Beitrag von Ulrike Truberg

Flüchtlingsproblem im Mittelmeer– „Mare Nostrum“ und „Triton“
Ulrike Truberg
Sie wählten den Weg über das gefährliche Mittelmeer, in der Hoffnung auf ein
neues, besseres und sicheres Leben in Europa.
Am 3. Oktober 2013 ertranken vor der Küste Lampedusas 366 Menschen. Die
Flüchtlinge kamen größtenteils aus Eritrea und Somalia und waren nur wenige
von hunderttausenden Menschen, die jedes Jahr aus ihrem Heimatland fliehen.
Sie fliehen vor Krieg, Folter, Verfolgungen, Hunger und vielem mehr. Ihre
einzige Hoffnung ist Europa.
Doch dann fing ihr Schiff Feuer und die italienische Küstenwache konnte nicht
schnell genug helfen. Als die Küstenwache dann schließlich mit einigen
weiteren Fischern das Boot fand, war das Boot fast leer, da die meisten
Flüchtlinge ins Meer gesprungen waren, um sich zu retten – dann jedoch
ertranken.
Angesichts des Entsetzens, das durch Europa und die Welt ging, erhielten die
Umgekommenen ein Staatsbegräbnis, Politiker aus ganz Europa, allen voran
der damalige EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, drückten ihre
Trauer aus und waren nun zum Handeln bereit. Um solche Flüchtlingsunglücke
zu vermeiden, rief die italienische Regierung bereits am 18. Oktober 2013
„Mare Nostrum“ ins Leben. Italiens Regierungschef sagte dazu: „Es ist die
Pflicht Italiens, Menschenleben zu retten. Wir dürfen nicht erlauben, dass das
Mittelmeer zu einem Friedhof wird.“
Das Einsatzgebiet der Seenotrettungsoperation erstreckt sich bis in die
libyschen Gewässer kurz vor Afrika und knapp 160 Seemeilen von der
italienischen Insel Lampedusa entfernt. Material für „Mare Nostrum“, wie
Schiffe, Hubschrauber und Technik wird von der italienischen Marine zur
Verfügung gestellt. So rettet „Mare Nostrum“ innerhalb eines Jahres mehr als
150.000 Flüchtlingen das Leben. Das entspricht etwa 400 Flüchtlingen pro Tag,
eine Verdreifachung der geretteten Flüchtlinge gegenüber 2013.
Viele Menschen in Europa stehen dem Flüchtlingsstrom eher skeptisch
gegenüber. Sie fürchten, dass zu viele Flüchtlinge nach Europa kommen und
ihnen dann unter anderem Stellen auf dem Arbeitsmarkt nehmen könnten, denn
viele Menschen auch hier in Europa, vor allem in Osteuropa, leben knapp am
Existenzminimum.
Politiker stehen unter erheblichem Druck, weil die Wähler sich
ausländerfeindlichen Parteien zuwenden. Vor allem die rechtskonservativen
Politiker in Italien mit Innenminister Angelino Alfano sind für ein baldiges Ende
des Einsatzes „Mare Nostrum“. Auch die rechtspopulistische Partei „Lega
Nord“, die immer mehr Zulauf hat, fordert ein Ende des Einsatzes. In
Großbritannien dasselbe Phänomen: Die EU- und ausländerfeindliche Partei
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„Ukip“ bekommt immer mehr Stimmen. Bei der Europawahl 2014 erreicht die
Partei die meisten Stimmen mit 26,8%. Aber auch in anderen EU-Ländern
werden die ausländerfeindlichen Parteien immer stärker: In Frankreich kommt
die rechtsradikalen Partei „Front National“ (FN) auf 25% der Wählerstimmen, in
Dänemark erreicht die rechtspopulistische Partei „Dansk Folkeparti“ (DF) 26,6%
Prozent der Stimmen. In den Niederlanden wurde die Partei für die Freiheit
(PVV) mit 13,3% der Stimmen drittstärkste Partei.
Der finanziell angeschlagenen italienischen Regierung bereiten außerdem die
monatlichen Kosten von rund neun Millionen Euro erhebliche Sorgen. Italien
bittet die EU mehrmals um mehr finanzielle Unterstützung, da die EU in diesem
Punkt sehr zurückhaltend reagiert.
Deutschlands Innenminister Thomas de Maizière (CDU) betont, dass „Mare
Nostrum“ als Nothilfe gedacht gewesen war und sich als Brücke nach Europa
erwiesen hat und so nur ein Anreiz für Flüchtlinge sei, sich nach Europa auf den
Weg zu machen. Auch der britische Premierminister David Cameron gibt
bekannt, dass sein Land keine Aktivitäten zur Suche und Rettung von
Schiffbrüchigen im Mittelmeer unterstützen werde.
Konkret heißt dies, dass Italien allein auf weiter Flur mit seiner
Seerettungsoperation für Flüchtlinge steht. „Mare Nostrum“ wird am 31. Oktober
2014 beendet. “Italien hat seine Pflicht getan. Von morgen an beginnt eine neue
Operation mit dem Namen „Triton“, verkündet Italiens Innenminister Angelino
Alfano.
Triton ist ein Meeresgott der griechischen Mythologie, der das Meer aufwühlen,
aber auch wieder beruhigen können soll. Dieser Meeresgott ist nun
Namensgeber für eine neue Operation im Mittelmeer der EUGrenzschutzorganisation Frontex. „Triton“ wird aus den beiden FrontexEinsätzen „Hermes“ und „Aeneas“ hervorgehen, die zusammengelegt und dann
etwas vergrößert werden.
