Das Dublin-System - Europäische Kommission

Das Dublin-System
In der Dublin-Verordnung sind die Kriterien und Verfahren festgelegt, nach denen bestimmt wird, welcher EU-Mitgliedstaat für die Prüfung
eines Asylantrags zuständig ist. Die Vorschriften sollen gewährleisten, dass ein rascher Zugang zum Asylverfahren möglich ist und ein Antrag
in einem einzigen, eindeutig bestimmten Mitgliedstaat inhaltlich geprüft wird – ein Ziel, das nach wie vor gültig ist. Das Dublin-System war
jedoch nicht dafür konzipiert, eine tragfähige Aufteilung der Verantwortung für die Asylbewerber innerhalb der EU sicherzustellen. Diese
Schwachstelle wurde durch die gegenwärtige Krise offengelegt.
Das Grundprinzip der derzeitigen Dublin-Regelung besteht darin, dass die Zuständigkeit für die Prüfung eines Asylantrags in erster
Linie bei dem Mitgliedstaat liegt, der am stärksten an der Einreise des Antragstellers in die EU beteiligt war. In den meisten Fällen ist
dies der Mitgliedstaat der ersten Einreise. Es kann auch der Mitgliedstaat sein, der einem Drittstaatsangehörigen ein Visum oder einen
Aufenthaltstitel erteilt hat, sofern der Drittstaatsangehörige bei Ablauf dieser Genehmigung beschließt, in dem betreffenden Staat zu
bleiben und Asyl zu beantragen. Die Einheit der Familie und der Schutz unbegleiteter Minderjähriger sind die Hauptgründe, wegen der von
diesen Vorschriften abgewichen werden kann.
In der Praxis bedeutet dies, dass nur wenige Mitgliedstaaten für die weitaus meisten Asylanträge zuständig sind – eine Situation, die die
Kapazitäten jedes Mitgliedstaats überstrapazieren würde. Sollten die aktuellen Migrationsmuster fortbestehen, ist dies untragbar. Daher
schlägt die Kommission eine Reform des Dublin-Systems vor, um ein faires und nachhaltiges System zu schaffen.
Das neue System sieht für den Fall einer überwältigenden Zahl von Asylanträgen in nur einem Mitgliedstaat vor, dass die Asylbewerber, die
dieser Staat nicht mehr aufnehmen kann, auf alle Mitgliedstaaten verteilt werden, die nicht unter übermäßigem Druck stehen.
„Kriterien zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig sein sollte“
2
1
Grundsatz der
Einheit der
Familie
Erteilung von
Aufenthaltstiteln
oder Visa
Antrag im internationalen Transitbereich eines
5 Flughafens
Von allen Dublin-Kriterien
wird derzeit das der
illegalen Einreise in einen
Mitgliedstaat bzw. des
illegalen Aufenthalts in
einem Mitgliedstaat am
häufigsten angewandt.
Illegale Einreise in
einen Mitgliedstaat
oder illegaler Aufenthalt in einem
Mitgliedstaat
Legale Einreise in
einen Mitgliedstaat
4
Migration und
Inneres
3
DIE GELTENDEN EU-VORSCHRIFTEN
HERAUSFORDERUNGEN UND SCHWACHSTELLEN
Bestimmung des EU-Landes, das für
den Asylantrag zuständig ist
Druck auf einige wenige Mitgliedstaaten
Bei Anwendung der Dublin-Vorschriften wird in den meisten
Fällen das Ankunftsland als das Land bestimmt, das für den
Asylantrag zuständig ist.
Die weitaus meisten eintreffenden Migranten werden derzeit
in nur wenigen Mitgliedstaaten (z. B. Griechenland und
Italien) registriert. Dadurch geraten die Asylsysteme dieser
Ersteinreiseländer unter enormen Druck. Dies ist keine gerechte
Verteilung der Verantwortung.
Harmonisierte Aufnahmebedingungen in
der gesamten EU
Die uneinheitliche Umsetzung von EUVorschriften führt zu Ungleichgewichten und
Sekundärmigration
In der EU gibt es gemeinsame Normen, die sicherstellen sollen,
dass Asylbewerber in einem offenen und gerechten System
gleich behandelt werden – unabhängig davon, wo sie ihren Antrag
stellen. Nach dem Dublin-System können sich Asylbewerber
nicht aussuchen, in welchem EU-Land ihr Antrag bearbeitet
wird. Allerdings haben Ermessensbestimmungen im EU-Recht
und eine unzulängliche Umsetzung der Rechtsvorschriften dazu
geführt, dass einige EU-Länder attraktivere Aufnahme- und
Asylsysteme bieten als andere, was Asylsuchende zum „AsylShopping“ veranlasst.
