Aktuelle Ausgabe - PKF Deutschland

Wirtschaftsprüfung &
Beratung
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Editorial
Inhalt
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
aufgrund der Fülle aktueller Entwicklungen,
Gesetzesänderungen und Rechtsprechung
erscheint die Mai-Ausgabe mit vier Seiten mehr
als üblich. Den Auftakt bilden die PanamaPapers: Anfang April wurden vertrauliche Daten
eines panamaischen Offshore-Dienstleisters
bekannt, die eine öffentliche Debatte über Briefkastenfirmen, Steueroasen und Steuermoral
ausgelöst haben. Seitdem scheinen ausländische Kapitalgesellschaften gebrandmarkt. Im
„Brennpunkt“ stellen wir in diesem Zusammenhang die Spielregeln des deutschen Steuerrechts dar.
Der erste Beitrag in der Rubrik „Steuern“ beinhaltet für Betroffene u. U. viel grunderwerbsteuerlichen Sprengstoff. Mit zwei weiteren
Beiträgen bringen wir Sie wie gewohnt „upto-date“ im Steuerrecht. Auch ohne Datenleck dürfte mit einem neuen Gesetz, das
unter dem wenig lesefreundlichen Kürzel
„FKAustG“ herausgegeben wurde, das Ende
von unversteuerten Geldern gekommen sein.
Wir berichten unter „Recht“ zum nun gesetzlich verankerten multinationalen Austausch
von Informationen über Finanzkonten; es folgen drei Themen aus dem Arbeitsrecht. Unter
„Rechnungslegung“ informieren wir über die
DRS-Änderungen als Konsequenz aus dem
BilRUG und über Vorgaben für die Abschlussprüfung im Insolvenzverfahren. Unter „Corporate Finance“ erfahren Sie, warum ein gut
geplanter und eindeutig formulierter Letter of
Intent bei Unternehmenstransaktionen wichtig
ist. Der zweite Beitrag in dieser Rubrik besteht
in der Fortsetzung des April-Brennpunkts zur
Strategieberatung durch den Steuerberater.
Schwerpunkte sind hier die Erarbeitung und
die Umsetzung einer Unternehmensstrategie.
Ihr PKF Team
BRENNPUNKT
» Ausländische Kapitalgesellschaften nicht nur in Panama:
Fallstricke vermeiden!
STEUERN
» § 6a GrEStG – unzulässige staatliche Beihilfe?
» Rechnungsformat für elektronische Rechnungen: ZUGFeRD
» Steuerbefreiung für Arbeitgeberleistungen zur Gesundheitsförderung
RECHT
» Erweiterter zwischenstaatlicher Informationsaustausch durch
das FinanzkontenInformationsaustauschgesetz (FKAustG)
» Einseitige Herabsetzung der Vorstandsbezüge bei Insolvenz
der Gesellschaft
» Anrechnung von Sonderzahlungen auf Mindestlohn
» Beendigung des Arbeitsverhältnisses: Fax reicht nicht!
RECHNUNGSLEGUNG
» Bilanzrecht: Änderung der DRS infolge des BilRUG (DRÄS 6)
» Abschlussprüfung im Insolvenzverfahren: Bestellung und
Abberufung des Prüfers
CORPORATE FINANCE
» Absichtserklärungen beim Unternehmenskauf – Ziele, Inhalte
und ausgewählte Praxishinweise
» Leitfaden zur Strategieberatung durch den Steuerberater – Teil 2:
Erarbeitung und Umsetzung der Unternehmensstrategie
[
BRENNPUNKT
]
Ausländische Kapitalgesellschaften nicht nur in Panama:
Fallstricke vermeiden!
Der Begriff „Panama Papers“ wird häufig als Synonym
für die Steuerverkürzung mittels ausländischer Kapitalgesellschaften verstanden. Im Vergleich zur Gesamtzahl ist der Anteil ausländischer Kapitalgesellschaften,
die tatsächlich steuerverkürzend eingesetzt werden,
aber vergleichsweise gering. Grundsätzlich sind ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Steuerrecht als eigene – ausländische – Steuersubjekte anerkannt: Sie werden im Inland nur mit ihren deutschen
Einkünften (beschränkte Steuerpflicht) und getrennt
von ihren Anteilseignern (Abschirmwirkung) besteuert.
Nicht aus Deutschland stammende Einkünfte der
Kapitalgesellschaft unterliegen daher in Deutschland
prinzipiell weder auf Ebene der ausländischen Kapitalgesellschaft noch auf Ebene des deutschen Anteilseigners der Besteuerung. Wichtige Ausnahmen von diesem Grundsatz stellen wir Ihnen nachfolgend vor.
I. Inländischer Ort der Geschäftsleitung
Eine Kapitalgesellschaft unterliegt trotz ihres ausländischen Sitzes mit ihren weltweiten Einkünften der
deutschen Körperschaftsteuer (sog. unbeschränkte
Körperschaftsteuerpflicht), wenn die wesentlichen Entscheidungen ihres Tagesgeschäfts durch eine Geschäftsführung im Inland getroffen werden.
werden die daraus zufließenden Einkünfte bei diesem
Steuerinländer erfasst und in Deutschland besteuert.
Ebenso werden im Fall von Treuhandverhältnissen das
Treuvermögen und die daraus stammenden Einkünfte
dem Treugeber zugerechnet.
Beispiel: Eine ausländische Kapitalgesellschaft ist
Eigentümerin brasilianischer Aktien, hält die Aktien allerdings nur treuhänderisch für ihren deutschen Gesellschafter. Der deutsche Gesellschafter hat die Dividenden
in Deutschland zu versteuern.
III. Unwirksame Geschäfte und Scheingeschäfte
Steuerlich wirksam ist ein Geschäft, soweit die Beteiligten ein bestimmtes wirtschaftliches Ergebnis erreichen
wollten. Auf die zivilrechtliche Wirksamkeit kommt es
nicht an. Umgekehrt sind Scheingeschäfte steuerlich
unbeachtlich, wenn die Vertragsparteien das Erklärte
nicht wollten.
Beispiel: Ein deutscher Gesellschafter schließt mit
seiner ausländischen Kapitalgesellschaft einen schriftlichen Kaufvertrag ab, nach welchem er seine brasilianischen Aktien an diese Kapitalgesellschaft verkauft.
