Positionspapier - Verein Hamburger Spediteure eV

 Verein Hamburger Spediteure e.V.
Positionspapier der Hamburger Spediteure
zu den Herausforderungen
der Arbeits- und Verkehrspolitik
Positionspapier Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis ........................................................................................................... 1 Über den Verein Hamburger Spediteure e.V. ................................................................ 2 Ausbau der Bille‐Achse – Gewerbe und Wohnflächen rücken zusammen, Einschränkungen für die Logistik? ................................................................................. 3 Bessere Baustellenplanung in Hamburg?....................................................................... 4 Bundesverkehrswegeplan 2030 ..................................................................................... 5 Hamburg wird zur Fahrradstadt – Radverkehr zu Lasten des Wirtschaftsverkehrs? .... 6 GVZ Altenwerder – Südliche Straßenanbindung ............................................................ 7 Einfuhr‐Umsatzsteuer .................................................................................................... 8 Verifiziert Bruttomasse – Zuständigkeitswirrwarr gefährdet deutschen Außenhandel .................................................................................................................. 9 Hafenkooperation – Politisches Wunschdenken? ....................................................... 10 Fahrrinnenanpassung – Was bringt die Fahrrinnenanpassung und was nicht? .......... 11 Veterinärabfertigung im Hamburger Hafen – Ein behördliches Stiefkind benötigt mehr Fürsorge ............................................................................................... 12 NOK – Einschränkungen bis 2028? ............................................................................... 13 Schwefel‐ und Stickoxid‐Emissionen – Wenn Umweltschutz zum Wettbewerbsnachteil für die deutschen Häfen wird .................................................. 14 Mindestlohn – Ein Gesetz mit Mängeln ....................................................................... 15 Impressum .................................................................................................................... 16 1
Positionspapier Über den Verein Hamburger Spediteure e.V. Der Verein Hamburger Spediteure e.V. (VHSp) wurde bereits 1884 in der Hansestadt ge‐
gründet und hat rund 350 Mitglieder. Der VHSp vertritt die Interessen der Hamburger Spediteure auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene gegenüber anderen Wirtschaftsverbänden, der Politik, Ver‐
waltung und Öffentlichkeit. Neben einem umfangreichen und vielfältigen Informations‐
angebot bietet der VHSp seinen Mitgliedern auch Beratungen und regelmäßige Fort‐ und Weiterbildungsmöglichkeiten an. Als Tarifvertragspartner verhandelt der VHSp als Ar‐
beitgebervertretung mit der zuständigen Gewerkschaft ver.di über Lohn‐, Gehalts‐ und Manteltarifverträge. Der VHSp ist organisatorisch in die überregionalen Speditionsverbände eingebunden. Über den Deutscher Speditions‐ und Logistikverband e.V. (DSLV) in Bonn und das Euro‐
päische Verbindungskomitee des Speditions‐ und Lagereigewerbes (C.L.E.C.A.T.) können die Hamburger Spediteure Einfluss auf Entscheidungen in Berlin und Brüssel nehmen. Außerdem arbeiten Hamburger Speditionsvertreter in Gremien des Weltspediteurver‐
