PNP-Artikel-28.04.16

Vergleich mit Flughafen Berlin: Raunen im
Marktrat
Roswitha Toso prognostiziert Kostenexplosion bei Schulsanierung – Einzige Gegenstimme zu Investitionsprogramm –
Bürgermeister "sehr verwundert"
von Bernhard Brunner
Tittling. Überraschung nach dem einstimmigen Ratsvotum für den Haushaltsplan 2016 der Marktgemeinde: In
die Euphorie von Bürgermeister Helmut Willmerdinger (parteifrei) über die offensichtliche Zufriedenheit aller mit
dem "Bücherl", wie er das umfassende Zahlenwerk nennt, platzte Roswitha Toso (FW): "Wir müssen aufpassen,
dass das Projekt Schulsanierung nicht in einen Berliner Flughafen ausartet", mahnte sie und erntete heftiges
Raunen.
"Wer A sagt, muss auch B sagen"Großes Unbehagen – so beschrieb Roswitha Toso ihren Gemütszustand bei
der Betrachtung von Finanzplanung und Investitionsprogramm für die Jahre 2015 bis 2019, die sie später als
einzige im Plenum ablehnte. Als Knackpunkt nannte sie die Generalsanierung der Wilhelm-Niedermayer-Schule,
die auf 12,7 Millionen Euro veranschlagt ist. Toso verwies auf den Anstieg der Baupreise und die Ungewissheit
über die Zuschusshöhe. "Es stellt sich schon die Frage, ob wir das schultern können", betonte die Markträtin. In
ihrem Zweifel stützte sie sich auf die Warnung des Gemeindekämmerers vor den immensen Kosten für das
Projekt und dessen Aussage, "das können wir uns nicht leisten", bevor sie den Vergleich mit dem
Pannenflughafen BER in Berlin zog.
Barrierefreiheit im Rathaus wird die Marktgemeinde mit voraussichtlich 200000 Euro schaffen. Der von Toso
zitierte Reinhold Wagner hielt dagegen, erinnerte an den von ihr mitgetragenen Grundsatzbeschluss zur
Schulsanierung in der Oktober-Sitzung. "Wer A sagt, muss auch B sagen", unterstrich der Kämmerer. "Sehr
verwundert", gab sich der Bürgermeister anlässlich Tosos Bedenken. Man habe genau gewusst, dass das Projekt
laut Kostenschätzungen bei zwölf Millionen Euro liege. Josef Artmann (CSU) pflichtete ihm bei. Die Planung jetzt
umzuwerfen, würde immense Kosten verursachen, stellte der zweite Bürgermeister fest.
Für den Kreisverkehr bei Rewe und Netto sind im Haushaltsplan 330000 Euro vorgesehen. Freilich sei unklar, wie
viele Zuschüsse es für die Sanierung gebe, aber ein Neubau wäre wesentlich teurer, wiederholte SPDFraktionsvorsitzender Bernhard Grum. Ihm war wichtiger, den Bestand der Grund- und Mittelschule in Tittling zu
sichern. "Die Würfel sind gefallen", sagte Armin Kaiser (ÜW) lapidar.
Man habe sorgsam gearbeitet und schon zu viel investiert, merkte Therese Kern (CSU) an, nach deren
Überzeugung es kein Zurück mehr gibt. "Es wird immer teurer", meldete sich Toso erneut zu Wort. Darauf CSUFraktionsvorsitzender Harry Unrecht: Die Aussagen seien "faktisch und inhaltlich falsch", der Haushalt absolut
solide, die Finanzkraft absolut dynamisch. Nach ihrem Willen erkundigte sich Irmgard Hain (SPD) bei Toso.
"Eventuell nochmals abspecken", antwortete die FW-lerin, ehe der Bürgermeister abstimmen ließ.
Viel Lob hatte es zuvor für den vom Kämmerer vorgetragenen Rechenschaftsbericht für 2015 gegeben. Demnach
ist die im Haushalt vorgesehene Zuführung aus dem Verwaltungs- an den Vermögenshaushalt im Ergebnis von
rund 1,23 Millionen Euro mehr als verdoppelt worden, während der Markt auf die vorgesehene Kreditaufnahme
verzichtet hat. Die freie Finanzspanne der Kommune bezifferte Wagner auf 1,03 Millionen Euro.