Tatsächlich besteht aber Einigkeit, dass der Vertrag nicht
gelten soll und der Gesellschafter die Aktien behält: Dann
ist das Scheingeschäft steuerlich unbeachtlich. Der
Beispiel: Der Geschäftsführer einer ausländischen Kapitalgesellschaft hält sich stets
in Deutschland auf und leitet von hier aus die
Gesellschaft. Die Kapitalgesellschaft ist mit
ihrem weltweiten Einkommen in Deutschland
steuerpflichtig.
II. Wirtschaftliches Eigentum und Treuhandverhältnisse
Die Abschirmwirkung gilt nicht für alle Einkünfte
aus Vermögen, das zivilrechtlich der ausländischen Kapitalgesellschaft gehört. Steht etwa
das Vermögen der Kapitalgesellschaft im wirtschaftlichen Eigentum eines Steuerinländers,
2 | PKF Nachrichten | Mai 2016
Oh wie schön war Panama! Oder: Briefkastenfirmen vor dem Aus!
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Gesellschafter realisiert keinen Veräußerungsgewinn/
-verlust. Die Aktien sind ihm weiterhin zuzurechnen und
die daraus zufließenden Einkünfte von ihm zu versteuern.
IV. Rechtsmissbrauch (Briefkastengesellschaften)
Empfehlung: Wenn Anteile an ausländischen Kapitalgesellschaften gehalten werden, ist eine intensive steuerliche Beratung zu empfehlen. Kenntnisse über solche
Strukturen erlangt die deutsche Finanzverwaltung nicht
nur aus Mitteilungen der Steuerpflichtigen selbst (Steuerinländer müssen etwa den Erwerb von mindestens 10 %
an ausländischen Kapitalgesellschaften melden), sondern
auch aus dem zunehmenden internationalen Informationsaustausch.
Zur Bekämpfung von Steuerumgehungen werden
bestimmte rechtliche Gestaltungen nicht anerkannt,
wenn dadurch ein gesetzlich nicht vorgesehener Steuervorteil entsteht. Diese Regelung wird vor allem auf funktionslose ausländische Briefkastengesellschaften ohne
ein Mindestmaß an sachlicher und personeller Ausstattung und mit einem Mehrfachgeschäftsführer im niedrig besteuernden Ausland angewendet. Sofern nicht im
Einzelfall beachtliche außersteuerliche Gründe vorliegen
(z. B. wenn der Inländer ernsthaft die Verlegung seines
Wohnsitzes in diesen Staat beabsichtigt), wird die Auslandsgesellschaft für deutsche steuerliche Zwecke
negiert und der Gesellschafter muss die Einkünfte der
Kapitalgesellschaft als eigene Einkünfte versteuern.
[
Beispiel: Ein Steuerinländer ist Alleingesellschafter
einer Briefkastengesellschaft in einer Steueroase. Diese
Gesellschaft erwirbt brasilianische Aktien und erzielt
daraus Dividenden. Beachtliche außersteuerliche Gründe
für die Einschaltung der Briefkastengesellschaft liegen
nicht vor. In diesem Fall muss der deutsche Gesellschafter die Dividenden in Deutschland versteuern, auch wenn
ihm diese (noch) nicht zugeflossen sind.
Sachverhalt: Bestimmte Umwandlungsvorgänge innerhalb eines Konzerns sind von der Grunderwerbsteuer
befreit. Diese Befreiung ist derzeit Gegenstand mehrerer
Revisionsverfahren beim BFH, in welchen zu klären ist,
ob es sich hierbei um eine unzulässige staatliche Beihilfe
handelt.
V. Hinzurechnungsbesteuerung
Selbst wenn die bisher erwähnten Fallstricke vermieden
werden, kann es über die sog. Hinzurechnungsbesteuerung zu einer deutschen Besteuerung von im Ausland
nicht oder niedrig besteuerten Gewinnen einer Auslandskapitalgesellschaft bei ihren deutschen Gesellschaftern
kommen. Diese Besteuerung greift dann, wenn ein oder
mehrere unbeschränkt Steuerpflichtige an der ausländischen Kapitalgesellschaft zu mehr als 50 % beteiligt
sind und die Auslandsgesellschaft bestimmte („passive“)
Einkünfte erzielt; im Fall von Einkünften mit Kapitalanlagecharakter reicht bereits eine Beteiligung von 1%. Eine
Niedrigbesteuerung wird bei einer Steuerquote von unter
25 % angenommen. Bei jedem inländischen Gesellschafter sind dann die auf ihn entfallenden, nicht bzw. niedrig
besteuerten passiven Einkünfte der Auslandsgesellschaft
als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu besteuern. Auch
hier kommt es nicht darauf an, dass dem Steuerinländer
die Einnahmen tatsächlich zugeflossen sind.
STEUERN
]
§ 6a GrEStG – unzulässige staatliche
Beihilfe?
Für wen: (Konzern-)Unternehmen, die für Umstrukturierungen die grunderwerbsteuerliche Konzernklausel
(§ 6a GrEStG) nutzen möchten oder genutzt haben.
Nach Art. 107 des Vertrags über die Arbeitsweise der
Europäischen Union (AEUV) sind Beihilfen aus staatlichen Mitteln nicht zulässig, wenn lediglich bestimmte
Unternehmen begünstigt werden und eine Wettbewerbsverfälschung bzw. eine Beeinträchtigung des Handels
vorliegt. Daher muss eine Beihilfemaßnahme vor ihrer
Einführung zunächst durch die EU-Kommission genehmigt werden. Unterbleibt eine solche Prüfung und wird die
Unvereinbarkeit mit EU-Recht nachträglich festgestellt,
muss der Mitgliedstaat die gewährte Beihilfe (inkl. Zinsen)
zurückfordern.
Entsprechend hat der BFH das Bundesfinanzministerium
aufgefordert, den anhängigen Verfahren beizutreten und
darzulegen, ob § 6a GrEStG durch die EU-Kommission
geprüft wurde. Sollte dies nicht der Fall sein und § 6a
GrEStG sich tatsächlich als unzulässig erweisen, droht
den Steuerpflichtigen – unabhängig von einer etwaigen
verbindlichen Auskunft oder eines festsetzungsverjährten
Bescheids – eine nachträgliche Erhebung der Grunderwerbsteuer (inkl. Zinsen).
PKF Nachrichten | Mai 2016 | 3
Nachrichten
Empfehlung: Angesichts der durch den BFH neu aufgeworfenen Fragestellung und der ohnehin unsicheren
Rechtslage rund um § 6a GrEStG sollte ein Rückgriff auf
diese Norm möglichst vermieden werden. Bei der Erarbeitung alternativer Strategien unterstützt Sie Ihr PKFBerater gerne.
