BMZ – Afrikapolitik: Neue Herausforderungen und Akzente BMZ-PAPIER 4 | 2016 STRATEGIEPAPIER 2 BMZ-PAPIER 4 | 2016 BMZ – AFRIKAPOLITIK: NEUE HERAUSFORDERUNGEN UND AKZENTE Inhalt ZUSAMMENFASSUNG 3 NEUE HERAUSFORDERUNGEN UND AKZENTE 4 1. KRISENLÄNDER IN SUBSAHARA-AFRIKA UND DIE AFRIKANISCHE UNION GEZIELT UNTERSTÜTZEN 7 2. WIRTSCHAFT STÄRKEN – WIRTSCHAFTSRAUM NORDAFRIKA 8 3. FOKUS AUF BERUFSAUSBILDUNG UND BESCHÄFTIGUNG (‚SKILLS INITIATIVE FOR AFRICA‘) 9 4. PARTNERSCHAFT FÜR ERNEUERBARE ENERGIEN, KLIMARISIKOVERSICHERUNG UND WALDSCHUTZ 10 5. INTENSIVIERUNG UNSERER ZUSAMMENARBEIT MIT DER DEUTSCHEN WIRTSCHAFT 11 3 BMZ-PAPIER 4 | 2016 BMZ – AFRIKAPOLITIK: NEUE HERAUSFORDERUNGEN UND AKZENTE Zusammenfassung „Afrika auf dem Weg vom Krisen- zum Chancenkontinent“ – der Titel des ersten Afrikapapiers von Anfang 2014 bleibt aktuell. Eine Welt ohne Hunger ist möglich, weil auch Afrika sich selbst ernähren kann. Auch dass wir die Schaffung neuer Perspektiven für Afrikas Jugend, die Vorbeugung von Flucht und Vertreibung und eine bessere Gesundheitsversorgung in den Mittelpunkt unserer Arbeit gestellt haben, hat sich als richtig und vorausschauend erwiesen. Wir wollen unsere Afrikapolitik jetzt noch weiter schärfen und an aktuelle Entwicklungen anpassen – insbesondere mit Blick auf Flucht und Migration, die die neuen weltweiten Nachhaltigkeitsziele (SDG) und internationalen Klimabeschlüsse sowie eine verstärkte Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. In folgenden Bereichen werden wir daher neue Maßnahmen ergreifen: 1. Krisenländer in Subsahara-Afrika und die Afrikanische Union gezielt unterstützen Durch eine regionale Schwerpunktsetzung auf 6 wichtige Herkunfts-, Transit- und Aufnahmeländer in Subsahara-Afrika wollen wir die Situation dort stabilisieren und neue Perspektiven für die Flüchtlinge und für die vor Ort ansässige Bevölkerung schaffen. 2. Wirtschaft stärken – Wirtschaftsraum Nordafrika Nordafrika kommt eine Schlüsselrolle bei der Schaffung wirtschaftlicher Perspektiven vor den Toren Europas zu. Wir werden unser Engagement weiter verstärken, um die Bedingungen für mehr Investitionen und Arbeitsplätze zu verbessern. 3. Fokus auf Berufsausbildung und Beschäftigung: „Skills Initiative for Africa“ Mit der Ausbildungsinitiative für Afrika wollen wir mit der Afrikanischen Union (AU) und der Privatwirtschaft die Voraussetzungen für Beschäftigung und Einkommen für junge Menschen in Afrika verbessern und damit auch möglichen Ursachen von Flucht und Migration vorbeugen. 4. Partnerschaft für erneuerbare Energien, Klimarisikoversicherung und Waldschutz Energie ist Schlüsselfaktor für eine tragfähige Entwicklung. Im Rahmen der Initiative für Erneuerbare Energien in Afrika werden wir unser Engagement maßgeblich erhöhen, u. a. bei der grenzüberschreitenden Stromüber tragung und der Hebelung privater Investitionen. Versicherungen sollen helfen, Menschen gegenüber Klimarisiken abzusichern. 5. Intensivierung unserer Zusammenarbeit mit der deutschen Wirtschaft Wir werden u. a. neue Beratungsnetzwerke etablieren, Entwicklungspartnerschaften ausbauen und die Strategische Partnerschaft Digitales Afrika umsetzen. 4 BMZ-PAPIER 4 | 2016 BMZ – AFRIKAPOLITIK: NEUE HERAUSFORDERUNGEN UND AKZENTE Neue Herausforderungen und Akzente „Afrika auf dem Weg vom Krisen- zum Chancenkontinent“ – der Titel des ersten Afrikapapiers von Anfang 2014 bleibt aktuell. Eine Welt ohne Hunger ist möglich, weil auch Afrika sich selbst ernähren kann. Aber Entwicklungszusammenarbeit muss noch stärker als schon vor zwei Jahren formuliert dazu beitragen, die Ursachen von Flucht und Vertreibung dauerhaft zu beseitigen, damit die Chancen genutzt und die Krisen weniger werden. Vor allem die vielen jungen Menschen müssen für sich selbst