Kämmerertagung Niederbayern/Oberpfalz 24.11.2015 Stadthalle Deggendorf Auch bei sehr sorgfältiger Aufstellung des Haushaltsplans lassen sich nicht alle zur Aufgabenerfüllung der Kommune zu leistenden Ausgaben (Kameralistik) bzw. Aufwendungen und Auszahlungen (Doppik) genau voraussehen (teilweise Schätzungen). „Die Planer planen und das Leben lacht dazu“ Eine Nachtragshaushaltssatzung ist nur in den in Art 68 GO genannten Fällen zwingend vorgeschrieben Das Haushaltsrecht lässt unter bestimmten Voraussetzungen ein Abweichen von der sachlichen Bindungswirkung des Haushaltsplans zu = flexible Haushaltsführung Schon im Haushaltsplan können Regelungen vorgesehen werden, die ein Überschreiten von Ansätzen zulassen: Deckungsfähigkeit (echte Deckungsfähigkeit) Zweckbindung (unechte Deckungsfähigkeit) Deckungsreserve (nur bei Kameralistik) durch Soll-Übertragung im Rahmen der Deckungsfähigkeit (§ 18 Abs. 1, 2 und 4 KommHV-K, VV Nr. 2 Sätze 1 und 2 zu § 18 KommHV, §20 Abs. 1, 2 und 4 KommHV-D) Budgets, Personalausgaben und Sammelnachweise = deckungsfähig kraft G in sonstigen Fällen muss Deckungsfähigkeit durch Haushaltsvermerk erklärt werden Deckungsfähigkeit ist nur möglich, wenn und soweit bei dem deckungspflichtigen Ansatz voraussichtlich eine Ersparnis eintritt Verfahren nach Art. 66 und 68 GO muss nicht eingehalten werden deckungsberechtigte Ansätze werden erhöht und deckungspflichtige Ansätze werden entsprechend gekürzt es entstehen keine Mehraufwendungen bzw. Mehrausgaben, da sich die Haushaltsansätze erhöhen Erhöhungen und Kürzungen von Haushaltsansätzen erfordern Buchungsanordnungen durch zweckgebundene Mehreinnahmen (§ 17 Abs. 1, 2 und 4 KommHV-K, VV Nr. 3 Sätze 2 bis 5 zu § 17 KommHV, § 19 Abs. 1, 2 und 4 KommHV-D) Arten der Zweckbindung: aus rechtlicher Verpflichtung, bei Beschränkung aus Herkunft oder Natur der Einnahme, bei sachlichem Zusammenhang zur Erleichterung der Mittelbewirtschaftung Zweckbindungsvermerk beinhaltet auch die sog. unechte Deckungsfähigkeit unecht, weil die Deckung nicht durch Ausgabeeinsparungen , sondern durch Mehreinnahmen erfolgt Das Haushaltsvolumen wird ausgeweitet, da sich Solleinnahmen und Sollausgaben sowie Haushaltsansätze erhöhen Zweckbindungsvermerk ist entsprechend einzuschränken, wenn Mehrausgaben von einer Bewilligung nach Art. 66 Abs. 1 GO abhängig gemacht werden sollen Verfahren nach Art 66 und 68 GO muss nicht eingehalten werden Die Erhöhungen der Haushaltsansätze sind wie bei der Inanspruchnahme der Deckungsfähigkeit durch Buchungsanordnungen anzuordnen bei nicht veranschlagten (außerplanmäßigen) zweckgebundenen Einnahmen, muss die Zweckbindung bei der Anordnung der Einnahme angeordnet werden Mittel der Deckungsreserve dienen zur Vermeidung von über- und außerplanmäßigen Ausgaben des Verwaltungshaushalts die Voraussetzungen für die Bewilligung von über- oder außerplanmäßigen Ausgaben des Verwaltungshaushalts müssen gegeben sein keine Inanspruchnahme für Ausgaben, die - zwingend eine Nachtragshaushaltssatzung erfordern oder - die nicht unabweisbar sind Die Zuständigkeit für die Inanspruchnahme richtet sich nach der Zuständigkeit für die Bewilligung der über- oder außerplanmäßigen Ausgaben, die vermieden werden sollen die Deckungsreserve wird durch Sollübertragung (=Änderung der Haushaltsansätze) in Anspruch genommen Änderungen der Haushaltsansätze werden durch Buchungsanordnungen angeordnet die so gedeckten Mehrausgaben werden also planmäßige Ausgaben die flexible Haushaltsführung ist auf Abweichungen vom Haushaltsplan von begrenzter Bedeutung beschränkt bei weitergehenden Änderungen ist es erforderlich, die Haushaltssatzung durch eine andere Satzung zu ändern die Haushaltssatzung kann auch mehrmals bis zum Ablauf des Haushaltsjahres geändert werden Spätester Termin für die amtliche