Spaghettis reinigen Biogas

Biogas
Spaghettis reinigen Biogas
Foto: MT Biomethan
Die Zahl der Hersteller von Biogasaufbereitungen
mit Membrantechnik steigt rasch. Der Charme des
Verfahrens: wenig bewegte Teile und kleine
Anlagengrößen.
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P
oröse Leitungen, aus denen Gas
strömt, sind gemeinhin eher
unerwünscht. Bei dem Membranverfahren zur Aufbereitung von Biogas
zu Biomethan hingegen ist das sogar
erwünscht. Auf diese Weise lassen sich
die großen Methanmoleküle von den
kleineren CO2-Bestandteilen trennen –
die wichtigste Aufgabe der Gasaufbereitung.
Wie bei anderen Verfahren auch,
muss das Rohbiogas zunächst entschwefelt und getrocknet werden. Anschließend wird es auf 11 bis 16 bar Druck verdichtet. Das verdichtete Gas gelangt
anschließend in Zylinder, die etwa 1,20
Meter lang sind und einen Durchmesser
von zehn Zentimetern haben. In jedem
dieser zylindrischen Membranmodule
sind über 1 000 lange Fäden enthalten,
die innen hohl sind. Daher spricht man
von Hohlfasermembran. Diese dünnen
Röhrchen muss das Gas durchströmen.
Fasern halten Methan zurück. Die
Wände dieser Hohlfasern fungieren
quasi als Filter. Zur Abtrennung des
Methans macht man sich zunutze, dass
die Gasbestandteile unterschiedlich
groß sind und sich unterschiedlich stark
im Membranmaterial lösen: Gase mit
höherer Löslichkeit und geringerer
Molekulargröße wie Kohlendioxid
(CO2) durchdringen die Membran
schneller als die größeren, weniger löslichen Methan-Moleküle. Bei dem unter
Druck stehenden Gas werden also die
kleineren Bestandteile durch die Membran gedrückt, während das Methan
innerhalb der Hohlfasern bleibt.
Zwar geht CO2 durch die heute verwendeten, hochselektiven Membranen
50mal besser durch als Methan. Dennoch ist nach dem ersten Reinigungsschritt noch rund 7 % Methan im Abgas
enthalten. Daher wird das Abgas
gesammelt und durch weitere Membranmodule geschickt. „Am Ende
erhalten wir ein Biomethan mit einem
Methangehalt von bis zu 98,5 Volumenprozent“, berichtet Dr. Karsten Wünsche, Geschäftsführer der MT Biomethan GmbH aus Zeven. MT betreibt am
Firmenstandort eine der ersten Pilotan­
lagen in Deutschland. Ähnliche Erfahrungen gibt es bei Envitec Biogas. Der
Hersteller betreibt in Sachsendorf bei
Leipzig eine Pilotanlage, die Methangehalte von bis zu 99 % erreichen soll.
Abgas wird verbrannt. Da auch im
Abgas noch geringe Konzentrationen
von Methan enthalten sind, muss es
laut Gasnetz-Zugangsverordnung „thermisch nachbehandelt“, also verbrannt
werden. Damit erreichen die Anlagen
eine optimale Klimabilanz. „Bei der
Verbrennung reichen 0,5 % Methan im
Abgas aus, damit es auch ohne Stützgas
sicher brennt“, erläutert Wünsche.
Im Vergleich zu anderen Aufbereitungstechniken hat das Membranverfahren folgende Vorteile:
In den Metallzylindern sind die
Hohlfasermembranen untergebracht.
Biogas
Das Membranmodul …
Grafik: Bendig
... enthält mehrere Tausend
Hohlfasern mit einem
Durchmesser < 1 mm.
• Die Aufbereitung lässt sich auf 60 %
der Kapazität reduzieren. Das bedeutet:
Selbst wenn weniger Biomethan
erzeugt werden soll oder aufgrund von
Störungen weniger Rohbiogas produziert wird, kann eine Membrananlage
noch zuverlässig Biomethan erzeugen.
• Innerhalb von 5 bis 10 Minuten lässt
sich die Anlage stoppen oder wieder
hochfahren. Das ist gerade für Biogasanlagen interessant, die flexibel Strom
bzw. Biomethan produzieren und da­
her schnell auf Marktveränderungen
reagieren müssen.
• Die Anlagen sind relativ einfach zu
bedienen.
• Es gibt bis auf den Verdichter keine
beweglichen Teile, was den Verschleiß
reduziert. Die Membranen haben eine
Standzeit von rund sechs Jahren.
Wird Biogas durch das Membranmodul gepresst, wird das Methan
vom CO2 getrennt.
ile:
s tandte (CH4) O2)
a
g
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(C
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Bi ptbe
eth dioxid
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% ohlen
55
%K
40
Ein weiterer Vorteil: Die Anlagen
sind auch im kleinen Leistungsbereich
erhältlich. Damit wäre das theoretisch
eine Möglichkeit, mit der kleinere Biogasanlagen unter 500 kW elektrischer
Leistung wirtschaftlich Biomethan
erzeugen könnten. „Pferdefuß bleiben
im Moment jedoch die hohen Netzanschlusskosten, die sich mit kleinen
Anlagen kaum senken lassen“, merkt
Joachim Krassowski vom Fraunhofer
Institut für Umwelt-, Sicherheits- und
Energietechnik an. Weitere Kosten verursacht die Abgasnachbehandlung, auf
die nur verzichtet werden kann, wenn
das Abgas geringere Methankonzentrationen aufweisen würde.
