Freitag, 21. August 2015 / Nr. 191 Neue Luzerner Zeitung Neue Zuger Zeitung Neue Nidwaldner Zeitung Neue Obwaldner Zeitung Neue Urner Zeitung Bote der Urschweiz Gewinneinbruch bei Cham Paper PAPIERINDUSTRIE sda. Der Spezialpapierhersteller Cham Paper hat in der ersten Jahreshälfte 2015 deutlich weniger Umsatz und Gewinn erzielt als in der Vorjahresperiode. Durch die Verlagerung der Produktion nach Italien hatte das Unternehmen mit grossen Anlaufschwierigkeiten zu kämpfen, zudem fielen Umstellungskosten an. Wirtschaft 15 Kronospan glaubt an Menznau HOLZINDUSTRIE Kronospan baut für 80 Millionen Franken eine neue Produktionsanlage in Menznau. Eine Auslagerung von Arbeitsplätzen steht nicht zur Diskussion. Maschinen ab Februar ausgelastet Die Maschinen seien erst ab Februar wieder voll ausgelastet gewesen, vermeldete Cham Paper gestern. Auch verteuerte der gegenüber dem Euro erstarkte Dollar die Produktion, da die benötigten Zellstoffe in Dollar gehandelt werden. So blieb bei Cham Paper im ersten Halbjahr nur ein Gewinn von knapp 80 000 Franken übrig. Dies ist im Vergleich zum Halbjahresgewinn des Vorjahres, der 3,6 Millionen Franken betrug, so gut wie nichts. Der Betriebsgewinn fiel um 72,6 Prozent auf noch 1,5 Millionen Franken. Ebenfalls deutlich war der Rückgang beim Umsatz, dieser sank um 13,8 Prozent auf noch gut 100 Millionen Franken. MAURIZIO MINETTI [email protected] «Wenn die Schweiz weiter so deindustrialisiert wird, haben wir bald nur noch Banken und Versicherungen.» Mauro Capozzo nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es darum geht, den Produktionsstandort Schweiz zu verteidigen. Der 51-Jährige weiss, wovon er spricht. Seit bald dreissig Jahren arbeitet Capozzo bei der Kronospan in Menznau, die letzten acht Jahre als CEO der Schweizer Niederlassung. Mittlerweile beschäftigt der Holzverarbeiter 440 Personen im Luzerner Hinterland. Der Jahresumsatz beträgt geschätzte 250 Millionen Franken. Zwischennutzung leerer Räume Neue Spanplattenlinie Durch die Verlagerung der Produktion nach Italien stehen Cham Paper im Industrieareal in Cham ZG ungenutzte Räumlichkeiten zur Verfügung. Diese sollen in einen neuen Stadtteil umgewandelt werden. Aktuell werden die Räume zwischengenutzt. Eine Abstimmung über den Bebauungsplan ist für Mitte 2016 geplant. Und jetzt steht der nächste Ausbauschritt bevor. Kronospan Schweiz will 80 Millionen Franken in eine neue Produktionsanlage investieren. Die Mittel werden aus der Kronospan-Gruppe geschöpft, die weltweit fast 5000 Mitarbeiter beschäftigt und jährlich rund 2 Milliarden Franken umsetzt. Die bestehenden Anlagen für die Produktion von Spanplatten sind in die Jahre gekommen und müssen teilweise ersetzt werden. Mit der neuen Anlage soll die Produktion von leichteren und ressourcensparenden Produkten möglich sein. Eine potenzielle Nische wird die Herstellung von leichten Spanplatten sein. «Die Endkunden wollen leichtere Möbel», erklärt Mauro Capozzo. Ausserdem wird die Werkstatt intern umplatziert. Allein der Bau der neuen Spanplattenlinie wird 60 Millionen kosten; 12 Millionen werden für eine neue Logistiklösung mit integriertem Hochregallager für Rohplatten investiert. Der Rest wird für ein neues Verwaltungsgebäude und andere Ausbauten in Menznau verwendet. Zudem wird in Menznau die Forschung und Entwicklung konzentriert, die bisher auf diverse Standorte der Gruppe verteilt war. Börsengang zieht Sunrise ins Minus TELEFONIE sda. Die Kosten für den Börsengang und Refinanzierungen haben Sunrise tief in die roten Zahlen gerissen. Der zweitgrösste Telekomkonzern der Schweiz musste im ersten Halbjahr einen Verlust von 152 Millionen Franken hinnehmen – nach einem Verlust von 3 Millionen Franken im ersten Halbjahr 2014. Die Kosten für den Börsengang und die Refinanzierung beliefen sich auf 155 Millionen Franken. Ohne sie hätte der Telekomanbieter einen kleinen Gewinn von 3 Millionen Franken im ersten Halbjahr 2015 erzielt. Aktie mit neuem Tiefstand Gleichzeitig sank der Umsatz um 1,2 Prozent auf 976 Millionen Franken. Der Betriebsgewinn vor Abschreibungen ging um 1,7 Prozent auf 286 Millionen Franken zurück. Damit hat Sunrise die Erwartungen der Finanzgemeinde beim Umsatz und Reingewinn verfehlt. Die Aktien büssten zeitweise über 8 Prozent an Wert ein. Mit einem Tagestief von 66.45 Franken fiel der Wert der Aktie gar unter den