Einige Migranten versuchen, die Registrierung und die Abgabe von
Fingerabdrücken zu vermeiden, und reisen sodann in das Land
weiter, in dem sie sich niederlassen und Asyl erhalten wollen.
Diese Sekundärmigration hat zur Folge, dass die Asylbewerber
ungleich verteilt sind und die bevorzugten Zielländer einem
unverhältnismäßigen Druck ausgesetzt sind.
Die Dublin-Reform: ein neues System zur besseren Aufteilung der Zuständigkeit
Um die Schwachstellen des Dublin-Systems auf längere Sicht zu beseitigen, legt die Kommission einen Vorschlag zur Reform des
Systems vor, der seine Straffung und seine Ergänzung um einen Korrekturmechanismus für die Zuteilung von Asylbewerbern (FairnessMechanismus) vorsieht. Die wichtigsten Teile des neuen Systems sind: ein neues automatisches System zur Überwachung der Zahl
der in jedem Mitgliedstaat gestellten Asylanträge sowie der Zahl der tatsächlich dort neu angesiedelten Personen, Schwellenwerte, die
dabei helfen sollen zu bestimmen, wann ein Mitgliedstaat unter unverhältnismäßigem Druck steht, sowie ein Fairness-Mechanismus,
um diesen Druck abzuschwächen.
Ein neues automatisches System
Es wird ein neues automatisches System entwickelt, das aus
einem Zentralsystem, einer nationalen Schnittstelle in jedem
Mitgliedstaat und der Infrastruktur für die Kommunikation zwischen
Zentralsystem und nationaler Schnittstelle bestehen wird.
Nationale
Schnittstelle
Nationale
Schnittstelle
Nationale
Schnittstelle
Nationale
Schnittstelle
Schwellenwerte werden Aufschluss darüber geben, welchen
Anteil an den insgesamt in der EU gestellten Asylanträgen jeder
Mitgliedstaat in etwa erhalten würde, wenn die Anträge nach
Größe und relativem Wohlstand des Landes zugewiesen würden.
Durch einen Abgleich des jeweiligen Schwellenwerts mit dem
tatsächlichen Antragsaufkommen wird festgestellt, wann ein
Mitgliedstaat im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten für
unverhältnismäßig viele Anträge zuständig ist.
Nationale
Schnittstelle
Von der
Asylagentur der
Europäischen
Union
betriebenes
Zentralsystem
Feststellung, wann ein Mitgliedstaat unter
Druck steht
Bevölkerungsgröße
(50 % der Gewichtung)
Nationale
Schnittstelle
Gesamtes Bruttoinlandsprodukt
(BIP)
(50 % der Gewichtung)
Nationale
Schnittstelle
In dem automatischen System wird jeder in der EU gestellte
Asylantrag sowie die Zahl der in jeden Mitgliedstaat tatsächlich
neu angesiedelten Personen erfasst.
Neuansiedlungen werden bei der Zahl
der Asylanträge mitgezählt, um die
Bedeutung der Bemühungen um die
Schaffung legaler und sicherer Wege
nach Europa zu berücksichtigen.
Ende des Mechanismus
Fairness-Mechanismus
Der Fairness-Mechanismus wird angewendet, wenn
Mitgliedstaaten mit einer unverhältnismäßig hohen Zahl
von Asylanträgen konfrontiert sind. Wenn die Zahl der in
einem Mitgliedstaat gestellten Anträge mehr als 150 %
über dem Schwellenwert liegt, kommt automatisch der
Fairness-Mechanismus zum Einsatz. Dann werden alle neuen
Asylbewerber innerhalb der EU umverteilt.
Neuankömmlinge in Mitgliedstaaten, die durch den FairnessMechanismus entlastet werden, werden innerhalb der EU
umverteilt, bis die Zahl der Anträge wieder unter 150 % des
für den betreffenden Staat geltenden Schwellenwerts gesunken
ist. Sobald das Antragsaufkommen wieder unter 150 % des
Schwellenwerts liegt, wird der Fairness-Mechanismus nicht
mehr angewandt.
Beispiel: Wenn die Zahl der in Polen gestellten Asylanträge 150 % des
Schwellenwerts für Polen übersteigt, werden alle neuen Asylbewerber von Polen
auf andere Mitgliedstaaten umverteilt.
150%
150%
100%
100%
Schwellenwert
PL
Wenn ein Mitgliedstaat beschließt, an der Umverteilung von
Asylbewerbern aus einem unter Druck stehenden Mitgliedstaat
nicht teilzunehmen, sollte er einen Solidarbeitrag von 250 000
EUR je Antragsteller an den Mitgliedstaat zahlen, der an seiner
Stelle die Verantwortung übernimmt.
Schwellenwert
PL