentren auch anderen Ämtern angeboten werden. Und: Der Arbeitsaufwand reduziert sich durch bereits vorgefertigte Seiten. In der Vorbereitung des Relaunches hatte die Zentralredaktion den Ämtern bereits das Grundgerüst ihres Aufbaus angelegt. So mussten die Redakteure nicht von Null starten, sondern passten das Grundgerüst an ihre Bedürfnisse vor Ort an. Im Livebetrieb 2015 hat die ZR mehr als 200 52 Infobox: Projektgruppe für Internetrelaunch Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) beauftragte 2012 die FüAk, eine Zentralredaktion für die Internetauftritte der Ämter einzuführen und die Umstellung der Internetauftritte auf das einheitliche Design der Landwirtschaftsverwaltung zu organisieren. Das inhaltliche und technische Konzept für den Relaunch erarbeitete eine Arbeitsgruppe, in der Vertreter des StMELF, der Ämter und der LWF unter Federführung der FüAk mitwirkten. Die Projektgruppe legte die Rubrikstruktur und die Zusammenarbeit zwischen den Inhaltsredakteuren an den Ämtern und den Präsentationsredakteuren der Zentralredaktion fest. Seiten verteilt, darunter überregionale Veranstaltungen wie Direktvermarkter- oder Energie-Thementage, aber auch Seiten mit generellen Informationen, die die Redakteure dann lokal anpassen konnten, zum Beispiel zum forstlichen Gutachten. Zusammenarbeit zwischen den Akteuren Als bereichernd für die Zusammenarbeit zwischen allen Stellen erwies sich zum einen die Projektgruppe, die sowohl für den Arbeitsfluss zwischen Ämtern und ZR als auch für den Aufbau der Seiten wertvolle Anregungen gegeben hat. Zum anderen sind es die Redakteure selbst, die zum Teil mit großem Engagement Inhalte erstellen, pflegen und immer wieder Rückmeldung geben, welche Inhalte zentral erstellt werden könnten oder welche Tools in Imperia sinnvoll wären. So wurde beispielsweise Anfang 2015 auf Anregung des AELF Schwandorf eine Erweiterung des Tabellenmoduls in Imperia für den gesamten SUB 3/2016 Verwaltung Kommunikation optimieren Optimieren lässt sich sicher noch die Kommunikation zwischen den Akteuren. Die Fachabteilungen des StMELF, der Landesanstalten und Ämter sind beispielsweise gefordert, die ZR stärker einzubinden, wenn Themen über alle Ämter an die Öffentlichkeit gelangen sollen. Angedacht ist eine koordinierte Themenplanung für den Geschäftsbereich. Im Gegenzug wird die ZR weiter Lösungen erarbeiten, um den Mehrwert des zentralen Erstellens und Verteilens von Beiträgen aufzuzeigen. Weiterentwicklung der Auftritte Die Internetauftritte erscheinen seit vergangenem Jahr im Responsive Design. Das heißt, die Internetseiten passen sich im Layout dem jeweiligen Endgerät bzw. Bildschirm optimal an. Besonders mobile Nutzer können die Seiten so besser bedienen. Geplant ist zudem ein Auswertungstool, mit dessen Hilfe die Ämter regelmäßig informiert werden, wie hoch zum Beispiel ihre Seitenaufrufe sind. Eine Herausforderung für alle Beteiligten ist es, die Auftritte für die Zielgruppen aktuell und interessant zu gestalten. Die Auswertung wird zeigen, wo dies bereits gut gelingt, sie wird aber auch Schwachstellen aufdecken. Dann sind wieder alle Beteiligten gefordert, gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. BARBARA VETTER STAATLICHE FÜHRUNGSAKADEMIE FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN [email protected] SUB 3/2016 Gewusst wie: Bilder für das Internet aufbereiten Komprimieren Sie Bilddateien insbesondere für die Veröffentlichung im Internet. Dadurch bleiben die Ladezeiten der einzelnen Internetseiten niedrig und die Serverkapazitäten werden nicht überlastet. Der Microsoft Office Picture Manager steht dafür in der Regel an jedem PC zu Verfügung. Er ist Teil des Microsoft Office-Pakets. Das Komprimieren gelingt in folgenden Schritten: Dateien öffnen Im Menü Datei „Bildverknüpfung hinzufügen“. Anschließend auf dem Laufwerk Ihren gewünschten Ordner mit den Abbildungen wählen. Zuschneiden Bei den Zuschnitteinstellungen gewährleistet das Seitenverhältnis 10x15 (3:2-Format) ein einheitliches Format im Internetauftritt. Auch unnötiges Beiwerk an den Seitenrändern können Sie so wegschneiden. Größe reduzieren Wählen Sie zunächst im Menüband „Bild“ die Option „Größe ändern“ und dann in der rechten Spalte bei „Vordefinierte Breite x Höhe“ „Web groß“. Datei speichern unter Sofern Sie noch keine Kopie der Datei angefertigt haben, wählen Sie im Menüband Datei „Speichern unter …“ Auf diese Weise bleibt Ihre Originaldatei erhalten und Sie speichern lediglich eine weboptimierte Kopie. Fotos sollten als jpg-, Logos und Grafiken als gif- oder png-Datei gespeichert werden. Legen Sie sich einen Ordner für alle komprimierten Bilder an, um sie nicht mit den Originalen zu verwechseln. Barbara Vetter, FüAk 53 Verwaltung Geschäftsbereich eingeführt, die es ermöglicht, Tabellendaten aus Excel oder Word mit