Perspektiven in ihren Heimatländern erkennen und ergreifen können. Es liegt im Interesse Deutschlands und Europas, dass es Afrika gut geht. Viel mehr und viel größere Wachstumszonen und Prosperität müssen dafür sorgen, damit der Ausweg aus der Perspektivlosigkeit nicht in Europa sondern auf dem afrikanischen Nachbarkontinent gesehen wird. Die Voraussetzungen dazu können die Afrikanerinnen und Afrikaner nur selbst schaffen. Ohne verantwortungsvolle und transparente Regierungsführung und echtes Interesse für das Wohlergehen der eigenen Bevölkerung und den Schutz elementarer Menschenrechte werden Fluchtursachen nicht geringer werden. Wir wollen echte Partnerschaften leben – von der höchsten Ebene bis zu ganz normalen Kontakten von einzelnen Menschen aus Europa und afrikanischen Ländern. Sich besser verstehen zu lernen kommt entscheidende Bedeutung zu. Dazu gehört, das Lebensumfeld von Menschen zu kennen, um nicht mit den eigenen Konzepten die falschen Anreize zu setzen, sondern um zu einem breitenwirksamen Wachstum für viele beizutragen. Geprägt wird das Umfeld der Menschen durch ihre Kultur, Religion und Weltanschauung. Diese Tatsache wollen wir auch in unserer Zusammenarbeit mit Afrika stärker berücksichtigen. Um sich gegenseitig nicht zu überfordern braucht es Geduld und Ehrlichkeit auf beiden Seiten. Dazu gehört auch deutlich zu sagen, wofür man einsteht. Bei aller Berücksichtigung kultureller Vielfalt und traditioneller Besonderheiten sind elementare Menschenrechte universell gültig und mit uns nicht verhandelbar. Die Würde jedes einzelnen Menschen zu achten und zu schützen ist in Europa wie in Afrika Aufgabe aller staatlichen Gewalt und muss für alle gelten, gleich wo sie sich aufhalten, woher sie kommen oder wohin sie gehen. Wir werden die vielfältigen Partnerschaften in den Bereichen von Wirtschaft, Schulen, Universitäten, Kultur und Kommunen, des Sports und der Religionsgemeinschaften fortführen. Wir werden weiter Ausund Weiterbildung fördern und neben der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit direkt mit Nichtregierungsorganisationen, Kirchen und politischen Stiftungen Angebote für ein besseres Leben in Afrika unterbreiten. Europa und Afrika haben bei der Verabschiedung der weltweiten Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) im September 2015 bei den Vereinten Nationen in New York gut zusammengearbeitet. Diese SDGs konnten im sog. Weltzukunftsvertrag (Agenda 2030) zur nachhaltigen Entwicklung festgeschrieben werden. Der Weltzukunftsvertrag ist seit Anfang 2016 unser gemeinsamer Orientierungsrahmen mit weltweiter Geltung und leitet uns wie ein Kompass. Wir wollen afrikanische Staaten, die bei der Umsetzung vorangehen, besonders fördern. Auch auf der Klimakonferenz COP21 in Paris sind verbindliche Grundlagen für eine klimafreundliche und klimasichere nachhaltige Entwicklung weltweit beschlossen worden. Die Umsetzung der SDGs und der Klimaschutzbeiträge der Länder zum neuen Klima-Abkommen hat schon begonnen und muss verstärkt in der Entwicklungsagenda in Deutschland und in Afrika und damit auch in der Ausrichtung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in Afrika berücksichtigt werden. Eine Versorgung der Bevölkerung mit Strom aus erneuerbaren Quellen hatte schon durch die Beschlüsse beim G7 Gipfel auf Schloss Elmau im Rahmen der Initiative für Erneuerbare Energien in Afrika neue Unterstützung erfahren, wie auch der weitere Ausbau des afrikanischen Klimarisikoversicherungspools „African Risk Capacity“. 