„Deutschlands Zukunft gestalten“ Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD (18. Legislaturperiode) Kurzfassung der Kommentierung des BDKJ Bundesvorstands „Große Koalition für große Aufgaben“ und "Der Geist dieses Vertrages heißt, dass wir eine Große Koalition sind, um auch große Aufgaben für Deutschland zu meistern" - So lautet die Darstellung von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Pressekonferenz zum vorgelegten Koalitionsvertrag. Wir möchten an dieser Stelle überprüfen, ob die große Koalition auch die Gegenwart und Zukunft des Landes im Blick hat, die Kinder und Jugendlichen in Deutschland. Aus deren Perspektive – der Perspektive der unter 28jährigen – analysieren wir die Ergebnisse des Koalitionsvertrags nach dem Handlungsprinzip „U28 – Die Zukunft lacht“: „Bei allen Entscheidungen und Maßnahmen der Politik, der Justiz und der Verwaltung werden Nachteile für Kinder und Jugendliche vermieden und Vorteile erwirkt. Die Bewahrung natürlicher Ressourcen und deren nachhaltiger Einsatz sind gesichert.“ Im Folgenden haben wir zu einzelnen Bereichen des Koalitionsvertrags einige Gegenwarts- und Zukunftsperspektiven von Kindern und Jugendlichen herausgegriffen. In den jeweiligen Kapiteln wird umfangreicher auf diese Themen und die darin enthaltenen oder nicht enthaltenen Perspektiven für Kinder und Jugendliche eingegangen. Wirtschaftspolitik Die Zukunft lacht, wenn ein wirklicher Aufbruch auch eine junge Generation von Arbeitnehmer/innen und zukünftigen Selbstständigen anspricht und deren Wünsche nach neuen vielfältigen und sicheren Arbeits(zeit)- und Beschäftigungsmodellen in den Blick nimmt. Bildungspolitik Die Zukunft lacht, wenn Bildungspolitik nicht auf Kriterien der wirtschaftlichen Nutzbarkeit und Wettbewerbsfähigkeit eng geführt und damit den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen nicht gerecht wird. Die Zukunft lacht, wenn junge Menschen Raum zur freien Entfaltung, zum gesellschaftlichen Engagement und zur Selbstverwirklichung jenseits von Leistungstests und Curricula haben. Die Zukunft lacht, wenn der geplante Ausbau der Initiative „Bildungsketten“ mit der flächendeckenden Gestaltung der Berufseinstiegsbegleitung umgesetzt wird. Die Zukunft lacht, wenn die Allianz für Aus- und Weiterbildung sich an den Bedarfen der förderungsbedürftigen Jugendlichen orientiert. Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik Die Zukunft lacht, wenn ausreichend Mittel zur Verfügung stehen um die Integration aller Gruppen junger Arbeitssuchender in den Arbeitsmarkt umzusetzen. Damit die Zukunft lacht, braucht es „Gute Arbeit“, denn die oftmals prekären Lebenssituationen von Leiharbeitern sind gerade für junge Menschen ein schwieriger Start ins Berufsleben. Damit die Zukunft lacht, fordert der BDKJ die Einführung einer bedingungslosen Grundrente. Sie soll aus allen Einkommensarten finanziert werden, als existenzsichernde Grundlage für ein würdevolles Leben nach dem aktiven Erwerbsleben. 1 Finanzpolitik Die Zukunft lacht, wenn öffentliche Haushalte nicht mehr, vor allem auf Grund von Sachzwängen, aufgestellt werden. Deshalb fordern wir eine qualitative Bewertung aller und die Vermeidung unnötiger Ausgaben. Die Zukunft lacht, wenn die Bundesregierung eine nachhaltige Finanzpolitik umsetzt und bei der Aufstellung des Haushalts prüft, welche Auswirkungen dieser für künftige Generationen hat. Die Zukunft lacht, wenn keine und keiner zurückbleibt. Deshalb fordern wir auf Grundlage des Solidaritätsprinzips für einen sozialen Ausgleich zu sorgen, um Chancengleichheit herzustellen und Jugendarmut einzudämmen. Frauen- und Gleichstellungspolitik Die Zukunft lacht, wenn Kinder und Jugendliche ohne starre Rollenbilder aufwachsen können. Dies wird gerade auch dann ermöglicht, wenn Erwachsene in ihrem Umfeld die Möglichkeit haben ihnen unterschiedliche Rollen- und Lebensmodelle vorzuleben. Die Zukunft