Ausgabepreis von 68 Franken beim Börsengang im vergangenen Februar. Orascom weiter im Aufwind ALTDORF sda. Der Bau- und Hotelkonzern Orascom Development Holding hat im ersten Halbjahr weiter zugelegt. Die Gruppe des ägyptischen Investors Samih Sawiris steigerte den Umsatz im Jahresvergleich um 36 Prozent auf 164,5 Millionen Franken. Dank Immobilienverkäufen in Oman und El Gouna, dem Verkauf einer Beteiligung in Jordanien sowie einer höheren Hotelauslastung konnte Orascom den operativen Gewinn mit 46,9 Millionen Franken mehr als verdreifachen. Unter dem Strich standen 4 Millionen Franken zu Buche. Im Vorjahr hatte der Reingewinn wegen eines Sondereffekts noch 31,5 Millionen Franken betragen. Erst im vergangenen Jahr hatte der Konzern nach verlustreichen Jahren wieder die Rückkehr in die Gewinnzone geschafft. Holz wird knapp Der Zeitpunkt des Vorhabens überrascht, denn seit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch die Nationalbank im Januar sind die Kosten eines produzierenden Betriebes in der Schweiz quasi über Nacht in die Höhe geschnellt. Gerade auch für Firmen wie Kronospan, die in den EU-Raum exportieren. Kommt hinzu, dass die Ressource Holz in der Schweiz derzeit eher knapp ist. Da importiertes Holz aufgrund des schwachen Euro billiger und gleichzeitig der Export Kronospan-CEO Mauro Capozzo (links) und Jürg Meier, Kaufmännischer Direktor, in der Produktionsanlage in Menznau. Bild Eveline Beerkircher deutlich schwieriger wurde, sind die Swissness-Faktor verinnerlicht hat: «Wir Holzpreise um bis zu 15 Prozent ge- sind der weltweit einzige Holzwerkstoffsunken. Die Preissenkung werde sich produzent, der von sich behaupten negativ auf die Ernte und die Einnahmen kann, 80 Prozent der Wertschöpfung in der Schweizer Forstbetriebe auswirken, der Schweiz zu generieren.» heisst es in der kürzlich publizierten Wie geht dies angesichts gesunkener Forststatistik der Bundesämter für Sta- Margen für exportierende Betriebe auf? tistik und Umwelt. «Kronospan beliefert Einerseits profitiert mit seinen SpanplatKronospan von tiefeten zunehmend ren Einkaufspreisen hochwertige Möbel«Wir haben in der bei den Forstbetrieproduzenten oder Vergangenheit ben, andererseits ist Händler, die bereit mehrmals antizyklisch sind, für Qualität die Firma aber darauf investiert.» angewiesen, dass einen höheren Preis Schweizer Forstbezu bezahlen», erläuM AU R O CA P O Z Z O , triebe genug Holz tert Capozzo. Der AnC E O K R O N O S PA N produzieren. Der Bau teil herkömmlicher der neuen Anlage sei Produkte, die auch andere genauso gut also auch als Massnahme zu verstehen, die Nachfrage nach produzieren können, ist hingegen in den Schweizer Holz anzukurbeln und lang- letzten Jahren kontinuierlich gefristig zu sichern, sagt Mauro Capozzo. schrumpft. Statt alles Mögliche zu produzieren, hat sich Kronospan auf hochKronospan setzt auf Swissness wertige Nischen spezialisiert, die eine Zahlreiche exportorientierte Firmen bessere Marge versprechen. «Wir wollen aus der Region mussten in den letzten bei der Qualität eine Vorreiterrolle spieMonaten Arbeitszeiten verlängern oder len», sagt Capozzo. Während das Verwaltungsgebäude haben gar Stellen ins billigere Ausland verlagert. Nicht so die Kronospan. «Wir bereits im Bau ist, tut sich in der Prohaben in der Vergangenheit mehrmals duktionshalle nebenan noch nichts. «Da antizyklisch investiert und waren parat, wir höher bauen, brauchen wir eine wenn die Konjunktur wieder anzog», Baubewilligung. Wir hoffen, diese im sagt der Firmenchef. Man merkt im Herbst zu bekommen», sagt Jürg Meier, Gespräch schnell, dass Capozzo den der bei Kronospan als Kaufmännischer Direktor tätig ist. Ausserdem braucht es eine Umweltverträglichkeitsprüfung. Die kantonale Verwaltung nehme ihre Aufgabe aber speditiv und unbürokratisch wahr, beeilt man sich bei Kronospan zu betonen. Das Verhältnis mit den zuständigen Stellen sei hervorragend, und man gehe nicht davon aus, dass es Einsprachen geben werde. 