Moment mal 8. Mai: Heimkinder

NDR 2 Moment mal
Montag – Freitag 18:15, Samstag & Sonntag 9:15 Uhr
Klaus Böllert vom Erzbistum Hamburg
Sonntag, 8. Mai 2016
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Erst Vater- und heute Muttertag. Da wird auch das klassische Familienbild gefeiert. Es gibt aber
auch Kinder, die nicht in so einer Familie aufwachsen, sondern in einem Heim groß werden. Diese
Kinder und Jugendlichen haben manchmal in ihren jungen Jahren mehr durchgemacht als so
mancher Erwachsener in seinem gesamten Leben. Das Kinder- und Jugendhaus St. Josef in Bad
Oldesloe lud letzte Woche zu einem „Ehemaligen-Treffen“ ein. Auch Anke Lamp nahm teil; sie kam
mit fünf Jahren ins Heim, nachdem ihr Vater verstarb. Wie war es, ein Heimkind zu sein?
Schrecklich, weil wir ja gar nicht daran Schuld waren, dass wir im Heim waren und wir in der
Öffentlichkeit immer wie so einen Stempel auf der Stirn hatten. In der Schule hatten wir einen
Lehrer, der dann immer sagte: Heimkinder sind strohdumm. Die können so und so nichts.
Tja, keine Frage, wer da strohdumm war …
Inzwischen hat Anke Lamp selber fünf Kinder. Denen hat sie beim Ehemaligentreffen im Kinderund Jugendhaus gezeigt, wo Mama elf Jahre gelebt hat.
Ja, es ist natürlich so, dass meine Familie ganz neugierig ist, wo ich überhaupt aufgewachsen bin,
weil ich ja auch viel erzähle und heute habe ich auch meine Freundin mitgebracht. Die ist auch
ganz neugierig und kann sich auch ein besseres Bild davon machen, obwohl sich hier natürlich
unheimlich viel verändert hat.
Wie es früher so war, das interessiert auch Jan Evers. Er ist 15 Jahre jung und lebt seit sechs
Jahren als Heimkind.
Es ist eigentlich nichts Besonderes, weil es sich wie zu Hause lebt. Es ist eigentlich ganz normal.
Man hat sein eigenes Zimmer. Ja.
Ist Jan denn trotzdem traurig, nicht in einer Vater-Mutter-Kind-Familie aufzuwachsen?
Nein, bin ich nicht. Es ist ne Erfahrung, damit ich später weiß, wenn ich Kinder hab, wie ich nicht
sein werde.
Katholisches Rundfunkreferat – www.ndr.de/kirche
NDR 2 Moment mal
Montag – Freitag 18:15, Samstag & Sonntag 9:15 Uhr
Klaus Böllert vom Erzbistum Hamburg
Sonntag, 8. Mai 2016
Ja, man hört schon was raus: Ohne einen Schicksalsschlag kommt eben niemand ins Heim. Anke
Lamp redet da heute offen drüber.
Ja, weil ich auch möchte, dass man weiß, dass auch aus Menschen, die im Heim, dass da auch
sehr viel draus werden kann
Gut, dass Anke Lamp heute selbstbewusst mit ihrer Heimvergangenheit umgeht. Aber traurig,
dass dazu immer noch Mut gehört. Ich weiß, dass die Erzieherinnen und Pädagogen im St. Josef
Haus sehr engagiert daran arbeiten, dass es ihren Heimkindern gut geht und sie im St. Josef Haus
ein zu Hause haben. Und da können wir einfach mit normaler Höflichkeit und Respekt mithelfen.
Denn den verdienen doch alle, die in jungen Jahren viel durchmachen - und die, die mit ihnen
leben und arbeiten.
Katholisches Rundfunkreferat – www.ndr.de/kirche