PDF: Das Ebook zur Geschichte

One Piece Of Us - Teil 14
von NoStar5
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Kapitel 1
Kapitel 14
Lees Sicht
Schlummernd saß ich auf einem dicken Ast, gut versteckt in einer Baumkrone. Es mochte zwar feige
klingen, doch heute hatte ich weder Zeit, Lust oder Kraft, um wieder mit den Affen zu kämpfen. Als
ich noch jünger war, war ich immer vor den Affen davongelaufen, doch seit mein Training mit
Falkenauge vor zwei Jahren begonnen hatte, musste ich gegen verschiedene Gegner antreten, und was
eignete sich da besser, als tollwütige Riesenaffen?
Wow, ich war jetzt schon tatsächlich fast vier Jahre bei Taka no Me. Wie schnell die Zeit doch
verging.
Anfangs der zwei Trainingsjahre, die ich bis jetzt hinter mir hatte, war ich wirklich schlecht gewesen.
Das allerdings hatte mich nur noch mehr motiviert, jeden Tag weiterzumachen, bis mein Mentor mit
mir zufrieden gewesen war. Ein Außenstehender könnte meinen, dass es mir hier unglaublich schlecht
gehen würde. Ein Kind mitten in der Nacht aufstehen zu lassen, ihm eine viel zu schwere Waffe in die
Hand zu drücken und es damit den ganzen Tag gegen Monsteraffen kämpfen zu lassen, das war
wahrlich nicht die perfekte Erziehung für ein bald schon achtjähriges Mädchen. Aber wer war schon
perfekt? Wäre doch langweilig, wenn ich mit rosa Püppchen und Stofftieren spielen würde, so wie
normale Mädchen. Nein, da bevorzugte ich definitiv die Affen, die mir an den Kragen wollten. Wenn
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ich so weitermachen würde, dann wäre ich auf ziemlich gutem Wege, der stärkste Kämpfer der Welt
werden, oder? Und genau deshalb gönnte ich mir heute mal einen Ruhetag. Heute würde ich nur hier
auf einem Baum liegen, auf einem Stück Süssholz herumkauen und einfach mal Faulenzen.
Eigentlich kaute ich ja lieber auf langen Grashalmen herum. Da auf der Insel aber nur sehr wenig oder
gar keinen Sonnenschein abbekam, wuchsen hier auch keine Wiesen oder Blumen. Auf der letzten
Insel, auf der wir waren, hatte ich mir deswegen eine Packung Süssholz gekauft. Ein Fehler, denn es
schmeckte absolut grässlich. Aber es war allemal besser als nichts.
Ich lehnte mich zurück, schloss die Augen und genoss die Ruhe. Mein Instinkt aber sagte mir, dass
diese wundervolle Stille bald enden würde. Ich neigte leicht meinen Kopf zur Seite. Keine zwei
Sekunden später steckte dort, wo sich mein Gesicht noch vorher befunden hatte, ein Messer im
Baumstamm. Wie nervig.
Ich seufzte und zog die Waffe heraus, dann warf ich es zurück in die Richtung, aus der es geflogen
kam. Nach dem Jaulen nach zu schliessen, hatte ich einen Volltreffer gelandet. Dann war wieder Ruhe.
Ging doch.
Ich war schon dabei wieder dabei einzudösen, als es knackte. Alarmiert richtete ich mich auf und
versuchte noch rechtzeitig irgendwie vom Baum herunterzukommen, doch zu spät: Die gesamte
Baumkrone mitsamt Baumstamm kam ins Wanken und fiel schliesslich um. Super.
Ich quetschte mich aus den Ganzen Ästen und Blättern hervor und liess mich auf den Boden fallen.
Ich musste bald hier weg, der Lärm hatte sicherlich schon weitere Affen auf mich aufmerksam
gemacht. Ausserdem durfte mich mein Mentor so nicht sehen. Ich bezweifelte nämlich stark, dass er
Verständnis für meinen freien Tag hatte, oder überhaupt wusste, wie entspannend Faullenzen doch
war. Aber was Falkenauge nicht weiss, macht ihn nicht heiss, so hiess doch das Sprichwort, oder?
Leise kicherte ich. Wenn ich Glück hatte, konnte das heute ein richtig toller Tag werden.