5 BMZ-PAPIER 4 | 2016 BMZ – AFRIKAPOLITIK: NEUE HERAUSFORDERUNGEN UND AKZENTE Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit ist in allen hier genannten Punkten gut aufgestellt. Sie kann aber auch noch besser werden, das heißt, wirksamer, kostengünstiger und partnerorientierter. Hierbei setzen wir nicht zuletzt auf die Nutzung der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) und eine Strategische Partnerschaft mit der Wirtschaft für ein Digitales Afrika. Damit leisten wir einen wesentlichen Beitrag zur Digitalen Agenda der Bundesregierung. Eng verbunden damit ist der Schwerpunkt Gute Regierungsführung, der im Zentrum deutscher Entwicklungszusammenarbeit bleibt. Hierbei geht es um die Stärkung demokratischer Strukturen, der Informations- und Meinungsfreiheit, Rechtsstaatlichkeit, die Stärkung öffentlicher Finanzsysteme und Korruptionsbekämpfung. Hinzu kommt die verstärkte Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. Neue Initiativen zusammen mit dem Privatsektor in Afrika und in Deutschland sollen für mehr Arbeitsplätze und selbsttragendes Wirtschaftswachstum sorgen. Berufsbildung soll in Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union und NEPAD und in enger Zusammenarbeit mit der deutschen Wirtschaft einen Markenkern deutscher Entwicklungszusammenarbeit bilden. Wir verbinden damit ein in weiten Teilen der Welt traditionelles Deutschlandbild mit den aktuellen Herausforderungen und bereichern unsere eigene Kommunikation im Ausland um eine wesentliche Facette. Die Ebola-Epidemie in Teilen Westafrikas hat gezeigt, wie wichtig die Stärkung der Gesundheitssysteme ist. Armutsbedingte Krankheiten, Mangelernährung und fehlende Schulbildung sind schon im ersten Lebensjahrzehnt ursächlich für eingeschränkte Lebensperspektiven im späteren Leben. Erfolgreiche Entwicklungszusammenarbeit darf diesen Zusammenhang nicht aus den Augen verlieren. Kriege und Bürgerkriege zu verhindern und zu beenden, keine korrupten und verantwortungslosen Regierungen zu unterstützen, die Folgen von Naturkatastrophen und Klimawandel zu lindern und Krisen, wo immer möglich, vorzubeugen hilft, die akuten Ursachen von Flucht und Vertreibung zu beseitigen. All das bewirkt aber wenig bezogen auf die Verringerung des Migrationsdrucks durch die Menschen, die sich auf den Weg nach Europa machen in ein vermeintlich besseres Leben. Das hohe Bevölkerungswachstum wird den Migrationsdruck in Zukunft voraussichtlich noch verstärken. Erforderlich ist vor allem die Schaffung dauerhafter Einkommensmöglichkeiten für die vielen jungen Menschen in Afrika. Deshalb muss massiv in die Schaffung ökonomischer Entwicklungsperspektiven investiert und Bevölkerungspolitik in unseren Dialog mit unseren afrikanischen Partnern aufgenommen werden. Wirtschaftswachstum, Industriearbeitsplätze und vor allem arbeitsintensive Infrastrukturmaßnahmen und Wiederaufforstungsprojekte werden zu Kernanliegen der Entwicklungszusammenarbeit. Den nordafrikanischen Staaten kommt hierbei eine Schlüsselrolle zu. Wachstum für Nordafrika muss als ein im europäischen Wirtschaftsinteresse liegendes Programm der EU verstanden werden. Der Valletta-Gipfel zu Migration im November 2015 war der Beginn eines dauerhaften Prozesses zur Umsetzung des beschlossenen Aktionsplans. Der neu eingerichtete EU-Trust Fund zur Fluchtursachenbekämpfung zielt auf wirtschaftliche Entwicklung und die Schaffung von Arbeitsplätzen, auf Ernährungssicherung, verbessertes Migrationsmanagement und eine Verbesserung der Regierungsführung in afrikanischen Herkunfts- und Transitländern ab. Wir werden die Umsetzung des Fonds aktiv mitgestalten, insbesondere in den Bereichen Migrationsmanagement, berufliche Bildung, Beschäftigungsförderung. Derzeit kommen aus afrikanischen Ländern im Vergleich zu anderen Regionen relativ wenige Flüchtlinge und Migranten nach Deutschland und in die EU. In Deutschland wurden 2015 rund 12 % aller Asylanträge von Menschen aus afrikanischen Ländern gestellt. Doch diese Zahlen sagen wenig von den