lacht, wenn Jungen und Mädchen frei entscheiden können, was sie später (beruflich) werden wollen. Entsprechende Beratungsangebote müssen daher geschlechtssensibel gestaltet werden. Jugendpolitik Die Zukunft lacht, wenn politische Gesetzesvorhaben (ganz im Sinne von U28- Die Zukunft lacht) hinsichtlich ihrer Wirkung für die nachfolgende Generation bewertet bzw. „durchgecheckt“ werden. Der angedachte „Jugendcheck“ ist dazu ein richtiger und guter Schritt. Die Zukunft lacht, wenn die Selbstorganisation von jungen Menschen anerkannt und die Jugendverbandsarbeit entsprechend gefördert wird. Die Zukunft lacht, wenn die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention vorangetrieben wird und die Kinderrechte entsprechend ins Grundgesetz eingetragen werden. Integration und Zuwanderung Die Zukunft lacht, wenn unterschiedliche kulturelle Hintergründe als Chance erkannt werden, weil sie eine wichtige Ressource darstellen. Die Zukunft lacht, wenn Kinder mit Zuwanderungsgeschichte Vorbilder finden, die in Deutschland eine Heimat gefunden haben und im besten Sinne integriert sind. Kriminalität und Extremismus Die Zukunft lacht, wenn junge Menschen Demokratie als die bestmögliche Staatsform erleben, die es gegen Anfeindungen zu verteidigen gilt. Die Zukunft lacht, wenn es extremistischen Parteien und Organisationen nicht gelingt, junge Menschen für sich einzunehmen, weil es attraktive alternative Angebote gibt. Engagementpolitik Bürgerschaftliches Engagement Die Zukunft lacht wenn junge Ehrenamtliche durch bessere Freistellungsmöglichkeiten im Berufsleben oder Verlängerungen der Baföglaufzeiten die Möglichkeit für ehrenamtliches Engagement bekommen. Die Zukunft lacht durch die Schaffung von verbindlichen Freiräumen, die zusehend durch die Ganztagsschule oder straffe Zeitpläne im Studium eingeschränkt werden. Freiwilligendienste Die Zukunft lacht, wenn die Vielfalt und Qualität der Freiwilligendienste, wie im Koalitionsvertrag erwähnt als Bildungsdienste in „zivilgesellschaftlicher Verantwortung“ ausgebaut werden sollen. 2 Die Zukunft lacht, wenn es ein sinnvolles Freiwilligendienstekonzept gibt, dass sowohl die internationalen, wie die nationalen Freiwilligendienste aus der Perspektive von jungen Menschen im Blick hat und die zivilgesellschaftlichen Träger befähigt, diese subsidiär durchzuführen. Das Konzept des FSJ bietet im Inland nach wie vor den Standard für alle Angebote von Freiwilligendiensten. Ein freiwilliger Wehrdienst bei der Bundeswehr ist aus unserer Perspektive in einem solchen Konzept nicht zu verorten. Umweltpolitik Die Zukunft lacht, wenn der schonende Umgang mit Ressourcen einschließlich Wiederverwertung endlich umgesetzt wird, um Lebensgrundlagen für künftige Generationen zu erhalten. Die Zukunft lacht, wenn Umwelt- und Klimaprobleme ernst genommen werden und der erhöhte und dringliche Handlungsbedarf im Sinne künftiger Generationen in konkrete Maßnahmen mündet. Stadt- und Regionalentwicklung Die Zukunft lacht, wenn eine gut ausgebaute ländliche Infrastruktur und attraktive Beteiligungsprojekte vor Ort, jungen Menschen eine Zukunftsperspektive in ländlichen Räumen bieten. Die Zukunft lacht, wenn auch in großen Städten jungen Berufsauszubildenden, Studierenden, sowie Praktikantinnen und Praktikanten kostengünstigen Wohnraum angeboten wird. Energiewende Die Zukunft lacht, wenn es eine konsequenten Umsetzung der Klimaziele und eine rasche globale Einigung auf ein Nachfolgeprotokoll zum Kyoto-Protokoll gibt. Die Zukunft lacht, wenn das Erneuerbare Energien Gesetz weiterhin ein Instrument der Förderung des konsequenten Ausbaus von Erneuerbaren Energien bleibt und nicht zu einem Instrument der Regulierung dieses Ausbaus wird. Die Zukunft lacht, wenn neue Technologien der Energiegewinnung als zukunftsweisend gefördert werden. Kultur und digitale Medien Digitale Infrastruktur Die Zukunft lacht, wenn Netzneutralität, die für