Ich lag immer noch auf dem Bauch und hob meinen Kopf ein wenig, um zu entscheiden, in welche
Richtung ich gehen sollte. Links war Wald, direkt vor meinem Gesicht konnte ich zwei schwarze
Stiefel erkennen und rechts befanden sich die Ruinen der alten Stadt. Also, wohin wollte ich nun
gehen? Ich drehte meinen Kopf immer wieder in die drei Richtungen. Wald. Stiefel. Stadt. Wald.
Stiefel. Stadt. Wald. Stiefel. Stadt. Wa? Moment! Stiefel? Das war gar kein gutes Zeichen! Ich legte
den Kopf in den Nacken und blickte in zwei goldene Augen. ?Was soll das werden?? fragte mein
Trainer mich mit undefinierbarer Stimme. Ich versuchte es mit einem entschuldigenden Lächeln, doch
es glich eher einer Grimasse. ?Ich liege dir zu Füssen? Sieht man das nicht? hehe?? versuchte ich die
Situation aufzulockern. Doch bei Falkenauge hätte man sich das sowieso sparen können. Der verstand
einfach keinen Humor.
Er packte mich am Nacken und schleifte mich zurück zur Burg. Wahrscheinlich bekam ich jetzt
irgendeine unnötige Strafe aufgebrummt, wie zum Beispiel einen Satz hundertmal aufschreiben, oder
noch schlimmer: Putzen! Doch nichts dergleichen geschah. Stattdessen setzte er mich in meinem
Zimmer ab und sagte: ?Wasch dich und zieh dir saubere Kleidung an. In einer halben Stunde müssen
wir los.? Ich tat, wie mir geheissen. Unten stand schon Falkenauge und lief ohne weitere Worte los, als
er mich sah. Um mit ihm Schritt zu halten, musste ich schon fast rennen. Heute schien er ja noch
schlechter gelaunt zu sein, als sonst. Ich versuchte, ihn mehrmals darauf anzusprechen, doch er
ignorierte mich einfach.
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Die Insel, an der wir anlegten, kam mir seltsam bekannt vor. Es war ziemlich warm, die Sonne schien
und reges Treiben herrschte auf dem Dorfmarkt. Ich erinnerte mich wage an das Dorf. Vor zwei
Jahren war ich doch schon mal hier gewesen, oder? Ja? hier hatte es doch diesen komischen
Waldbrand gegeben.
Ich erschrak, als ich merkte, dass etwas gegen mein Bein prallte. Überrascht sah ich nach unten und
erblickte ein kleines Mädchen, nicht älter als drei Jahre. Trotzig schaute es mich mit seinen grossen,
grünen Augen an und blies sich eine Haarsträhne aus dem runden Gesicht. ?Alles in Ordnung?? fragte
ich freundlich und hielt dem Mädchen die Hand hin. Sie aber pustete nur ihre Backen auf und
verschränkte die Arme. Gut, dann halt nicht.
Ich wollte mich schon umdrehen und Falkenauge, der schon weitergelaufen war, hinterher, da hörte
ich, wie jemand meinen Namen rief: ?Lee! Was treibst du schon wieder?? Eine braunhaarige Frau kam
auf mich zugelaufen. ?Oh, Entschuldigung! Meine Tochter? Ich danke Ihnen?? dann stockte sie und
sah mich genauer an. Und plötzlich befand ich mich in einer ziemlich starken Umarmung. Was zur
Hölle war nur heute los? ?Du lebst!? schluchzte sie laut.
?Mami!? quengelte ihre Tochter dazwischen. Darauf liess die Frau mich endlich los und streichelte
sanft über ihren Kopf. ?Darf ich vorstellen? Das ist meine Tochter Lee.? Ähm, ja gut? Wieso stellte
mir eine wildfremde Frau ihre Tochter vor, die noch so ganz nebenbei genauso hiess wie ich? Das
machte doch alles keinen Sinn! So langsam bekam ich aber wirklich Kopfschmerzen.
?Ist alles mit dir in Ordnung? Du siehst aus, als würde es dir nicht gut gehen.? Ich lächelte die Frau
nur an und antwortete freundlich: ?Nein, alles gut.?