bandes FIATA mit. Im Komitee Deutscher Seehafenspediteure (KDS im DSLV e.V.) werden speziell die ge‐
meinsamen Interessen der deutschen Seehafenspedition wahrgenommen. 2
Positionspapier Ausbau der Bille‐Achse – Gewerbe und Wohnflächen rücken zusammen, Einschränkungen für die Logistik? Im Mittelpunkt des Konzeptes – Stromaufwärts an Elbe und Bille – steht das Ziel, die Quartiere im Hamburger Osten künftig wie‐
der näher an die Stadt zu rücken und sie urbaner, kompakter und vielseitiger zu machen. © Handelskammer Hamburg Gärtner + Christ GbR, Luftbildgrundlage Mathias Friedel Luftbildfotografie Die Umgestaltung umfasst die Stadtteile Hammerbrook, Borgfelde, Rothenburgsort, Hamm, Horn, Billbrook und Billstedt. Dort sollen neue Wohn‐ und Stadtqualitäten geschaffen, moderne Industrie und Gewer‐
bestrukturen entwickelt und die Qualität und Vernetzung der Wasserlagen und Grün‐
räume verbessert werden. Allerdings setzt das städtische Konzept nahezu ausschließlich auf Innenentwicklung und Nachverdichtung. Es trägt daher wenig dazu bei, zusätzliche Gewerbe‐ und Wohnbauflä‐
chen im Hamburger Osten bereitzustellen. Es besteht außerdem die Gefahr, dass in Billbrook die Wohngebiete zu nah an die dort angesiedelten Gewerbegebiete rücken und die Betriebe in ihren täglichen Arbeitsabläu‐
fen stark einschränken. Anfang des Jahres, am 15. Februar 2016, trafen sich Vertreter des Vorstandes des VHSp zum ersten Senatorengespräch in der BMVI. Neben Senator Horch waren auch die Staatsräte Dr. Bösinger und Rieckhof vertreten. Ein Thema in dem einstündigen Gespräch war unter anderem auch der Ausbau der Bille‐Achse. Dem VHSp wurde in dem Gespräch von Senator Horch versichert, dass die dort ansässi‐
gen Logistikunternehmen keine Eingriffe durch die Wohnbebauung zu erwarten hätten. Forderung: Billbrook ist mit circa 650 Hektar das größte zusammenhängende Gewerbegebiet Euro‐
pas und blickt auf eine jahrzehntelange Tradition als Industrie‐ und Logistikstandort zu‐
rück. Vor diesem Hintergrund fordert der VHSp, dass die betroffenen Logistikunterneh‐
men bei einer Wohnbebauung keine Auflagen erhalten, um die Arbeitsabläufe nicht ein‐
zuschränken. 3
Positionspapier Bessere Baustellenplanung in Hamburg? Die Stadt Hamburg gibt derzeit 70 Millionen Euro pro Jahr für die Sanierung der Infrastruktur aus. Gleichzeitig werden das Radfahr‐
netz sowie das Busbeschleuni‐
gungsprogramm vorangetrieben. © Rainer Sturm / pixelio.de Das ist aus Sicht des Verein Ham‐
burger Spediteure e.V. sehr wichtig und teilweise auch dringend nötig. Allerdings sollte die Planung der Baustellen besser koordiniert werden, damit der Ver‐
kehr in Hamburg weiter fließt. Viele Baustellen werden mangels langfristiger Planung unnötig mehrmals angefasst. Nehmen wir das Beispiel Grindelalle, dort wurden Mitte 2014 die Busbeschleunigungsspuren angelegt. Nur ein Jahr später ist die Grindelalle wie‐
der eine Baustelle, weil bis Frühjahr 2016 unter anderem die Fahrradwege verbreitert und zum Teil auf die Fahrbahn verlegt werden. Dies hätte durch eine langfristigere Pla‐
nung verhindert werden können. Ein weiteres Beispiel ist die Shanghaiallee in der HafenCity. Im Frühjahr 2012 wurden dort der Geh‐ und Radweg fertiggestellt. Der zur Straße parallel verlaufende Fahrradweg wurde 2015 für rund 450.000 € auf die Straße verlegt. Die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt hatte damals die Baumaßnahme mit einer veränderten Rechtslage begrün‐
