- Deutsche Mittelstands Nachrichten

Ausgabe 17
06. Mai 2016
Deutsche
MittelstandsNachrichten
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Mittelstand
TTIP-Leaks: Die USA und Europa trennen noch Welten
Gentechnik, Konsumentenschutz und Mittelstand sind zentrale Themen, bei denen die EU und die USA noch Welten trennen
D
handlungsstand. Das Dokument
ie TTIP-Texte, die Greenpeace
zeigt den Tauschhandel, der
Niederlande mit TTIP-Leaks
hinsichtlich der konsolidierten
der Öffentlichkeit zugänglich
TTIP-Kapitel und der damit einmacht, sind etwa die Hälfte der
hergehenden unterschiedlichen
Texte, die im April Grundlage für
Standpunkte bereits vonstattendie neue Verhandlungsrunde zwigeht. Darin heißt es unter andeschen den USA und der EU waren
rem, dass die USA „sich beeilte,
(25. bis 29. April in New York). Nach
darauf zu verweisen, dass es (die
Information der Greenpeace NieWünsche der EU) hinsichtlich eiderlande soll der endgültige TTIPniger Produkte mit der nationaVertrag zwischen 25 und 30 Kapilen Industrie beraten müsste und
tel umfassen. Zu 17 dieser Kapitel
wurden nun die konsolidierten TTIP-Leaks führt vor Augen, was fehlende Transparenz bewirken kann. dass bei den Autoteilen nur Fortschritte gemacht werden könnTexte veröffentlicht. Konsolidiert
Foto: Flickr/campact /CC by na 2.0
ten, wenn die EU Fortschritte bei
heißt, dass zum jeweiligen Verder Diskussion um Zölle auf Aghandlungspunkt die europäische
und die amerikanische Sichtweise direkt ben oder Preisschwankungen erhöhen, rarprodukte zeige.“
nebeneinander sichtbar sind und demzu- insbesondere durch die Vermeidung von Aufschlussreich sind die Dokumente
folge auch vergleichbar. So wird ersicht- Ausfuhr-Steuern. (…) durch die Förde- zu den sanitären und phytosanitären
lich, wo es bereits Überschneidungen gibt rung und Unterstützung der Forschung Standards, kurz SPS-Regulations auch in
und wo die Ansichten und Forderungen und Bildung, um neue, innovative land- Sachen Konsumentenschutz. Hier zeigt
stark auseinander gehen. Von den Texten wirtschaftliche Produkte und Strategien sich, dass die USA auf ihrem Standpunkt
der Risikoabschätzung beharren und
zu den 17 Schwerpunkten ist zu 13 Schwer- zu entwickeln (…) (Article X.2)
punkten das erste Mal der Standpunkt der Im Kapitel „sanitäre und phytosanitäre auch wollen, dass dieser in der EU zur Anwendung kommt.
Standards“ werden die USA deutlicher.
USA veröffentlicht worden.
Die Deutschen Mittelstands Nachrichten
Im TTIP-Dokument heißt es:
haben einige Kapitel genauer untersucht Sanitary and Phytosanitary Measures
Auch in diesem Kapitel zu sanitären und „Noch vor der Anerkennung der SPS-Reund mit Experten gesprochen:
phytosanitären Standards geht es um be- gulierungen, sollte jede Partei im Licht
stimmte landwirtschaftliche Produkte, der relevanten verfügbaren wissenAgriculture
Für die USA ist einer der zentralen Punk- die importiert werden könnten. Trotz- schaftlichen Erkenntnisse (…) erwägen, ob
te für TTIP der bessere Zugang von land- dem es der EU-Kommission zufolge also es Alternativen zur Regulierung und zum
wirtschaftlichen Produkten aus den keine Gentechnik-Produkte mit TTIP ge- Schutz gibt (…), und auch die Alternative,
USA in die EU. Bisher wurden vor allem ben soll, haben die USA mehrere Passa- es überhaupt nicht zu regulieren, in Begentechnisch veränderte Produkte nicht gen zum Thema Import von „Produkten tracht ziehen.
zugelassen. Und die EU-Kommission be- moderner, landwirtschaftlicher Techno- Die EU hingegen will, dass jeder Partei
tonte, dass dies auch mit TTIP nicht ge- logie“ in den Dokumenten festgehalten. das Recht vorbehalten werden solle, Menschehe. Doch das soll sich, so wünschen Dort, „wo eine Zulassung eines Produktes schen, Tiere und Umwelt auf eigenem
es die USA, bald ändern. Im Kapitel Land- moderner, landwirtschaftlicher Techno- Territorium zu schützen.
