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Baden auf eigene Gefahr | Manuskript
Baden auf eigene Gefahr
Bericht: Carina Huppertz, Alexander Ihme, Jana Merkel, Sandro Poggendorf
Vergangenen Freitag in Prerow. Einsatz für die Rettungsschwimmer Michael und Cedric.
Jede Sekunde zählt. Es dauert keine 30 Sekunden, da fischen sie Thoma aus dem Wasser.
Er ist ein Kollege – ihn zu retten, ist eine Übung. Alles unter den wachsamen Augen von
Wachleiter Uwe Jahn. Die Rettungsübung heute erfolgreich.
Uwe Jahn zu Jungs: „Sehr schön, prima. Grad noch rechtzeitig, ne?“
Seit 37 Jahren kommt Uwe Jahn aus dem sächsischen Gröditz im Sommer hierher: an den
Ostseestrand von Prerow. Damals als junger Rettungsschwimmer. Heute als Wachleiter.
Immer ehrenamtlich.
Uwe: „Aber guter Badebetrieb überall, naja 18 Grad Wasser, das animiert schon.“
Es animiert nicht nur zum Baden. Ein Kite-Surfer ist gefährlich nah am Strand unterwegs.
Uwe am Funkgerät: „In der Badezone hat kein Wasserfahrzeug, auch kein Surfer sich zu
bewegen. Vor allen Dingen zwischen den Leuten durch - das muss aufhören. Kommen.“
4 Kilometer Strand sichern sie in Prerow ab. Sechs Wachtürme, rund 20
Rettungsschwimmer und jede Menge Technik. In der Hauptsaison sind sie täglich im
Einsatz, finanziert von der Gemeinde.
Uwe Jahn, Vorsitzender DLRG Ortsgruppe Prerow:
„Wir sind als Wache hier in Prerow wirklich sehr gut ausgestattet. Und das hat letztendlich
Gründe in der guten Zusammenarbeit mit dem Kurbetrieb und mit der Gemeinde, die auf
das Thema Wasserrettung einen hohen Wert legen.“
Schon in der DDR war die Ostsee besonders abgesichert - die Rettungsschwimmer auch
etwas strenger, allerdings nicht nur wegen der Badesicherheit.
DDR-Fernsehen 18.08.1966
„Das Überschwimmen der ausgelegten roten Fahnen ist bei Strafe verboten. Schwimmen Sie
bitte sofort zurück!“
„Verlassen Sie bitte sofort die Buhne! Verlassen Sie sofort die Buhnen!“
Noch heute müssen die Kurorte an der Ostsee Teile ihrer Strände absichern lassen. Das
schreibt ein Landesgesetz in Mecklenburg-Vorpommern vor. An Badeseen im Binnenland
ist das anders.
Ortswechsel. Der Geierswalder See bei Hoyerswerda. Das Revier von Hagen Aust von der
Wasserwacht des DRK.
Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers
verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig.
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Hagen Aust: „Alles gut bei euch? Denk ans eincremen, damit du keinen Sonnenbrand
kriegst.“
Einen guten Rat vom Rettungsschwimmer gibt es hier nur am Wochenende. Von Montag
bis Freitag ist der Strand unbewacht. Auch jetzt, in den Sommerferien. Anders als an der
Ostsee.
Hagen Aust, Kreisleiter Wasserwacht Bautzen:
„Der Betreiber hier hat uns einen Wachauftrag gegeben nur für das Wochenende in den
Ferien, ja, und das wars gewesen. Wir würden gerne natürlich mehr machen. Wir hätten
auch die Möglichkeiten, auch personell, aber wie gesagt, wir müssen auch einen Auftrag
bekommen, wir können ja nicht einfach machen was uns gefällt.“
An Badeseen sind die zuständigen Kommunen und Betreiber gesetzlich nicht verpflichtet,
Rettungsschwimmer einzusetzen. So baden auch die Gäste am Geierswalder See
wochentags auf eigenes Risiko.
Reporter: Würden Sie sich wohler fühlen, wenn hier einer von der Wasserwacht wäre?