det, die aber bereits schon 2009 bestand. Des Weiteren haben der Senat und die Hochbahn eingeräumt, dass etliche Buslinien durch das Busbeschleunigungsprogramm entschleunigt wurden. Forderung: Die Infrastrukturmaßnahmen der Stadt Hamburg sind für den Individual‐ und Wirt‐
schaftsverkehr von hoher Bedeutung, um die Mobilität in Hamburg zu gewährleisten. Der VHSp ist der Ansicht, dass eine langfristigere, koordinierte und genauere Baustellenpla‐
nung in Hamburg nötig ist, um Doppelung zu vermeiden und den Verkehrsfluss nicht ein‐
zuschränken. 4
Positionspapier Bundesverkehrswegeplan 2030 Ein wichtiger Schritt zur nachhalti‐
gen Mobilitätssicherung für Deutschland war die Veröffentli‐
chung des Entwurfs des Bundesver‐
kehrswegeplans 2030 am 16. März 2016. Damit leitete Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt die längst überfällige Diskussi‐
on zur nachhaltigen Investition in dringend erforderliche Infrastrukturprojekte ein. Der Entwurf enthält rund 1.000 Projekte mit einem Gesamtvolumen von 264,5 Milliarden Euro. Davon entfallen 49,4 Prozent auf die Straße, 41,3 Prozent auf die Schiene und 9,3 Prozent auf Wasserstraßen. Von 2016 bis 2030 sollen 69 Prozent der Gesamtmittel in den Erhalt der Infrastruktur fließen. Im veröffentlichen Entwurf des neuen Bundesverkehrswegeplans hat das Bundesver‐
kehrsministerium nahezu alle von Hamburg vorgeschlagenen Projekte sehr positiv be‐
wertet. Der VHSp begrüßt, dass so viele Verkehrsprojekte – wie beispielsweise der längst überfäl‐
lige Ausbau A26‐ Ost oder der Ausbau des Nord‐Ostsee‐Kanals – Einzug in den Bundes‐
verkehrswegeplan gefunden haben. Forderung: Die Umschlagsentwicklung im Hamburg Hafen zeigt deutlich, dass diese Projekte nun‐
mehr endlich zügig realisiert werden müssen. Damit diese nicht – wie die Elbvertiefung –
um 10 Jahre verzögert werden. 5
Positionspapier Hamburg wird zur Fahrrad‐
stadt – Radverkehr zu Lasten des Wirtschafts‐
verkehrs? Die SPD und Grüne haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, den Fahrradverkehr in den kommen‐
den zwei Jahren zu verdoppeln. Bis zur Mitte des kommenden Jahr‐
zehnts soll der Fahrradanteil auf Hamburgs Straßen bei 25 Prozent liegen. © www.mediaserver.hamburg.de / Roberto Kai Hegeler Das Fahrrad ist aus Sicht des Verein Hamburger Spediteure e.V. heute unter dem Modal Split der Fortbewegung in der Stadt ein ganz normales Fortbewegungsmittel. Des Weiteren ist das Fahrrad ein wesentlicher Teil in der Stadt und das Thema muss klug und intelligent angegangen werden, damit der Straßenverkehr nicht darunter leidet. Denn die zum Teil durchgeführten Maßnahmen für den Fahrradverkehr – Verlegung auf die Straßen – führen zu zusätzlichen Engpässen und Unfallrisiken im Straßenverkehr. Forderung: Der VHSp befürwortet größtenteils den Ausbau von Velorouten und Fahrradwegen, al‐
lerdings nicht um jeden Preis. Die Hauptstraßen müssen für den Wirtschaftsverkehr frei‐
bleiben. 6
Positionspapier GVZ Altenwerder – Südliche Straßenanbindung Die Hamburg Port Authority (HPA) hat nach 21‐monatiger Bauzeit am 16. September 2015 die nördliche Straßenanbindung Altenwerder für den Verkehr freigegeben. Diese soll zur Entflechtung der Verkehre im Hamburger Hafen beitragen. © https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3AContainer‐Terminal‐Altenwerder‐CTA‐2004.jpg media/File:Container‐
