20 | | ERNEUERBARE ENERGIEN/DEZENTRALE VERSORGUNG Windkraftanlagen weiterbetreiben Wärme im Paket in Bochum Stadtwerke offerieren Kunden Pachtmodell für Heizungsanlage WINDKRAFT Windturbinen werden in der Regel nach 20 Jahren stillgelegt. TÜV Rheinland ist der Fragestellung nachgegangen, unter welchen Bedingungen ein Weiterbetrieb nach Ablauf dieser Zeit technisch und wirtschaftlich sinnvoll ist – BOCHUM – Die Stadtwerke Bochum bieten ihren Kunden im Rahmen einer Energieeffizienzmaßnahme ein Pachtmodell für neue Heizungsanlagen an: »Mit dem StadtwerkeWärme-Paket haben wir ein weiteres Rundum-Sorglos-Angebot für unsere Kunden geschaffen«, erklärt Stadtwerke-Geschäftsführer Frank Thiel. Unter www.stadtwerke-bochum.de/waermepaket macht der Kunde Angaben zu seiner Immobilie und der bereits bestehenden Heiztechnologie. Auf Basis dieser Daten erstellen die Experten der Stadtwerke ein individuelles Angebot, bestehend aus einer monatlichen Pacht und einer Dienstleistungspauschale für Wartung, Reparatur und Schornsteinfegerkosten für die Laufzeit von zwölf Jahren. Die Stadtwerke lassen sodann eine moderne Gas-Brennwerttherme einbauen und regeln Betriebsführung, Wartung und Instandhaltung inklusive 24-Stunden-Service. Heizungsanlagen deutscher Privathaushalte sind im Durchschnitt 17,6 Jahre alt und somit nicht auf dem Stand der Technik. mittelt und belegt werden. Dabei sind sowohl praktische als auch analytische Nachweise erforderlich. Diese Nachweisverfahren und die entsprechenden Gutachten werden zum Beispiel von den Spezialisten des TÜV Rheinland erstellt. Das Prüfinstitut ist von der Deutschen Akkreditierungsstelle Dakks für die Typenund Komponentenzertifizierung von On- und Offshore-Windkraftanlagen nach nationalen und internationalen Normen zertifiziert und unterstützt seine Kunden weltweit mit Messungen, Zertifizierungen und Gutachten. Für die Ermittlung der Nutzungsreserven führen die Prüfer Vor-Ort-Inspektionen durch, die einer wiederkehrenden Prüfung ähneln. Bei diesen Inspektionen prüfen die Gutachter den Zustand der standsicherheitsrelevanten Hauptkomponenten insbesondere auf ihre Ermüdung. Dabei werden zum Beispiel der Turm, das Fundament, die Rotorblätter, der Maschinenträger und die Nabe untersucht sowie die Schraubverbindungen überprüft. Gegebenenfalls werden Videoendoskopien und Schwingungsanalysen durchgeführt. Im analytischen Teil des Nachweisverfahrens werten die Prüfer die Lebenslaufakte und die SCADA-Daten aus und vergleichen die tatsächlichen Werte mit den Auslegungswerten. Dabei berücksichtigen sie die Betriebsstunden und das Lastniveau, extreme und mittlere Windgeschwindigkeiten, Wartungslogs und effektive Turbulenzintensitäten. Von TORSTEN BEDNARZ, Köln B etreiber müssen ihre Windkraftanlagen nach Ablauf der sogenannten »Entwurfslebensdauer« von 20 Jahren abbauen oder stilllegen, wenn sie keinen individuellen Nachweis über die Standsicherheit und die Betriebsfestigkeit vorweisen können. Weil die Windenergie in Deutschland zwischen 1995 und 2000 aber einen enormen Aufschwung erlebt hat, kommen derzeit immer mehr Anlagen in ein kritisches Alter, und die Betreiber müssen sich entscheiden, was mit ihrer Altanlage passieren soll. So wird es bereits 