SWR2 Tagesgespräch

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,
nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an.
Norbert Röttgen (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen
Ausschusses des Bundestages, gab heute, 18.04.16,
dem Südwestrundfunk ein Interview zum Thema:
„EU-Außenminister beraten u.a. über Libyen“.
Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Rudolf Geissler.
Mit freundlichen Grüßen
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Datum:
18.04.2016
Röttgen unterstützt Frankreichs Libyen-Initiative / Waffennachschub an IS unterbinden
Baden-Baden:: Der Vorsitzende des Auswärtigen Bundestags-Ausschusses, Norbert Röttgen
(CDU), ist für einen EU-Militäreinsatz gegen den Waffennachschub an den IS in Libyen. Im
Südwestrundfunk (SWR) unterstützte Röttgen die Initiative Frankreichs, dabei auch in libyschen
Hoheitsgewässern zu operieren. Voraussetzung dafür sei aber, dass die neue Regierung des
Landes noch vom Parlament bestätigt werde und einem EU-Einsatz zustimme, sagte Röttgen.
Libyen brauche dann "Hilfe auf der gesamten Bandbreite" von wirtschaftlicher Unterstützung bis
hin zu militärischem Training. Für Europa komme es darauf an, das Land zu stabilisieren, weil
von der libyschen Küste aus auch mit Flüchtlingen "Menschenhandel nach Europa betrieben"
werde.
Wortlaut des Live-Gesprächs:
Geissler: Kann Libyen von außen stabilisiert werden?
Röttgen: Im Kern nicht, aber wir dürfen auch Libyen nicht sich alleine überlassen. Dann werden
sie es auch nicht schaffen. Das heißt, sie brauchen Hilfe zur Selbsthilfe unbedingt.
Geissler: Die neue Regierung bemüht, sich ihre Macht durchzusetzen, das staatliche
Gewaltmonopol durchzusetzen. Wie kann die EU da behilflich sein?
Röttgen: Indem sie dabei hilft, dass der politische Prozess weiter vorangeht, dass also eine
Einheitsregierung zustande kommt. Das ist auch wichtig, damit es überhaupt wieder ein
völkerrechtliches, handlungsfähiges Subjekt des Staates Libyen gibt. Und dann braucht diese
neue Regierung die Hilfe auf der gesamten Bandbreite. Das ist die wirtschaftliche Stabilisierung
des Landes. Das ist aber auch Sicherheit von Polizei bis zu militärischem Training, das
einstweilen und zuerst in Tunesien stattfinden kann. Also die gesamte Bandbreite der
Stabilisierung ist für das Land wichtig und auch für Europa.
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
Geissler: Zu dieser Bandbreite gehört im Moment, dass die EU mit Schiffen im Mittelmeer
kreuzt, um gegen Schleuser vorzugehen und Flüchtlinge aus Seenot zu retten. Aber, das
geschieht nur in internationalen Gewässern. Frankreich sagt jetzt, wir sollten diesen
Einsatz als Militäreinsatz ausweiten in dann auch libysche Hoheitsgewässer, um etwa
den Waffennachschub an den IS und andere Milizen zu unterbinden. Unterstützen Sie
das?
Röttgen: Ich halte das für richtig, so bald in Libyen eine handlungsfähige Regierung da ist, mit
deren Zustimmung dann auch das tätigwerden in libyschen Hoheitsgewässern erfolgen kann,
damit keine rechtliche Problematik entsteht. Aber dann halte ich es für wichtig, dass wir diesen
Beitrag leisten, um die weitere Ausdehnung des Islamischen Staates gerade an der Küste
Libyens zu Europa hin einzudämmen und nicht noch Waffenlieferungen von außen nach Libyen
hinein zuzulassen. Libyen selber ist zwar schon für sich genommen bedauerlicherweise ein
einziges, riesiges Waffenlager, aber Zuschub von außen muss unterbunden werden. Der
Islamische Staat in Libyen ist eine Bedrohung für die Entwicklung, für die Stabilität Libyens, und
er ist auch eine Gefahr für Europa, weil von dort aus der Menschenhandel nach Europa
betrieben wird, von Afrika nach Europa.