Aus Sicht des Verein Hamburger Spediteure e.V. wird eine tatsächliche Steigerung der Erreichbarkeit des GVZ Altenwerder nur durch eine südliche Straßenanbindung erreicht. Die fertiggestellte nördliche Anbindung bringt bei Störungen der LKW‐Abfertigung am Containerterminal Altenwerder nur bedingt etwas, da auch diese zusätzliche Anbindung auf den Altenwerder Hauptdeich führt und diese Straße bei den genannten Störungen ebenfalls betroffen ist. Außerdem werden durch die südliche Straßenanbindung zum einen Fahrtwege verkürzt und Fahrzeiten optimiert, zum anderen lässt sich auf Grund einer Verteilung des Fahr‐
zeugaufkommens insbesondere zu Spitzenzeiten ein verbesserter Verkehrsfluss errei‐
chen. Forderung: Wir fordern eine konsequente Umsetzung der südlichen Straßenanbindung des GVZ Altenwerder. Nur durch eine südliche Straßenanbindung des GVZ Altenwerder kann eine tatsächliche Entlastung, auch die des „Finkenwerder Knotens“, erfolgen. Dafür ist es erfor‐
derlich, durch Herstellung weiterer 1,5 km Erschließungsstraßen eine Verbindung zwischen dem bereits fertiggestellten Netz von Erschließungsstraßen und dem südlichen Bereich des GVZ sowie dem Anschlusspunkt der südlichen Anbindung des GVZ zu schaffen. 7
Positionspapier Einfuhr‐Umsatzsteuer Die europäische Mehrwertsteuer‐
Systemrichtlinie (Artikel 211) bietet den Mitgliedsstaaten die Möglich‐
keit an, in ihren jeweiligen nationa‐
len Umsatzsteuergesetzen festzule‐
gen, wie die Mehrwertsteuer (Ein‐
fuhrumsatzsteuer/EUSt) für die Ein‐
fuhr von Gegenständen entrichtet werden kann. © Benjamin Klack / pixelio.de Da Deutschland von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, muss bei der Ein‐
fuhr von Waren über den Hamburger Hafen die Einfuhrumsatzsteuer grundsätzlich an die Zollverwaltung entrichtet werden. Die Einfuhrumsatzsteuer kann später als Vorsteuer geltend gemacht werden. Durch diesen Zahlungsfluss werden dem Importeur aber für einen Zeitraum X liquide Mittel entzogen. Zudem entstehen für die Spediteure, die sehr häufig die Importabwick‐
lung und damit die Verauslagung der zu entrichtenden Einfuhrumsatzsteuer überneh‐
men, Ausfallrisiken. Beides kommt in Rotterdam, dem Hauptwettbewerber des Hamburger Hafens, nicht zum Tragen, da die Niederlande in ihrem nationalen Umsatzsteuergesetz eine solche Rege‐
lung geschaffen haben. Beim Import über die Niederlande finden keine Zahlungsflüsse statt, sodass die Nachteile bzgl. der Liquidität und Ausfallrisiken nicht auftreten. Der Hamburger Hafen verliert Ladungsmengen, obwohl die Importeure mit der Leis‐
tungsfähigkeit durchweg zufrieden sind, ohne hiergegen etwas ausrichten zu können. Selbst in dem Fall, dass die Transportkosten über Rotterdam ins deutsche Hinterland hö‐
her sein sollten, fällt dies durch den immensen Liquiditätsvorteil nicht ins Gewicht. Forderung: Der VHSp fordert die Anpassung des deutschen Umsatzsteuergesetzes an die europäi‐
sche Mehrwertsteuer‐Systemrichtlinie (Artikel 211). Dadurch muss bei der Einfuhr keine Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer vorgenommen werden, sondern erst über die perio‐
disch abzugebende Umsatzsteuer‐Voranmeldung. Aus Sicht des VHSp sind nur geringfü‐
gige Änderungen von Steuergesetzen erforderlich, sodass insbesondere die Verwaltungs‐