geringstem Aufwand in Imperia zu übertragen. VERWALTUNG Verwaltung Informationen online stellen – Was Imperia-Redakteure für einen Internetbeitrag benötigen Aktuell, regional und informativ sollten Internetauftritte sein, um Zielgruppen dauerhaft online zu gewinnen. Vor allem die Fachabteilungen der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sind gefordert, Beiträge zu liefern, um Themen darzustellen, Termine zu veröffentlichen oder auf spezifische Angebote des Amtes aufmerksam zu machen. Die Imperia-Redakteure am Amt pflegen die Inhalte in das Redaktionssystem ein. Das richtige Format liefern • Textbeiträge als Word-Dokument an die Imperia-Redaktion vor Ort mailen; in Word nicht mit der automatischen Silbentrennung arbeiten, da Trennstriche in Imperia erscheinen. • Bei kurzen Veranstaltungshinweisen Info direkt in die Mail schreiben. • Bilder als jpg-, Grafiken als gif- oder png-Dateien im Anhang der E-Mail senden. Dateien allenfalls dann in Word- oder Power-Point-Dokumente einfügen, um zu zeigen, an welche Stelle die Abbildung gehört. • Bildunterschriften zu den Abbildungen, insbesondere wenn Personen zu sehen sind, liefern. Texte logisch aufbauen Die Kernbotschaft des Beitrags steht am Anfang: Leser muss in den ersten zwei bis drei Sätzen Mehrwert des Beitrags erkennen, sonst verlässt er die Seite. • • Beispiel Terminankündigung: Wann und wo findet die Veranstaltung statt? Was ist Thema? Warum ist das Thema wichtig? Beispiel Veranstaltungsrückblick: Was waren Kernaussagen der Veranstaltung? Nicht: Wer hat wen begrüßt oder welche Ehrengäste waren anwesend. Ein Fazit (drei bis fünf Sätze) bei ausführlichen Fach- oder wissenschaftlichen Beiträgen am Ende hilft dem Leser, der den Beitrag nicht ganz gelesen hat, den Kern zu erfassen. Textpassagen gliedern Leser überfliegen Texte im Internet häufiger als in Druckerzeugnissen. Es hilft: • • • • Absätze zu machen und diese mit Zwischenüberschriften zu versehen, Listen für Aufzählungen zu verwenden, Datenreihen in Tabellen zu erfassen, Bilder einzusetzen, um Texte zu illustrieren. Verwaltung Texte gliedern • Dachzeilen für die Einordnung des Themas (Rubrik, Meldungsanlass, Veranstaltungsdatum) • Das Wichtigste gehört in die Überschrift. Dabei gilt: Nicht mehr als sechs Worte, Verben benutzen, keine Abkürzungen, Fach- und Fremdworte Weiterführende Links in Maßen Klickt der Leser auf einen Link zu einem anderen Internetauftritt, verlässt er Ihren. Deshalb: • • Externe Links erst am Ende einer Seite platzieren. Keine Linksammlungen anbieten: Erfahrungsgemäß werden meist nur die ersten beiden angeklickt, zudem veralten Links schnell und führen mitunter ins Leere. Ansprechpartner bei Badarf Eine Kontaktperson für Rückfragen anzugeben ist kein Muss, ergänzt die Seite aber bei Themen, die neu sind (z. B. Wildlebensraumberater), bei denen es einen Berater am Amt gibt (Förster, LEADER-Manager, Gemeinschaftsverpflegung) oder bei denen mit vielen Rückfragen zu rechnen ist (Förderung). Ansprechpartner werden im Internet aus rechtlichen Gründen nicht mit der personalisierten E-Mail-Adresse veröffentlicht. Standardisiert erscheint die Poststelle; eine Funk tionsadresse wie ernaehrung@aelf-xy. bayern.de ist aber ebenfalls möglich. Rechtzeitig planen Häufig erscheinen Veranstaltungshinweise erst in der Woche vor dem Termin im Internet, zum Beispiel wenn die Anmeldezahlen noch nicht hoch genug sind. Das Internet ist in dem Fall kein Allheilmittel. Sobald ein Veranstaltungstermin steht, stellen Sie diesen ins Internet. Geben Sie den Nutzern gegebenenfalls Hinweise, wann Details folgen. Veröffentlichen Sie Nachberichte zeitnah, wenn die Veranstaltung den Teilnehmern noch präsent ist. Verweisen Sie bereits in der Veranstaltung darauf, dass Sie online über die Veranstaltung berichten werden. → Die Dachzeile erscheint in den Internetauftritten in grauer Schrift, die Überschrift in schwarz und in deutlich größerer Schrift. 54 Barbara Vetter, FüAk SUB 3/2016 Digitalisierung DIGITALISIERUNG Sicher zu Faktenwissen mit Reader, Quiz und Wissensrallye TU München Weihenstephan entwickelt neues Lehr- und Lernkonzept von MICHAEL SUDA, MARTINA BATZ, ALINA KASTEN und MICHAEL FOLGMANN: Fakten wissen spielt in allen Fachdisziplinen eine große Rolle und bildet die Grundlage für den fach lichen Austausch auf Augenhöhe. Hierzu zählt die Kenntnis wichtiger Kennzahlen und das Einschätzen-können von Größenordnungen, um Rückschlüsse auf wichtige Entwicklungen zu ziehen und diese zu bewerten. Die Vermittlung dieser Zahlen, Daten und Fakten stellt sowohl an Lehrende wie auch Lernende große Anforderungen: Die Relevanz dieses Wissens erschließt sich oft erst bei der praktischen Umsetzung. Hinzu kommt die florierende Ansicht, diese Infor mationen wären doch heute alle online frei abrufbar und müssten nicht mehr gelernt werden. Dabei zeugt es nicht von Kompetenz, wenn der Experte bei jeder zweiten Frage im Internet – in Quellen unterschiedlicher Qualität – recherchieren muss. Das interaktive Lehr- und Lern konzept Reader, Quiz und Wissensrallye des Lehrstuhls für Wald- und Umweltpolitik der TUM vermittelt „trockene“ Fakten und Informationen zur Forstpolitik auf humorvolle und abwechs lungsreiche Weise. Das Modell ist auf andere Lehr- und Lerngebiete übertragbar. „Es wirft kein gutes Bild auf die Universität und ihre Absolventen, wenn das Verständnis für gängige Begriffe oder Kennzahlen fehlt.