Mehr zum Thema: Die Beschlüsse des BFH (Az.:
II R 50/13; 36/14; 62/14; 63/14) sind im Internet unter
www.bundesfinanzhof.de einsehbar. Zudem kann der
AEUV unter http://eur-lex.europa.eu/ aufgerufen werden.
Rechnungsformat für elektronische
Rechnungen: ZUGFeRD
Für wen: Alle Unternehmen, insbesondere kleine und
mittlere Unternehmen.
Sachverhalt: Das Forum elektronische Rechnung
Deutschland (FeRD) hat unter Zusammenarbeit mit
Verbänden, Ministerien und Unternehmen ein gemeinsames übergreifendes Format für elektronische Rechnungen erarbeitet. Ziel des sog. ZUGFeRD-Formats
(Zentraler User Guide des Forums elektronische Rechnung Deutschland) ist es, Geschäftsabläufe zu optimieren und Kosten einzusparen. Geschäftsbeziehungen
zwischen Unternehmen und Behörden sollen vereinfacht und die Buchung von Geschäftsvorfällen vollständig automatisiert werden. Dabei wurden internationale
Standards beachtet, so dass das Datenformat auch im
grenzüberschreitenden Rechnungsverkehr eingesetzt
werden kann.
Die Rechnungen werden im PDF-Format verschickt.
Zusätzlich wird eine standardisierte XML-Struktur übertragen, die in die PDF-Datei integriert ist. Optisch ist die
Rechnung dadurch nicht von einer gewöhnlichen PDFRechnung zu unterscheiden. Bei der Verarbeitung der
ZUGFeRD-Rechnung werden die XML-Daten jedoch
ausgelesen und beispielsweise in den Zahlungsträger,
die Buchungszeile usw. übernommen. Damit bietet ZUGFeRD folgende Vorteile:
elektronischer Rechnungsversand ohne Absprache
des Formats zwischen den Rechnungsparteien;
automatisierte und verschlankte Zahlungsvorgänge, da
manuelle Datenübernahme und mögliche fehlerhafte
Erfassung entfallen;
automatische und vereinfachte Verbuchung von Rechnungen im Buchhaltungsprogramm.
4 | PKF Nachrichten | Mai 2016
Je mehr Unternehmen das kostenlose Angebot nutzen
und je mehr Softwareanbieter das ZUGFeRD-Format
unterstützen, umso schneller können darauf gestützte
elektronische Prozesse im Rechnungswesen kostensparend umgesetzt werden.
Empfehlung: Das FeRD bietet ab sofort allen Interessenten die ZUGFeRD-Spezifikation in der finalen Version 1.0 an. Dazu stellt es ein Infopaket zur Verfügung, in
dem die relevanten Dokumente zusammengefasst sind.
Das Infopaket enthält das Datenmodell, das Schema als
Strukturdiagramm, eine alphabetische Liste der Elemente
und die von ZUGFeRD definierten Code-Listen.
Mehr zum Thema: Das Infopaket sowie weitere
Informationen zum neuen ZUGFeRD-Datenformat sind
abrufbar unter www.ferd-net.de.
Steuerbefreiung für Arbeitgeberleistungen zur
Gesundheitsförderung
Für wen: Arbeitgeber, die gesundheitsfördernde Maßnahmen ihrer Arbeitnehmer bezuschussen.
Sachverhalt: Leistungen des Arbeitgebers zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands und
der Gesundheitsförderung seiner Arbeitnehmer können
lohnsteuerfrei sein. Die Steuerfreiheit ist an einige Voraussetzungen geknüpft: So ist u. a. die Höhe der steuerfreien
Zuschüsse für die gesundheitsfördernden Maßnahmen
auf 500 € im Jahr beschränkt. Die Leistung muss zudem
speziell zur Verhinderung bzw. Verminderung von Krankheitsrisiken dienen.
Seit Juli 2015 werden detaillierte Anforderungen an solche Präventionsangebote gestellt und ein Zertifizierungsverfahren vorausgesetzt. Dadurch entfallen zusätzliche
aufwendige Nachweisanforderungen an den Arbeitgeber, da die zertifizierten Angebote vom Finanzamt ohne
Einzelfallprüfung anerkannt werden.
Nach einem Urteil des Finanzgerichts Bremen vom
11.2.2016 müssen die Maßnahmen jedoch nicht zwingend von einem zertifizierten Anbieter durchgeführt werden. Es muss sich lediglich um eine Fachkraft mit Bezug
zu Gesundheit und Prävention handeln. Auch ein Physiotherapeut, ein Heilpraktiker oder ein qualifizierter Fitnesstrainer können somit gesundheitsfördernde Leistungen
anbieten. Demnach können zukünftig Maßnahmen wie
z. B. Gymnastikkurse, physiotherapeutische Leistungen,
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Personal-Training oder Massagen lohnsteuerfrei bezuschusst werden. Für nicht zertifizierte Angebote sind allerdings detaillierte Nachweispflichten zu beachten.
Empfehlung: Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitern
steuerfreie Zuschüsse zu Gesundheitsmaßnahmen
gewähren, sollten intern hierfür klare Richtlinien aufstellen. Ein zertifiziertes Angebot kann von den Arbeitnehmern ohne weiteres wahrgenommen werden. Bei
anderen Leistungen sollte der Mitarbeiter dem Arbeitgeber die entsprechenden Nachweise zur Verfügung
stellen, damit der Zuschuss lohnsteuerfrei erfolgen kann.
Zu beachten ist zudem, dass Wellness- und ähnliche
Angebote nicht steuerfrei bezuschusst werden können,
sondern mit einem pauschalen Lohnsteuersatz von 30 %
(zzgl. SolZ und KiSt) belegt sind.
Mehr zum Thema: Das bislang nicht veröffentlichte
Urteil des FG Bremen (Az.: 1 K 80/15-5) erhalten Sie auf
Anforderung gern von Ihrem PKF-Berater.
[
RECHT
]
Erweiterter zwischenstaatlicher Informationsaustausch durch das FinanzkontenInformationsaustauschgesetz (FKAustG)
Für wen: Steuerpflichtige mit Finanzkonten / Bankverbindungen im Ausland.
Sachverhalt: Seit dem 1.1.2016
ist das FinanzkontenInformationsaustauschgesetz (FKAustG) in Kraft. Durch
die neuen Regelungen steht Deutschland nach aktuellem Stand ab 2017 mit
52, ab 2018 sogar mit mindestens 73
Staaten (darunter auch „Steueroasen“)
in einem automatischen Auskunftsverkehr. Mit dem FKAustG werden die
deutschen Finanzinstitute verpflichtet,
einmal jährlich wertbezogene Informationen sowie Informationen zur Identifizierung der Kontoinhaber an das
Bundeszentralamt für Steuern (BZSt)
in Bonn weiterzuleiten. Dieses wird
zudem die Meldungen aus den anderen Staaten empfangen.