zu erwartenden Wanderungsbewegungen von Afrika nach Europa, weil selbst ein vorbildliches Wirtschaftswachstum nur zum Teil Schritt halten kann mit dem prognostizierten Bevölkerungswachstum. Bis zum Jahr 2050 wird sich die Bevölkerung Afrikas voraussichtlich von derzeit 1,2 Milliarden auf 6 BMZ-PAPIER 4 | 2016 BMZ – AFRIKAPOLITIK: NEUE HERAUSFORDERUNGEN UND AKZENTE 2,5 Milliarden Menschen mehr als verdoppeln. Auch der Klimawandel wird den Druck auf natürliche Ressourcen und damit auf die Lebensgrundlagen in Subsahara-Afrika weiter erhöhen. Aktuell lebt die große Mehrheit der 15 Millionen afrikanischen Flüchtlinge – etwa 12 Millionen – vertrieben im eigenen Land („Binnenvertriebene“) und in angrenzenden Ländern des Herkunftslandes. Afrikanische Staaten sind dementsprechend nicht nur Herkunfts-, sondern auch Transit- und Aufnahmeländer, was enorme Belastungen für diese oft sehr armen Länder darstellt. Allein in Nigeria leben heute über zwei Millionen Binnenflüchtlinge, die vor dem Terror von Boko Haram geflohen sind, und knapp 180.000 nigerianische Flüchtlinge in den angrenzenden Ländern Kamerun, Tschad und Niger. Der Klimawandel verstärkt diesen Druck noch weiter. Um Flüchtlingen in Afrika zu helfen und Fluchtursachen zu bekämpfen sind nicht nur von der Entwicklungspolitik, sondern von der gesamten Bundesregierung sowie von der internationalen Gemeinschaft neue Antworten nötig. Wir brauchen einen vernetzten Ansatz, indem wir unsere Entwicklungspolitik besser mit Innen-, Außen-, Außenwirtschafts-, Agar- und Sicherheitspolitik verzahnen. Vor allem in fragilen Staaten muss sich die Entwicklungszusammenarbeit auf sicherheitsrelevante Themen ausrichten: Minderung von Konfliktursachen, Förderung friedlicher Konfliktbeilegung sowie Konfliktprävention. Die Afrikanische Union und die regionalen Wirtschaftsgemeinschaften übernehmen hier – mit Unterstützung unserer Entwicklungspolitik für die zivilen Komponenten – große Verantwortung. Im Rahmen der sog. Afrikanischen Friedens- und Sicherheitsarchitektur entwickeln sie Instrumente der Krisenprävention und ergreifen konkrete Maßnahmen zur Stabilisierung, Friedenssicherung und zum Wiederaufbau nach Konflikten. In den letzten Jahren haben die AU und die Regionalorganisationen bereits auf die Hälfte aller neuen Konflikte mit Mitteln der Diplomatie, Mediation und durch Friedensmissionen reagiert, was auch im Vergleich zu anderen Regionen Anerkennung verdient. Mit unserer Unterstützung der afrikanischen Sicherheitskonferenz (Tana High-Level Forum on Security in Africa) werden wir den Austausch zwischen politischen Entscheidungsträgern weiter fördern. Die Anfang 2014 vom BMZ definierten Schwerpunktbereiche für die entwicklungspolitischen Zusammenarbeit mit Afrika sind auch heute aktuell: → „Gewalt, Flucht und Vertreibung vorbeugen“ → „Neue Perspektiven für Afrikas Jugend schaffen: Ausbildung, Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung“ → „Verbesserung der Gesundheit“ → „Afrika kann sich selbst ernähren“ → „Vielfältige Partnerschaften auf einem vielfältigen Kontinent“ In diesen Schlüsselbereichen haben wir mit unseren afrikanischen Partnern inzwischen über 50 neue, teilweise sehr groß angelegte Initiativen begonnen. Dazu gehören die zehn Grünen Innovationszentren in Afrika und die neue Deutsch-Afrikanische Jugendinitiative. Das erklärte Ziel, mindestens 100 Mio. Euro zusätzlich für Afrika als Schwerpunktkontinent zuzusagen, konnte weit übertroffen werden. Allein die Länder-Zusagen betrugen 2015 ca. 1.660 Mio. Euro im Vergleich zu 1.250 Mio. Euro im Jahr 2013 und 1.500 Mio. Euro 2014. Aus den neuen Sonderinitiativen EINEWELT ohne Hunger, Flucht und Migration, Stabilisierung und Entwicklung in Nordafrika/Nahost sowie aus der Klimatechnologieinitiative DKTI kamen zusätzliche 414 Mio. Euro. In den kommenden zwei Jahren werden wir unsere Afrikapolitik weiter akzentuieren und um konkrete Maßnahmen in folgenden Bereichen ergänzen. 