Frau: „Auf jeden Fall! Viele Kinder sind ja auch hier, das wäre schon für die Sicherheit
angebracht, dass täglich hier jemand wär.“
Den Job der Rettungsschwimmer übernimmt manchmal sogar Surflehrer Klaus Renner,
gezwungenermaßen.
Klaus Renner, Surflehrer:
„Wir hatten schon Tage, jetzt gerade in der Vorsaison, da war hier höllisch was los. Da hatten
wir sogar drei Fälle von Hitzeschlag. Die haben wir dann behandelt. Und da wäre es schon
schön wenn Fachleute da gewesen wären.“
Wir fahren mit dem Wasserwächter zum Nachbarsee. Keine zehn Minuten entfernt. Auch
dort gibt es einen Badestrand, für den der Tourismusverband fleißig Werbung macht.
Rettungsschwimmer sollten da eigentlich Standard sein, meint Hagen Aust.
Hagen Aust, Kreisleiter Wasserwacht Bautzen:
„Sobald da ein Badegast ist, ist irgendwo eine Gefahr da, das Potential, dass etwas passieren
kann.“
Ankunft am Partwitzer See. Hierher kommen jedes Jahr mehr Gäste, sagt Hagen Aust. Er
fürchtet um ihre Sicherheit. Denn vor allem in Binnengewässern ertrinken viele Menschen.
307 Tote allein im letzten Jahr.
Hagen Aust, Kreisleiter Wasserwacht Bautzen:
Wie man sieht, ist hier weder eine Wachstation noch irgendein Rettungsschwimmer zu
sehen. Hier ist leider das Ganze unbewacht, wo auch leider, muss ich sagen, nicht drauf
hingewiesen wird an diesem Strand.
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Wir treffen den Bürgermeister der Gemeinde Elsterheide, zuständig für die beiden Seen.
Dietmar Koark bezahlt den Wochenenddienst der DRK Wasserwacht am Geierswalder See.
Mehr geht nicht, sagt er.
Dietmar Koark (CDU) - Bürgermeister Gemeinde Elsterheide:
„Wir hätten ja auch sagen können, wir machen da gar nichts und lassen es einfach dauerhaft
unbewacht. Aber ich seh das schon genauso wie Sie, dass es da auch ein
Sicherheitsbedürfnis gibt.“
Reporterin: „Kann man da nicht sagen: die Sicherheit der Leute ist so wichtig, da investieren
wir erstmal rein?“
„Das kann man alles sagen, aber man muss es auch können.“
Das Geld fehlt, sagt der Bürgermeister. Wie bei den meisten Kommunen. Doch immer
mehr Seen entstehen. Milliarden gibt der Freistaat Sachsen dafür aus, alte Tagebaue zu
fluten. Aber für die Sicherheit fehlt das Geld. Laut DRK gibt es zum Beispiel nur an vier der
18 Lausitzer Seen bewachte Strände. Doch mehr Geld für die Kommunen und
Rettungsschwimmer wird es vom Land nicht geben. Das Innenministerium meint: Wer an
Seen badet, tut das eben auf eigene Gefahr.
Zurück am Ostseestrand Prerow. Uwe Jahn stellt den Einsatzplan für morgen zusammen.
Dass Rettungsschwimmer an Binnenseen weniger Unterstützung bekommen als hier an
der Ostsee, ärgert ihn.
Uwe Jahn, Vorsitzender DLRG Ortsgruppe Prerow:
„Ich glaube, es täte uns gut, dass wir einheitliche Standards schaffen und die auch
gemeinschaftlich durchsetzen. Dazu muss man aber auch bereit sein, entsprechende Mittel
bereitzustellen. Man kann die Kommunen, man kann auch die Betreiber damit nicht alleine
lassen.“
18 Uhr, Feierabend für die Rettungsschwimmer.
Uwe Jahn zur Gruppe:
„Der heutige Tag war ein ruhiger Tag, hat sich nicht ganz so brenzlig entwickelt wie
befürchtet. Zum Glück. Ich danke euch ganz herzlich für den Dienst.“
Ehrenamtliche Rettungsschwimmer wie sie konnten im letzten Jahr an Nord- und Ostsee
104 Menschen vor dem Ertrinken retten.
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