zuständigkeiten von Bund und Ländern unverändert bleiben. Die Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz wurde durch ein Gutachten bestätigt. 8
Positionspapier Verifizierte Bruttomasse – Wirtschaftsfreundliche Um‐
setzung in Deutschland an‐
gemahnt Um die Sicherheit des Schiffes und seiner Besatzung, der Arbeiter in den Häfen, der Ladung sowie die Sicherheit im Seeverkehr zu gewährleisten, hat die Internatio‐
nal Maritime Organization (IMO) © Binkski / Fotolia.com
im November 2014 beschlossen, dass die Bruttomasse von Containern vor ihrer Stauung an Bord eines Schiffes zu verifi‐
zieren und zu bestätigen ist. Container ohne eine verifizierte Bruttomasse dürfen ab dem 1. Juli 2016 nicht mehr auf ein Seeschiff verladen werden. Für die Bestimmung der Bruttomasse gibt es zwei Methoden: Die Verwiegung des bela‐
denen und versiegelten Containers (Methode 1) oder die Nutzung einer Berechnungsme‐
thode, die von der zuständigen Behörde des Staates, in dem der Container abschließend beladen und versiegelt wurde, zertifiziert und zugelassen sein muss (Methode 2). In Deutschland werden die Vorgaben von der BG Verkehr umgesetzt. Allerdings müssen noch weitere Fragen unverzüglich gelöst werden, damit Deutschland seinen internationalen Verpflichtungen nachkommen kann. Forderung: Die stark außenhandelsorientierte deutsche Wirtschaft benötigt unverzüglich praxisge‐
rechte Vorgaben, insbesondere im Hinblick auf die Nutzung der Methode 2, um die Vor‐
gaben umsetzen zu können, so dass Störungen in der globalen Lieferkette nicht eintre‐
ten. 9
Positionspapier Hafenkooperation – Politisches Wunschdenken? Nicht nur Umweltverbände spie‐
len gern die Karte einer Hafenko‐
operation zwischen Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven aus. Diese eierlegende Wollmilchko‐
© www.mediaserver.hamburg.de / Christian Spahrbier operation hat demnach nur Vor‐
teile für alle beteiligten deutschen Häfen: Durch die Kooperation würden die Umwelt geschützt, Steuergelder eingespart und die Westhäfen geschwächt. Leider wird dabei gern übersehen, dass sich Reedereien bzw. deren Kunden bei der Aus‐
wahl ihres Anlaufhafens nicht von politischen Zielsetzungen leiten lassen, sondern die Hafenwahl nach Effizienz‐ und Qualitätskriterien erfolgt. Zudem darf man bei aller Euphorie für eine Hafenkooperation nicht vergessen, dass es auch Wettbewerb zwischen den deutschen Häfen – und damit auch zwischen den ver‐
schiedenen Bundesländern – gibt, wer welches Stück vom Ladungskuchen abbekommt. Am Ende des Tages gilt auch hier der alte Grundsatz "die Ladung sucht sich ihren Weg". Forderung: Vor diesem Hintergrund fordert der VHSp die im Übrigen auch unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten nicht unkritische Diskussion um eine Hafenkooperation zu beenden. Dort, wo es sinnvoll ist, treten die Häfen bereits vereint auf bzw. bündeln ihre Interessen in dem Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS). 10
Positionspapier Fahrrinnenanpassung – Was bringt die Fahrrinnen‐
anpassung und was nicht? In einer ersten Reaktion auf die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur Fahrrinnenanpassung der Weser überwog beim VHSp die Skepsis. © KMJ aus der deutschsprachigen Wikipedia [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) oder CC‐BY‐SA‐3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by‐sa/3.0/)], via Wikimedia Commons Zwar war es aus Sicht des VHSp begrüßenswert, dass der EuGH den Mitgliedstaaten Aus‐