7 BMZ-PAPIER 4 | 2016 BMZ – AFRIKAPOLITIK: NEUE HERAUSFORDERUNGEN UND AKZENTE 1. Krisenländer in Subsahara-Afrika und die AU gezielt unterstützen Durch eine regionale Schwerpunktsetzung auf sechs wichtige Herkunfts-, Transit- und Aufnahmeländer in Subsahara-Afrika wollen wir die Situation dort stabilisieren und neue Perspektiven für die Flüchtlinge, aber auch für die vor Ort ansässige Bevölkerung schaffen. Diese Fokusländer sind Äthiopien, Somalia, Eritrea, Kenia, der Sudan und Nigeria. Je nach Problemlage werden wir in den Fokusländern Unterstützung leisten bei der Versorgung und Integration von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen (kurzfristig), bei beruflicher Bildung und Beschäftigungsschaffung (mittelfristig), beim Aufbau der wirtschaftlichen und sozialen Infrastruktur und bei der Stärkung demokratischer Strukturen, der Menschenrechte und guter Regierungsführung (langfristig). Um Konflikte zwischen Flüchtlingen und aufnehmenden Gemeinden zu mindern, kommen unsere Maßnahmen immer beiden Bevölkerungsgruppen zugute. Der grenzüberschreitende Charakter von Flucht und Migration macht zudem regionale Politikansätze erforderlich. Die Afrikanische Union (AU) als panafrikanische Institution ist hier neben den Regionalorganisationen wichtiger politischer Akteur. Wir unterstützen die AU in den Bereich Frieden und Sicherheit, Regionale Wirtschaftliche Integration und Gute Regierungsführung. Künftig werden wir die Zusammenarbeit zusätzlich auf Flucht und Migration ausweiten. Basisinfrastruktur und mit Maßnahmen im Bereich beruflicher Bildung unterstützen. → In Kenia und Äthiopien planen wir eine verstärkte Zusammenarbeit mit der Wirtschaft zu beruflicher Bildung und Beschäftigungsförderung. In Kenia stärken wir den Staat durch eine Zusammenarbeit in der Korruptionsbekämpfung. → In Eritrea prüfen wir u. a., wie wir mit den Kirchen und zivilgesellschaftlichen Organisationen die Lebenssituation der Menschen verbessern können. Ansatzpunkt in Eritrea ist u. a. die Schaffung von Arbeitsmöglichkeiten für aus dem Nationalen Dienst entlassene junge Menschen. Wir fordern von Eritrea Fortschritte im Bereich der Menschenrechte als Basis für unsere Zusammenarbeit ein. → Im Sudan werden wir eritreische Flüchtlinge und Aufnahmegemeinden im Osten des Landes mit Maßnahmen der beruflichen Bildung und Dürreresilienz unterstützen. Dadurch wollen wir den Flüchtlingen neue Perspektiven für ein Leben in Sudan eröffnen. → In Somalia werden wir Möglichkeiten zur freiwilligen Rückkehr von in Nachbarstaaten lebenden somalischen Flüchtlingen unterstützen und in den Aufbau städtischer Wasserversorgung und des Gesundheitswesens sowie in die Verbesserung der Ernährungssituation investieren. → In Nigeria werden wir ein Neuvorhaben zur Unterstützung Binnenvertriebener und von Aufnahmegemeinden fördern. Wir werden gleichzeitig die Förderung nachhaltiger Wirtschaftsentwicklung, beruflicher Bildung und Beschäftigung sowie nachhaltiger Energien als Basis der wirtschaftlichen Entwicklung fortsetzen. WAS HEISST DAS KONKRET? → Kurzfristig werden wir UNICEF stärker bei Ernährungssicherung, beruflicher Bildung und Beschäftigungsförderung am Horn von Afrika unterstützen. → In Äthiopien werden wir verstärkt bei der Versorgung von Flüchtlingen und aufnehmenden Gemeinden mit dringend erforderlicher 8 BMZ-PAPIER 4 | 2016 BMZ – AFRIKAPOLITIK: NEUE HERAUSFORDERUNGEN UND AKZENTE → AU-Beratungsfonds Flucht und Migration: Zur Beratung der AU in Flucht- und Migrationsfragen stellt das BMZ Mittel für einen speziellen Beratungsfonds bereit. Die AU soll dabei unterstützt werden, ihr Mandat im Bereich Migration und Flucht wahrzunehmen – insb. bei der Umsetzung des Aktionsplans Flucht und Migration, den EU und AU beim Valletta-Gipfel 2015 vereinbart haben. Auch die anderen regionalen Organisationen (u. a. EAC und ECOWAS) sollen einbezogen werden. → In unserer Zusammenarbeit mit fragilen Staaten müssen zukünftig ausnahmslos alle Vorhaben und Länderstrategien von der Planung bis zur Umsetzung gezielt zu Konfliktprävention, Konfliktbearbeitung und Friedensförderung beitragen. 