In all der Aufregung hatte ich nicht bemerkt, dass Falkenauge wieder zu uns gestossen war. Er und
die Fremde tauschten einige Blicke, bis sie verstehend, aber dennoch mit traurigem Gesicht nickte.
?Wir müssen los.? Meinte mein Mentor nur und schob mich mit sanfter Gewalt weiter zu dem grossen
Marinequartier im Zentrum.
Im Gegensatz zu letztem Mal, waren es vor den Toren mindestens doppelt so viele Wachen, die
doppelt so schwer bewaffnet waren. Es war zwar nur die Marine, dennoch hatte ich in diesem
Augenblick ein ziemlich ungutes Gefühl, eine seltsame Mischung aus Unbehagen und Anspannung.
Als Falkenauge und ich das Gebäude betraten, folgten uns zwei der Soldaten und warfen mir immer
wieder teils böse, teils verängstigte Blicke zu. ?Was ist hier los? Warum machen sie wegen dir so
einen Aufstand?? Er sah auf mich herab. ?Ich weiss es nicht.? Taka no Me sah mir nicht in die Augen,
als er das sagte. Der verheimlichte mir doch etwas! ?Verhalte dich dennoch einigermassen normal.
Hier stimmt etwas nicht.? Fügte er noch raunend hinzu, sodass nur ich ihn hören konnte. Ich schluckte
schwer und nickte. Das war gar nicht gut, wenn sich sogar er sich schon darüber Gedanken machte.
Wir wurden bis in die unterste Etage gedrängt. Hier war nichts so edel eingerichtet, wie in den oberen
Stockwerken. Der Boden, die Wände und die Decke waren rundum mit weissen Fliesen bekleidet, die
das Licht der Lampen reflektierten, sodass einem die Augen wehtaten. Insgesamt erinnerte mich der
Gang, in welchem wir uns befanden, an ein Krankenhaus. Nein, sogar ein Krankenhaus war
freundlicher. Es erinnerte mich an eine Irrenanstalt, der Trakt für die schweren Fälle, dort, wo niemand
hindurfte. Gut, ich war noch nie in so einer Anstalt gewesen, aber so wurden sie meist in
Horrorromanen oder Gruselgeschichten dargestellt, oder? Alles in einem sterilen Weiss gehalten, nur
synthetisches Licht, das hin und wieder flackerte, überall verschlossene Eisentüren, daneben eine
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Scheibe, um von aussen durchzuschauen und hin und diese bedrückende Stille, die nur durch unsere
Schritte unterbrochen wurde.
Am Ende des Ganges erwarteten uns drei Männer. Ich kannte zwei von ihnen nur vom Sehen her,
aber der dritte, der versprach Ärger. Gewaltigen Ärger.
Doflamingo grinste mir mit seinen strahlend weissen Zähnen entgegen und fuhr sich mit der Zunge
über die Lippen. Seine Sonnenbrille glänzte verschwörerisch. Selbst wenn neben ihm noch Akainu
und Garp standen, war für mich eines klar: Ich musste hier weg. Und zwar ganz, ganz schnell.
?Fufufufu, ich hatte dich für etwas pünktlicher gehalten. Wie dem auch sei, ich würde jetzt gerne mit
dem Test beginnen. Ich habe heute noch Geschäftliches vor, nufufufufu.? Ein Test? Was sollte das
bedeuten? Warum wollte die Marine mich testen?
?Wo ist Sengoku?? Falkenauges Stimme war sehr ruhig und beherrscht. ?Dienstreise.? Antwortete
Akainu.
?Weiss er hiervon?? Ein Schmatzen von Garp war zu hören, als er sich einen seiner Cracker in den
Mund steckte.
?Nein. Die ganze Sache war Akainus Idee und Doflamingo unterstützt ihn dabei. Ich bin hier genau
wie du nur ein Zuschauen, der das Ergebnis stumm erwartet und hinnimmt, Falkenauge. Aber ich kann
dir sagen, auch ich bin nicht gerade begeistert davon.? Garps Worte hinterliessen bei mir ein noch
mulmigeres Gefühl, als ich ohnehin schon hatte. Skeptisch sah ich zu meinem Mentor. Dieser aber war
gerade beschäftigt damit, den Marineadmiral und den Samurai mit seinen Blicken zu erdolchen.