nahmen vom Verschlechterungsverbot der EU‐Wasserrahmenrichtlinie einräumt, jedoch hat der VHSp schon damals mit großer Sorge betrachtet, dass nunmehr eine Diskussion um die Ausnahmekriterien und damit weitere Zeitverzögerungen bei den Fahrrinnenan‐
passungen von Weser und Elbe die Folge sein werden. So ist es ja auch gekommen. Die Planungsbehörden brauchen mehr Zeit und hoffen, dass durch die Nachbesserungen nicht neue Angriffspunkte entstehen. Wann das Bundesver‐
waltungsgericht in Leipzig eine Entscheidung zur Elbvertiefung trifft, ist derzeit noch völ‐
lig offen. Trotzdem geht der VHSp unverändert davon aus, dass es zu einer Fahrrinnenanpassung kommen wird, auch wenn diese ggf. über eine Ausnahmeregelung realisiert werden muss. Insofern besteht aktuell eine gute Gelegenheit, sich einmal darüber Gedanken zu ma‐
chen, welche Probleme die Fahrrinnenanpassung lösen wird und welche nicht. Forderung: Der VHSp fordert die unverzügliche Fahrrinnenanpassung der Elbe, damit der Hamburger Hafen auch weiterhin seine europäische Drehscheibenfunktion erfüllen kann. Dafür muss schnellstmöglich eine Anpassung der Planungsunterlagen an die vom Bundesverwal‐
tungsgericht geforderten Vorgaben erfolgen. 11
Positionspapier Veterinärabfertigung im Hamburger Hafen – Ein behördliches Stiefkind benötigt mehr Fürsorge Die Intensivierung des Verbraucher‐
schutzes sowie die regelmäßige Er‐
weiterung der EU in den letzten Jahren haben zu einer stetigen Er‐
höhung der veterinären‐ und phy‐
tosanitären Abfertigungsvorgänge in Hamburg geführt. © Marco2811 / Fotolia.com Die Erhöhung der Abfertigungsvorgänge hat leider nicht – wie man vermuten sollte – zu Personalverstärkungen, sondern zum Abbau von Personal geführt. Trotz ausdrücklicher Anerkennung des Engagements der im Veterinär‐ und Einfuhramt tätigen Mitarbei‐
ter/innen haben diese „Sparmaßnahmen“ zur Folge, dass nagelneue Veterinär‐
Kontrollstellen entweder ganz geschlossen (Burchardkai) wurden oder Öffnungszeiten so weit reduziert werden mussten, dass eine praxisgerechte Nutzung kaum noch möglich ist (Altenwerder). Auch die aus formaljuristischen Gründen stark verbesserungsfähige Zusammenarbeit zwischen dem Veterinär‐ und Einfuhramt und der Zollverwaltung führt in der Praxis bei den Wirtschaftsbeteiligten immer wieder zu Zeitverzögerungen und Mehrkosten. Neben den wirtschaftlichen Schäden für die betroffenen Unternehmen wird damit auch dem Standort Hamburg ein großer Imageschaden zugefügt. Ein wesentliches Argument der Kundenwerbung für den Hamburger Hafen ist, dass die Dienstleistungen in Hamburg in punkto Schnelligkeit, Zuverlässigkeit und Qualität hervorragend sind. Dafür nehmen Importeure in einem begrenzten Maße auch höhere Kosten in Kauf. Diese Hauptargumente für den Hamburger Hafen geraten immer häufiger ins Hintertref‐
fen, was unweigerlich zu Ladungsverlusten an die Konkurrenzhäfen führt bzw. schon geführt hat. Und einmal verlorengegangenes Vertrauen wieder zurückzugewinnen, ist sehr schwer und i.d.R. mit finanziellen Zugeständnissen verbunden. Forderung: Aus Sicht des VHSp müssen die am Einfuhrprozess maßgeblich beteiligten Landesämter (Veterinär‐ und Einfuhramt sowie Pflanzenschutzamt) unter dem Dach der Wirtschafts‐
