I N F O R M A T I O N - Land Oberösterreich

INFORMATION
zur Pressekonferenz
mit
Landesrat Rudi Anschober
21. April 2016
zum Thema
"30 Jahre nach Tschernobyl: Verstrahlungen von Böden
und Natur immer noch messbar – Aktuelle Befunde aus
Oberösterreich &
Eine Fotoausstellung zeigt die Katastrophe."
Weitere Referent/innen:
Dr.in Sigrid Sperker (Gruppe Strahlenschutz, Amt der Oö. Landesregierung)
Ing. Johannes Eidenhammer (Lebensmittelaufsicht, Amt der Oö.
Landesregierung)
Harald Steinbichl (Fotograf)
Anschober + Sperker + Eidenhammer + Steinbichl
Seite 2
"30 Jahre nach Tschernobyl: Verstrahlungen von Böden
und Natur immer noch messbar –
Aktuelle Befunde aus Oberösterreich &
Eine Fotoausstellung zeigt die Katastrophe."
Am 26. April 1986 ereignete sich der folgenschwere GAU in Tschernobyl.
Tausende Tote, Evakuierungen von 100.000en Menschen, eine radioaktiv
verseuchte Umwelt, immer mehr Krebserkrankungen – unermessliches
menschliches Leid und wirtschaftliche Schäden. Tschernobyl hat uns
endgültig
gelehrt,
Radioaktivität
hat
keine
Grenze,
Atomenergie
ist
lebensgefährlich.
Weite
Regionen Europas wurden damals durch radioaktiven Fall-Out
kontaminiert – auch Oberösterreich war stark betroffen. Auch heute, 30 Jahre
danach, sind Langzeitfolgen noch immer nachweisbar. Aktuelle Messdaten
weisen eine Bodenkontamination mit Cäsium 137 nach – die noch immer
vorhandene Verstrahlung von Böden und Natur ist nach so vielen Jahren ein
überdeutlicher Befund dafür, dass es höchste Zeit ist für ein Ende der
hochgefährlichen Atomkraft!
Fünf Jahre nach der Atomkatastrophe von Fukushima und 30 Jahre nach
Tschernobyl verstärken wir darum neuerlich die Antiatom-Offensive: Im
Frühjahr wurde von LR Anschober die ‚Allianz der Regionen für einen
europaweiten Atomausstieg‘ gegründet, um den Einstieg in den europaweiten
Atomausstieg
voranzutreiben
und
eine
Renaissance
dieser
Hochrisikotechnologie zu verhindern. Es geht um das Stoppen von Neubauten
von AKW durch ein Unterbinden von geplanten Milliardensubventionen und um
das Verhindern von Laufzeitverlängerungen. 2016 und 2017 sind zwei
richtungsweisende Jahre für Europa: Denn jetzt wird in der Klage um das
britische AKW-Projekt Hinkley Point entschieden, ob Milliardensubventionen
für AKW-Neubauten in der EU zulässig sind, und ob Atomenergie als
Klimaschutztechnologie anerkannt wird, wie von der Atomlobby angestrebt.
Pressekonferenz 21. April 2016
Anschober + Sperker + Eidenhammer + Steinbichl
Seite 3
Die Atomindustrie ist heute wirtschaftlich am Ende, was sich besonders
problematisch auswirkt: Die 129 in Betrieb befindlichen AKW in der EU sind
durchschnittlich bereits 29 Jahre alt. Um die Milliardenkosten für notwendige
Stilllegungen aufzuschieben, werden Laufzeitverlängerungen beantragt. Das
aber wäre ein gefährliches Experiment: Mit zunehmender Betriebsdauer
werden AKW noch riskanter, weil die Anlagen für eine derartige Betriebsdauer
nicht ausgelegt sind, und Abnützungen sich verstärken. OÖ wehrt sich
dagegen mit der neuen „Allianz der Regionen“ und weiteren Initiativen.