wirtschaft werden dafür die Grundlagen logie für den Import notwendig ist (…), Die USA sagen beim Umwelt- und Versoll auch jederzeit durch jeden eine Zu- braucherschutz, dass Produkte prinzipigelegt:
ell erst einmal zugelassen werden, und
„Die Parteien sollten daran arbeiten, die lassung beantragt werden können“.
erst, wenn wissenschaftlich nachgewieinternationale, landwirtschaftliche Entsen ist, dass sie schädlich sind, greifen
wicklung zu fördern und die globale Er- Tactical State of Play
nährungssicherheit zu verbessern: (…) In diesem Zusammenhang ist auch das die Behörden ein. In Europa hingegen gilt
indem sie ungerechtfertigte Handels- Dokument „Tactical State of Play“ der das Vorsorgeprinzip: Wenn nicht sicher
maßnahmen vermeiden, die die weltwei- TTIP-Leaks zu erwähnen. Darin infor- ist oder vermutet wird, dass Produkte
ten Lebensmittelpreise in die Höhe trei- miert die EU-Kommission über den Ver- schädlich sind, lassen wir die Produkte
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Auszug aus den von Greenpeace veröffentlichten Dokumenten.
nicht zu.
Der Rechtswissenschaftler Andreas Fisahn hält es sogar für ausgeschlossen,
dass die USA überhaupt einmal auf das
Vorsorgeprinzip der EU bauen würden.
„Schon bei CETA, dem Vertrag mit den
Kanadiern, ist relativ eindeutig geregelt,
dass man Produkte zulassen muss, wenn
nicht exakt wissenschaftlich nachgewiesen ist, dass sie schädlich sind“, sagte Fisahn den Deutschen Mittelstands Nachrichten. „Das werden die Amerikaner
auch durchsetzen.“
Electronic Communications
Die Wirtschaftsinitiative „KMU gegen
TTIP“ geht jedoch davon aus, dass es
gerade im Maschinenbau und der Elektronikindustrie nicht gelingen wird, gemeinsame Standards zu finden. So sei
beispielsweise die europäische Elektronikindustrie bereits jetzt mit der International Organisation for Standardization
(ISO) und der International Electrotechnical Commission (IEC) harmonisiert.
Doch in den USA fehlt selbst auf nationaler Ebene ein gemeinsamer Standard. Je
nach Bundesstaat können die Produktanforderungen erheblich variieren. Beim
Brandschutz etwa gibt es keine gesetzliche Regelung. Vielmehr übernehmen Labore, die der Versicherungswirtschaft zuarbeiten, die Anerkennung der Produkte.
„Mit TTIP besteht nicht nur die Gefahr,
dass das sehr erfolgreiche Europäische
Normierungssystem untergraben wird“,
heißt es in einer Studie der Wirtschaftsinitiative, „sondern auch, dass amerikanische Unternehmen zwar einen einfachen
Zugang zum europäischen Markt bekommen, europäische Unternehmen aber
nach wie vor regionale und nicht verein-
heitlichte Besonderheiten im amerikanischen Markt berücksichtigen müssen.“
Regulatory Cooperation
Die USA legen hier großen Wert darauf,
dass der jeweilige andere Handelspartner
frühzeitig und umfangreich über neue
Gesetze bzw. Regulierungen und deren
Änderungen informiert wird. (Article X.8;
Article X.9)
„Wenn ein regulatorischer Akt vorbereitet wird, soll der Entwurf (des möglichen
neuen Gesetzes etc.) und dessen Bearbeitung (für den Handelspartner) veröffentlicht werden, eine Erläuterung zur Regulierung einschließlich ihrer Ziele (…) und
zu in Erwägung gezogenen Alternativen
Daten und Informationen sowie wissenschaftliche und technische Analysen (…)
veröffentlichen“ und „evaluieren (…), ob
und wie die Regulierungen den Handel
beeinflussen würden. “
Damit würden die USA schon frühzeitig
in der Lage sein, in die Gesetzgebung direkt oder indirekt mit Vorschlägen und
anderen drohenden Regulierungen als
Gegenmaßnahme einzugreifen. Diese
Absicht zeigte sich bereits unter anderem in dem Transatlantic Business Dialogue (TABD), der 1995 auf Initiative des
US-Handelsministeriums (USTR) und
der EU-Kommission ins Leben gerufen
wurde. Manager transnationaler Unternehmen kommen hier mit US- und EUHandelsbürokraten zusammen, wie eine
Lobbycontrol-Studie zeigt. Der Studie zufolge kann der TABD als „zentraler Akteur
für die Vorbereitung der TTIP-Verhandlungen gelten“:
„1995 wurden etwa 1.800 amerikanische
und europäische Marktführer zu dem
Transatlantic Business Dialogue einge-
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laden. „Um die Zusammenarbeit voranzutreiben, wurde ein USA-EU-Lenkungsausschuss gegründet, bestehend aus
Mitgliedern der US-Regierung, Beamten
der Kommission und vier Wirtschaftsvertretern: Paul Allaire (Xerox Corporation), Alex Trotman (Ford), Jürgen Strube
(BASF) und Peter Sutherland (Goldman
Sachs).“ In die offizielle Neue Transatlantische Agenda flossen dann nach dem
Dialog Schätzungen zufolge 60 Prozent
der von den Unternehmen gemachten
Empfehlungen ein.“
2011 forderte der TABD dann, „ein ehrgeiziges Transatlantisches Wirtschafts- und
Handelsabkommen ernsthaft und zügig
zu diskutieren“.