Wieder schluckte ich und sah abwechselnd die hier Anwesenden an. Mit jeder Sekunde, die ohne
weitere Worte, oder Geräusche, verstrich, wurde ich zunehmend nervöser.
?Also, können wir jetzt endlich anfangen?? Akainu rieb sich die Hände. Ich nickte stumm, worauf
Doflamingos Grinsen noch breiter wurde. Der Mann im Federmantel führte mich in einen kleinen
Raum, die anderen blieben draussen und sahen durch die Glasscheibe. Mingo schloss die Tür. Ich
drehte der Glasscheibe, die ich von innen sowieso nicht sah, den Rücken zu und erstarrte.
Wie der Gang, auf dem wir vorher noch geredet hatten, war auch hier alles in diesem leuchtendem
Weiss gehalten. Die einzige Ausnahme bildete eine kleine, goldene Pistole, die auf einem kleinen
Tisch lag. Direkt davor, die Lehne an der Wand, stand ein Stuhl. Auf diesem Stuhl, gefesselt, sass ein
Mann. In seinem Mund steckte eine Orange, wie man es bei gebratenen Schweinen kannte, nur, dass
in deren Münder meist Äpfel steckten. Ich kannte diesen Mann nur zu gut. In meinen Albträumen sah
ich ihm immer und immer wieder. Ich stand vor dem Mörder meiner Schwester.
Ich stolperte zurück. Immer wieder tauchte vor mir das Bild der blutüberströmten Yumi auf. Ich
versuchte es wegzublinzeln, doch es verschwand nicht. Immer wieder sah ich in leere Augen. Immer
wieder fühlte ich den harten Asphalt unter meinen Händen. Immer wieder roch die Luft nach Orangen.
Nein, der Geruch verschwand nicht und tauchte auch nicht wieder plötzlich auf. Er war die ganze Zeit
über da, breitete sich im gesamten Raum aus, wurde immer stärker, als versuchte er, mich
unbarmherzig zu ersticken. Ich hielt es nicht länger hier drin aus.
Schnell drehte ich mich um und sah zur Tür, doch Doflamingo versperrte mir den Weg. Er beugte
sich breit grinsend zu mir hinunter und flüsterte mir verschwörerisch ins Ohr: ?Ich glaube, du weisst,
was jetzt zu tun ist, Lee.?
Natürlich wusste ich es. Ich ging wieder zurück zum Tisch und sah den Gefangenen an. In seinen
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Augen spiegelte sich pure Angst. Eine innere Zufriedenheit, die ich so noch nie gekannt hatte, mich.
Es war ein seltsames, aber zugleich gutes Gefühl, ihn vor mir zittern zu sehen. Machte mir das die
Sache leichter? Vermutlich nicht. Dennoch, ich genoss es, ihn so zu sehen. Er hatte es nicht anders
verdient. Oder doch? Er hatte wahrscheinlich nicht nur meine kleine Schwester getötet, sondern auch
andere, unschuldige Bürger. Wenn ich ihm jetzt das antun würde, was er auch seinen Opfern angetan
hatte, wäre ich dann nicht genauso wie er? Oder würde es mich zu einem besseren Menschen machen,
weil ich dann andere von einer Bedrohung schützte? Was war richtig, und was falsch?
Sollte ich es also tun? Diese Frage liess sich von mir nicht beantworten. Ginge man nach den Idealen
der Menschen, so dürfte ich das vermutlich nicht machen. Wollte ich ihn überhaupt töten? Die
Antwort kannte ich bereits. Und ich schämte mich selbst dafür.
Langsam nahm ich die Pistole auf dem Tisch an mich und entsicherte sie. Meine Nervosität war wie
verflogen. Der Mann vor mir wand sich, kämpfte gegen die Fesseln an und wimmerte. Diese Reaktion
entlockte mir unbewusst ein Lächeln. Ja, wider aller Vernunft, genoss ich diesen Moment, in dem ich
über Leben und Tod entscheiden konnte, so als wäre ich ein Gott.
Ich zielte, schloss meine Augen, wartete einige Sekunden?
Und drückte ab.
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