2. Wirtschaftsraum Nordafrika stärken Nordafrika liegt direkt vor unserer Haustür. Als Teil unseres Nachbarkontinents entwickeln sich die nordafrikanischen Staaten zunehmend von Herkunftszu Transit- und Aufnahmeländern im Kontext von Flucht und Migration. Gleichzeitig steht die Region in enger Verbindung zum Nahen Osten, mit dem sie gemeinsame Herausforderungen teilt: niedriges Wirtschaftswachstum, eine hohe Jugendarbeitslosigkeit, Menschenrechtsverletzungen und vielerorts auch eine instabile Sicherheitslage. Im Kontext von Flucht und Migration muss eine Verstärkung der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Nordafrika politisch im Zusammenhang mit Nahost und als Teil des Mittelmeerraums europäisch gedacht werden. Zentral ist dabei auch eine erhebliche Verbesserung der regionalen Integration Nordafrikas durch die nordafrikanischen Staaten selbst. Entwicklungspolitik trägt zum wirtschaftlichen und politischen Strukturwandel Nordafrikas, zur Stabilisierung und zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit in der Region bei. Ziel des BMZEngagements ist es, die Bedingungen für mehr Investitionen und Arbeitsplätze zu verbessern. Dies verfolgt das BMZ im Rahmen einer eigenen Strategie für die Region Nordafrika/Nahost (MENA). WAS HEISST DAS KONKRET? → Wir haben 2015 ein Infrastrukturprogramm für Nordafrika aufgelegt, in dessen Rahmen wir z. B. Investitions- und Ausbildungsprogramme zur Beschäftigungsförderung durchführen. Wir haben den G7-MENA Transition Fund zur Förderung wirtschaftlicher Reformen und guter Regierungsführung unter deutschem Vorsitz im G7-Präsidentschaftsjahr ausgebaut, und auch auf die Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen zur Schaffung von Arbeitsplätzen ausgerichtet. → Wir setzen seit 2014 die BMZ-Sonderinitiative Stabilisierung und Entwicklung in Nordafrika/Nahost um. Kernthemen sind u. a. Beschäftigungsförderung, berufliche Bildung und Wirtschaftsentwicklung. → Wir stocken den sog. SANAD-Fonds (arabisch: „Hilfe“) zur Finanzierung von Investitionen kleinster, kleiner und mittlerer Unternehmen kontinuierlich auf. → Wir bauen die Programme zur nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung in Tunesien, Marokko und Ägypten aus. Z. B. Bündnis für Arbeit in Tunesien zur Beschäftigungs- und Ausbildungs- 9 BMZ-PAPIER 4 | 2016 BMZ – AFRIKAPOLITIK: NEUE HERAUSFORDERUNGEN UND AKZENTE offensive in Zusammenarbeit mit Regierung, Unternehmen und Zivilgesellschaft. → → Wir werden im Rahmen des EU Trust Funds zur Fluchtursachenbekämpfung Maßnahmen zum Migrationsmanagement durchführen. Wir unterstützen die Reintegration aus Deutschland zurückkehrender Migrantinnen und Migranten in Tunesien durch Maßnahmen zur Qualifizierung und Existenzgründungsberatung. 