Tschernobyl – Folgen durch Cs-137-Bodenkontamination in Österreich
Chronologie
Die Kernkraftwerkskatastrophe Tschernobyl ereignete sich am 26. April
1986 in Block 4 des AKWs und wurde erstmals auf der 7-stufigen
internationalen
Bewertungsskala
für
nukleare
Ereignisse
als
katastrophaler Unfall, als GAU, eingeordnet.
Der Unfall ereignete sich bei der geplanten Simulation eines vollständigen
Stromausfalls. Auf Grund schwerwiegender Verstöße gegen die geltenden
Sicherheitsvorschriften sowie von bauartbedingten Eigenschaften des
Kernreaktors vom Typ RBMK-1000 kam es zu einem unkontrollierten
Leistungsanstieg
innerhalb
von
Sekundenbruchteilen
auf
das
Hundertfache des Nennwertes, der zur Explosion des Reaktors führte.
Die Ummantelung der Brennstäbe reagierte mit heißem Dampf, es
entstand Wasserstoff. Das explosive Gasgemisch aus Wasserstoff und
Sauerstoff führte zu einer zweiten Explosion und zum Abheben des über
1.000 Tonnen schweren Deckels des Reaktorkerns und zerstörte das nur
als Wetterschutz ausgebildete Dach, sodass direkte Verbindung zur
Atmosphäre entstand. 250 Tonnen Graphit im Reaktorkern verbrannten
während der folgenden zehn Tage, das waren etwa 15 % des
Gesamtinventars.
Pressekonferenz 21. April 2016
Anschober + Sperker + Eidenhammer + Steinbichl
Seite 4
Am 27. April wurden die Blöcke 1 und 2 abgeschaltet und es wurde
begonnen, den Reaktor von Block 4 mit Blei, Bor, Dolomit, Sand und
Lehm durch Abwurf mittels Hubschrauber zuzuschütten. Zur gleichen Zeit
begann die Evakuierung von rund 48.000 Anrainer/innen.
Am 28. April 1986 vormittags wurde im über 1.200 Kilometer entfernten
Kernkraftwerk Forsmark in Schweden ein automatischer Alarm aufgrund
erhöhter Radioaktivität ausgelöst, wobei sich der Verdacht aufgrund der
aktuellen Windrichtung sehr schnell gegen eine kerntechnische Anlage auf
dem Gebiet der Sowjetunion richtete.
Danach erfasste der nächste Evakuierungs-Schritt bis zum 3. Mai
sämtliche Einwohner/innen aus einem Umkreis von zehn Kilometer um
den Reaktor. Weitere 116.000 Menschen wurden am 4. Mai 1986 aus dem
Gebiet 30 km um den Reaktor evakuiert. In den folgenden Jahren wurden
nochmals 210.000 Einwohner/innen umgesiedelt. Mittlerweile beträgt die
Sperrzone 4.300 Quadratkilometer.
In den ersten Tagen erfolgte keinerlei internationale Information, schwere
Verharmlosung war auch noch Wochen nach der Katastrophe die Linie
der sowjetischen Behörde.
Etwa drei Wochen nach dem Unglück wurde mit Liquidatoren begonnen,
den Reaktor zu versiegeln, den stark belasteten Umkreis des Kraftwerks
zu säubern und Teile der Umgebung zu dekontaminieren. Die nächste
große
Gegenmaßnahme
bestand
darin,
das
Dach
des
vierten
Reaktorblockes von hoch verstrahltem Material zu reinigen. Über dem
havarierten Reaktor wurde ein Sarkophag aus Stahl und Beton errichtet.
Um den radioaktiven Staub auf dem Boden zu binden, wurde um den
Reaktor mit Hubschraubern eine klebrige Substanz auf Polymerbasis
verteilt. In den Siedlungen wurden die Dächer aller Gebäude gesäubert.
Auf dem Reaktorgelände wurden 300.000 m³ kontaminierte Erde
abgetragen, in Gräben geschoben und mit Beton versiegelt.