Lora Verheeke von der NGO Corporate
Europe Observatory verweist jedoch darauf, dass die EU-Positionen, bei den TTIPLeaks noch vom November 2015 stammen. Diese seien seitdem überarbeitet
worden. „Aber die TTIP-Leaks geben eine
Vorstellung davon, was die USA verlangen und enthüllen, wie die EU Teile der
US-Forderungen in ihre neuen Positionen, die seit April 2016 online sind, integriert hat“, sagte Lora Verheeke den Deutschen Mittelstands Nachrichten.
Außerdem fehlen Verheeke zufolge bei
den Dokumenten die Teile, in denen
speziell zu möglichen regulatorischen
Zusammenarbeiten in Industriesektoren nachgedacht wird. „Diese sektorbezogene, regulatorische Zusammenarbeit
könnte für die derzeitigen EU-Standards
und die zukünftige EU-Gesetzgebung
noch viel schädlicher“ sein. „Ich bin überrascht, wie sehr die EU bereit ist, der USRegierung und den Großunternehmen
bei der regulatorischen Zusammenarbeit
zu entsprechen“, so Verheeke.
Pieter Cleppe vom britischen Think Tank
Open Europe sieht das allerdings angesichts der TTIP-Leaks etwas anders. Den
Deutschen Mittelstands Nachrichten
sagte er: „Es ist es falsch, zu behaupten,
dass mit der regulatorischen Zusammenarbeit bei TTIP über die Abschaffung von
protektionistischen Elementen hinaus
die amerikanische oder die europäische
Regulierung wesentlich geändert werden
würde“. Es sei zwar wichtig, zu warnen,
aber viele der „Warnungen sind mal hinter der Hand, mal offenkundig protektionistischer Natur.“
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Small and medium-sized Enterprise
„Die TTIP-Leaks zeigen: Das Kapitel zu
technischen Standards ist tatsächlich so
formuliert, als ob die USA eine einheitliche Regelung für Standards und Produktzulassungen hätten“, sagte Guido Körber
von „KMU gegen TTIP“ den Deutschen
Mittelstands Nachrichten. „Das haben
die USA aber nicht“, so der Unternehmer
aus dem Bereich der Industrieelektronik.
„Wenn der Vertragstext so beschlossen
würde, hätten wir die komplette Einbahn-
straße für amerikanische Unternehmen –
und wir europäische Unternehmen würden in die Röhre gucken.“ Dazu komme,
dass bei neuen europäischen Standards
die USA reinreden könnten. „Umgekehrt
kann Europa das aber nicht bzw. nur in
bestimmten Bereichen, weil die US-Normungsinstitute nicht weisungsgebunden
für die US-Regierung sind.“
ISDS- Investitionsschutzgesetz
Bezüglich des Investitionsschutzgesetzes
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(ISDS) gibt es noch keinen konsolidierten
Text. Die TTIP-Leaks haben diesen nicht
veröffentlicht. Somit ist noch nicht abschließend zu klären, was genau hinsichtlich des Standpunkts der USA zu erwarten
ist. „Während der Verhandlungen im März
haben sie noch nicht einmal über das
Berufungsgericht für das geplante Investitionsschutz-Schiedsgericht diskutiert“,
sagte Lora Verheeke der NGO Corporate
Europe Observatory den Deutschen Mittelstands Nachrichten.
Politik
Angela Merkel steht zu TTIP
Bundeskanzlerin Angela Merkel will das TTIP-Abkommen zügig zu Ende verhandeln
B
undeskanzlerin Angela Merkel (CDU) durchsetzen wollten. Deutschland werde
pocht auch nach den TTIP-Leaks un- keine Absenkung von Sozial-, Umwelt- und
verändert auf einen raschen Erfolg der Verbraucherschutz-Standards akzeptieren.