Die im Verdichter entstehende
Wärme lässt sich bei Bedarf auskoppeln. „Sie kann in der Biogasanlage zur
Fermenterbeheizung genutzt werden“,
nennt Carsten Steentjes, Produktmanager für Biomethan bei Envitec, eine
mögliche Option.
Geringer Stromverbrauch.Der Ver-
dichter ist die Hauptkomponente, die
Strom benötigt. Der Verbrauch der
Membrantechnik liegt bei rund
0,2 kWh/m3 Rohgas und damit etwas
unter dem anderer Verfahren wie die
Druckwasserwäsche oder die Druckwechselabsorption. Interessant ist die
Technik vor allem für Biogasanlagenbe-
Schnell gelesen
• Das Membranverfahren zur
Aufbereitung von Biogas auf
Erdgasqualität wird immer
beliebter.
• Rund sieben Anbieter sind auf
dem Markt.
Foto: Bebra Biogas
• Die Anlagen sind unkompli-
Die erste Membrananlage von Bebra Biogas mit einer Aufbereitungskapazität von
500 m3/Stunde steht im Allgäu.
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ziert und einfach zu bedienen.
• Die Aufbereitung ist auch im
kleinen Leistungsbereich erhältlich.
• Der Strombedarf liegt mit
0,23 kWh/m3 Rohbiogas unter
dem anderer Verfahren.
Foto: MT Biomethan
Die Anlage zur Abgasnachverbrennung
bei MT Biomethan.
treiber, die das aufbereitete Biomethan
ins Mittel- oder Hochdruck-Gasnetz
einspeisen wollen. Denn nach der Aufbereitung hat es immerhin noch einen
Druck von 11 bis 15 bar und kann ohne
Druckerhöhung eingespeist werden.
„Die Membrantechnologie ist eine
marktreife und wettbewerbsfähige
Alternative, aber keine Technologie, die
gegenüber anderen Verfahren schlagend besser wäre. Jede Technologie
muss zur Biogasproduktion und der
Druckstufe im Gasnetz passen“, fasst
Wünsche die Ergebnisse zusammen. Ist
die Flächenausstattung begrenzt, so ist
die Membrantechnologie im Vorteil. Ist
Wärme aus BHKW oder anderen Prozessen vorhanden, ist ein wärmegeführtes Verfahren zu wählen.
Hinrich Neumann
Der Markt für Membrananlagen wächst
Die Zahl der Anbieter von Aufbereitungsanlagen mit Membrantechnologie wächst. „Auf die Membrantechnik setzen sehr viele Hersteller.
Es ist relativ einfach, die Membran
zu konfektionieren und mit dem
entsprechenden Verdichter zu kombinieren“, analysiert Joachim Krassowski vom Fraunhofer Institut für
Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik.
Folgende Anbieter sind auf dem
Markt:
• Bebra Biogas: Bebra bietet GasAufbereitungsanlagen ab einer Größenordnung von 250 Normkubikmeter pro Stunde (Nm3/h) an. Das
Unternehmen nutzt ausschließlich
die Membrantechnologie und hat
eine Anlage im Allgäu mit einer
Kapazität von 500 Nm3/h installiert
(www.bebra-biogas.com).
• Borsig hat in Deutschland bereits
zwei Anlagen mit einer Aufbereitungskapazität von 340 und 400
Nm3 Rohbiogas pro Stunde installiert (www.borsig-mt.com).
• Cirmac: Der Hersteller aus den
Niederlanden bietet je nach
gewünschter Gasqualität Aufbereitungsanlagen mit drei verschiedenen
Membrantypen und unterschiedli-
cher Größe an. Daneben hat Cirmac
auch eine selbst entwickelte Aminwäsche und eine Druckwäsche als
Aufbereitungstechnik im Programm
(www.cirmac.com).
• „Die Energie-Gesellschaft“ (DEG)
nennt die Membrananlagen „Carborex MS“. Sie haben eine Kapazität
von 50 bis 1 200 Nm3 Rohbiogas pro
Stunde. Die Anlagen werden auf
Wunsch auch mit Tankstelle geliefert. Nach Firmenangaben ist keine
Abgas-Nachverbrennung nötig, da
die Anlagen die Emissionswerte einhalten (www.deg-hamburg.eu).
• Eisenmann bietet Membrananlagen mit einer Aufbereitungskapazität in sechs Größen von 150 bis
1 400  m3 Rohbiogas pro Stunde an
(www.eisenmann.com).
• Envitec Biogas: Die Anlagen heißen EnviThan 400 H und EnviThan
700 H. Sie produzieren 400 bzw.
700 m3 Biomethan je Stunde. In diesem Jahr will Envitec vier Anlagen
installieren (www.envitec-biogas.de).
• MT Biomethan: Neben der
Amin-Wäsche bietet der Hersteller
jetzt auch die Membrantechnik in
fünf Leistungsgrößen von 250 bis
1 400  m3 Rohbiogas pro Stunde an
(www.mt-biomethan.com).