Die Meldung erfolgt auf elektronischem Wege jeweils
bis zum 31.7. des Folgejahres. Der erstmalige Datenaustausch für das Steuerjahr 2016 muss somit bis
zum 30.7.2017 abgeschlossen sein. Neben personenbezogenen Stammdaten werden auch Daten bezüglich
Zinsen, Dividenden, Guthaben auf Konten, Einnahmen
aus bestimmten Versicherungsverträgen sowie Erlösen
aus der Veräußerung von Finanzvermögen erhoben. Hat
ein Konto einen hohen Wert (ab 1 Mio. USD, für Konten
von Rechtsträgern ab 250.000 USD), gelten besondere Sorgfalts- und Überprüfungspflichten. Nach § 12
FKAustG müssen dann sogar die Daten der letzten fünf
Jahre rückwirkend überprüft werden.
Um notwendige Informationen zu erhalten, wenden sich
die Finanzinstitute u. a. unmittelbar an ihre Kunden. Diese
werden aufgefordert, ihre persönlichen Daten in der sog.
„Selbstauskunft zur Feststellung der steuerlichen Ansässigkeit“ anzugeben. Bei Unsicherheiten in Bezug auf die
steuerliche Ansässigkeit ist eine Rücksprache mit dem
Steuerberater ratsam.
Für die Kontoinhaber kann sich durch das neue System
aus den übermittelten Daten ein Datenschutz-Risiko
ergeben. Die Bundesregierung will aber laut einer Pressemitteilung des BMF sicherstellen, dass bei dem Austausch der Daten höchste Datenschutzanforderungen
eingehalten werden. Dafür hat Deutschland eine besondere Datenschutzklausel bei der OECD hinterlegt, die
gewährleistet, dass sämtliche mit Deutschland kooperierende Staaten den deutschen Datenschutzstandard
erfüllen müssen.
Multinationaler Datenaustausch! Oder: Steuerhinterziehung vor dem Aus!
PKF Nachrichten | Mai 2016 | 5
Nachrichten
Mit dem Ziel, Schwarzgelder aufzudecken und Steuerhinterziehung zu bekämpfen, stellt das System zum Informationsaustausch einen Meilenstein dar. Es bietet die
Möglichkeit, den gleichmäßigen Vollzug deutscher Steuergesetze zu verbessern und das verfassungsrechtliche
Gebot der Rechtsanwendungsgleichheit einzuhalten.
Für die Steuerpflichtigen endet damit die Möglichkeit,
im Ausland befindliches Kapital und die damit zusammenhängenden Einkünfte durch eine Selbstanzeige
offenzulegen. In Folge des FKAustG sind die Daten der
ausländischen Finanzbehörden verfügbar und somit
bereits bekannt.
Empfehlung: Zu beachten ist, dass die Liste der teilnehmenden Staaten nicht abschließend ist. Es können
also jederzeit weitere Staaten hinzukommen. Im Zuge
der Auskunftswünsche der Kreditinstitute ist auf größte
Sorgfalt und Richtigkeit der Angaben zur steuerlichen
Ansässigkeit zu achten. Bei Zweifelsfragen empfiehlt
sich die Hinzuziehung des steuerlichen Beraters.
Einseitige Herabsetzung der Vorstandsbezüge bei Insolvenz der Gesellschaft
Für wen: Aktiengesellschaften.
Sachverhalt: Mit Urteil vom 27.10.2015 hat sich der
BGH mit der Frage der Herabsetzung der Vorstandsbezüge im Falle der Insolvenz der Gesellschaft befasst.
In dem vom BGH entschiedenen Verfahren (Az.: II ZR
296/14) hatte ein früheres Vorstandsmitglied (V) den
Insolvenzverwalter (I) der insolventen AG auf Zahlung
ausstehender Vergütung sowie Feststellung der Vergütungsansprüche zur Insolvenztabelle verklagt.
Das Jahresgehalt des V betrug 188.000 € zzgl. variabler
Vergütung. Im Laufe des Jahres 2011 geriet die Gesellschaft in Schieflage. Auf Drängen der Banken berief der
Aufsichtsrat den V am 31.12.2011 als Vorstand ab und
stellte ihn von der Fortzahlung seiner Bezüge frei. Ab
Januar 2012 zahlte die Gesellschaft ihm keine Bezüge
mehr. Nach Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde – auf Aufforderung des vorläufigen Insolvenzverwalters – in der Aufsichtsratssitzung vom 15.3.2012
beschlossen, die Bezüge aller Vorstandsmitglieder ab
Insolvenzeröffnung auf 2.500 € herabzusetzen.
Am 30.3.2012 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und
I zum Insolvenzverwalter ernannt. Daraufhin kündigte er
6 | PKF Nachrichten | Mai 2016
den Anstellungsvertrag des V zum 30.6.2012. Dieser meldete Gehaltsansprüche für Januar bis März 2012 sowie
für Juli bis Dezember 2012 in voller Höhe zur Insolvenztabelle an. Auf das Bestreiten des I erhob er Klage zum
Landgericht (LG) auf Feststellung dieser Forderungen.
Das LG verurteilte den beklagten I, an den V das reduzierte Gehalt für die Monate April bis Juni 2012 zu zahlen
und Gehaltsforderungen für Januar bis März 2012 sowie
Juli bis Dezember 2012 zur Tabelle festzustellen.
Die Revision hatte Erfolg. Der BGH hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht
zurück. Der BGH hält fest, dass das Recht zur Herabsetzung der Bezüge ein einseitiges Gestaltungsrecht der
Aktiengesellschaft ist, welches der Aufsichtsrat in Vertretung der Gesellschaft gegenüber dem Vorstandsmitglied
abgibt. Eine Herabsetzung der Bezüge ist dann vorzunehmen, wenn die Gesellschaft insolvenzreif wird und muss
mindestens auf einen Betrag erfolgen, dessen Gewährung
angesichts der Verschlechterung der Lage der Gesellschaft nicht mehr als unbillig angesehen werden kann.
Anrechnung von Sonderzahlungen
auf Mindestlohn
Für wen: Arbeitgeber und Arbeitnehmer, für die Mindestlohnregelungen gelten.