2016 mehr als 7000 Windkraftanlagen geben, die zwischen 15 und 20 Jahre alt sind. 2019 werden es sogar mehr als 10 000 sein. Der Bundesverband Windenergie hat zwar im vergangenen Jahr Grundsätze für die Durchführung und Prüfung über den Weiterbetrieb von Windenergieanlagen veröffentlicht, die Anlagenbetreiber bei der Zusammenarbeit mit Sachverständigen un- Neues Programm für Wärmenetze Baden-Württemberg geht klimaneutrale Versorgung an »Für Weiterbetrieb sprechen Höhen- und Schallbegrenzungen sowie Abstandsregeln.« – STUTTGART – Um den Ausbau energieeffizienter Wärmenetze in Baden-Württemberg voranzubringen, hat das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft ein neues Förderprogramm ins Leben gerufen. Das auf sechs Jahre angelegte Programm hat ein Fördervolumen von insgesamt 8,8 Mio. Euro. Schließlich müsse bis zum Jahr 2050 die Wärmeversorgung nahezu klimaneutral erfolgen, so Umweltminister Franz Untersteller. Das neue Förderprogramm soll mit dazu beitragen, den Anteil erneuerbarer Wärme von heute 14 auf 21 Prozent im Jahr 2020 anzuheben. Das Förderprogramm knüpft an das der »Bioenergiedörfer« an. terstützen sollen. Praktische Erfahrungen liegen bislang aber kaum vor. Der Windenergiedienstleister TÜV Rheinland hat untersucht, unter welchen Bedingungen der Weiterbetrieb technisch und wirtschaftlich sinnvoll ist. Zu den möglichen Gründen für den Weiterbetrieb zählen die Experten von TÜV Rheinland Höhen- und Schallbegrenzungen am Anlagenstandort sowie Abstandsregelungen und wirtschaftliche Aspekte. So sind Neuanlagen in der Regel größer und leistungsstärker, was dazu führen kann, dass sie die zulässigen Höhen- und Schallbegrenzungen überschreiten. Außerdem genießen Altanlagen in der Regel Bestandsschutz, während für Neuanlagen strengere Regeln gelten. BHKW für Gesundheitspark Gelsenwasser tritt als Contractor auf und trägt die Investitionskosten Wirtschaftliche Gründe | Den Wegfall des Repowering-Bonus und die späte Abschreibung vieler Anlagen (teilweise erst nach 15 Jahren) zählt TÜV Rheinland zu den wirtschaftlichen Aspekten für den Weiterbetrieb. Mit dem Repowering-Bonus in Höhe von 0,5 Cent pro Kilowattstunde wurden seit 2009 Neuanlagen subventioniert. Weil die Bundes- – GELSENKIRCHEN – Die Gelsenwasser AG hat im Rahmen eines Contractings den Gesundheitspark Nienhausen mit einem Blockheizkraftwerk (BHKW) ausgestattet. Unter Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) wird nun Wärme und Strom gleichzeitig bereitgestellt. »Wir sparen durch den Einsatz der BHKW-Anlage jährlich 80 000 Euro Energiekosten ein«, so Stadtdirektor Dr. Manfred Beck. Gelsenwasser trägt auch die Investitionskosten in Höhe von 325 000 Euro. Das BHKW hat eine Leistung von 220 kW. Helios setzt auf Fernwärme Erhöhte Versorgung in Duisburg – DUISBURG – Die Fernwärme Duisburg GmbH wird künftig die Helios-Standorte in Hochfeld (Helios Marien) und Alt-Hamborn (Helios St. Johannes) im erweiterten Maße mit Fernwärme versorgen – der Vertrag hat eine Laufzeit von zehn Jahren. »Fernwärme ist und bleibt für uns die beste Alternative«, so Dr. Holger Raphael, Geschäftsführer des Helios-Klinikums Duisburg. Schon heute bezieht der Krankenhausbetreiber anteilig Fernwärme, mit den Neubauten