Pressekonferenz 21. April 2016
Anschober + Sperker + Eidenhammer + Steinbichl
Seite 5
Freisetzung von radioaktiven Stoffen
Die größten Freisetzungen radioaktiver Stoffe fanden während des
Zeitraums von zehn Tagen nach der Explosion statt. Etwa 15 Prozent der
Freisetzung erfolgte schon am 26. April 1986, die Hauptfreisetzung aber
verteilt auf die folgenden Tage durch die Zerstörungen aufgrund des
Graphitbrandes. Aufgrund der großen Hitze des Graphitbrandes gelangten
gasförmige oder leichtflüchtige Stoffe (vornehmlich die relevanten Isotope
Cs-137 mit einer Halbwertszeit von rund 30 Jahren und I-131 mit einer
Halbwertszeit von 8 Tagen) in Höhen von 1.500 bis 10.000 Metern. Die
Wolken mit dem radioaktiven Fallout verteilten sich zunächst über weite
Teile Europas und schließlich über die gesamte nördliche Halbkugel.
Wechselnde Luftströmungen trieben sie zunächst nach Skandinavien,
dann
über
Polen,
Tschechien,
Österreich,
Süddeutschland
und
Norditalien. Eine dritte Wolke erreichte den Balkan, Griechenland und die
Türkei. Innerhalb dieser Länder wurde der Boden je nach regionalen
Regenfällen unterschiedlich hoch belastet.
In Russland, der Ukraine und Weißrussland mussten ca. 6.400 km² an
landwirtschaftlicher Fläche und Waldgebieten für die menschliche Nutzung
aufgegeben
werden,
die
nahe
dem
Kraftwerk
gelegen
und
dementsprechend sehr hoch belastet waren. Insgesamt wurden etwa
218.000 Quadratkilometer mit mehr als 37 kBq Cs-137 pro Quadratmeter
radioaktiv belastet. Mehr als die Hälfte der Gesamtmenge der flüchtigen
Bestandteile und heißen Partikel wurden außerhalb dieser Länder
abgelagert.
Österreich
zählt,
aufgrund
der
damals
herrschenden
zahlreichen
Regenfälle, zu den am stärksten betroffenen Gebieten Westeuropas: Von
den insgesamt 70 PBq freigesetzten Radiocäsiums wurden 1,6 PBq, also
2 %, in Österreich deponiert, die durchschnittliche Belastung an Cs-137
aus dem Tschernobyl-Ereignis lag 1986 bei 22 kBq/m², wobei besonders
das Salzkammergut und Nachbargebiete, die Welser Heide und die Hohen
Pressekonferenz 21. April 2016
Anschober + Sperker + Eidenhammer + Steinbichl
Seite 6
Tauern betroffen waren, sowie die Niederen Tauern und die Koralpregion /
Südostkärnten (mit Durchschnittskontaminationen > 100 kBq/m²). Höhere
Werte wurden nur in Weißrussland, Russland und der Ukraine sowie
einigen
Gebieten
Skandinaviens
gemessen.
Die
hohen
Cs137-
Depositionen in unmittelbarer Umgebung um das Kernkraftwerk ergeben
auch heute eine Sperrzone in diesem Bereich. Die Depositionswerte in
Kiew jedoch liegen bei nur 30 kBq/m2, in weiten Teilen der Ukraine sogar
unter den durchschnittlichen Werten in Österreich von 22 kBq/m2.
Durchgeführte Maßnahmen
Als Maßnahmen nach dem KKW-Unfall in Tschernobyl wurden in
Österreich primär Kontrollen im Nahrungsmittelbereich gesetzt: in der
ersten Maiwoche ein Verkaufsverbot für Grüngemüse und von Schaf- und
Ziegenmilch, der Grünfutterfütterung bei Milchkühen, des Genusses von
Zisternenwasser, und langfristiger etwa Importverbote für Nahrungsmittel
aus
hochbelasteten
Agrarproduktionsländern,
Verbot
des
Wildabschusses, Fütterungspläne in der heimischen Landwirtschaft oder
Grenzwerte für die Klärschlammausbringung – in späteren Studien hat
Pressekonferenz 21. April 2016
Anschober + Sperker + Eidenhammer + Steinbichl
Seite 7
sich gezeigt, dass diese in der Öffentlichkeit nur wenig beachteten
Maßnahmen auf Produktions- und Handelsseite mehr Schutzwirkung
gebracht
haben
als
etwa
Empfehlungen
zu
direkten
Verhaltensänderungen.