Geissler: Sie sagen, dass sollte man in libyschen Hoheitsgewässern dann tun, wenn die
Regierung „handlungsfähig“ ist, das war Ihre Formulierung. Dann wenn sie
handlungsfähig ist frage ich, oder wenn sie legitimiert ist durch das Parlament? Denn da
kann ja ein großer Unterschied bestehen.
Röttgen: Sie haben völlig Recht. Wenn sie als Völkerrechtsubjekt handlungsfähig ist. Es fehlt ja
noch die Zustimmung des international anerkannten Parlamentes, das jetzt in Tobruk sitzt. Die
ist noch nicht da. Es muss eine völkerrechtliche Handlungsfähigkeit geben. Die wird dann eben
gerade noch nicht faktisch überall im Lande sein, dann bräuchten sie keine Hilfe. Aber es muss
ein legitimiertes Völkerrechtssubjekt Libyen geben. Sobald man davon sprechen kann und das
ist auch eine Frage der Legitimation, der Zustimmung des legitimierten Parlamentes in Tobruk das fliehen musste von Tripolis nach Tobruk, jetzt ist der Premierminister wieder
zurückgekommen, erste Ansätze von Handlungsfähigkeit entwickeln sich - sobald das
Völkerrechtssubjekt da ist, bin ich dafür, dass diese Initiative europäisch vorgenommen wird.
Also von den Franzosen ist sie initiiert worden, und dann sollte sie auf eine breite, europäische
und internationale Basis gestellt werden.
Geissler: Denkbar ist natürlich auch, dass die neue libysche Führung dann, wenn sie voll
legitimiert ist, ausdrücklich auch um militärische Aktionen gegen den IS bittet, der ja zu
einer so großen Gefahr geworden ist. Sollte sich Deutschland zum Beispiel an
Luftschlägen beteiligen da?
Röttgen: Ob und in welcher Form wir mitmachen als Deutsche speziell, ist eine offene Frage.
Aber ich halte es für entscheidend, dass es gegenüber Libyen die gesamte Bandbreite der
Unterstützung gibt, weil sie es geben muss für die Stabilisierung des Landes, auch militärische
Hilfe. Zunächst ist entschieden, dass sie in Tunesien stattfindet aus unterschiedlichen Gründen.
Aber wir brauchen auch auf der Basis der Befähigung eigener, lybischer Truppen dann eine
militärische Unterstützung. Wie die technisch aussieht ist für mich eher eine technische, denn
eine militärische Frage. Aber ohne militärische Komponente wird man den Islamischen Staat
nicht bekämpfen, auch nicht in Libyen, und auch nicht zur politischen Stabilisierung von Libyen
kommen.
Geissler: Der IS profitiert in Libyen ja von der Rivalität aller anderen im Moment. Das ist
das gleiche Muster wie in Syrien, wobei es dort, in Syrien, ja noch nicht mal formal so
was gibt wie eine Übergangsregierung. Ganz kurzer Blick noch da hin, auch über dieses
Thema und die Genfer Friedensverhandlungen reden die EU-Minister heute. Wenn sich
die Opposition in Syrien so sehr gegen einen Übergangspräsident Assad sträubt wie im
Moment, erwarten Sie dann überhaupt Fortschritte jetzt in Genf?
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
Röttgen: Es gibt Fortschritte. Trotz des halbjährigen russischen Bombardements, das die Lage
natürlich nicht nur humanitär, sondern auch politisch noch mal viel komplizierter gemacht hat.
Inzwischen sagt ja die Opposition, wir sind bereit, gewissermaßen mit technogratischen
Repräsentanten des Regimes von Assad zu reden, aber Assad selber nicht als Person. Ich
glaube, das ist auch richtig. Man muss auch klar machen, dass Assad nicht Teil Lösung ist.
Aber das Akzeptieren, dass auch Repräsentanten des Regimes am Tisch sitzen, ist schon da
und das ist ein Fortschritt.
- Ende Wortlaut -
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)