Sachverhalt: Das Mindestlohngesetz enthält keine
Regelung, ob und ggf. welche Entgeltbestandteile auf den
Betrag von 8,50 € anrechenbar sind. Die Rechtsprechung
geht davon aus, dass der Mindestlohn lediglich der Vergütung der „Normalleistung“ dient. Daher kommt es darauf
an, ob eine Zahlung vergütet, was der Arbeitnehmer „normalerweise” tun muss oder darüber hinaus erfolgt.
In einem aktuell entschiedenen Rechtsstreit betrug
der vereinbarte Stundenlohn der klagenden Arbeitnehmerin weniger als 8,50 €. Im Arbeitsvertrag waren
zwei jährliche Sonderzahlungen von jeweils einem halben Monatslohn vereinbart, die als Urlaubs- und Weihnachtsgeld bezeichnet waren.
Zunächst versuchte der beklagte Arbeitgeber, den
Arbeitsvertrag einvernehmlich zu ändern. Die Verteilung
der bisher erbrachten Jahressonderzahlungen sollte auf
jeweils 1/12 in jedem Monat erfolgen. Als die Klägerin und
weitere Arbeitnehmer sich weigerten, den geänderten
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Vertrag zu unterschieben, schloss der Arbeitgeber mit
dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung, wonach die
Sonderzahlungen auf zwölf Monate zu verteilen sind. Mit
den anteiligen Sonderzahlungen ergab sich ein Stundenlohn von mehr als 8,50 €. Dagegen machte die Klägerin
geltend, dass ihr die Sonderzahlungen zusätzlich zu dem
Mindestlohn zustehen.
Dieser Auffassung folgte das LAG Berlin-Brandenburg
nicht. Bei den Sonderzahlungen handele es sich um
Arbeitsentgelt für die normale Arbeitsleistung der Klägerin. Daher sei eine Anrechnung auf den gesetzlichen
Mindestlohn möglich. Nach Ansicht des Gerichts ist die
Betriebsvereinbarung wirksam und verstößt nicht gegen
den Arbeitsvertrag der Klägerin.
Empfehlung: Die Anrechnung von Sonderzahlungen
auf den Mindestlohn muss in der vertraglichen Regelung klar zum Ausdruck kommen. Die rechtliche
Grundlage kann in einem Änderungsvertrag mit dem
Arbeitnehmer oder einer Betriebsvereinbarung mit
dem Betriebsrat bestehen. Das Urteil des LAG BerlinBrandenburg vom 12.1.2016 ist unter dem Az. 19 Sa
1851/15 auf www.iww.de einsehbar.
Beendigung des Arbeitsverhältnisses:
Fax reicht nicht!
mein geltenden Schriftformerfordernis des § 623 BGB,
welches der Rechtssicherheit sowie der Beweissicherung
dient. Davon sind alle auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichteten Formen der Kündigung erfasst.
Die Schriftform erfordert den Zugang des mit Unterschrift versehenen Originalschreibens. Ein Fax ist aber
nur eine (Fern-)Kopie, das Original verbleibt gerade beim
Absender. Durch ein Fax kann die Schriftform somit nicht
gewahrt werden.
Empfehlung: Die Arbeitsvertragsparteien sollten
streng darauf achten, dass jegliche auf Beendigung von
Arbeitsverhältnissen zielenden Erklärungen in Schriftform
erfolgen und im Original zugehen.
Mehr zum Thema: Das BAG-Urteil stammt vom
17.12.2015 (Az.: 6 AZR 709/14) und ist im Internet unter
www.bundesarbeitsgericht.de einsehbar.
[
RECHNUNGSLEGUNG
]
Bilanzrecht: Änderung der DRS infolge des
BilRUG (DRÄS 6)
Für wen: Unternehmen, die die Deutschen Rechnungslegungs Standards (DRS) anwenden.
Für wen: Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Sachverhalt: In einen Abwicklungsvertrag zur Beendigung des Anstellungsvertrags hatten die Parteien eine
Klausel aufgenommen, wonach der Arbeitnehmer mit
schriftlicher Ankündigung (mit einer Frist von 3 Tagen)
auch vorzeitig ausscheiden konnte. Die vereinbarte Abfindung erhöhte sich dann für jeden Tag um einen bestimmten Betrag (sog. „Turboklausel“ oder „Sprinterprämie“).
Der Arbeitnehmer fand schnell eine neue Beschäftigung
und sein Anwalt zeigte dem Arbeitgeber per Fax vom
26.11. an, dass der Mitarbeiter zum 30.11. ausscheiden
wolle. In dem sich anschließenden Rechtsstreit kam es
darauf an, ob das Anstellungsverhältnis durch das Fax
beendet wurde und damit der Anspruch auf die Zusatzabfindung entstanden war.
Das BAG verneinte dies jetzt in letzter Instanz. Es sah in
der Turboklausel ein Sonderkündigungsrecht, das zwar
in einem Abwicklungsvertrag vereinbart werden kann,
dieses unterliegt dann aber dem für Kündigungen allge-
Sachverhalt: Das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee e.V. (DRSC) hat am 29.2.2016 und
21.4.2016 den Deutschen Rechnungslegungs Änderungsstandard Nr. 6 (DRÄS 6) verabschiedet und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV)
zur Bekanntmachung vorgelegt. Mit DRÄS 6 werden die
folgenden Standards geändert:
DRS 3 Segmentberichterstattung
DRS 8 Bilanzierung von Anteilen an assoziierten Unternehmen
DRS 9 Bilanzierung von Anteilen an Gemeinschaftsunternehmen
DRS 13 Grundsatz der Stetigkeit und Berichtigung von
Fehlern
DRS 17 (geändert 2010) Berichterstattung über die
Vergütung der Organmitglieder
DRS 18 Latente Steuern
DRS 19 Pflicht zur Konzernrechnungslegung und Abgrenzung des Konsolidierungskreises
PKF Nachrichten | Mai 2016 | 7
Nachrichten
DRS 20 Konzernlagebericht
DRS 21 Kapitalflussrechnung
Die branchenspezifischen Regelungen zur Segmentberichterstattung (DRS 3-10 und DRS 3-20) werden aufgehoben, da sie künftig in DRS 3 eingebunden sind.