Strahlenexposition in Österreich
Die mittlere Strahlenexposition betrug in Österreich im ersten Jahr nach
dem Unfall 0,54 mSv. Davon wurden etwa 0,10 mSv durch die externe
Strahlung aus der Wolke sowie von am Boden abgelagerter Radioaktivität
verursacht. Der Beitrag durch Inhalation radioaktiver Stoffe in der Luft
betrug 0,03 mSv und der größte Beitrag zur Dosis stammte von der
Aufnahme kontaminierter Nahrungsmittel. Dieser Beitrag lag bei 0,41 mSv.
Mehr als 95 % dieser Dosis wurde durch die beiden Cäsiumisotope Cs134 und Cs-137 verursacht, zirka 0,03 mSv wurde durch I-131(Radiojod)
beigetragen. Bei Kindern war der Beitrag durch I-131 größer, bei 0,2 mSv.
Die Strahlenbelastung ist innerhalb von 30 Jahren von anfangs etwa 0,7–
0,4 mSv auf heute unter 1 ‰ der Gesamtstrahlenbelastung (ca. 4,3
mSv/a)
gesunken.
Insgesamt
dürfte
der/die
durchschnittliche
Österreicher/in bis 2006 einer zusätzlichen Effektivdosis von 0,6 mSv
durch den Reaktorunfall ausgesetzt gewesen sein.
Pressekonferenz 21. April 2016
Anschober + Sperker + Eidenhammer + Steinbichl
„Die Tatsache, dass unsere Böden
radioaktives
Material
aus
Seite 8
zum Teil noch immer durch
Tschernobyl
belastet
sind
zeigt,
wie
verantwortungslos es war und ist, Atomanlagen zu betreiben. Atomkraft ist
eine verantwortungslose, menschenfeindliche Energieform. Weltweit gibt
es keine Lösung für die Endlagerung von hochradioaktivem Atommüll. In
Deutschland sucht man nach einem Endlager, das Sicherheit für 1 Million
Jahre garantieren soll. Die Atomlobby hat hunderten Generationen eine
verantwortungslose Hypothek hinterlassen. Die sicherheitspolitischen
Gefahren und damit verbundene, hohe Kosten müssen jegliche Gedanken
an Neubauprojekte schnell vertreiben!“, so LR Anschober.
Aktuelle Messergebnisse in Wildpilzen und Wildfleisch
Der Gehalt an Radionukliden künstlichen Ursprungs, im Besonderen
Cäsium-137, in Lebensmitteln wird derzeit im Wesentlichen durch die
Folgen des Reaktorunfalls von Tschernobyl bestimmt. In Österreich treten
bei Wildfleisch und Wildpilzen noch immer höhere Radioaktivitätswerte als
in anderen Lebensmitteln auf. Dies insbesondere deshalb, da in
bestimmten Ökosystemen, wie in Wäldern, Cäsium nicht so gut im Boden
gebunden wird wie in intensiv genutzten Agrarböden. So wird Cäsium nur
in geringem Maß gebunden und steht für die Aufnahme in Pflanzen, Pilze
und Bodenorganismen weitgehend ungehindert auch über längere
Zeiträume zur Verfügung und wird in der Folge von Wildtieren, besonders
Wildschweinen, über die Nahrung aufgenommen.