3. Fokus auf Berufsausbildung und Beschäftigung (‚Skills Initiative for Africa‘) Die Ausbildungsinitiative für Afrika (Skills Initiative for Africa) soll einen effektiven Beitrag zur Schaffung neuer Perspektiven durch mehr Beschäftigung und Einkommen für junge Menschen in Afrika leisten und damit auch möglichen Ursachen von Flucht und Migration vorbeugen. Sie setzt auf regionaler Ebene bzw. länderübergreifend und parallel in einzelnen Partnerländern an. Der Zusammenarbeit mit dem Privatsektor kommt eine besonders wichtige Rolle zu, auch weil so die Verbindung mit tatsächlichen Beschäftigungsmöglichkeiten sichergestellt werden kann. → Wir werden die berufliche Bildung in der Landwirtschaft mit NEPAD von sechs auf 12 Länder ausweiten und ein neues Berufsbildungsprogramm mit Fokus auf Frauen und Unternehmensgründerinnen in der Landwirtschaft beginnen. → Wir werden unsere bilaterale Zusammenarbeit im Bereich der beruflichen Bildung (derzeit Aktivitäten in über 18 afrikanischen Ländern) aufstocken, u. a. über die Grünen Innovationszentren sowie die Berufsbildungspartnerschaften mit der Wirtschaft (zehn weitere Partnerschaften). → Das Vorhaben „Employment for Development“ zur Schaffung von Anreizen zur Beschäftigungsschaffung im Privatsektor wird auf weitere Länder ausgeweitet. WAS HEISST DAS KONKRET? → Kern der Ausbildungsinitiative ist ein überregionales Neuvorhaben zu beruflicher Bildung mit der Afrikanischen Union (AU/NEPAD). Öffentliche und private Stellen in ausgewählten Ländern können sich um die Finanzierung von Berufsbildungs- und beschäftigungsfördernden Maßnahmen bewerben. Gefördert werden sollen u. a. der Ausbau von Ausbildungszentren, Leistungen zur Arbeitsvermittlung und konkrete Lernmöglichkeiten in Unternehmen. Auf Frauen zugeschnittene Angebote sollen besonders gefördert werden. Andere Geber, wie z. B. EU Mitgliedstaaten bzw. die EU (z. B. über den EU Trust-Fund) oder die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB) können sich beteiligen. 10 BMZ-PAPIER 4 | 2016 BMZ – AFRIKAPOLITIK: NEUE HERAUSFORDERUNGEN UND AKZENTE 4. Partnerschaft erneuerbare Energien, Klimarisikoversicherung und Waldschutz Die Afrikanische Union und die G7-Staaten haben beim G7-Gipfel in Elmau 2015 eine neue Initiative für Erneuerbare Energien in Afrika vereinbart (Africa Renewable Energy Initiative). Die Initiative zielt auf die massive Erhöhung des Zugangs zu Energie und eine kohlenstoffarme Entwicklungsstrategie ab (Ausbauziele: 10 Gigawatt Erneuerbare bis 2020 und perspektivisch 300 Gigawatt bis 2030). Dies ist ein wesentlicher Beitrag zur Erfüllung der Klimabeschlüsse von Paris. Hierzu gehört auch das Engagement bei der Klimarisikoversicherung sowie bei einer Afrika-weiten Initiative zur Wiederherstellung von 100 Mio. Hektar Waldlandschaften bis 2030. Energie ist Schlüsselfaktor für eine tragfähige wirtschaftliche und soziale Entwicklung und schafft Beschäftigung und Einkommen. Eine grenzüberschreitende, regionale Zusammenarbeit im Bereich Energie ist auch ein wirksames Instrument, das zu Frieden und Sicherheit beitragen kann. Durch Investitionen in Energieversorgung werden so auch Fluchtursachen und Migration direkt und indirekt eingedämmt. → Hebelung privater Investitionen/Süd-SüdKooperation: Gemeinsam mit anderen Gebern werden wir Modelle zur Unterstützung privater Investitionen in erneuerbare Energien durch Verbesserung der regulatorischen Rahmenbedingungen und Risikogarantien auf weitere Partnerländer ausweiten (Partner u. a. Südafrika, Sambia, Uganda). → Unsere Unterstützung der Energiewende in Marokko werden wir gemeinsam mit anderen Gebern fortsetzen (u. a. weltweit größtes Solarkraftwerk in Ouarzazate). → Ausbau der Partnerschaft Energie für Entwicklung (Energising Development): Über diesen multi-Geber-Ansatz fördern wir ländliche Elektrifizierung, die Effizienz von Kochtechniken, Energieversorgung sozialer Infrastruktur und die produktive Nutzung von Energie durch kleine/mittelständische Betriebe. → Klimarisikoversicherung (G7-Initiative): Bis 2020 sollen in Afrika mindestens 200 Millionen Menschen versichert werden – damit werden direkt Fluchtursachen bekämpft. Unser Beitrag zur African Risk Capacity beträgt rd. 100 Mio. Euro. Zudem sollen Agrarversicherungen