Neben redaktionellen und klarstellenden Änderungen
der DRS wurden u. a. folgende materielle Anpassungen
infolge des BilRUG vorgenommen:
In DRS 8 wird die Möglichkeit eingefügt, bei erstmaliger
Aufstellung eines Konzernabschlusses die Bewertung
des assoziierten Unternehmens in Ausnahmefällen zu
dem Zeitpunkt vorzunehmen, zu dem es assoziiertes
Unternehmen geworden ist (und nicht zum Zeitpunkt
der erstmaligen Einbeziehung). Gleiches gilt bereits für
die Kapitalkonsolidierung von Tochterunternehmen aufgrund des am 23.2.2016 bekanntgemachten DRS 23.
In DRS 8 und DRS 9 wird aufgenommen, dass die Vorschriften zu latenten Steuern bei quotaler Konsolidierung von Gemeinschaftsunternehmen sowie bei der
Anwendung der Equity-Methode auf assoziierte Unternehmen anzuwenden sind.
Die Erläuterungspflicht zu den latenten Steuern wird
in DRS 18 um eine weitere Erläuterungspflicht und die
Angabe der im Laufe des Geschäftsjahres erfolgten
Änderungen der Steuersalden ergänzt, sofern latente
Steuersalden in der Konzernbilanz angesetzt werden.
Durch das BilRUG wird der Nachtragsbericht vom Lagebericht in den Anhang verschoben, deshalb entfallen
die Ausführungen im DRS 20. Dafür wird die Empfeh-
lung eines Verweises auf den Anhang oder ein Hinweis
über ein Fehlen des Nachtragsberichts aufgenommen.
Die Änderungen in DRS 21 betreffen hauptsächlich die
Streichung der außerordentlichen Posten in der Kapitalflussrechnung. Damit einhergehend erfolgt künftig der
Ausweis von Erträgen und Aufwendungen sowie der
damit korrespondierenden Ein- und Auszahlungen von
außergewöhnlicher Größenordnung oder außergewöhnlicher Bedeutung in der Kapitalflussrechnung.
Die Vorschriften sind für nach dem 31.12.2015 beginnende Geschäftsjahre anzuwenden.
Empfehlung: Zwar beschränkt sich die Anwendbarkeit der bekanntgemachten DRS grundsätzlich auf die
Konzernrechnungslegung. Gleichwohl besteht eine Ausstrahlungswirkung der DRS auf die Rechnungslegung im
Jahresabschluss und die Lageberichterstattung. Daher
haben auch Einzelunternehmen zu prüfen, inwieweit
DRÄS 6 ihre Rechnungslegung beeinflusst.
Abschlussprüfung im Insolvenzverfahren:
Bestellung und Abberufung des Prüfers
Für wen: Unternehmen im Insolvenzverfahren, Insolvenzverwalter und Gläubiger.
Sachverhalt: Im Insolvenzverfahren wird der Abschlussprüfer nicht durch die Gesellschafter gewählt,
sondern gem. § 155 Abs. 3 InsO auf Antrag des Insolvenzverwalters durch das Registergericht bestellt. Dagegen
bleiben im Eigenverwaltungs- oder
auch im vorläufigen Insolvenzverfahren mit „schwachem“ Insolvenzverwalter die bisherigen Vertretungsorgane für die Bestellung des
Abschlussprüfers verantwortlich.
BilRUG löst Änderungsbedarf in wichtigen Rechnungslegungsvorschriften aus.
8 | PKF Nachrichten | Mai 2016
Der Insolvenzverwalter wird regelmäßig einen Abschlussprüfer beauftragen, der zuvor nicht mit der
Abschlussprüfung betraut war, um
etwaige Pflichtverletzungen des vorherigen Abschlussprüfers untersuchen und ggf. Ansprüche geltend
machen zu können. Weiterhin wird es
sinnvoll sein, einen Abschlussprüfer
zu bestellen, der über insolvenzspezifische
Rechnungslegungskennt-
05 |16
nisse sowie Erfahrungen im Umgang mit z.T. mangelhaften
Buchführungssystemen verfügt.
Eine Besonderheit besteht darin, dass mit Eröffnung
des Insolvenzverfahrens der vorinsolvenzlich geschlossene Prüfungsvertrag wie auch der handelsrechtliche Prüfungsauftrag kraft Gesetzes erlöschen. Dagegen bleibt der vorinsolvenzliche Prüfungsvertrag, der
sich auf das durch die Verfahrenseröffnung endende
(Rumpf-)Geschäftsjahr bezieht, wirksam (§ 155 Abs. 3
Satz 2 InsO). Prüfungsgegenstand ist in diesen Fällen
die Schlussbilanz nebst Lagebericht.
Beabsichtigt der Insolvenzverwalter, einen für das letzte
Geschäftsjahr vor der Verfahrenseröffnung wirksam
bestellten Abschlussprüfer zu ersetzen, kann dies ausschließlich auf Antrag durch das Registergericht erfolgen.
Der Antrag kann nur auf Gründe gestützt werden, die in
der Person des gewählten Abschlussprüfers liegen.
Hinweis: Die Ersetzung des Abschlussprüfers ist auf
die allgemeinen Ausschlussgründe der §§ 319 ff. HGB
zu stützen. Dabei hat der Insolvenzverwalter eine zweiwöchige Antragsfrist zu beachten, die mit gesicherten
Kenntnissen von Ausschlussgründen zu laufen beginnt.
Mehr zum Thema: Im letzten Heft wurde dargelegt,
dass die handelsrechtlichen Rechnungslegungspflichten rechtsform- und größenklassenabhängig auch nach
Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortbestehen. Dies
gilt für sämtliche Abschlüsse der zunächst werbenden
und sodann insolventen Gesellschaft und schließt die
Pflicht zur Prüfung der Abschlüsse mit ein.
[
CORPORATE FINANCE
]
Absichtserklärungen beim Unternehmenskauf – Ziele, Inhalte und ausgewählte Praxishinweise
Für wen: Unternehmen und Investoren, die beabsichtigen, Unternehmenstransaktionen zu tätigen.
Sachverhalt: Die Absichtserklärung (Letter of Intent
– kurz LoI) wird in der Praxis des Unternehmenskaufs
angewendet, wenn in den vorvertraglichen Gesprächen
zwischen Käufer und Verkäufer die Durchführung der
Transaktion wahrscheinlich wird und das Vorbespro-
chene schriftlich festgehalten werden soll. Gebräuchlich
sind auch die Bezeichnungen „Memorandum of Understanding“ oder „Term Sheet“. Mit einem sorgfältig ausgearbeiteten LoI werden die Eckpunkte für den späteren
Kaufvertrag vereinbart und folgende Ziele erreicht:
Beschleunigung des Transaktionsprozesses durch Entzerrung der eigentlichen Verhandlungsphase;
Schaffung einer gewissen Kaufpreissicherheit für beide
Vertragsparteien.