Bekanntmachung ist der 31.12. eine Nachtragshaushaltssatzung ist erforderlich, wenn einer der in Art. 68 Abs. 2 Nr. 1 – 3 GO genannten Fälle vorliegt oder der Stellenplan zu ändern ist (Art. 68 Abs. 2 Nr. 4 GO) und kein Ausnahmefall nach Art. 68 Abs. 3 GO gegeben ist Darüber hinaus ist eine Nachtragshaushaltssatzung immer erforderlich, wenn Festsetzungen der Haushaltssatzung nach Art. 63 Abs. 2 GO geändert werden müssen Gesamtbetrag der vorgesehenen Kreditaufnahmen für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen Gesamtbetrag der Verpflichtungsermächtigungen Höchstbetrag der Kassenkredite Hebesätze für die Realsteuern Art. 68 Abs. 2 Nr. 1 GO: … wenn sich zeigt, dass trotz Ausnutzung jeder Sparmöglichkeit ein Fehlbetrag entstehen wird und der Haushaltsausgleich nur durch eine Änderung der Haushaltssatzung erreicht werden kann,… Bei drohender Gefährdung des Haushaltsausgleichs zunächst Einsparungen prüfen ggf. haushaltswirtschaftliche Sperre Beschaffung zusätzlicher Einnahmen (beachte Rangfolge nach Art. 62 Abs. 2 GO) eine Anhebung der Hebesätze für die Realsteuern ist nur im Rahmen einer Nachtragshaushaltssatzung und nur wenn diese bis zum 30. Juni des laufenden Haushaltsjahres beschlossen wird möglich ein Haushaltsausgleich durch die Aufnahme zusätzlicher Kredite ist nur im Rahmen einer Nachtragshaushaltssatzung unter den Voraussetzungen des Art. 71 GO möglich Keine Nachtragshaushaltssatzung bei einem unbedeutenden Fehlbetrag erforderlich (Regelung in der Geschäftsordnung zu empfehlen) Art. 68 Abs. 2 Nr. 2 GO: … wenn bisher nicht veranschlagte oder zusätzliche einzelne Aufwendungen und Auszahlungen bzw. Ausgaben in einem im Verhältnis zu den Gesamtaufwendungen und –auszahlungen bzw. Gesamtausgaben des Haushaltsplans erheblichen Umfang geleistet werden müssen, … wenn durch solche Vorgänge erhebliche Verschiebungen in der Relation der Ausgabeansätze untereinander auftreten,kann dies zu einer Veränderung der Ausgabeschwerpunkte des Haushalts führen eine Gefährdung des Haushaltsausgleichs muss nicht zu befürchten sein Die Beurteilung der Erheblichkeit obliegt der Gemeinde ( in der Geschäftsordnung wird eine Betragshöhe in € oder in v.H. bezogen auf das Gesamthaushaltsvolumen festgelegt) bei nicht veranschlagten Tilgungsbeträgen im Rahmen einer Umschuldung ist keine Nachtragshaushaltssatzung erforderlich Beispiel zu Art 68 Abs. 2 Nr. 2 GO: Im Haushaltsplan der Gemeinde (5000 Einwohner) sind u.a. vorgesehen: 100.000 € für den allgemeinen Grunderwerb 1.500.000 € für Bau von gemeindlichen Wohnungen Der Gemeinderat beschließt (nichtöffentliche Sitzung), den Ansatz für den Grunderwerb um 900.000 zu überschreiten und den Ansatz für den Wohnungsbau nicht in Anspruch zu nehmen. Ist dazu eine Nachtragshaushaltssatzung erforderlich? Aus der Begründung zum Gesetzesentwurf zu Art. 68 Abs. 2 Nr. 2 GO: …Die Veränderung eines einzelnen Ausgabeansatzes in einem im Verhältnis zu den Gesamtausgaben erheblichen Umfang bedeutet eine erhebliche Verschiebung der Ausgabeansätze untereinander. Dies kann zu einer Verlagerung der Ausgabenschwerpunkte im Rahmen des jährlichen Haushalts führen. Wegen der Tragweite dieser Entscheidung und wegen der wünschenswerten Publikation einer solchen Veränderung, die durch die öffentliche Auslegung und die amtliche Bekanntmachung der neuen Satzung erreicht wird, erscheint es wünschenswert und notwendig, solche Änderungen den Formvorschriften über den Erlass der Haushaltssatzung zu unterwerfen… Art. 68 Abs. 2 Nr. 3 GO: … wenn Auszahlungen des Finanzhaushalts beziehungsweise Ausgaben des Vermögenshaushalts für bisher nicht veranschlagte Investitionen oder Investitionsförderungsmaßnahmen geleistet werden sollen, … außerplanmäßige Auszahlungen bzw. Ausgaben für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen