An die Regierung des Fürstentums Liechtenstein Ministerium für Inneres, Justiz und Wirtschaft 9490 Vaduz [email protected] i Vaduz, 29. Jul i 2015 Stellungnahme zum Vernehmlassungsbericht der Regierung betreffend die Reform Verfahrenshilferechts Sehr geehrte Damen und Herren Ich beziehe mich auf das Schreiben der Regierung des Fürstentums Liechtenstein vom Vernehml assungsbericht 02.06.2015 der Regierung betreffend über die Reform den des Verfahrenshil ferechts. Ich darf dazu fol gende Stell ungnahme abgeben: 1. Grundsätzl ich ist das Ziel der beabsichtigten Novell e, die Verfahrenshil fen auf das notwendige Ausmass zu reduzieren, deren Effektivität zu erhöhen und M issbrauchsfäll e hintanzuhal ten, 2 begrüssenswer t. Dieser Ziel ausrichtung der Novell e ist voll zuzustimmen. Gegen einzel ne Regel ungsvorschl äge gibt es all erdings Bedenken, die im Fol genden darzustell en sind: 2. Zu § 63 Abs 2 ZPO Die Einschränkung der Verfahrenshil fe für juris tische Personen und andere parteifähige Gebil de sowie für Vermögensmassen dahingehend, dass die Unterl assung der Rechtsverfol gung oder Rechtsverteidigung „all gemeinen würde“, für hal te ich I nteressen bedenkl ich: Damit zuwider ist das l aufen öffentl iche Interesse angesprochen, das wohl in den sel tensten Fäll en bei juristischen Personen und bei den sons t angesprochenen Gebil den gegeben sein wird. Es komm t daher – zum Un terschied von Verfahrenshil fen an natürl iche Personen – bei juristischen Personen und den gl eichgestell ten Gebil den nicht mehr darauf an, ob ihre Vermögensmasse bzw die Leistungsfähigkeit der wirtschaftl ich beteil igten Person zu einer Verfahrensführung ausreichend sind, sondern es spiel t Leis tungsfähigkeit ein nicht (insoweit mit der zusammenhängender) wirtschaftl ichen neuer Aspekt, näml ich das „all gemeine I nteresse“ die tragende Rolle. Ich bezweifl e, Verfahrenshil fe dass an eine juristische derartige Personen Einschränkung und die der ihnen gl eichgestell ten Gebil de eine Verfahrenshil fegewährung in der Praxis überhaupt noch ermögl ichen wird. Damit wird sich aber im Ergebnis die Frage der Gl eichbehandl ung mit den natürl ichen Personen wieder stell en. 3 3. Zu § 64 Abs 1 Z 3 ZPO Die Formul ierung, dass die Beigebung eines Verfahrenshel fers zur Ver tretung vor dem Gericht dann von der Verfahrenshil fe umfasst ist, „wenn dies zur Wahrung der Rechte notwendig ist, was nur bei schwieriger Sach- und Rechtsl age der Fall ist“, hal te ich nicht für gegl ückt: Die Erläuterung, dass die Verfahrenshil fe „zur Wahrung der Rech te“ nur in „schwierigen Sach- und Rechtsl agen“ Pl atz greifen soll e, ist an sich schon fragwürdig, weil auch in weniger schwierigen anzusehen Fäll en die ist. Voraussetzung Ich „Wahrung der Rechte“ würde „Wahrung dazu der vorschl agen, Rechte“ al s notwendig dass abgesehen von wird der und ausschl iessl ich die Voraussetzung der „schwierigen Sach- und Rechtsl age“ im Gesetz Pl atz findet. 4. Zu § 65 Abs 1 ZPO Wenn der Verfahrenshil fean trag grundsätzl ich – offensichtl ich bei sons tigem Ausschl uss – „mit oder nach dem verfahrenseinl eitenden Schriftsatz beim Prozessgerich t erster I nstanz zu stel l en“ ist, dann stell t sich die Frage, ob der hiermit intendierte, Verfahrenshil fen reduzierende Effekt (Seite 48) tatsächl ich erreicht werden kann. „Nach“ dem verfahrenseinl eitenden Schriftsatz kann auch während des gesam ten – dem verfahrenseinl eitenden Schriftsatz fol genden – Prozesses noch der Fall sein, während „mit“ dem verfahrenseinl eitenden Schriftsatz tatsächl ich bedeute t, dass der Verfahrenshil feantrag schon in der Kl age verfahrenseinl eitenden An trag zu stellen ist. bzw in dem 4 5. Zu § 71 Abs 3 ZPO Die vorgesehene Verpfl ichtung der die Verfahrenshil fe genießenden Partei, nach Abschl uss des Verfahrens über 10 Jahre jeweil s am Ende des Kal enderjahres ohne Aufforderung ein aktuell es Vermögensbekenntnis vorzul egen, ist all er Voraussicht nach ineffektiv. Den Gerichten wird damit freil ich eine nicht zu unterschätzende Verwal tungstätigkeit aufgebürdet, die sich nicht in der Kontroll e, ob die Vermögensbekenntnisse abgegeben wurden, erschöpft, sondern jeweils auch die Auswertung dieser „Vermögensberichte“ verl angt. Abgesehen davon ist eine Verpfl ichtung, über 10 Jahre hindurch all jährl ich die eigenen Vermögensverhäl tnisse bekanntgeben zu müssen, al s überschiessend und verfassungsrechtl ich bedenkl ich anzusehen. 6. Zu § 71 Abs 4 ZPO Nach dem Vorschl ag hat die Verfahrenshil fe geniessende Partei dem Land Liechtenstein die ihr gewährten Verfahrenshil fekos ten zurückzuzahl en, sofern sie dazu aufgrund geänderter finanzielle Verhäl tnisse oder „an Hand den ihr im Verfahren zugesprochenen Kosten … in der Lage ist.“ Die Bestimmung widerspricht Art 25 Abs 1 RAG, wonach an der Kos tenersatzforderung der Rechtsanwal t, der die Partei zul etzt vertre ten hat, wegen seines Anspruchs auf Ersatz der Barausl agen und auf Entl ohnung für die Vertretung in diesem Verfahren ein Pfandrecht an der Kostenersatzforderung der Partei hat. Gem Art 25 Abs 2 RAG Kos tenersatzforderung ist die mit Partei nicht anderweitigen berechtigt, Ansprüchen ihre oder Verbindl ichkeiten gegenüber wem auch immer zu verrechnen oder zu Las ten des pfandberech tigten Rechtsanwal ts hierüber zu 5 verfügen. Ähnl ich bes timm t Art 30 Abs 1 RAG, dass der gem Ar t 28 RAG bestell te Rechtsanwal t einen Entl ohnungsanspruch hat, soweit der seiner Partei unterl egene Gegner Kos ten ersetzt. Gem Art 30 Abs 2 RAG ist es der Partei nicht gestatte t, auf den Kos tenersatzanspruch nach Abs 1 zu verzichten oder anderweitig hierüber zu verfügen oder mit diesem aufzurechnen. Die vorgeschl agene Bestimmung des § 71 Abs 4 ZPO steht mit diesen Vorschriften in Widerspruch, weil die Partei danach verpfl ichte t wäre, die ihr im Verfahren zugesprochenen Kosten – an diesen hat aber der Rechtsanwal t ein gese tzl iches Pfandrecht – dem Land zurückzuzahl en. 7. Zu Art 31 Abs 5 RAG Bedenken beste hen insbesondere gegen die vorgeschl agene Bestimmung des § 31 Abs 5 RAG, wonach über die Höhe der Kos ten des Verfahrenshel fers nunmehr durch das erstinstanzl iche Gericht aufgrund eines Kostenbestimmungsan trags zu entscheiden ist: Die hier vorgeschl agene Kostenbestimmung würde dem Gericht eine Aufgabe überbürden, die in Wirkl ichkeit Tätigkeit im Rahmen der Verwal tung ist und bisl ang von der Rechtsanwal tskammer übernommen wurde (Art 31 Abs 5 RAG idgF). Diese Kos tenbes timmungspfl icht ist im Verfahrensrech t nicht vorgesehen und hat mit der Bestimmung der gegensei tigen Kos tenersatzpfl ichten der Parteien nichts zu tun. Sie stell t sich in Wirkl ichkeit al s Verwal tungstätigkei t, freil ich nicht al s Justizverwal tungstätigkeit dar. Sie ist deshal b unter dem Aspekt 6 der Trennung von Jus tiz und Verwal tung bedenkl ich. Ich empfehl e mich mit freundl ichen Grüssen Univ. Prof. Dr. Hubertus Schumacher Präsident verfassungsrech tl ich
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