behörde zusammengeführt werden. Anschließend muss eine bedarfsgerechte Anpassung der Personalausstattung vorgenommen sowie der Ausbau des Single‐Window‐Prinzips beim Einfuhrprozess vorangetrieben werden. 12
Positionspapier NOK – Einschränkungen bis 2028? Die verkehrsgeografische Lage des Hamburger Hafens macht ihn zur Drehscheibe der Handels‐ und Verkehrsströme in Nordeuropa und ist ideal dazu geeignet, um „grüne“ Logistikketten zu knüpfen. Der Klimaschutz und die Entlastung © "Karte Nord‐Ostsee‐Kanal" by Maximilian Dörrbecker (Chumwa) ‐ own work, usingOpenStreetMap data for the des Transitlandes Deutschland von backgroundtopographical background from Lencerthis map by NNW for the orientation map. Licensed under CC BY‐SA überflüssigen Lkw‐Transporten sind Aspekte, die in der öffentlichen Diskussion um die Fahrrinnenanpassung viel zu kurz kommen. Rund ein Drittel des Hinterlandverkehrs des Hamburger Hafens wird mittels Feederschiff abgewickelt. Vom restlichen Ladungsanteil entfallen im Fernverkehr rund 70 Prozent der Transportmenge auf die ebenfalls umweltfreundliche Schiene. Diese ein‐
drucksvollen Fakten können auch auf bremische Häfen übertragen werden. Insbesondere die für Hamburg so wichtigen Feederverkehre leiden massiv unter den re‐
gelmäßig auftretenden reparaturbedingten Restriktionen und Schließungen des Nord‐
Ostsee‐Kanals (NOK). Dabei ist er – noch vor dem Panama‐ und dem Suez‐Kanal – die meistbefahrene künstliche Wasserstraße der Welt. Der NOK hat für die gesamte deut‐
sche und nord‐/osteuropäische Außenwirtschaft eine erhebliche Bedeutung. Am Beispiel des NOK offenbart sich die fehlgeleitete Verkehrspolitik des Bundes in den letzten Jahren und Jahrzehnten. Statt den umweltfreundlichsten Verkehrsweg Wasser‐
straße zu fördern und somit Verlagerungspotenzial zu generieren, verspielt die Politik diese große Chance und gefährdet damit Wohlstand und Arbeitsplätze. Denn es wird noch bis zum Jahr 2028 dauern, bis im NOK alle Bauvorhaben umgesetzt worden sind und der Kanal wieder seine volle Leistungsfähigkeit erhält. (vgl. http://www.shz.de/schleswig-holstein/wirtschaft/der-nok-wird-120-jahre-alt-einsymbol-fuer-verrottete-infrastruktur-id9973511.html)
Forderung: Der VHSp fordert eine Überprüfung der Zeitabläufe der Ausbaumaßnahmen. Es erscheint uns unverständlich, dass der Bau des Kanals Ende des 19. Jahrhunderts nur acht Jahre in Anspruch genommen hat, aber die Reparatur‐ und Ausbaumaßnahmen heutzutage – mit modernster Technik – rund 18 Jahre dauern sollen. 13
Positionspapier Schwefel‐ und Stickoxid‐
Emissionen – Wenn Umweltschutz zum Wettbewerbsnachteil für die deutschen Häfen wird In dem von der Bundesregierung veröffentlichten Bericht über die „Entwicklung und Zukunftsper‐
© „Europa Mapa“. Lizenziert unter CC BY‐SA 3.0 über Wikimedia Commons ‐ https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Europa_Mapa.png#/media/File:Europa_Mapa.png2.0 via Wikimedia spektiven der maritimen Wirt‐