Um einen Überblick zu erhalten, werden diese Lebensmittel von der
Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) routinemäßig
auf Radioaktivität untersucht. Konkret liegt der Grenzwert für radioaktives
Cäsium in Lebensmitteln bei 600 Bq/kg. Seit 2004 wurden im
österreichischen Handel knapp 1.000 Wildfleisch-Proben auf Cäsium-137
untersucht, bei über 90 % der Proben lag der Wert unter 100 Bq/kg. Bei
den 219 Proben aus Oberösterreich wurden im Mittel 4,66 Bq/kg
Pressekonferenz 21. April 2016
Anschober + Sperker + Eidenhammer + Steinbichl
Seite 9
festgestellt, der Höchstwert lag bei 1.974 Bq/kg. Im kürzeren Zeitraum,
von 2010 bis 2015 wurde in den fast 100 Routine-Proben aus dem Handel
aus OÖ keine Überschreitung festgestellt, der höchste Wert lag bei 303
Bq/kg.
Bei Wildfleisch aus höher kontaminierten Waldregionen können aber noch
immer Cäsium-Gehalte von über 1.000 Bq/kg auftreten. Für eine neue
Studie der AGES wurden v.a. Gebiete ausgesucht, die nach Tschernobyl
noch besonders belastet sind, für OÖ wurde der Kobernaußer Wald
ausgewählt. Bei den Wildschwein-Proben aus dem Kobernaußer Wald
wurde im Schnitt eine Konzentration von 1.750 Bq/kg Cäsium-137
festgestellt. Die höchste Belastung in dieser Studie stammte aus einer
Wildschwein-Probe aus dem Dunkelsteiner Wald in NÖ mit 4.710 Bq/kg.
Bei den Pilzen wurden österreichweit besonders die als Speisepilze
beliebten Eierschwammerl und Steinpilze untersucht: Auch hier lagen die
Messergebnisse im Mittel deutlich unter dem Grenzwert, allerdings gab es
in einigen Fällen bei untersuchten Eierschwammerl aus Österreichs
Wäldern
Grenzwertüberschreitungen.
Häufigere
Grenzwertüberschreitungen gibt es nach wie vor bei Maronenröhrlingen.
Bei diesen ist nach Meinung der Fachexpert/innen Vorsicht geboten. Völlig
ohne Grenzwertüberschreitungen sind Steinpilze und Parasole.
Quelle: Radioaktivität und Strahlung in Österreich, AGES, März 2016
Pressekonferenz 21. April 2016
Anschober + Sperker + Eidenhammer + Steinbichl
Seite 10
Der gelegentliche Konsum von Wildpilzen oder von Wildfleisch, deren
Radioaktivität über dem Grenzwert liegt, stellt nach Meinung der
Gesundheitsexpert/innen kein Problem dar, weil unsere sonstigen
Nahrungsmittel unbelastet sind und diese Nahrungsmittel nicht in großen
Mengen verzehrt werden.
Gesundheitliche Auswirkungen von Tschernobyl
Über die weltweiten gesundheitlichen Langzeitfolgen, insbesondere jene,
die auf eine gegenüber der natürlichen Strahlenexposition erhöhte
effektive Dosis zurückzuführen sind, gibt es seit Jahren Kontroversen. Die
WHO hält insgesamt weltweit ca. 8.000 Todesopfer (davon ca. 4.000
direkt zuzuordnen und weitere ca. 4.000 nachfolgend) für gesichert.
Eine neue Studie des britischen Radiologen und Experten für biologische
Strahlenfolgen,
Dr.
Ian
Fairlie
untersucht
die
gesundheitlichen
Auswirkungen des Atomunfalls in Tschernobyl. Er rechnet in den
kommenden 50 Jahren mit bis zu 40.000 Krebstoten in Westeuropa
infolge des Reaktorunfalls - mit bis zu 2.000 in Österreich. Der
Wissenschafter geht davon aus, dass zwischen 8 und 40 % der erhöhten
Fälle von Schilddrüsenkrebs in Österreich nach 1990 wahrscheinlich auf
Tschernobyl zurückzuführen sind. Die Studie spricht auch von einem
erhöhten
Auftreten
von
Leukämie,
Herzkreislauferkrankungen
Brustkrebs in besonders stark betroffenen Regionen.