“ Im forstwissenschaftlichen Bereich – unserem Lehr- und Forschungsgebiet – fehlt gegenwärtig eine aktuelle Zusammenstellung von Basisinformationen für Wissenschaft und Praxis. Die verfügbaren Informationen sind über viele Medien verteilt, teilweise widersprüchlich und vor allem nicht kompakt greifbar. Aufgrund der Reduktion der Kontaktstunden im Bereich der Forstpolitik muss die Auseinan- SUB 3/2016 dersetzung mit Begriffen und Kennzahlen im Selbststudium erfolgen. Der Schwerpunkt der Lehrveranstaltungen liegt auf dem Verständnis forst- und umweltpolitischer Zusammenhänge. Das Projekt Reader, Quiz und Wissensrallye ist in diesem Kontext entstanden. Es optimiert in drei Phasen das Selbststudium der Lernenden und führt nahtlos in die Präsenzphasen der Lehre über (siehe Abbildung 1). Als Grundlage für das Selbststudium dient der Reader, in dem die Lehrenden zentrales Faktenwissen sammeln, auf inhaltliche Konsistenz und Aktualität prüfen und in ansprechender Form zur Verfügung stellen. Im Quiz testen die Lernenden selbstständig ihr Faktenwissen. Anhand unterschiedlicher Fragenformate überprüfen sie online auf der zentralen Lernplattform ihre Begriffssicherheit sowie das fachliche Verständnis und erhalten unmittelbar ein automatisiertes Feedback. Die Wissensrallye führt in die Präsenzphase und in kollaboratives Lernen über. In einem Teamwettbewerb treten die Lernenden in Mannschaften gegeneinander an und festigen spielerisch das erlernte Faktenwissen. Reader – Broschüre Forstpolitik Die wohl anspruchsvollste Aufgabe für die Lehrenden bei der Zusammenstellung der wichtigsten Zahlen, Daten und Fakten der Broschüre Forstpolitik besteht in der didaktischen Reduktion. Bewährt hat sich ein dreistufiges Verfahren: 55 Digitalisierung Jeder, der in der Lehre tätig ist, kennt das Phänomen: Mit Hilfe von Zahlen, Tabellen und Abbildungen sollen die Lernenden in ein Fachgebiet eingeführt werden. Die Informationen liefern einen Überblick, um wichtige Aspekte und Entwicklungen des Fachgebiets einschätzen zu können. Neben der Schwierigkeit, die Informationsflut didaktisch zu reduzieren, besteht ein weiteres Problem darin, die jeweilige Relevanz darzustellen. Hier klafft eine Lücke zwischen der Einschätzung des Lehrenden und der Lernenden. Die Verankerung der Information in den Weltbildern der Schüler oder Studenten zählt dabei zu den größten Herausforderungen im Lehrbetrieb. Den Anstoß für das Projekt Reader, Quiz und Wissenrallye gaben Stimmen aus der forstlichen Praxis: Digitalisierung Digitalisierung →→ Absprache von Themenfeldern mit Vertretern der Praxis (Basisinformationen, zentrale Institutionen, wichtigste Rechtsgrundlagen, aktuelle Politikfelder): Wir haben uns hier von der Frage leiten lassen, was ein Absolvent, der in der Praxis einen kompetenten Eindruck vermitteln will, kennen sollte. →→ Zusammenstellung der wichtigsten Informationen: Die größte Herausforderung in diesem Zusammenhang war, wie mit widersprüchlichen Informationen umgegangen werden sollte. Messungen auf unterschiedlichen Niveaus, Einschätzungen von Experten oder auch Informationen ohne jeglichen Hintergrund stehen zur Verfügung. →→ Qualitätskontrolle der Broschüre durch → Abbildung 1: Reader, Quiz und Wissensrallye Vertreter der Praxis: Die Broschüre mit den zusammengestellten Informationen wurde erneut von Praktikern kommendie alle Lerngebiete umfassen. Durch die automatische Austiert und überarbeitet. wertung erhält der Lernende unmittelbar ein Ergebnis. Die Tests können beliebig oft wiederholt werden. Der Reader umfasst in der aktuellen Fassung 70 Seiten und Für die Lehrenden von besonderem Interesse ist die enthält zentrale Informationen über den Wald in Bayern, die Zusammenfassung der Testergebnisse, die zeigen, welche Waldbesitzarten, rechtliche Bestimmungen und die wich- Fragen wie oft richtig oder falsch beantwortet wurden. Datigsten Organisationen. durch erhalten wir kontinuierlich Informationen, an welchen Stellen der Reader überarbeitet werden sollte. Quiz – Überprüfung Faktenwissen Eine mögliche Erweiterung der Quiz-Komponente wäre Nach dem Selbststudium des Readers erfolgt über ein Quiz eine App-basierte Lösung, die sich noch stärker an mobilen die Überprüfung des Faktenwissens. Die