Ernteausfallrisiken abdecken. → Schutz und Wiederherstellung von Waldlandschaften: Mit der Initiative AFR100 sollen in Partnerschaft u. a. mit der AU und NEPAD bis 2030 100 Mio. Hektar degradierter Flächen mit Wald und baumreichen produktiven Landschaften wiederhergestellt werden. Die afrikanischen Länder werden so bei der Umsetzung Ihrer nationalen Beiträge zum Pariser Klimaabkommen unterstützt, produktivere Landschaften vermindern gleichzeitig den Abwanderungsdruck. Das BMZ leistet mit 3 Mrd. USD bis 2020 einen wesentlichen Beitrag zu den insgesamt in Paris zugesagten 10 Mrd. USD für die Initiative für Erneuerbare Energien in Afrika. WAS HEISST DAS KONKRET? → Grenzüberschreitende Stromübertragung: Wir werden den Ausbau der westafrikanischen und südafrikanischen Stromverbundnetze in großem Ausmaß fördern, wie auch die Verbindung nationaler Elektrizitätssysteme zu regionalen Stromverbünden beim grenzüberschreitenden Fluss Ruzizi/Burundi, Rwanda, DR Kongo. 11 BMZ-PAPIER 4 | 2016 BMZ – AFRIKAPOLITIK: NEUE HERAUSFORDERUNGEN UND AKZENTE 5. Intensivierung unserer Zusammenarbeit mit der deutschen Wirtschaft Ohne wirtschaftliche Entwicklung scheitert die Entwicklung Afrikas. Nachhaltige Investitionen durch Unternehmen in Afrika, von denen insbesondere die Menschen in Armut profitieren, sind nötig. Sie sollen stärker und in vielfältiger Weise unterstützt und begleitet werden. Durch neue Arbeitsplätze und Einkommensmöglichkeiten entstehen neue Lebensperspektiven für die Menschen in Afrika. Wir werden unsere Zusammenarbeit mit der deutschen Wirtschaft in Afrika intensivieren. WAS HEISST DAS KONKRET? → Wir werden das Beratungsnetzwerk für die Wirtschaft in Afrika ausbauen (Unterstützung von Auslandshandelskammern durch CIMExperten, Aufbau eines Service-Netzwerkes). → Wir werden mit der Wirtschaft branchenspezifische Lösungen entwickeln, z. B. in der Umwelttechnologie, unterstützt durch Mittel aus dem Green Climate Fund. → Wir werden neue Entwicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft im Rahmen des Forums Nachhaltiger Kakao und des Bündnisses für nachhaltige Textilien auflegen und Partnerschaften im Bereich weiterer nachhaltiger Lieferketten beginnen (z. B. Gründung des Aktionsbündnisses für nachhaltige Bananen). → Im Rahmen der Strategischen Partnerschaft Digitales Afrika werden wir Unternehmen zu sechs Ideenwettbewerben („Lab of Tomorrow“) einladen, bei denen wir gemeinsam mit unseren Partnerländern digitale Lösungen für konkrete Entwicklungsprobleme entwickeln und in der Folge umsetzen wollen. → Nordafrika – Wirtschaftspartnerschaften: Wir werden die entwicklungspolitische Flankierung der Investitionen deutscher Unternehmen in Nordafrika verstärken. Derzeit laufen 18 develoPPP.de-Projekte in Ägypten, Tunesien und Marokko. → Mehr Hermes für Afrika: Wir werden uns für eine Erweiterung der Deckungsmöglichkeiten für deutsche Exporte (Hermes-Deckungen) auf weitere afrikanische Länder und für verbesserte Deckungskonditionen für Unternehmen einsetzen. BMZ-PAPIER 4 | 2016 BMZ – AFRIKAPOLITIK: NEUE HERAUSFORDERUNGEN UND AKZENTE Impressum HERAUSGEBER Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Referat Öffentlichkeitsarbeit, digitale Kommunikation und Besucherdienst REDAKTION BMZ, Referat 200, Grundsatzfragen der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit mit Afrika; Afrikanische Union GESTALTUNG MediaCompany - Agentur für Kommunikation GmbH STAND April 2016 DIENSTSITZE → BMZ Bonn Dahlmannstraße 4 53113 Bonn Tel. +49 (0) 228 99 535 - 0 Fax +49 (0) 228 99 535 - 3500 → BMZ Berlin im Europahaus Stresemannstraße 94 10963 Berlin Tel. +49 (0) 30 18 535 - 0 Fax +49 (0) 30 18 535 - 2501 KONTAKT [email protected] www.bmz.de
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