Pressekonferenz 21. April 2016
und
Anschober + Sperker + Eidenhammer + Steinbichl
Seite 11
Schilddrüsenkrebs Inzidenz in Österreich
(auf 100.000 Personen; Regression dog-leg)
Quelle: TORCH-2016, Ian Fairlie, PhD; data plot & regression analysis by Körblein (2015)
„Bedauernswerterweise vergisst der Mensch viel zu schnell, anders wäre
die Diskussion um einen Ausbau von Temelin, die unbegrenzte
Laufzeitverlängerung für das AKW Dukovany oder wären generell
Planungen neuer AKW-Projekte nicht zu erklären. Wir müssen alle Hebel
in Bewegung setzen, dass sich Europa auf einen schrittweisen
Atomausstieg zubewegt. Nur so können wir Katastrophen wie jene in
Tschernobyl vermeiden, können Sicherheit für die Bevölkerung vor den
enormen Auswirkungen von Havarien und Terrorangriffen auf Reaktoren
schaffen, können sauberer Energie für zukünftige Generationen den Weg
frei machen und damit auch die Geldvernichtungsmaschinen der
Kernenergie endgültig abdrehen“, so Umwelt-Landesrat Rudi Anschober.
Fotoausstellung atomstopp_oberösterreich
Die Reaktorkatastrophen von Fukushima und Tschernobyl sind nicht
bewältigt. Aus diesem Grund findet noch bis 26. April die Fotoausstellung
Fukushima_5, Tschernobyl_30 der NGO atomstopp_oberösterreich im
Wissensturm Linz statt. Die Fotos der Ausstellung stammen von Harald
Steinbichl, der mehrmals in der Zone rund um Tschernobyl und auch in
Fukushima war.
Pressekonferenz 21. April 2016
Anschober + Sperker + Eidenhammer + Steinbichl
Für
den
25.
April
um
19:30
Seite 12
Uhr
ist
eine
Abschluss-
und
Gedenkveranstaltung zur Fotoausstellung im Linzer Wissensturm geplant,
schon um 18 Uhr findet davor eine Lichteraktion im Rahmen des
europaweiten Gedenkens an den Supergau statt.
Initiative „Meine Erinnerung“
Morgen, Freitag, startet eine Facebook-Initiative von Umwelt-Landesrat
Rudi Anschober, bei der Menschen eingeladen sind, ihre Erinnerungen an
die
Katrastrophe
zu
schildern.
Mitmachmöglichkeit
unter
https://www.facebook.com/rudianschober/
30 Jahre danach muss Schluss sein mit Sicherheitsbedrohung AKW
Aktuell steht die Auseinandersetzung über die Zukunft der Atomenergie an
einer Weichenstellung, die nächsten zwei Jahre entscheiden. 129
Reaktoren sind derzeit in der EU in Betrieb, 29 Jahre sind sie im
Durchschnitt alt. Die Auseinandersetzung wird in zwei Bereichen
entschieden: 1. Kommt es zum Neubau von AKW – da haben wir gute
Chancen, falls es uns gelingt, die geforderte Milliardensubvention zu
verhindern. Und 2. gelingt es uns, Laufzeitverlängerungen zu stoppen,
denn diese sind besonders riskant.
Die politischen Forderungen:
1. sich
auf
europäischer
Ebene
dafür
einzusetzen,
dass
klare
Schutzstandards für die Bevölkerung verankert werden,
2. eine verpflichtende grenzüberschreitende UVP beim Antrag auf
Laufzeitverlängerung,
3. eine Neuausrichtung von EURATOM hin zu einer europäischen AtomAusstiegsgemeinschaft, die einerseits die Umstellung auf erneuerbare
Energieträger, aber auch die Stilllegung und den Rückbau von AKW zu
ihrem Kernthema macht.
Pressekonferenz 21. April 2016