Der Haushaltsplan für das laufende Jahr umfasst in Einnahmen und Ausgaben ein Gesamtvolumen von 9725000
Euro, wovon 6743000 Euro auf den Verwaltungsetat (laufende Kosten) und 2982500 Euro auf den
Vermögenshaushalt (Investitionen) entfallen. Der Gesamthaushalt 2015 belief sich im Ergebnis auf 8719029,66
Euro. An Kreditaufnahmen für Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen ist für 2016 ein Betrag von 417100
Euro vorgesehen. In der Haushaltssatzung sind die Steuerhebesätze auf jeweils 330 von Hundert bei
Grundsteuer A (land- und forstwirtschaftliche Betriebe) und Grundsteuer B (Grundstücke) festgesetzt, die
Gewerbesteuer auf 380 von Hundert (seit 2011 unverändert).
Ausdrücklich machte der Kämmerer auf die Hundesteuer von 30 Euro pro Jahr aufmerksam. Angesichts der
jährlichen Ausgaben von rund 10000 Euro für die Kot-Tüten solle sich der Marktrat über eine Anpassung
Gedanken machen, so Reinhold Wagner. In Frage stellte er auch den jährlichen Zuschuss von etwa 9000 Euro
an den Tourismusverein. Der Kämmerer hielt es für sinnvoller, Zuwendungen für tatsächlich angefallene
Ausgaben zu leisten.
Die Pro-Kopf-Verschuldung Tittlings liegt nach Wagners Worten mit knapp 271 Euro zum Jahresende 2015
deutlich unter dem Landesdurchschnitt vergleichbarer Gemeinden (698 Euro). Zum 31. Dezember 2016 liege
dieser Betrag bei 323,87 Euro je Einwohner, sofern die angesetzte Kreditaufnahme erforderlich wäre. Der
Schuldenstand würde in diesem Fall von 1083260 Euro auf 1297088 Euro steigen. Die Darlehenszinsen sind im
Plan 2016 auf 14611,43 Euro veranschlagt.
Von einem "Riesenvolumen" mit vielen geplanten Investitionen sprach der Bürgermeister zusammenfassend. Als
wichtig stufte er die Grundstücksbeschaffung ein, denn: "Es wird gebaut ohne Ende." Als Motto für Tittling gab
das Marktoberhaupt aus: "Gut leben, gutes Wohnen, gute Entwicklung." Keinesfalls Schwarzsehen für die
Zukunft – das hielt dritter Bürgermeister Robert Koller (ÜW) für angesagt. Die vorausschauende Planung des
Kämmerers würdigte zweiter Bürgermeister Josef Artmann. Keinen Anlass zu größeren Sorgen erkannte Armin
Kaiser. Das Prädikat "gewohnt solide" verlieh Harry Unrecht dem Haushaltsplan.
HAUSHALTSECKDATEN
Einnahmen im Verwaltungshaushalt (Auszug): gesetzliche Zuweisungen Kindergarten 345000 Euro,
Kanalgebühren 540000 Euro, Grundsteuer A und B 413500 Euro; Gewerbesteuer 812900 Euro; Gemeindeanteil
Einkommensteuer: 1586200 Euro, Umsatzsteueranteil 201000 Euro, Schlüsselzuweisung: 1260200 Euro.
Ausgaben im Verwaltungshaushalt (Auszug): Schulverbandsumlage Grundschule 397900 Euro, Mittelschule
171500 Euro, Förderung Kindergarten und Betrieb 655000 Euro, Fernwasserversorgung/Einkauf Wasser 246000
Euro, Kreisumlage 1434000 Euro, Verwaltungsgemeinschaftsumlage 591300 Euro, Zuführung zum
Vermögenshaushalt 786800 Euro; Personalkosten 838800 Euro.
Investitionen (Auszug): Rathaus-Umbau 200000 Euro, Generalsanierung der Schule 300000 Euro; Kreisverkehr
bei der Kreuzung Rewe/Netto: 330000 Euro, Regenrückhaltebecken Hofwiesenfeld: 300000 Euro, BreitbandErschließung II 467700 Euro.
Einnahmen im Vermögenshaushalt (Auszug): Zuschuss Kreisverkehr: 230000 Euro; Zuschuss Breitband II
374100 Euro (Staat) und 46800 Euro (Kreis).