Lernenden erhalten Nutzungsszenarien orientiert. Denkbar wäre auch eine Variim Quiz ein unmittelbares Feedback über ihren Lernstand ante von Just-in-time Teaching, bei der die Lernenden kurz und wiederholen gleichzeitig durch die Auseinanderset- vor der Präsenzsitzung per Push-Notification Fragen erhalzung mit den Inhalten den Stoff. ten, um inhaltlich auf die Lehrveranstaltung eingestimmt Das Quiz steht den Lernenden über die zentrale Lern- zu werden. plattform (TUM Moodle: Test) zur Verfügung. In klassischen Single- und Multiple-Choice Fragen muss sich der Lernende Wissensrallye – Teamwettbewerb für eine oder mehrere richtige Antworten entscheiden. Mit Die Wissensrallye ist ein Teamwettbewerb, der im Rahmen Hilfe von Freitextaufgaben oder numerischen Eingaben wird einer Präsenzsitzung stattfindet. Hierbei soll spielerisch eine die Begriffssicherheit und die Kenntnis fachspezifischer Grö- Festigung des Faktenwissens stattfinden und der inhaltliche ßenordnungen überprüft. Daneben ermöglichen Zuord- Austausch unter den Lernenden gefördert werden. nungsfragen Antworten mittels Drag&Drop-Technik, indem Der Aufbau der Wissensrallye ist ähnlich einer klassiz. B. vorgegebene Bezeichnungen auf einen bestimmten Be- schen Schnitzeljagd. Auf dem Campus Weihenstephan sind reich einer Grafik gezogen werden. In Lückentexten lassen zwölf Stationen mit Wissensfragen versteckt, die gefunden sich Zusammenhänge gut darstellen. In Puzzles können die und richtig beantwortet werden müssen. Kleingruppen mit Strukturen von Organisationen erfasst werden. Bei der Quiz- drei bis fünf Teilnehmer gehen auf die Suche nach den Stain-Video Variante betrachten die Lernenden ein Video, das tionen, die in sogenannten QR-Codes verpackt sind (siehe an vordefinierten Stellen stoppt und Fragen einblendet. Bild 1). Die Teilnehmer scannen diese QR-Codes mit ihren Die individuelle Lernzielkontrolle erfolgt sowohl nach Smartphones und erhalten auf diese Weise die Fragen und einzelnen Kapiteln als auch in der Form von Gesamttests, Weghinweise1). 1) Das Beispiel eines anderen Fachbereichs findet sich unter https://ipadtum.wordpress.com/2012/10/31/ipad-rally-neurodidaktik/ 56 SUB 3/2016 Digitalisierung → Bild 1: QR-Code Station – unauffällig und doch leicht zu finden → Bild 2: Gruppendynamische Prozesse beim Lernen von Faktenwissen nutzen Rückkoppelung Die Einschätzung des Formats durch die Studenten ergab ein sehr positives Echo. Vor allem der mit der Rallye verbundene Spaß wurde betont sowie die Abwechslung zu gewohnten Lehrformaten hervorgehoben. Auch der mit diesem Format verbundene Lernerfolg in den Gruppen fand mehrfache Erwähnung. Die Reaktionen der Studierenden zeigen, dass es mit dem didaktischen Format gelingen konnte, „trockene“ Fakten und Informationen zur Forstpolitik ansprechend zu ver- → Bild 3: Die glücklichen Sieger – Faktenwissen lernen kann auch Spaß machen SUB 3/2016 mitteln. Die Studenten empfanden das Format als humorvoll, abwechslungsreich, und es trug aus ihrer Perspektive zum Lernerfolg bei. Die Lernzielkontrolle im Rahmen der Prüfungsklausur zeigte einen sichereren Umgang mit den Basisinformationen über das Lehrgebiet. Bleibt zu hoffen, dass unser Verfahren auch zu einem tieferen Verständnis beiträgt und Spuren im Langzeitgedächtnis hinterlässt. Fazit und Ausblick Das Erstellen des Formats Reader, Quiz und Wissensrallye erforderte einen Zeitaufwand von insgesamt 300 Stunden. Die Anpassung für Folgesemester erforderte etwa 10 Stunden inklusive der Vorbereitung und Durchführung der Rallye. Das Format lässt sich auf alle Fächer übertragen, bei denen Faktenwissen vermittelt wird. PROF. DR. MICHAEL SUDA MARTINA BATZ ALINA KASTEN TUM, LEHRSTUHL FÜR WALD- UND UMWELTPOLITIK [email protected] [email protected] [email protected] MICHAEL FOLGMANN TUM, MEDIENZENTRUM [email protected] Digitalisierung Bei richtiger Beantwortung der Fragen erhält die Gruppe einen Hinweis zur Lage der nächsten Station. Bei falscher Beantwortung führt der Weg in eine Sackgasse, an deren Ende die richtige Antwort gegeben wird. Neben einer Fokussierung auf zentrale Elemente des Readers regt dieses Format gruppendynamische Prozesse an (siehe Bild 2 und 3). Der Wettbewerbscharakter entsteht durch eine Zeitbegrenzung zur Beantwortung der Fragen und der Auslobung von „Preisen“. 