Eine Sprecherin von BundeswirtVerhandlungen zwischen EU und USA. „Wir
halten den zügigen Abschluss eines ehrgei- schaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), der
zigen Abkommens für sehr wichtig“, sagte bei TTIP die Federführung hat, erklärte:
Regierungssprecher Steffen Seibert in Ber- „Es wird kein Hormonfleisch geben.“ Die
lin. Dies sei die „einhellige Meinung“ der ge- EU werde auch die Kennzeichnungspflicht
samten Regierung. Die Kanzlerin habe ihre für gentechnisch veränderte Lebensmittel
Position bereits beim jüngsten Besuch von nicht ändern. Schutzstandards für Mensch,
US-Präsident Barack Obama bei der Hanno- Tiere und Umwelt würden durch TTIP nicht
infrage gestellt, ebenso wenig das im EUver Messe deutlich gemacht.
Das Handelsabkommen
TTIP sei eine große Chance, die
Globalisierung zu gestalten.
Die Exportnation Deutschland sei wie kaum eine andere
Volkswirtschaft auf einen freien Welthandel angewiesen.
Jeder vierte Arbeitsplatz in
Deutschland hänge davon ab,
erläuterte Seibert.
Die Echtheit der von
Greenpeace im Internet veröffentlichten
Dokumente
zum Verhandlungsstand zwischen Washington und Brüssel könne er nicht bestätigen.
Er kenne diese Papiere nicht,
betonte Seibert.
Grundsätzlich fügte er zu
den in den TTIP-Leaks dokumentierten US-Forderungen
an: „Verhandlungspositionen
sind keine Verhandlungsergebnisse.“ Es sei normal, dass
Merkel und Obama beim G20 Gipfel in Australien.
beide Seiten ihre Interessen
Recht verankerte Vorsorgeprinzip.
„Ich habe immer gesagt, so lange bei
TTIP keine Transparenz hergestellt wird,
solange man als verantwortlicher Politiker
gar nicht weiß, was da alles verhandelt wird“,
werde er „kein grünes Licht geben“, sagte
Seehofer in München. Die hohen Vebraucherschutzstandards in Deutschland müssten erhalten bleiben.
Aus der SPD kam als Reaktion auf die
Veröffentlichung eine Vielzahl kritischer
Stimmen. „Wenn die Position der USA blei-
Foto: EU-Kommission
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ben sollte, dann wird an der SPD jedenfalls
dieses Abkommen scheitern“, sagte Generalsekretärin Katarina Barley. „Es gibt für
TTIP keinen Freifahrtschein“, sagte SPDFraktionschef Thomas Oppermann. „Private
Schiedsgerichte oder Einschnitte beim Verbraucherschutz wird es mit der SPD nicht
geben.“
„Sigmar Gabriel muss das Abkommen
beerdigen“, forderte die Juso-Vorsitzende
Johanna Uekermann an den SPD-Parteichef
und Bundeswirtschaftsminister gerichtet.
Die enthüllten Dokumente belegten, dass
„die Verhandlungen gescheitert sind“, sagte
Uekermann den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland.
Die Linke fühlte sich in ihrer Ablehnung des TTIP-Abkommens bestätigt. „Die
EU-Kommission handelt gegen das Interesse der Bevölkerung und stellt das Vorsorgeprinzip zur Disposition“, sagte Vizefraktionschef Klaus Ernst.
Die Sprecherin der Grünen für Wettbewerbspolitik, Katharina Dröge, warnte
angesichts der Veröffentlichungen vor
dem Abkommen. Es sei „bitter“, was nun
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bekannt geworden sei, erklärte Dröge. „Im
Hinterzimmer wird um Verbraucher- und
Umweltstandards in Europa gepokert.“ Zudem werde die demokratische Kontrolle
geschwächt. Sahra Wagenknecht forderte
jüngst eine Volksabstimmung zu TTIP.
„Es gibt nur eine Schlussfolgerung:
Diese Verhandlungen müssen gestoppt
werden“, forderte die Grünen-Politikerin. „Es braucht einen Neustart, eine öffentliche Debatte als Grundlage für eine
Neuausrichtung europäischer Handelspolitik.“
Innovation
Sparkassen planen Smartphone-Bank
Mehrere Großsparkassen wollen als Reaktion auf den Fintech-Boom eine eigene Smartphone-Bank gründen
Durch FinTech können Bankdienstleistungen per Handy abgewickelt werden.
D
er Dienst namens Yomo soll zunächst nur aus einer Konto-App und
einer Karte bestehen. Langfristig wollen
die Geldhäuser das Angebot überregional
erweitern – und damit das traditionelle
Regionalprinzip der Sparkassen aufbrechen.