Teilhabegerechtigkeit und Innovation sehr wichtig ist,umgesetzt wird. Die Zukunft lacht, wenn zur Verwirklichung gleicher Teilhabechancen der geplante flächendeckende Breitbandausbau umgesetzt wird. Kultur und Medien Die Zukunft lacht, wenn Kinder und Jugendliche unabhängig von ihrer Herkunft gleiche gute Zugangschancen zu verschiedenen schulischen und außerschulischen Angeboten der kulturellen und der politischen Bildung haben. Digitale Medien Die Zukunft lacht, wenn Verbraucherinnen- und Verbraucherrechte der Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen besser gerecht werden. Digitale Agenda Die Zukunft lacht, wenn an Bestrebungen die Medienkompetenz für junge Menschen zu steigern, auch Vertreterinnen und Vertreter von Jugendverbänden beteiligt werden, um auch außerhalb von Akteurinnen und Akteuren des Jugendmedienschutzes mit einer starken Stimme für die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen zu sprechen. Digitale Sicherheit und Datenschutz 3 Die Zukunft lacht, wenn Freiheit und Sicherheit im Netz in Balance gebracht werden und nicht die einseitige Betonung der Sicherheit Freiheits- und Bürgerrechte einschränkt. Beteiligung von Bürgerinnen und Bürger Die Zukunft lacht, wenn die Mitwirkung von Bürgerinnen und Bürgern eine greifbare Wirkung im politischen Prozess erzielt, transparent ist, was mit den Ergebnissen geschieht und nicht zur Pseudobeteiligung verkommt. Die Zukunft lacht, wenn Beteiligungsformen stärker an den Bedürfnissen, Interessen und den Lebenswelten der jungen Menschen ausgerichtet werden. Europa Die Zukunft lacht, wenn Europa von jungen Menschen aus gedacht wird und diese mitgestalten und mitbestimmen können, wie ihr Europa aussehen soll. Die Zukunft lacht, wenn junge Menschen unabhängig von ihrem Herkunftsland eine Chance auf dem europäischen Arbeitsmarkt bekommen. Außen und Sicherheitspolitik Die Zukunft lacht, wenn präventive Maßnahmen stärker in den Fokus der Friedens- und Verteidigungspolitik gelangen. Hierzu bedarf es einer besseren finanziellen Ausstattung von Instrumenten ziviler Konfliktbearbeitung. Dann können Kinder und Jugendliche weltweit zum Frieden erzogen werden. Die Zukunft lacht, wenn der Waffenhandel stärker kontrolliert und vor allem eingeschränkt wird. Die Zukunft lacht, wenn es im Freiwilligen Wehrdienst ein größeres Angebot an politisch-ethischer Bildung, mehr berufsqualifizierenden Angeboten und einen stärkeren Fokus auf die persönliche Entwicklung der jungen Menschen gibt. Entwicklungszusammenarbeit Die Zukunft lacht, wenn sich Entwicklungszusammenarbeit daran orientiert, wie sie der in so genannten Entwicklungsländern aufwachsenden jungen Generation eine Zukunft mit Perspektiven bieten kann, in der sie ihr Leben ohne Hunger, Armut und andere Bedrohungen in ihrer Heimat gestalten können. Die Zukunft lacht, durch die stärker angestrebte Förderung von entwicklungspolitischer Bildungsarbeit und der Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft. Schutz und Förderung der Menschenrechte Die Zukunft lacht, wenn auch kommenden Generationen in Deutschland, Europa und weltweit ein Aufwachsen unter Wahrung der Menschenrechte und in Würde möglich ist. Die Zukunft lacht, wenn die Zusage, „die Chancen von Kindern auf ein Leben in Würde zu fördern“ klare Priorität erhält und sich danach die Entwicklungs- und Flüchtlingspolitik ausrichten. Die Langfassung dieser Kommentierung ist unter u28.bdkj.de abrufbar. Daran haben mitgewirkt: Andreas Deutinger, Anna Grebe, Annika Triller, Barbara Kerime, Benedikt Kestner, Felix Neumann, Gesa Grandt, Jens Lübbe, Johannes Merkl, Jürgen Bahr, Ludger Urbic, Manuel Koch, Manuela Vosen Michael Bier, Michael Kreuzfelder, Norbert Siebers, Philip Smets, Sebastian Koppers, Stefan Dengel, Stefan Malik, Susanne Schütte, Susanne Rauh, Svenja Kormann, Tobias Agreiter, Yvonne Everhartz 4
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