57 Digitalisierung DIGITALISIERUNG Fachrichtungsübergreifende Apps im Unterricht von PETER WEYMAN: Programme auf mobilen Endgeräten (= Apps auf Smartphones oder Tablets) haben im Alltag eine zunehmende Bedeutung. Für den Bildungsbereich gibt es Anwendungen, die den Lernprozess unabhängig vom Unterrichtsfach unterstützen: elektronische Karteikarten, QR-Codes, Vorlagen von Lernprogrammen, Kreuzworträtsel und Schlagwortwolken. Im Beitrag geht es um deren methodische Möglichkeiten und Einschränkungen im Unterricht an landwirtschaftlichen Fachschulen. Sie bieten viele Möglichkeiten für einen praxisnahen und abwechslungsreichen Unterricht. Manchmal bedarf es lediglich etwas Fantasie, diese Medien an geeigneter Stelle in der Schule einzusetzen. Digitalisierung Rahmenbedingungen für den Einsatz von Apps sind die Verfügbarkeit eines Smartphones oder Tablets sowie eine Internet-Verbindung. Die Mobiltelefone sollten als Betriebssystem Android (Samsung, HTC, Huawei und andere) oder iOs (Apple) haben. Bei Windows für Mobilgeräte ist die Auswahl der Anwendungen eingeschränkt. Die Installation von Apps erfordert Vorkenntnisse, die bei vielen Studierenden vorhanden sind. Lehrkräfte können Apps im Unterricht zulassen, ohne ein eigenes Mobilgerät zu besitzen oder die App zu kennen. Sie können Kraft ihrer Fachkenntnis die Ergebnisse der Apps beurteilen. Nur wenn Lehrkräfte die Anwendungen selbst installieren wollen, sollten sie sich mit der Vorgehensweise auseinandersetzen. Wichtig ist das Bewusstsein, dass bei der Nutzung von Apps persönliche Daten weiter gegeben werden. WLAN reglementieren? Ist der Einsatz von Apps im Unterricht gewünscht, liegt die Installation von WLAN in den Klassenzimmern nahe. Sonst wäre die Nutzung der Geräte nur für diejenigen möglich, die einen entsprechenden Mobilfunk-Vertrag haben und sich diesen auch leisten können und wollen. Bei Lehrkräften entsteht manchmal der Wunsch, die kostenfreie WLAN-Internetverbindung abzustellen. Das kann viele Studierende aber nicht von der Nutzung ihrer Handys abhalten. Das könnten möglicherweise Störsender (Handyblocker) gewährleisten. Diese überlagern die entsprechenden Funkfrequenzen, um die Datenübertragung oder den Gebrauch von Mobiltelefonen gezielt zu stören. Auch wenn die Anbieter solcher Geräte im Internet anderes behaupten: Die private Nutzung von Frequenzstörern ist in Deutschland eine Ordnungswidrigkeit und wird mit Geldbußen geahndet. Wer Störgeräte trotzdem einsetzt, verhindert damit auch lebensrettende Notrufe. Im Klassenzimmer sollte die Autorität der Lehrkraft in Verbindung mit einer geeigneten 58 Unterrichtsform für einen erwachsenengemäßen Umgang mit Mobilgeräten sorgen. Anki: Karteikarten auf dem Handy Das Lernen mit Karteikarten hat Tradition. Auf der Vorderseite der Karte steht die Frage, auf der Rückseite die Antwort. Schwierige Karten werden so oft in die Hand genommen, bis die Antwort gelernt ist. Es gibt Möglichkeiten, diese Lernmethode auf Mobilgeräte zu übertragen. Das Programm Anki wurde ursprünglich zum Erlernen von Fremdsprachen entwickelt. Durch eine individuell beeinflusste Wiederholfrequenz der Lernkarten werden Fakten schneller im Langzeitgedächtnis gespeichert. Ein Vorteil von Anki ist, dass Fragen und Antworten selber in Excel erstellt und als Karteikarten-„Deck“ in das Programm importiert werden können. Auch Bilder lassen sich einbauen. Das Programm läuft auf verschiedenen Betriebssystemen: Windows, Linux, Android, iOs (kostenpflichtig). Im Internet gibt es zahlreiche Informationsquellen zur Anwendung und Anpassung von Anki (siehe Infobox). Bei Anki können Excel-Dateien als Quelle für die Karteikarten verwendet werden. Das fördert den Lernprozess. Die Lerninhalte werden in Fragen und Antworten gegliedert. Ein Beispiel: Wie heißt der Erreger der Pflanzenkrankheit Feuerbrand? Bakterium Erwinia amylovora. Welche Pflanzenfamilie wird befallen? Rosaceae, besonders die Untergruppe der Kernobstgewächse. Der Verfasser hat Anki den Studierenden zum Lernen von Pflanzennamen angeboten. Auf die Frage „Botanischer Name vom Spitz-Ahorn“ erscheint „Acer platanoides“ als Antwort. Möglich ist auch SUB 3/2016 Digitalisierung Vielseitig einsetzbar: QR-Code Das gepixelte Quadrat steht für Quick Response (= „schnelle Antwort“). Es dient seit 1994 zum maschinellen Einlesen von Informationen. Seit der Verbreitung von Mobiltelefonen mit Internetzugang und hochwertigen Kameras steigt die Bedeutung vom QR-Code im Alltag. Nur bei Interesse scannen die Nutzer den QR-Code mit ihren Mobiltelefonen. Dann erhalten sie weitere Informationen. Diese können in ganz unterschiedlicher Form vorliegen: →→ Visitenkarten zum Abspeichern in den Kontakten des Mobiltelefons (Name, Email, Telefonnummer) →→ Aufruf von Internetadressen →→ Ortskoordinaten (Längen- und Breitengrad) →→ Text als Information, Frage oder Anweisung QR-Codes können auf vielen Internetseiten generiert und als Grafik verwendet werden (Empfehlulng des Verfassers siehe Infobox). Methodik und Einschränkungen beim QR-Code In QR-Codes hinterlegte Ortsdaten können bei einer virtuellen oder realen Schnitzeljagd eingesetzt werden. Mobilgeräte führen die Studierenden von Station zu Station. Dort erhalten sie zusätzliche Informationen oder Arbeitsaufträge. Auf Plakaten und Informationstafeln können Interessierte mit dem Mobilgerät