Eine Gruppe von Großsparkassen in
Deutschland planen, eine überregionale Smartphone-Bank zu gründen. Deren
Kunden sollen ihre Geschäfte ausschließlich auf dem Smartphone abwickeln. Der
Dienst soll zunächst nur aus einer KontoApp und einer Karte bestehen und Yomo
heißen – ein Akronym aus „your money“.
Viele traditionelle Geldhäuser setzen
in jüngster Zeit auf neue technologische
Lösungen fürs Banking: Die FintechBranche boomt und sowohl Start-ups als
auch Tech-Riesen wie Google und App-
le machen den konventionellen Banken
mit alternativen Finanz- und BezahlTechnologien das Geschäft streitig. Die
Gründung der Yomo-Bank ist daher auch
als eine Reaktion der traditionellen Sparkassen auf die wachsende Konkurrenz an
FinTech-Start-ups zu verstehen.
Insbesondere das Berliner Start-up
Number 26 bietet bereits einen fast identischen Service an, mit dem es in nur wenigen Monaten mehr als 100.000 Kunden
gewonnen hat. Mit dem KonkurrenzAngebot will die Sparkasse nun genau
deren vor allem junge Kunden erreichen,
also eine Zielgruppe zwischen 18 und 35
Jahren, die bisher nicht zum klassischen
Sparkassen-Kundenstamm gehörte.
Die Gründung von Yomo könnte jedoch langfristig das traditionelle System
Sparkasse aufheben: Denn die Sparkassen
Foto: Flickr/Jason Howie/CC by 2.0
wollen das Angebot überregional erweitern – und damit erstmals gegen das gewohnte Regionalprinzip verstoßen, nach
dem eine Sparkasse keine Angebote im
Bereich einer anderen Sparkasse macht.
Dieses Prinzip zur Konkurrenzvermeidung würde nun erstmals aufgebrochen:
Anfangs gehören laut SZ die Sparkassen
Köln, Hamburg, Berlin und München zu
den treibenden Institutionen. Kleinere Sparkassen wollen sich jedoch später
ebenfalls an dem Projekt beteiligen.
Yomo hat bereits eine Startseite, allerdings bleibt diese bisher ohne Inhalte.
Sie ist auch nicht als Projekt der Sparkasse erkennbar – laut SZ handele es sich bei
Yomo bisher um ein „millionenschweres
Geheimprojekt“. Die App soll von Starfinanz entwickelt werden und ab Herbst
2016 verfügbar sein.
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06. Mai 2016
Innovation
Selbstfahrende Autos: Fiat kooperiert mit Google
Deutsche Autobauer sind offenbar skeptischer: Nach Daimler und BMW will auch VW nicht mit Apple oder Google reden
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Auch deutsche Autobauer sind in Saie Auto- und IT-Branche schließen sich komplett vom Computer steuern zu lassen.
immer mehr zusammen. Die bei GoogFür viele Auto-Hersteller ist die Ver- chen Kooperationen skeptisch: Daimler und
le seit Jahren entwickelte Technik für selbst- schmelzung mit der IT-Industrie daher Teil BMW wollen ebenfalls lieber selber entwifahrende Autos könnte künftig bei Fahrzeu- der Zukunftsstrategie: Auch der ehemalige ckeln statt die Leitung an Silicon Valley abgen von Fiat Chrysler zum Einsatz kommen. Hyundai-Manager John Krafcik, der seit ver- zugeben: Sie haben jüngst ein Angebot zur
Der Autobauer verhandele mit der der gangenem Herbst das Roboterauto-Projekt Zusammenarbeit mit Apple abgelehnt, um
Google-Mutter Alphabet über eine Zusam- leitet, hatte Kooperationen als Ziel für die gemeinsam ein Auto herzustellen. Das Promenarbeit, berichtet das Wall Street Journal. nächste Phase der Entwicklung ausgegeben. jekt soll am Streit um die Projekt-Leitung
Während der Internet-Konzern eine Flotte Fiat-Chef Marchionne erklärte wiederholt, und die Datenhoheit gescheitert sein.
aus mehreren Dutzend zum Teil selbstent- dass sich die Auto-Industrie gegenüber
VW hat jüngst ebenfalls erklärt, man
wickelter Roboterwagen auf die Straßen Tech-Konzernen wie Alphabet oder auch plane im Zuge der großen Veränderungen
in der Autoindustrie keine Zusammenarbeit
schickt, erklärten die zuständigen Manager Apple stärker öffnen sollte.