erfordern immer eine Nachtragshaushaltssatzung ( wenn weder ein Haushaltsansatz noch ein Haushaltsausgaberest aus dem Vorjahr vorhanden ist) die Ausnahmeregelung nach Art. 68 Abs. 3 Nr. 1 GO ist anwendbar bei - beweglichen Sachen des Anlagevermögens - Baumaßnahmen Es muss sich um Auszahlungen/Ausgaben handeln, die nicht erheblich und unabweisbar sind Bei der Erheblichkeit ist auf die Regelungen zu Art. 66 GO abzustellen Achtung: Ausnahmeregelung des Art.68 Abs. 3 Nr. 1 gilt nicht für den Erwerb von Grundstücken eine weitere Verfahrensregelung (neben der flexiblen Haushaltsführung), die den Haushaltvollzug beweglicher gestalten soll Unabweisbare über- und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen bzw. Ausgaben werden zugelassen Planmäßigkeit hat Vorrang(Art. 66 Abs. 3 GO) zunächst ist zu klären, ob eine Nachtragshaushaltssatzung zwingend erforderlich ist Überplanmäßige und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen bzw. Ausgaben sind nur zulässig, wenn sie unabweisbar sind und die Deckung gewährleistet ist. Sind sie erheblich sind sie vom Gemeinderat zu beschließen (Art. 66 Abs. 1 GO) es ist ein strenger Maßstab anzulegen sachliche Unabweisbarkeit ist bei nicht vorhersehbaren rechtlichen Verpflichtungen gegeben oder wenn die Mehrausgabe zur Erfüllung einer gemeindlichen Aufgabe erforderlich ist; keine Unterscheidung zwischen Pflicht- oder freiwilligen Aufgaben zeitliche Unabweisbarkeit setzt voraus, dass die Mehrausgabe nicht ohne Nachteil für die Gemeinde auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden kann (nächste Nachtragshaushaltssatzung, Haushaltssatzung Folgejahr) Außerplanmäßige Mehrerträge und Mehreinzahlungen bzw. über- und außerplanmäßige Mehreinnahmen, soweit sie nicht zweckgebunden und bereits eingegangen sind oder ihr Eingang gesichert ist Einsparungen bei Aufwendungen und Auszahlungen bzw. Ausgaben bei Ansätzen des laufenden Haushaltsjahres, wenn dort die Mittel nicht für ihre Zweckbestimmung benötigt werden Einsparungen bei Haushaltsausgaberesten Die Deckung muss grundsätzlich innerhalb des Haushaltsjahres gewährleistet sein zu diesem Grundsatz gibt es im Art. 66 Abs. 4 GO eine Ausnahme, die auf Investitionen, die im folgenden Jahr fortgesetzt werden, beschränkt ist (Deckungsverschiebung in das Nachjahr) seit dem Haushaltsjahr 2007 sind auch überplanmäßige und außerplanmäßige Verpflichtungsermächtigungen zulässig die Befugnis für die Zulassung von über- und außerplanmäßigen Ausgaben usw. bestimmt sich nach allgemeinem Gemeinderecht die Regelungen der Zuständigkeiten zwischen den Beschlussorganen und dem ersten Bürgermeister werden üblicherweise in der Geschäftsordnung vorgenommen auch die Beurteilung der Erheblichkeit obliegt dem Gemeinderat Unterscheidung zwischen über- und außerplanmäßigen Ausgaben usw. wesentlicher Bestandteil der Nachtragshaushaltssatzung ist in der Regel der Nachtragshaushaltsplan Nachtragshaushaltssatzung ohne Nachtragshaushaltsplan aber grundsätzlich möglich (z.B. nur Änderung des Höchstbetrages der Kassenkredite oder zur Stellenplanänderung) Für den Nachtragshaushaltsplan gelten die gleichen Bestimmungen wie für den Haushaltsplan (Wirtschaftlichkeit u. Sparsamkeit, Haushaltsausgleich usw.) der Nachtragshaushaltsplan muss alle erheblichen Änderungen der Einnahmen und Ausgaben bzw. Erträge und Aufwendungen sowie Einzahlungen und Auszahlungen, die im Zeitpunkt seiner Aufstellung übersehbar sind, enthalten die Beschränkung auf die erheblichen Änderungen soll der Übersichtlichkeit des Nachtragshaushaltsplans dienen eine Bestimmung wie in § 34 Abs. 1 Satz 2 KommHVK, wonach bereits bewilligte über- und außerplanmäßige Ausgaben nicht veranschlagt werden brauchen, enthält § 8 KommHV-D nicht
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