Der LoI ist auch in späteren Streitfällen von Bedeutung
im Hinblick auf die Auslegung strittiger Klauseln im Kaufvertrag. Je nach individueller Verhandlungstaktik wird auf
eine möglichst „verbindliche“ oder aber „weiche“ Ausgestaltung des LoI hinsichtlich der nachfolgend beschriebenen typischen Inhalte hingearbeitet. Als solche sind
insbesondere zu nennen:
Darstellung der beabsichtigten Transaktion(sstruktur)
Darstellung der wesentlichen wertbildenden Faktoren
des Zielunternehmens
Indikativer Kaufpreis und ggf. Konkretisierung von
Anpassungsmechanismen (z. B. Debt-/Cash-free; Working-Capital-Bandbreite u. ä.)
Due-Diligence-Vorbehalt
Darstellung wesentlicher beabsichtigter Gewährleitungen im Kaufvertrag
Adressierung von weiteren notwendigen vertraglichen
Regelungen wie z. B. Lieferverträge, Überleitungsverträge (‚Transition Agreements‘)
Schutzklauseln für den Verkäufer, z. B. Abwerbungsverbote, Vertraulichkeitsvereinbarung
Zeitliche Exklusivität für den Käufer
Zeitplan für den Transaktionsprozess
Kostentragung, Regelungen zu Break-up-fees und
Vertragsstrafen
Vereinbarung ausdrücklicher Verbindlichkeit bzw.
Nicht-Verbindlichkeit des LoI oder einzelner Punkte
Die Tabelle 1 auf der Folgeseite listet Praxistipps zu ausgewählten Regelungsinhalten auf.
Empfehlung: Sobald sich Käufer und Verkäufer eines
Unternehmens in ernsthaften Verhandlungen befinden,
ist der Abschluss eines LOI anzuraten, um die weiteren
‚Spielregeln‘ im Transaktionsprozess zu definieren. In
der Praxis haben sich typische Regelungsinhalte herausgebildet. Jede Transaktion besitzt jedoch individuelle
Aspekte und Fallstricke, so dass eine sorgfältige Ausarbeitung des LoI unter (finanz-)wirtschaftlichem und rechtPKF Nachrichten | Mai 2016 | 9
Nachrichten
REGELUNGSBEREICH
ERLÄUTERUNG
PRAXISTIPP
Kaufpreis und
Anpassungsmechanismen
Der Informationsstand des Käufers besteht
zum Zeitpunkt des Abschlusses des LoI
auf vorgefilterten Finanzdaten des Verkäufers. Wenn diese Finanzdaten Grundlage
für den indikativen Kaufpreis sind, sollte
im LoI auch ein Anpassungsmechanismus
für den Fall definiert werden, dass sich im
Laufe des Prozesses herausstellt, dass die
tatsächlichen von den dargelegten Finanzdaten abweichen.
Hier ist z.B. an das EBIT als Grundlage
für den Basiskaufpreis oder die Höhe des
Working Capital mit Blick auf ggf. nicht
gewünschte zusätzliche Finanzierungserfordernisse nach Übernahme des Unternehmens zu denken. Eine klare Festlegung
derartiger Mechanismen im LoI verhindert i. d. R. zeitintensive Verhandlungen im
Laufe des weiteren Transaktionsprozesses.
Break-up-fee
Wenn der Erwerb für den Käufer nicht mehr
in Frage kommt und der Kaufprozess beendet wird, können entstandene Kosten im
Wege einer Break-up-fee-Klausel geltend
gemacht werden.
Dem potenziellen Käufer wird in der Vorverhandlungsphase oftmals ein ForecastEBIT für das laufende Jahr präsentiert, das
dann die Grundlage für die Kaufpreisindikation bildet. Während des Transaktionsprozesses kann sich herausstellen (z. B. durch
die Financial Due Diligence), dass das IstErgebnis negativ vom Forecast abweicht.
Schutzklauseln
Es handelt sich um Klauseln im LoI, die
den Verkäufer schützen (z. B. Geheimhaltungsvereinbarungen, Untersagung von
Mitarbeiterabwerbung) bzw. die Interessen
des Käufers wahren sollen (z. B. die Vereinbarung einer zeitlichen Exklusivität).
Schutzklauseln sollten in jedem Fall als
verbindlich gekennzeichnet und mit konkreten Sanktionen (Schadensersatz) versehen werden.
Tab. 1: Praxistipps zu ausgewählten Regelungsinhalten
lichem, aber auch steuerlichem Blickwinkel erforderlich
ist, um die eigene Position bestmöglich zu repräsentieren.
Leitfaden zur Strategieberatung durch den
Steuerberater – Teil 2: Erarbeitung und
Umsetzung der Unternehmensstrategie
Rückblick: Im ersten Teil des Leitfadens wurde aufgezeigt, warum es gerade für KMU sinnvoll ist, mit Hilfe des
steuerlichen Beraters die strategische Ausrichtung zu
bestimmen. Zudem wurde die für die strategische Beratung erforderliche Analyse des Unternehmens und seines
Umfelds erläutert.
I. Erarbeitung der Unternehmensstrategie
Den Grundstein der Unternehmensstrategie bildet das Leitbild des Unternehmens, bestehend aus Vision und Mission. Die Vision definiert die bestmögliche Situation des
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Unternehmens in der weiten Zukunft (z. B. 10 Jahre). Sie
dient damit als „Leuchtturm“ und Motivator für alle Ebenen
des Unternehmens, weshalb sie anspruchsvoll ausgestaltet sein muss. Die Mission legt fest, wie das Unternehmen
die Vision erreichen möchte und definiert die hierfür erforderlichen Erfolgsfaktoren, Handlungen und Werte.
Nach der Entwicklung des Unternehmensleitbildes ist hieraus die Unternehmensstrategie abzuleiten. Dabei werden die konkreten Ziele des Unternehmens in den nächsten
Jahren festgelegt. Die Ziele sollten dabei z. B. die Stellung
im Wettbewerb, Absatzgebiete, Produktziele, Ergebnisentwicklung und Entwicklung der Mitarbeiter sein.
Auf Basis der Unternehmensstrategie sind in einem letzten
Schritt die Jahresziele, also die operativen Ziele, zu definieren. Operative Ziele müssen hinsichtlich Höhe und Zeitpunkt eindeutig formuliert werden sowie mess- und kontrollierbar sein. Zudem müssen diese Ziele anspruchsvoll,
aber realistisch und terminiert sein (sog. SMART-Regel).