Die Größen der Auto- und IT-Branche mit den Internet-Riesen Apple und Google.
stets, man suche nur eine Partnerschaft mit
haben dazu sogar jüngst eine Allianz ge- „Wir unterhalten uns nicht mit Apple und
etablierten Herstellern.
Fiat-Chrysler-Chef Sergio Marchion- schlossen, um Politik und Gesellschaft für Google“, sagte VW-Chef Matthias Müller am
Donnerstag in Wolfsburg.
ne ist schon länger auf der Suche
Ganz ohne IT-Kooperation
nach Partnern und wirbt für eine
gehe es aber in Zukunft auch bei
Konsolidierung der Branche. MarVolkswagen nicht: VW-Chef Mülchionne brachte bereits einen
Zusammenschluss mit der Opeller hatte zuvor angekündigt, sich
Mutter General Motors, Volkswamehr für Partnerschaften und
strategische Beteiligungen zu öffgen, Toyota und Ford als mögliche
Fusionspartner ins Gespräch, wurnen. „Die Zeiten, in denen unsere
Branche sich abgeschottet hat,
de aber von den Konkurrenten bisgehören endgültig der Vergangenher abgewiesen. Der Konzern liegt
bei der Entwicklung eigener Systeheit an“, so Müller. Mit welchen
Firmen nun im Einzelnen Partnerme für autonomes Fahren hinter
Konkurrenten wie Ford, General
schaften geplant sind, wollte der
Motors oder Daimler zurück.
VW-Chef nicht sagen.
Statt der traditionellen AutoAls alternativer Partner zu
bauer hat nun offenbar der IT-Rie- Fiat Chrysler will Googles Technologie für selbstfahrende Autos in seine den IT-Riesen aus den USA bringt
sich derzeit auch der Zulieferer
se Google das Interesse erwidert, Fahrzeuge übernehmen.
Foto: Flickr/Becky Stern/CC by sa 2.0
Bosch mit eigener Selbstfahrder ebenfalls seit längerem auf
Technologie ins Gespräch. Der
der Suche nach Partnern aus der
Autobranche war: Der Chefentwickler der fahrerlose Autos zu gewinnen. Dazu haben weltgrößte Autozulieferer Bosch wird mit
Google-Roboterwagen, Chris Urmson, hatte die Konkurrenten Google, Uber, Ford und digitalen, mobilen Produkten jedoch auch
sich auf der Automesse IAA im vergangenen Volvo eine gemeinsame Lobby-Gruppe ge- immer stärker zum Konkurrenten seiner
Herbst zuversichtlich gezeigt, dass sich Part- gründet. Ex-Mitarbeiter der US-Verkehrs- wichtigsten Kunden, den Autoherstellern.
ner aus der Autobranche finden werden. „Wir aufsicht sollen dort künftig für Google si- „In der vernetzten Welt wird ein Kampf um
sprechen intensiv mit Autoherstellern und cherstellen, dass der Milliardenmarkt für die Endkunden-Schnittstelle sein“, sagte
so viele von ihnen denken vorausschauend, selbstfahrende Autos durch eine günstige Bosch-Chef Volkmar Denner. Die scharfen
sehen die Herausforderungen, die vor uns Gesetzgebung möglichst schnell erschlos- Grenzen zwischen Autobauern und Zuliefeals Gesellschaft liegen“, sagte er der dpa.
sen wird.
rern verschwämmen. „Das ist ein Spagat für
Google baute erst die Sensoren und
In Teilen der Autoindustrie wird jedoch Bosch, kein Zweifel.“ Denn normalerweise
Steuertechnik nur in Fahrzeuge anderer befürchtet, man könne als Auftragsherstel- steckt in einem Auto viel Technik von ZuHersteller ein, inzwischen sind auch bei ler für Tech-Schwergewichte für Apple oder lieferern, doch Kontakt zum Autofahrer für
dem Internet-Konzern selbst entwickelte Alphabet enden. Ende des Jahres wurde eigene Verkäufe haben sie nicht. Nach Denkleine elektrische Zweisitzer auf den Stra- in Medienberichten Ford als potenzieller ners Einschätzung wird es jedoch auch geßen. Die Vision ist, bei den Fahrzeugen in Google-Partner genannt – doch der Auto- meinsame Geschäftsmodelle mit AutokonZukunft ganz auf Bedienelemente wie Lenk- bauer kündigte stattdessen einen Fokus auf zernen geben, in denen jeder wieder seinen
Platz finde.
rad oder Pedale zu verzichten und die Autos die Entwicklung eigener Technologien an.