erfolgt künftig eine Vollversorgung. Die Anschlussleistung beträgt rund 6,9 MW. April 2016 Die Tage sind gezählt: Gerade ab 1995 erlebte die Windkraft in Deutschland einen gehörigen Boom. Im Jahr 2016 wird es bereits mehr als 7000 Windkraftanlagen geben, die zwischen 15 und 20 Jahre alt sind. Bild: TÜV Rheinland regierung den Bonus Ende 2014 gestrichen hat, ist die Attraktivität des Repowerings im Vergleich zum Weiterbetrieb gesunken. Außerdem schöpfen viele Anlagen ihr wirtschaftliches Potenzial erst beim Weiterbetrieb gänzlich aus. Mit einem Gutachten können Betreiber den Weiterbetrieb ihrer Windenergieanlage bei der entsprechenden Genehmigungsbehörde verlängern. Für diesen individuellen Nachweis müssen die Nutzungsreserven der Windkraftanlage durch einen Gutachter er- Lange Lebensdauer | In der Praxis konnten sämtliche der von TÜV Rheinland untersuchten Windenergieanlagen die Bedingungen für einen Weiterbetrieb von fünf oder mehr Jahren aus technischer Sicht erfüllen. Viele Komponenten halten deutlich länger als 20 Jahre: Die Prüfer stellten fest, dass einzelne Bestandteile sogar noch Jahrzehnte nach Ablauf der Entwurfslebensdauer verwendet werden können. In einigen Fällen war eine Verlängerung der Laufzeit allerdings nur unter Auflagen möglich. Dazu zählen zum Beispiel Instandsetzungsmaßnahmen wie der Austausch von Blattschrauben, eine lastreduzierte Betriebsweise, der Einsatz von Condition-Monitoring-Systemen oder verkürzte Prüfzyklen, bei denen insbesondere die Risikopunkte und Schwachstellen untersucht werden. Wirtschaftlich macht der Weiterbetrieb natürlich nur dann Sinn, wenn die Investitionen zur Instandsetzung und die Auflagen aus dem Gutachten nicht höher sind als die erwarteten Erträge, was untersucht werden muss. TORSTEN BEDNARZ ist Fachgebietsleiter bei TÜV Rheinland. Joint-Venture für die Uni »Worst Case« zog vorüber TU DARMSTADT Entega und Steag stemmen gemeinsam die Versorgung KWK Der BHKW-Hersteller 2G Energy sieht Chancen für Stadtwerke durch des Campus mit Wärme, Kälte und Strom das neue Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) – DARMSTADT – Ein Konsortium aus Steag New Energies GmbH und Entega AG (Darmstadt) versorgt die Technische Universität Darmstadt ab sofort mit Wärme, Kälte und Strom: Die Bietergemeinschaft hat einen bis Ende 2030 laufenden Contracting-Vertrag unterzeichnet und investiert rund 17 Mio. Euro in hocheffiziente Technologien auf dem Campus Lichtwiese. Für die Finanzierung, den Ausbau und den Betrieb der Anlagen hat das Konsortium eine eigene Gesellschaft gegründet, die Entega Steag Wärme GmbH mit Sitz in Darmstadt. Die Projektgesellschaft gehört zu 51 Prozent der Steag New Energies und zu 49 Prozent der Entega AG. Im Rahmen des neuen Versorgungskonzeptes wird die bestehende Energiezentrale modernisiert und erweitert. So ist unter anderem geplant, ein neues Blockheizkraftwerk und eine Absorptionskältemaschine zu errichten. Zusätzlich wird auch das Versorgungsnetz ausgebaut. So entsteht auf dem Campus Lichtwiese ein neues, rund drei Kilometer langes Kältenetz, um beispielsweise den Hessischen Lichtenberg-Hochleistungsrechner energieeffizient zu kühlen. Zudem wird das Wärmenetz der TU an das Entega-Fernwärmenetz angebunden. – HEEK – »Am Ende ist alles gar nicht so schlimm, wie befürchtet.