Der „Triton“ oder auch „Frontex-Plus“ genannte Einsatz ist für den Schutz und
die Überwachung der Außengrenzen zuständig. Es gibt gravierende
Unterschiede zwischen „Triton“ und „Mare Nostrum“. „Mare Nostrum“ ist eine
Such- und Rettungsoperation, „Triton“ für die Grenzsicherung zuständig und nur
bedingt für das Retten von gekenterten Flüchtlingen.
Während sich Italien größtenteils allein um „Mare Nostrum“ gekümmert hat,
stehen hinter „Triton“ nun 21 der 28 EU-Länder. Da Frontex nicht über die
nötigen Mittel verfügt, werden Schiffe, Flugzeuge, Hubschrauber und
Mitarbeiter von den anderen Mitgliedsländern der EU für den Einsatz
bereitgestellt. Auch Deutschland beteiligt sich mit Bundespolizisten und einem
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Hubschrauber. Gleichzeitig werden die Kosten für den Einsatz um ein Drittel
gesenkt. Sie liegen nur noch bei ungefähr 2,8 Millionen Euro. Das Einsatzgebiet
von „Mare Nostrum“ erstreckte sich über 160 Seemeilen von der italienischen
bis zur libyschen Küste - „Triton“ operiert nur 30 Seemeilen weit. So wird das
Rettungseinsatzgebiet erheblich verkleinert.
Welche Folge wird die Umstellung auf „Triton“ haben?
Werden mehr oder weniger Flüchtlinge auf ihrem Weg nach Europa sterben?
An dieser Frage scheiden sich die Geister. Trotz „Mare Nostrum“ sind 2014
3200 Menschen im Mittelmeer ertrunken. Menschenrechtsorganisationen wie
„Amnesty International“ oder Flüchtlingsorganisationen, wie „Pro Asyl“ sagen,
dass das Flüchtlingssterben mit dem verkleinerten Rettungsgebiet weiter
zunehmen wird. Innenminister Thomas de Maizière ist unter seinen Kollegen
nicht alleine mit der Meinung, dass durch Mare Nostrum die Flüchtlinge quasi
aufgemuntert worden sind, mit Booten über das Mittelmeer zu flüchten.
Aber liegt es wirklich an guten Rettungschancen, dass immer Menschen aus
Eritrea oder Syrien flüchten? Flüchtlinge werden daran wohl keinen ersten
Gedanken richten. Sie nehmen diesen lebensgefährlichen Weg über das
Mittelmeer auf sich als letzte Hoffnung, die sie haben. Sie fliehen vor Angst,
Bedrohung und Terror. Diesen Weg sehen sie als letzten Ausweg auf ein
besseres Leben. Sie sind verzweifelt und würden diese Reise trotzdem auf sich
nehmen, auch wenn die Chancen auf eine Rettung sinken, falls das Schiff auf
dem sie transportiert werden, kentert. Auch setzen die skrupellosen Schlepper,
die mit dem Transport von Flüchtlingen ihr Geld verdienen, immer mehr große
Frachtschiffe zur Überfahrt ein und nicht mehr kleine Fischerboote. Diese
großen Frachtschiffe sind meist Hochsee tauglicher und werden dann kurz vor
der europäischen Küste geortet und von einer Rettungsmannschaft in Empfang
genommen.
Jedoch ist es nicht die Lösung des Problems, wenn die Flüchtlinge so einen
gefährlichen Weg auf sich nehmen müssen, um nach Europa zu gelangen, und
die EU dann einen Einsatz gründet, der sich auf den Grenzschutz spezialisiert
und nicht auf das Retten von Flüchtlingen. Es müssen Wege geschaffen
werden, dass Flüchtlinge legal nach Europa kommen können, und in ein faires
und gerechtes Asylverfahren geleitet werden. Jedes EU-Land sollte bereit sein,
Flüchtlinge aufzunehmen und eine neue Zukunft zu sichern. Denn sie werden
sowieso versuchen zu kommen. Am besten wäre es natürlich, dass Problem
direkt am Brennpunkt versuchen zu beheben. Und nicht erst die Folgen davon.
Abschließend kann man sagen, dass Italien mit der Rettungsmission „Mare
Nostrum“ als großes Vorbild voran gegangen ist und gezeigt hat, dass der
Begriff „Festung Europa“ auch verschwinden könnte, wenn man es nur
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ernsthaft wollen würde. Allerdings war es der EU letztlich doch zu teuer, die
Flüchtlinge aus dem Mittelmeer zu retten und sie wollte Italien nicht
unterstützen. Das zeigt, dass Politiker zwar sehr geschockt sind über
Flüchtlingskatastrophen, wenn es allerdings ernst wird, Geld für das Vermeiden
solcher schlimmen Katastrophen zu investieren, zögern. Dies zeigt mal wieder:
Helfen gerne, aber nur wenn es nicht zu viel kostet.
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Quellen:
Die Zeit: http//www.zeit.de/politik/ausland/2014-11/triton-frontex-eu-mittelmeer
Pro Asyl: http://www.proasyl.de/de/news/detail/news/europas_schande_triton_und_mare_nostrum_im_vergleich/
Spiegel Online: http://www.spiegel.de/politik//ausland/lampedusa-italien-stopptrettung-fuer-fluechtlinge-a-1000821.html
Ska Keller (Grünen-Europaabgeordnete): http://www.skakeller.de/de/home/libe-briefing-update-frontex
Tiroler Tageszeitung: http://www.tt.com/politik/europapolitik/728768791/lampedusa-besuch-barroso-schl%C3%A4gt-proteststurm-entgegen.csp
Frankfurter Allgemeine:
http://www.faz.net/op900/event/europawahl/live/#/germany
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