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06. Mai 2016
Ressourcen
Russland baut eigene Öl-Marke auf
Die Abhängigkeit Russlands vom Dollar im Rohstoffsektor soll beendet werden
D
ie größte russische Rohstoffbörse
Spimex in Sankt Petersburg arbeitet
am Aufbau eines eigenen Benchmarks für
russisches Erdöl. Dazu befindet sie sich
derzeit in Gesprächen mit internationalen Investoren, wie Bloomberg berichtet.
Ziel der Regierung ist es offenbar, die Einnahmen aus dem Erdölverkauf der russischen Öl-Marke Urals zu steigern, indem
dieses von der weltweit dominierenden
Preisfestsetzung durch die Sorte Brent
abgekoppelt wird. Zudem soll das Öl fortan in Rubel gehandelt werden. „Das Ziel
besteht darin, ein neues Preissystem für
russisches Öl zu schaffen, innerhalb dessen Öl fair und einfach gehandelt werden
kann“ zitiert Bloomberg den Präsidenten
von Spimex, Alexei Rybnikov.
Die Regierung stört seit langem, dass
bei der Abrechnung russischen Erdöls
die Nordseesorte Brent als Richtwert herangezogen wird. Brent wird in Dollar
berechnet, auf dessen Entwicklung die
russische Regierung wenig Einfluss ausüben kann. Außerdem führt die generell
als schlechter bewertete Qualität der russischen Öl-Marke Urals im Vergleich zur
Öl-Marke Brent zu niedrigeren Preisen
auf den internationalen Märkten. „Russland (…) braucht jeden Dollar aus den Ölverkäufen, die es bekommen kann. Einen
eigenen Terminmarkt zu haben, würde
die Ermittlung eines russischen Ölpreises
verbessern und einheimischen Firmen
mehr Einkünfte aus Handelsgeschäften
bescheren“, sagt Rybnikov.
Spimex hatte bereits im vergangenen November den Handel mit Urals-Termingeschäften simuliert. Unterstützung
kommt nun auch von der Zentralbank.
Diese bereitet derzeit offenbar Gesetzesänderungen vor, um nichtrussischen Firmen den Zugang zu börsengehandelten
Rohstoff-Papieren und deren Derivaten
zu ermöglichen.
Kritiker befürchten, dass der neue
Richtwert unter allzu starker politischer
Beeinflussung stehen könnte. „Es ist bekannt, dass der Kreml wahrscheinlich
sehr in Russlands Ölindustrie verwickelt
ist. Das führt zu Bedenken, dass das je-
Auch andere Staaten bereiten sich auf eine Abkopplung ihrer Ölwirtschaft von den Dollar-basierten Richtwerten Brent und WTI vor.
Foto: EU-Kommission
weilige Angebot an verfügbarem Öl auf
höhere Preise ausgerichtet sein könnte
und einer effizienten Preisfindung im
Wege steht“, sagte ein von Bloomberg
zitierter Analyst. Auch die im Zuge des
Ölpreisverfalls gestiegene Volatilität des
Rubels sei demnach ein Thema unter
Investoren.
Auch andere Staaten bereiten sich
auf eine Abkopplung ihrer Ölwirtschaft
von den Dollar-basierten Richtwerten
Brent und WTI vor. China versucht seit
Jahren, einen eigenen Terminmarkt aufzubauen – in diesem Jahr soll es soweit
sein. Der Iran versucht seit der teilweisen
Aufhebung der Sanktionen, sein Öl in
Euro nach Europa zu verkaufen.
Im Dezember berichtete Oilprice.
com, dass Saudi-Arabien trotz des fallenden Ölpreises seine Öl-Exporte erhöht.
Das Land verkauft sein Öl mittlerweile zu
jedem Preis. Gleichzeitig wehrt sich das
Land gegen eine Drosselung seiner Förderung. Stattdessen fordert das Königreich
eine Drosselung von Russland und dem
Iran, um – nach eigenen Aussagen – eine
Ölpreiserholung zu bewirken.
Nach bisherigen Medienberichten
wollte Riad mit dieser Politik vor allem
Russland und dem Iran schaden, die beide als Rivalen im Nahen Osten angesehen
werden. Doch den größten objektiven
Schaden erleidet das Königreich selbst.
Die Devisenreserven des Landes sind aufgrund des Ölpreis-Verfalls drastisch zurückgegangen. Der Staatshaushalt kann
nicht mehr in gewohnter Weise finanziert
werden.
Deshalb ist diese Haltung nicht alleine dadurch zu erklären, dass SaudiArabien ausschließlich Russland und den
Iran schwächen möchte. Das Königreich
hat in den vergangenen Jahrzehnten die
eingenommenen Petro-Dollars vor allem
in US-Anleihen und US-Vermögensgüter
investiert. Ein erheblicher Teil der Gelder
floss offenbar auch in US-Offshore-Zentren wie Delaware, Wyoming oder Nevada.