2017 soll die Anlage fertig sein Geht alles nach Plan, dürfte die neue Anlage Mitte 2017 fertiggestellt sein. «Das ist ambitiös, aber machbar», gibt sich Capozzo zuversichtlich. Die neue Anlage und die moderne Logistik erlauben es, Arbeitsschritte zu automatisieren. Wo heute acht Personen an einer Maschine stehen, werden es künftig vielleicht drei sein. Durch die neue Logistik verringert sich der Verkehr der Gabelstapler. Kronospan will aber an der aktuellen Mitarbeiterzahl festhalten und mit dieser Investition die Jobs langfristig sichern. Capozzo räumt ein, dass es künftig mehr Kompetenzen in Bereichen wie Beratung und Marketing brauche. Das Unternehmen hatte zuletzt nach der Finanzkrise vor sieben Jahren Abgänge von Mitarbeitern nicht ersetzt. Doch diese Zeiten sind vorbei. «Die Geschäftsleitung und die Inhaberfamilie Kaindl glauben an den Standort Schweiz und werden auch weiter investieren», betont Firmenchef Capozzo. China als neues Sorgenkind der Exportbranche AUSSENHANDEL Im Juli sind die Schweizer Exporte deutlich zurückgegangen. Neu in die roten Zahlen gerutscht ist die Uhrenindustrie. Der Schweizer Aussenhandel bewegt sich weiter in den roten Zahlen. Gestern veröffentlichte die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) die Zahlen für den Monat Juli. Wie erwartet schlägt die Frankenstärke auch im siebten Monat nach der Liberalisierung des Euro-Franken-Kurses voll auf die Exporte durch: Die Exportumsätze gingen im letzten Monat nominal um 7,4 Prozent zurück. Verringert haben sich im Juli auch die Importe, sie schrumpften um 8,3 Prozent. Der Rückgang ist laut der EZV aber hauptsächlich auf deutlich tiefere Preise zurückzuführen. Der Wert der Einfuhren nahm zwar ab, real – also in Mengen gerechnet – stiegen die Importe im vergangenen Monat aber um 0,2 Prozent. In der Handelsbilanz resultierte ein Überschuss von 3,7 Milliarden Franken. Das Sorgenkind der Schweizer Exporteure ist und bleibt die Eurozone. Wegen des starken Frankens haben diese Mühe, mit den massiv günstigeren Preisen der europäischen Wettbewerber mitzuhalten. Viele Firmen mussten ihre Preise stark anpassen. Chinesen kaufen weniger Uhren Doch im Juli haben die exportorientierten Firmen in der Schweiz nicht nur weniger Geld für ihre Ausfuhren erhalten, sondern sie haben insgesamt auch von der Menge her weniger exportiert. Zu sehen ist das daran, dass auch nach Ausklammerung von Preisveränderungen bei den Exporten noch ein Minus von 4,9 Prozent resultierte. Laut Statistik der EZV legten die Exporte nur in zwei der zehn wichtigsten Branchen zu: bei den Kleidern und Schuhen sowie bei Bijouterie- und Juwelierwaren. Die Schweizer Uhrenindustrie hingegen litt im Juli besonders stark unter einem verlangsamten Wirtschaftswachs- tum in Asien. Die Branche musste mit einem Exportminus um 9,3 Prozent auf 1,9 Milliarden Franken den grössten monatlichen Exportrückgang seit sechs Jahren hinnehmen. Insbesondere Hongkong, der grösste Abnehmermarkt von Schweizer Uhren, schrumpft weiter, wie auch der Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie FH in seiner Monatsstatistik bestätigte. Mit verkauften Uhren im Wert von insgesamt 267,4 Millionen Franken lagen die Umsätze 28,7 Prozent unter dem Vorjahr. Und auch auf dem Festland China fielen die Uhrenexporte in den Keller: Sie verringerten sich um fast 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Uhrenhersteller spüren die Verlangsamung des chinesischen Wirtschaftswachstums, welches die Nachfrage nach Luxusgütern belastet. Maschinenindustrie leidet stark Mit einem Minus von 1,2 Prozent seit Januar zeigt sich die Situation der Uhrenbranche aber nach wie vor klar stabiler als in der Maschinen- und Elektroindustrie. Die zweitgrösste Exportbranche der Schweiz verzeichnete mit 12,4 Prozent das wertmässig dickste Ausfuhrminus. Die weltweiten Ausfuhren der Metallindustrie nahmen um 8,8 Prozent ab. Matthias Pfammatter, Chefökonom der EZV, bestätigt die düsteren Aussichten für die Industrieunternehmen wie auch für die gesamte Exportindustrie. Auffällig sei vor allem der Realrückgang. Doch er sagt auch: «Der Juli 2014 war ein äusserst starker Monat, das heisst, die Messlatte für den Jahresvergleich war sehr hoch. Es handelt sich bei den hohen Rückgangswerten also auch um einen statistischen Effekt.» Franken «deutlich überbewertet» Die Schweizerische Nationalbank (SNB) teilte gestern aber mit, dass sie an ihrer Geldpolitik festhält. Die SNB rechnet mit einer allmählichen «Abschwächung des Frankens», wie SNBPräsident Thomas Jordan in einem gestern publizierten Interview mit der «Unternehmerzeitung» sagte. Der Franken sei nach wie vor «deutlich überbewertet», so Jordan. LIVIO BRANDENBERG [email protected]
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