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II. Erarbeitung geeigneter Maßnahmen zur Zielerreichung
Beispiel: So würde etwa die Kennzahl „Hoher
Krankenstand“ in der Mitarbeiterperspektive ein Problem offenbaren, das z. B. Auswirkungen auf die
Finanzperspektive hat (hohe Personalkosten).
Um die strategischen und operativen Ziele zu realisieren, müssen entsprechende Maßnahmen erarbeitet und
umgesetzt werden. Hierbei kann es wiederum sinnvoll
IV. Dokumentation, Reporting, Anpassungen und
sein, die bei der SWOT-Analyse (vgl. dazu Teil 1 dieKommunikation
ses Leitfadens in der Ausgabe 04/2016) verwendeten
Die Erkenntnisse der Analyse, das Leitbild, die Ziele
Perspektiven zu nutzen, um die Maßnahmen zu struksowie die erarbeiteten Maßnahmen sollten abschließend
turieren. Weiterhin sind die Ziele nach Wichtigkeit und
dokumentiert werden. Im Rahmen des Controllings/
Dringlichkeit zu ordnen. Schließlich sind die einzelnen
Reportings sollte quartalsweise ein Soll-Ist-Vergleich
Maßnahmen zu projektieren und die einzelnen Schritte
durchgeführt werden, um schnellstmöglich auf Verder Umsetzung zu definieren. Hierbei muss eine
änderungen und Probleme reagieren zu können.
klare Bestimmung der Verantwortlichkeiten und
der Terminierung erfolgen.
VISION
Mindestens einmal jährlich sollten neue Entwicklungen und Erkenntnisse zum Anlass
Empfehlung: Letztlich besteht die größte
genommen werden, notwendige AnpasHürde darin, die geplanten Maßnahmen
MISSION
sungen der Unternehmensstrategie und
tatsächlich umzusetzen. Deshalb ist es
der hierzu erforderlichen Maßnahmen
wichtig, dass die Geschäftsführung
vorzunehmen.
einen Verantwortlichen bestimmt,
der die Umsetzung überwacht.
STRATEGIE
Die letzte große HerausfordeWerden Maßnahmen nicht
rung in diesem Prozess ist die
umgesetzt, müssen klare
Kommunikation der StrateInterventionen bestimmt
gie über alle Hierarchiewerden. Ansonsten droOPERATIVE ZIELE
ebenen hinweg. Diese
hen die Maßnahmen
sollte fortlaufend und
zu scheitern und die
Ableitung operativer Ziele aus Vision, Mission und Strategie
zeitnah einen transZiele des Unternehparenten Überblick
mens werden nicht
geben, um im gesamten Unternehmen Akzeptanz zu
erreicht.
schaffen.
III. Entwicklung von Kennzahlen zur Erfolgsmessung
und Analyse mittels Balanced Scorecard
Die Zielerreichung kann über Kennzahlen gemessen werden, die über mehrere Perioden und mit einer Benchmark
verglichen werden können. Hierzu eignen sich die in Teil 1
im Abschnitt über die Unternehmensanalyse angesprochenen Kennzahlen.
Eine tiefergehende Analyse der Zielerreichung erfolgt
über eine Balanced Scorecard, mit Hilfe derer Kennzahlen
(z. B. zu den in der SWOT-Analyse verwendeten Perspektiven) festgelegt und ermittelt werden. Im Hinblick auf
die Zielerreichung wird zu den einzelnen Perspektiven
(Kunde, Produkte, Prozesse, Finanzen, Mitarbeiter) der
Zusammenhang von Ursachen und Wirkungen analysiert.
Hierdurch besteht die Möglichkeit, die Ursachen sowohl
positiver als auch negativer Effekte zu erkennen.
V. Zusammenfassende Empfehlungen
Auch für KMU ist die (Weiter-)Entwicklung der strategischen
Ausrichtung von wesentlicher Bedeutung. Der steuerliche
Berater ist hierbei ein guter Partner, der gegenüber anderen Beratern den Vorteil besitzt, dass er aufgrund seines
steuerlichen Mandats einen tiefgehenden Unternehmenseinblick hat und die VFE-Lage, welche in der Unternehmensanalyse eine wichtige Rolle spielt, bereits kennt.
Aufwendige Datenaufbereitungen und Erläuterungen des
Unternehmens entfallen hierdurch. Aufgrund der Erfahrungen durch weitreichende Einblicke in das zu analysierende und andere Unternehmen kann der steuerliche
Berater hilfreiche Unterstützung in der Strategieerarbeitung bieten. In der Umsetzungsphase agiert er als externer Beobachter, Analyst und ggf. als Kontrolleur, wodurch
er die Zielerreichung mit voranbringt.
PKF Nachrichten | Mai 2016 | 11
Nachrichten
KURZ NOTIERT
]
Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen
für Werkleistungen
Mit Schreiben vom 15.3.2016 hat das BMF der Diskussion
über die Gewinnrealisierung von Abschlagszahlungen
voraussichtlich ein Ende gesetzt. Ausgelöst wurde diese
durch ein BFH-Urteil aus dem Jahr 2014, nach welchem
die Gewinnrealisierung bei Planungsleistungen eines
Ingenieurs bzw. Architekten bereits dann eintritt, wenn
ein Anspruch auf Abschlagszahlungen (gem. § 8 Abs. 2
HOAI a. F.) entstanden ist.
Mit BMF-Schreiben vom 29.6.2015 hatte die Finanzverwaltung diese Sichtweise z. B. auch auf Werkverträge ausgedehnt. Somit hatte das BFH-Urteil Auswirkung auf alle bilanzierenden Werkunternehmer. Diese
[
BONMOT ZUM SCHLUSS
]
„Die Mengenlehre? Ganz einfach: Wenn in einem
Raum drei sind und vier rausgehen, muss einer
wieder rein, damit keiner drin ist.“
Dr. h. c. Lothar Späth, 16.11.1937 – 18.3.2016, Deutscher Politiker und Manager, 1978 bis 1991 Ministerpräsident von BadenWürttemberg.
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12 | PKF Nachrichten | Mai 2016
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[
Ausweitung wurde überwiegend abgelehnt (so z. B.
vom IDW) und vom BMF nun wieder zurückgenommen.
Das Schreiben des BMF vom 15.3.2016 ist mit dem
Az. IV C 6 - S 2130/15/10001 ergangen und im Internet
unter www.bundesfinanzministerium.de abrufbar. Mehr
zur Thematik und zur Vorgeschichte finden Sie in den
PKF-Nachrichten 01/15 sowie 09/15.