Die Panama Papers bestätigen, dass die
saudische Königsfamilie Gelder in Steuer-Oasen parkt.
Dieser gesamte Prozess hat sich seit
den Konflikten im Nahen Osten und den
Unruhen im eigenen Land beschleunigt.
Die saudische Königsfamilie fürchtet einen Umsturz und will sich offenbar für
die Zeit danach auf eine neue Heimat im
Exil einrichten.
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06. Mai 2016
Finanzen
China will zum Zentrum des Gold-Handels werden
Das Projekt stellt eine weitere Etappe beim Aufbau einer chinesischen Gold-Infrastruktur dar
W
Transport physischen Goldes zwischen
Hongkong, Schanghai und Qianhai beschleunigen. Von den rund 3000 chinesischen Gold- und Schmuckunternehmen haben etwa 70 Prozent Fabriken in
Shenzhen. Das Lager in Qianhai direkt
neben Shenzhen würde es ihnen erleichtern, an das Gold zu kommen“, sagte
Cheung. Bislang müssen Produzenten
ihr Gold auf verschiedenen Wegen nach
Shenzhen bringen.
Das geplante Zentrum soll aus einem Goldlager, einem integrierten Abholmarkt, Handelsräumen und weiteren
Büros bestehen. Nach Ansicht
von Zerohedge würde damit eines der größten oder das größte
Lager- und Handelszentrum für
Gold entstehen. Die CGSES geht
davon aus, dass die Bauarbeiten
etwa zwei Jahre dauern und im
September beginnen werden.
Das Bauprojekt scheint Teil
einer übergeordneten Strategie Chinas zu sein, die darauf
abzielt, eine eigene Goldinfrastruktur aufzubauen, um sich
von der traditionellen Dominanz der Handelsplätze New
York und London zu lösen. Ein
wichtiger Schritt in diesem
Zusammenhang war die Errichtung der Edelmetallbörse
Shanghai Gold Exchange sowie
die bereits beschriebene Einführung eines Marktpreises
für Gold in der Landeswährung
Yuan. Zu beachten ist außerdem, dass China seit Jahren
Das neue Zentrum soll in erster Linie den Handel mit physischem Gold erleichtern.
große Mengen physischen GolFoto: Flickr/ Darijus Stasunskas/ CC by nc 2.0
des kauft. Letztendlich ist diese
Strategie auch gegen die WeltGroßbank Industrial and Commercial und Festland-China, der Einlagerung leitwährung Dollar gerichtet – weil ein
Bank of China (ICBC) sowie die Stadt von Edelmetallen für Händler und Pro- mit physischem Gold unterlegter RenShenzhen mit ihrer Sonderwirtschafts- duzenten sowie im Wertpapierhandel. minbi theoretisch eine attraktive Alterzone Qianhai. Die ICBC wird für die Fi- „Der Ausbau der Goldindustrie wird den native zum Dollar darstellen könnte.
eniger als eine Woche, nachdem
in Schanghai ein Referenzpreis
für Gold in der Landeswährung Renminbi (Yuan) bestimmt wurde, stellte die in
Hongkong ansässige Chinese Gold and
Silver Exchange Society (CGSES) das Projekt eines riesigen Lager- und Handelszentrums für Gold vor, wie der Finanzblog Zerohedge unter Berufung auf die
South China Morning Post berichtet.
Partner des Projektes – das in der
Freihandelszone Qianhai im Perlflussdelta angesiedelt werden soll – seien
neben der CGSES auch die chinesische
nanzierung des Bauvorhabens verantwortlich sein. „ICBC ist der größte der
15 autorisierten Importeure für Gold in
China. Sie ist darüber hinaus die größte
Bank Festland-Chinas und verfügt über
ein globales Netz an Niederlassungen,
das die Abwicklung von Transaktionen
und die Begleichung von Rechnungen
gewährleisten könnte“, sagte CGSES-Chef
Cheung.
Der Zweck des neuen Gold-Zentrums besteht ihm zufolge in einer Vereinfachung der Zollabwicklung zwischen
der Sonderverwaltungszone Hongkong
Impressum Geschäftsführer: Christoph Hermann, Karmo Kaas-Lutsberg. Herausgeber: Dr. Michael Maier (V.i.S.d. §§ 55 II RStV).
Redaktion: Anika Schwalbe, Gloria Veeser, Nicolas Dvorak. Sales Director: Philipp Schmidt. Layout: Nora Lorz. Copyright: Blogform
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