weiterführende Internetseite aufrufen – ohne manuelle Eingabe der Adresse. Der Verfasser hat im Fach Pflanzenverwendung Zweige als Vorbereitung zur Meisterprüfung zur Bestimmung ins Klassenzimmer gebracht. Aus zeitlichen Gründen war es oft nicht möglich, die Studierenden während des Unterrichts zu den verschiede- SUB 3/2016 → QR-Codes können viele Informationen enthalten: Telefonnummern, Texte, Ortung nen Standorten zu führen. Mit einem aus Google Maps generierten QR-Code könnten die Studierenden den Standort der jeweiligen Pflanze selbst finden. Folgende Voraussetzungen müssen gegeben sein: →→ geeignete Mobilgeräte, →→ Installation von QR-Codes Lese-Programmen, →→ Netzempfang beim Aufruf von Internetseiten. Wichtig ist das Bewusstsein, dass die Nutzung der QR-Codes nicht frei von Risiken ist. Bei der Installation verlangen manche QR-Code-Leseprogramme Zugriffsrechte auf Daten, die über das notwendige Maß hinausgehen. Beim Erstellen des QR-Codes werden die Daten auf Servern gespeichert. Der Schutz der persönlichen Daten ist nicht überall gewährleistet. Die Inhalte der gelesenen Codes werden möglicherweise ausgewertet. Der Weg zur eigenen App: LearningApps Auf der Internetseite learningsApps.org können die Anwender kostenfrei Lernbausteine selbst erstellen oder vorhandene an die eigenen Bedürfnisse anpassen. Die Seite baut auf einem Forschungsprojekt der Pädagogischen Hochschule Bern, der Universität Mainz und anderen Beteiligten auf. Beim Lernprozess kann eine Vielzahl von Aufgabenformaten ausgewählt werden, zum Beispiel eine Version von „Wer wird Millionär?“. Oder es müssen Bilder und Texte richtig verknüpft werden. Das kann als Puzzle, Memory oder in Tabellenform geschehen. In der Rubrik Sequenz müssen zeitliche Abfolgen von Ereignissen bestimmt werden. Kreuzworträtsel bieten die Möglichkeit zum Training der Schreibfähigkeit der Lernenden. Methodik und Einschränkungen von LearningApps Die Apps können von Lehrkräften und Studierenden entwickelt werden. Sie sind denkbar als Unterrichtseinstieg, als Lernzielkontrolle oder Leistungsnachweis, wenn sie von Studierenden erstellt werden. In weniger als 30 Minuten ist eine vorhandene App an die eigenen Bedürfnisse angepasst. Dazu genügt ein Klick auf „ähnliche App erstellen“. Vorstellbar ist die Einrichtung eines LearningApp-Kontos für ein Semester. Das setzt Vertrauen in die Gruppe voraus, 59 Digitalisierung die bildliche Darstellung eines Blattes verbunden mit der Frage nach dem Namen der Pflanze. Karteikarten sind ungeeignet zur Vermittlung komplexer Sachverhalte. Sie sind beschränkt auf knappe Fragen mit eindeutigen kurzen Antworten. Beim Einsatz von Bildern sind die Urheberrechte zu beachten. Beim Erstellen der Lernkarten durch die Studierenden können sich Fehler einschleichen. Unter Umständen wird dann Falsches gelernt. Das spricht für den Zeitaufwand, die Lernkarten durch Lehrkräfte zu erstellen oder zu kontrollieren. Das Wiederholungsintervall von elektronischen Karteikarten ist abgestimmt auf die lernende Person. Der Zugang zum Lernkarten-Programm muss daher personenbezogen sein. Dies muss bei der Installation auf einem PC berücksichtigt werden. Einige Vertreiber von Karteikarten-Programmen – zum Beispiel brainyoo und phase 6 – möchten kostenpflichtige Lernkarten verkaufen. Der Import eigener Inhalte über eine Excel-Datei ist bei vielen Programmen nicht möglich. Bei Anki stößt man bei der Entwicklung komplexer Anwendungen an persönliche Grenzen – oder der Zeitaufwand ist nicht mehr vertretbar. Digitalisierung Digitalisierung da jedes Mitglied die Anwendungen verändern und auch löschen kann. Alternativ erstellen die Studierenden ihre LearningApps in eigenen Konten. Sie teilen den Lehrkräften dann den Zugang zur App über einen Link oder einen QR-Code mit. Zur Nutzung von LearningApps ist eine Internetverbindung erforderlich. Die Anwendungen sind nicht zum Ausdrucken vorgesehen. Sie können nicht als funktionsfähige Datei abgespeichert werden. Komplexe Apps benötigen einen größeren Bildschirm als es die meisten Mobiltelefone haben. Hier ist etwas Erfahrung nötig. → So stellt eine Schlagwortwolke diesen Beitrag dar: Je häufiger, desto größer ist das Wort Kreuzworträtsel im Unterricht Kreuzworträtsel als Buchstabenrätsel gibt es in vielen Varianten. Hier geht es um die einfache Form, bei der eine Zahl in einem Feld auf eine aufgelistete Frage verweist. Geschwärzte Blindfelder grenzen die Anzahl der gesuchten Buchstaben ein. Je nach Fragenliste werden die gesuchten Wörter senkrecht oder waagrecht eingetragen. Diese Form wird auch „Deutsches Kreuzworträtsel“ genannt. Sie kann lernunterstützend eingesetzt werden, wenn es um die richtige Schreibweise von Fachbegriffen geht. Je häufiger sich die Wörter kreuzen, desto stärker ist die Kontrolle der richtigen Schreibweise. Der Verfasser setzt