« So schätzt der KWK-Anlagenhersteller 2G das neue KWKG 2016 ein. »Leider dominierte bei der Diskussion zur Novellierung, dass die Eigenversorgung nicht mehr gefördert werden sollte. Vergessen wird, dass das neue KWKG die Bilanzkreisverantwortung stärkt durch die Instrumente der Direktvermarktung und die Förderung von KWK-Strom, der ins öffentliche Netz eingespeist wird«, kommentiert Alfred Gayer, Geschäftsführer der 2G Rental GmbH die Entwicklung des Gesetzes. »Zudem ist eine Objektversorgung über Contracting wieder möglich. Modellrechnungen machen dies deutlich und zeigen damit auch für Stadtwerke bzw. ihre Dienstleistungsgesellschaften neue Geschäftsperspektiven auf«, so Gayer. Zum Wohle des Mieters | Selbst die wegen erheblicher Transaktionskosten in der Wohnungswirtschaft als wenig attraktiv eingestuften Mieterstrommodelle erscheinen damit in einem anderen Licht. Gayer erkennt in diesem Sektor neue Ansätze: »Stadtwerke können nun in Verbindung mit der Wohnungswirtschaft sogenannte WhiteLabel-Produkte als Mieterstrom aus der vom Stadtwerk betriebenen Anlage anbieten. Mieter partizipieren damit an der Energiewende, ohne dass sie selbst über komplizierte Pachtmodelle zum Betreiber der BHKW-Anlage werden müssen. Man könnte hier von einem Mieterstrommodell 2.0 reden, wo Stadtwerke ihre Stärken mit einbringen können.« Als eigentlichen Clou für den Ausbau dezentraler Strukturen auf Stadtwerke-Ebene begreift aber 2G das sogenannte Utility-Konzept des Unternehmens, das neu am Markt platziert wurde. Kern des Konzepts ist eine Kooperation zwischen 2G und regionalen Versorgungsunternehmen mit dem Ziel, die energiewirtschaftlichen und technischen Kompetenzen bei der Erschließung von neuen BHKW-Standorten zu bündeln. Gayer sieht für Stadtwerke starke wirtschaftliche Anreize: »Wenn ein Stadtwerk in eine geeignete Wärmesenke ein BHKW installiert, können mit der dezentralen Stromerzeugung auch die aktuell niedrigen Börsenstrompreise unterboten und mit der Anlage wirtschaftliche Ergebnisse erzielt werden – das zeigen Modellrechnungen.« Die Auslegung von Wärmesenken mit BHKW und die Aufnahme des dezentral erzeugten Stroms in das Beschaffungsportfolio führen dazu, dass die Stadtwerke als Vermarkter des in das Verteilnetz eingespeisten Stroms wirken. Gayer sieht die nötigen Kompetenzen bei den Versorgern: »Nur die Energieversorger und Dienstleister haben nach unserer Auffassung die Kompetenz sowie die dazugehörigen Ressourcen, um die Integration von Strom aus KWK in den Energiemarkt systematisch und nachhaltig vorzunehmen. Stadtwerke wirken also als die Bilanzkreisverantwortlichen und nicht wie bisher die vorgelagerten Regionalversorger, von denen der Strom für die Stadtwerke-Kunden bezogen wurde.« Zusätzlichen Nutzen im Bereich Finanzierung bietet die Vermietung der 2G-Kraftwerke über die 2G Rental GmbH. Unter dem Slogan »Innovation ohne Investition« wird das Mietmodell insbesondere in der technisch standardisierten 2G-KWK-Leistungsklasse von 20 bis 550 kWel und bei standardisierten Containerlösungen auch im höheren Leistungsbereich angeboten.
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