schaft in Deutschland“ werden viele nett formulierte Worte („Maritime Wirtschaft ist von strategischer Bedeutung“, „Exportnation Deutschland braucht zwingend funktionierende Seetransportwege“, „Maritime Technologie gehört zu den wichtigsten Zukunftsfeldern“ usw.) verwendet. Leider besteht die Gefahr, dass diese „strategische Bedeutung“ der deutschen Häfen auf dem Altar nicht harmonisierter Umweltschutzvorschriften geopfert wird. Mit einem gewissen Stolz weist die Bundesregierung in dem o.g. Bericht darauf hin, dass die seit dem 1.1.2015 geltenden strengen Schwefelemissions‐Grenzwerte in Nord‐ und Ostsee (SECA) „zu einer deutlichen Verbesserung des Umwelt‐ und Gesundheitsschutzes an den deutschen und europäischen Küsten geführt haben“. Einen Satz weiter wird dann allerdings eingeräumt, dass die strengen Grenzwerte erst 2020 auf allen europäischen Gewässern gelten werden. Dabei wollte sich die Bundesregierung dem Bericht zu Folge auch für faire Wettbewerbs‐
bedingungen zwischen den europäischen Häfen einsetzen. Offenbar soll dies erst für die weitere Zukunft gelten, oder wie sonst soll man sich erklä‐
ren, dass die Bundesregierung für die Nord‐ und Ostsee einen weiteren Sonderweg ge‐
hen will, und zwar diesmal zur Verringerung der Stickoxid‐Emissionen? Forderung: Aus Sicht des VHSp müssen Umweltschutz und faire Wettbewerbsbedingungen Hand in Hand gehen. Es kann nicht sein, dass Häfen im Mittelmeer mit den geringeren Umwelt‐
schutzanforderungen Ladungsakquise zu Lasten der Häfen an der Nord‐ und Ostseeküste betreiben und anschließend die Waren mit ausländischen Lkw‐Fahrzeugen quer durch Deutschland transportiert werden. Andernfalls wird Umweltschutz unglaubwürdig. 14
Positionspapier Mindestlohn – Ein Gesetz mit Mängeln Seit dem 01.01.2015 gilt in Deutschland das Mindestlohnge‐
setz (MiLoG) mit 8,50 Euro Min‐
destlohn pro Arbeitsstunde. Die Einführung des Mindestlohns ist für die Unternehmen in der Lo‐
gistikbranche vertretbar, denn der tarifliche Stundenlohn lag bereits © www.verbraucher‐papst.de / pixelio.de für sämtliche Berufsgruppen in der Spedition über dem jetzt gesetzlich vorgeschriebenen Niveau. Vielmehr führen die mit dem Mindestlohngesetz in Verbindung stehenden überzogenen Haftungs‐ und Administ‐
rationverpflichtungen zu untragbaren Belastungen. Die Umsetzung des MiLoG ist zum Teil nicht praxistauglich und es zeigte sich bereits ein erheblicher Nachbesserungsbedarf. Forderung: Der Verein Hamburger Spediteure e.V. sieht in folgenden Bereichen dringenden Hand‐
lungsbedarf: 
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Die Auftraggeberhaftung ist zu streichen. Hier besteht ein unkalkulierbares rechtliches Risiko. Kann der Gesetzgeber dieser Aufforderung nicht Folge leisten, sind zumindest praktikable und juristisch belastbare Exkulpationmöglichkeiten im MiLoG zu verankern. Transitverkehre und grenzüberschreitende Verkehre sind vollständig vom MiLoG auszunehmen. Die Anwendung des MiLoG auf mobile Dienstleistungen, die nur teilweise in Deutschland erfolgen, erhöht das Haftungsrisiko für deutsche Speditionen und behindert sowohl den freien Warenverkehr wie auch die Dienst‐
leistungsfreiheit in Europa. Bereitschaftszeiten des Fahrerpersonals sind nicht relevant für die Ermittlung des Mindestlohns und somit vom Anwendungsbereich des MiLoG auszuneh‐
men. 15
Positionspapier Impressum Herausgeber: Verein Hamburger Spediteure e.V. Vorstand: Johan P. Schryver (Vorsitzer) Willem van der Schalk (1. Stellvertreter) Axel Plaß (2. Stellvertreter) Thomas Hoyer Pay‐Andres Lüders Björn Kitzinger Axel Plaß Dierk Schulz Jens Sorgenfrei Gert Tews Bernd Themann Jürgen Tonak Friedrich Wendt Geschäftsführer: Stefan Saß Willy‐Brandt‐Straße 69 20457 Hamburg Telefon 040 37 47 64 ‐ 0 Telefax 040 37 47 64 ‐ 74 [email protected] www.vhsp.de Stand 04/2016 16