Kreuzworträtsel seit 2007 zur Vermittlung von Pflanzenkenntnissen ein. Vordergründig geht es um die richtige Schreibweise botanischer Namen. In Fragen können aber auch Informationen verpackt sein, die zusätzlich vermittelt werden. Variante 1 reduziert auf die Frage nach Taxus: Botanischer Name der Eibe (fünf Buchstaben). Variante 2 in einem Giftpflanzen-Rätsel: Botanischer Name der Eibe (fünf Buchstaben) – Der Samenmantel ist ungiftig. Sonst sind alle Teile giftig, auch für Pferde und Rinder. Kreuzworträtsel werden von vielen Studierenden als geistige Herausforderung gesehen und angenommen (Programm siehe Infobox). Das Programm Hot Potatoes wurde für den Einsatz an Schulen entwickelt und ist seit 2009 kostenfrei erhältlich. Die Komponente JCross generiert Rätsel aus Lösungsworten und Fragen. Wer sich fachlich auskennt, kann mit dem Programm Kreuzworträtsel mit zehn bis fünfzehn Fragen in 30 bis 45 Minuten erstellen. Das Erstellen und Lösen der Kreuzworträtsel funktioniert ohne Internetverbindung. Ausdrucke der Rätsel sind möglich und steigern die Einsatzmöglichkeiten. Hinweise und Einschränkungen Optimal sind Begriffe mit maximal 10 Buchstaben. Das sorgt für eine große Wortdichte, erfordert aber Kreativität bei der 60 Formulierung der Fragen. Wie bei Kreuzworträtsel üblich müssen Umlaute umschrieben werden (oe statt ö). Leerund Sonderzeichen sind nicht zulässig. Hot Potatoes läuft auch auf Apple, Linus und Windows 7. Die Installation erfordert Administratorenrechte. Bei der Erstanwendung ist etwas Zeit erforderlich, um die Sprache und Ausgabe der Hinweistexte zu konfigurieren. Das Programm ist jedoch weitgehend selbsterklärend. Am Design der Bedienungsoberfläche zum Entwickeln der Rätsel merkt man, dass es das Programm schon lange gibt. Die Rätsel selbst lassen sich gestalterisch anpassen. Wichtig: Beim Ausdruck muss im Browser der Druck der Hintergrundfarben aktiviert werden. Das ist im Browser-Menü Datei + Seite einrichten mit einem Mausklick erledigt. Sonst bleiben die schwarzen Blindfelder weiß. Schlagwortwolken – Wordclouds In einer Schlagwortwolke bekommen flächig dargestellte Begriffe durch unterschiedliche Schriftgrößen eine eigene Gewichtung. Es gibt verschiedene Vorgehensweisen: →→ Eingabe von Texten aus Dateien (markieren, kopieren, einfügen) →→ Manuelle Eingabe (Hervorheben durch Wortwiederholung) Eine Analyse von Internetseiten ist auch möglich. Nach der Eingabe der www-Adresse stellt eine Wortwolke die Häufigkeit der verwendeten Wörter dar. Interessant: Bei wordle. net hält die Tilde ~ Wörter als Bestandteile von Sätzen zusammen. Zum Erstellen von Wortwolken gibt es Internetseiten. Jonathan Feinberg, Besitzer der englischsprachigen Seite www.wordle.net, hat 2005 einen Algorithmus zum automatischen Erstellen der Wortwolken entwickelt. Die Wortwolken können ohne Anmeldung kostenfrei erstellt und als Grafik heruntergeladen werden. Bei wordle.net muss eine aktuelle Version der Programmiersprache Java im Browser SUB 3/2016 Digitalisierung aktiviert sein. Das verursacht bei der Nutzung im Behördennetz manchmal technische Probleme. Oft hilft ein Test verschiedener Browser – z. B. Internet Explorer 64 bit Version oder Mozilla Firefox. Inzwischen gibt es zahlreiche Alternativen zu wordle.net. Der Verfasser hat gute Erfahrungen mit www.wortwolken.com gesammelt. Schlagwortwolken im Unterricht Lehrkräfte nannten in den „App bis Web“-Seminaren folgende Möglichkeiten zum Einsatz von Wortwolken im Unterricht: →→ Reduktion von Texten, →→ Aktivierung von Vorwissen, →→ vorstellen der Inhalte eines neuen Unterrichtsfachs, →→ Zusammenfassung mehrerer themengleicher Gruppenarbeiten, →→ vorstellen von Empfehlungen der Studierenden bei einer Betriebsanalyse und →→ herstellen von Beziehungen zwischen verschiedenen Begriffen eines Themas. Literatur https://de.wikipedia.org/wiki/Kreuzwortr%C3 ProzentA4tsel, Stand 21. November 2015 https://de.wikipedia.org/wiki/Schlagwortwolke http://www.mrfeinberg.com/ Infobox: Informationen zu den einzelnen Anwendungen Anki: Karteikarten auf dem Handy Grundlagen: https://de.wikipedia.org/wiki/Anki Programm zur Installation: http://ankisrs.net/ Kartenstapel zum Teilen: https://ankiweb.net/shared/decks/ Weitere Informationen: https://wiki.ubuntuusers.de/Anki QR-Code Beispiel für die Erzeugung und Hintergrundinformation: www.goqr.me/de/. LearningApps Hinweise und Quellen: www.learningapps.org https://prezi.com/fowkoo6gqrvj/learningappsorg/ Kreuzworträtsel Das Programm zum Herunterladen: www.hotpotatoes.de Rätselbeispiele: www.fachschule-gartenbau.de/kreuzwort.htm WordClouds Programmbeispiele: www.wordle.net oder www.wortwolken.com http://www.lehrer-online.de/wordle.php http://blog.goethe.de/majstersztyk/archives/6-Wortwolken-mit-Wordle-schnell-und-einfach-erstellen.html PETER WEYMAN STAATLICHE FÜHRUNGSAKADEMIE FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN [email protected] Die über den Rahmenvertrag des Geschäftsbereichs des StMELF zu beziehenden Kopierer können auch als Scanner genutzt werden, sofern das Amt dies einrichten hat lassen. Sie sind mit OCR (Optical Character Recognition) zur Texterkennung ausgestattet. Somit können die gescannten Dokumente, z. B. mit dem Explorer, nach Inhalten durchsucht werden. Wie Dokumente gescannt werden können, ist in der Anleitung des Kopierers beschrieben. SUB 3/2016 Kurzanleitung: Sich anmelden – auf Scannen gehen – auswählen, wohin das Dokument gesendet werden soll – Dateiart festlegen – Duplex einstellen, wenn es ein doppelseitig bedrucktes Dokument zum Scannen ist (im Display unter Scan auf Simplex drücken, dann wird auf Duplex umgestellt). In den meisten Fällen gibt es Sinn, das Dokument als PDF zu scannen und sich als Dokument entweder per E-Mail zusenden zu lassen oder es auf dem Laufwerk T: unter scan und dem Namenskürzel abzuspeichern. Handelt es sich um ein Dokument, das von mehreren Personen benötigt wird, bietet sich das Speichern auf ein für diese Personen zugängliches Verzeichnis an. Damit sparen wir nicht nur Speicherplatz, es entstehen auch keine Dubletten, die verwaltet und auf ihre Aktualität hin geprüft werden müssen. Versenden Sie deshalb das Dokument nicht als Anhang in einer E-Mail an Ihre Kolleginnen und Kollegen, sondern nur den Link auf das Dokument. Damit dieses aus der E-Mail heraus direkt aufgerufen werden kann, setzen Sie File:// vor den Pfadnamen. Dr. Horst Neuhauser, FüAk 61 Digitalisierung Gewusst wie: Digitalisieren von Dokumenten – OCR bei Kopierern nutzen DIGITALISIERUNG Digitalisierung Gewusst wie: Einfaches Einbinden von Organisationseinheiten im Outlook-Kalender 2 Den Kalender eines einzelnen Mitarbeiters oder Kollegen kann man in Outlook 2010 sehr bequem über das Symbol „Kalender öffnen – Aus Adressbuch...“ einbinden. Oft ist es aber nötig eine ganze Organisationseinheit, z. B. ein Sachgebiet, einzusehen. Viele bauen sich fälschlicherweise eine eigene Struktur mit einzelnen freigegebenen Kalendern und müssen diese dann im Nachhinein selbst pflegen und aktualisieren. Dies ist leider sowohl fehleranfällig, als auch sehr zeit- und arbeitszeitaufwändig. Wer eine komplette Organisationseinheit in einem Schritt hinzuzufügt, muss sich quasi nie wieder darum kümmern: Wenn ein neuer Mitarbeiter hinzukommt oder ausscheidet, passt sich der Kalender automatisch an. Technisch gesehen werden mit einer Veränderung der Verteilergruppen auf dem Exchange-Server auch diese lokalen Kalender neu synchronisiert. Um ganze Sachgebiete bzw. E-MailVerteilergruppen einzubinden, gehen Sie folgendermaßen vor: 1 Schritt: Globale Adressliste öffnen 1. Öffnen Sie unter „Kalender öffnen – Aus Adressbuch ...“ die „Globale Adressliste“. 1 4 2 Schritt: Verteilergruppe auswählen 2. Scrollen Sie zu den Verteilergruppen, mit denen Sie alle Mitglieder des gewünschten Sachgebiets per E-Mail anschreiben würden. Klicken Sie die Einheit per Doppelklick an und bestätigen Sie die Auswahl mit OK. 3 Schritt: In die gewünschte 3. Reihenfolge bringen Sind die Sachgebiete nach dem Einbinden meist etwas durcheinander gewürfelt, können sie per Drag & Drop in die gewün schte Reihenfolge gebracht werden. 3 Digitalisierung Mit Anklicken der Organisationseinheit erscheinen die einzelnen Personen. 4 Das Prinzip gilt nicht nur für Sachgebiete, sondern für jegliche E-Mail-Verteilergruppe, die nur eine Ebene hat. Das heißt, unser aller Herrgott Bill Gates hat es in Outlook 2010 leider noch nicht vorgesehen auch verschachtelte Verteilergruppen mit mehreren Ebenen darzustellen. Die Mitarbeiter einer ganzen Abteilung hinzuzufügen, funktioniert also leider nicht. Es sei außerdem noch erwähnt, dass einzelne User innerhalb der angezeigten Listen nicht gelöscht werden können. Viel Spaß beim korrekten Einbinden … FüAk 62 SUB 3/2016 © pressmaster – Fotolia.com Wenn man lange genug in sein Smartphone blickt, dann blickt das Smartphone entsprechend tief in einen zurück. (Frank Schirrmacher) IMPRESSUM Herausgeber: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ISSN: 0941-360X Internet: www.stmelf.bayern.de/SuB Abonnentenservice: Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Porschestraße 5 a, 84030 Landshut, Telefon +49 871 9522-371, Fax +49 871 9522-399 Kontakt: Schriftleitung: Angelika Spitzer Porschestraße 5 a, 84030 Landshut, Telefon +49 871 9522-394, Fax +49 871 9522-399 [email protected] Die in „Schule und Beratung“ namentlich gekennzeichneten Beiträge geben die Auffassung des Autors wieder. Eine Überprüfung auf fachliche Richtigkeit ist nicht erfolgt. Redaktionsschluss für Heft 6-7/2016: 1. Mai 2016 Titelbild: Löwenzahnblüte, Jutta Kotzi, LfL
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