Jede Faser zählt

„Bei den Bearbeitungszentren handelt es sich
um standardisierte wie
auch um maßgeschneiderte Lösungen, die wir
in enger Abstimmung
mit den Kunden
realisieren.“
Dr. Christian Boge
Senior Manager Composites Automation
BA Composites GmbH
Jede Faser zählt
Kundenspezifisches Y-Z-Achsportal sorgt bei der
Herstellung von Composite-Bauteilen für Bewegung
Bei der Herstellung von Composite-Bauteilen hat sich die Faserlegetechnologie als sehr vielversprechend erwiesen. Der Ausschuss der Materialien
wird bei diesem Produktionsprozess deutlich reduziert. Die BroetjeAutomation Gruppe hat ein Bearbeitungszentrum für Großserien in der
Automobilindustrie entwickelt, mit dem sich Komponenten nach diesem
Verfahren kostengünstig herstellen lassen. Herzstück dieser Anlage ist ein
Achsportal, das kundenspezifisch entwickelt wurde. Wichtigste Voraussetzung: Das System ist sehr robust und dazu noch leicht.
L
eichtbau, Downsizing, CO2-Emissionsreduktion – der Automobilbau setzt immer
häufiger auf Faserverbundwerkstoffe. Broetje-Automation hat mit dem Tochterunternehmen BA Composites GmbH seine Technologiebasis ausgebaut, um auf die Entwicklungen und steigenden Anforderungen
des Markts zu reagieren. Das Unternehmen
fertigt Maschinen und Anlagen, mit denen
Anwender überwiegend Composite-Bauteile mit dem Automatisierten Fiber Placement (AFP) und dem Tape-Lege-Verfahren
(ATL) herstellen können. „Bei den Bearbeitungszentren handelt es sich um standardisierte wie auch um maßgeschneiderte Lösungen, die wir in enger Abstimmung mit
den Kunden realisieren“, erklärt Dr. Christian Boge, Leiter Composites Automation bei
BA Composites. Mit der Staxx Compact
1700 haben die Ingenieure nun ein zukunftsorientiertes vierachsiges Bearbeitungszentrum entwickelt, das die Faserle-
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Supplement 2015
getechnologie wirtschaftlich ermöglicht. Eine Schlüsselkomponente in der Maschine
ist ein Zwei-Achsen-Y-Z-Portalroboter in
Gantry-Bauweise für die Bewegungsabläufe
des Faserlegekopfs. Hierfür setzt das Unternehmen auf eine Lösung der Indunorm Bewegungstechnik GmbH. „Auf der Metav in
Düsseldorf haben wir uns kennengelernt“,
erinnert sich Folko Ridder, Technischer Leiter bei Indunorm, der die ersten Gespräche
geführt hat.
Steif und gewichtsoptimiert
„Das Bearbeitungszentrum musste wegen
der hohen statischen und dynamischen Belastungen sehr steif sein“, ergänzt Axel
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Dieses zukunftsorientierte Bearbeitungszentrum macht die Faserlegetechnologie wirtschaftlich möglich
Joostberens von Indunorm. Er war für die
Projektierung des Achssystems in die Anlage verantwortlich. „Deshalb war ein ausgeklügeltes Achsportal erforderlich, das nicht
nur äußerst steif, sondern auch leicht ist,
um das Gewicht der gesamten Maschine zu
optimieren.“
Zum Einsatz kommen zahnriemengetriebene Linearachsen mit Kugelkettenführungen vom Typ SHS von THK. Indunorm ist
der größte Vertriebspartner für lineare Bewegungstechnik dieser Marke im europäischen Raum. Die verwendeten Achsen sind
auf Leistung, Effizienz und insbesondere
auf Laufkultur ausgelegt. Die Kugelreihen
sind in einem Kontaktwinkel von 45° ange-
ordnet. Daher kann diese Baureihe Kräfte
aus allen Richtungen gleichmäßig aufnehmen. Aufgrund der THK-spezifischen X-Anordnung der vier Kreisbogenlaufrillen mit
Zweipunktkontakt kann der Führungswagen auch unter Vorspannung Montagefehler kompensieren und präzise, leichtgängige Linearbewegungen umsetzen. „Wir haben im Vorfeld aus den bewegten Massen,
Schwerpunktverhältnissen und den dynamischen Kennwerten die Belastungen für
das Achsportal ermittelt “, beschreibt Rainer
Graf, Konstrukteur des Achssystems bei Indunorm. Der Blick lag dabei immer auf einem optimalen Verhältnis zwischen Steifigkeit und Eigengewicht. Mit Hilfe der FiniteElemente-Methode konnten die Ingenieure
das Strukturverhalten speziell von der Winkelkonsole hinsichtlich deren Mechanik
vorhersagen, bewerten und optimieren.
Profile aus Aluminium hätten die Anforderungen nicht erfüllt – oder der Aufbau wäre
zu massiv geworden. „Wir setzten deshalb
auf geschickt gestaltete, nicht spanend bearbeitete Blechkonstruktionen, in denen
die Linearführungselemente und die Komponenten für die Antriebstechnik integriert,
montiert und ausgerichtet werden“, erklärt
Graf. Eine hochwertige Pulverlackierung
der Blechteile sorgt für langfristigen Korrosionsschutz der Bauteile. Unter Berücksichtigung des im Vorfeld erstellten Lasten- und
Pflichtenhefts wurden in der Projektphase
„Es war ein ausgeklügeltes Achsportal
erforderlich, das nicht
nur äußerst steif,
sondern auch leicht ist,
um das Gewicht der
gesamten Maschine
zu optimieren.“
Axel Joostberens
Projektmanager
Indunorm Bewegungstechnik GmbH
auch die erforderlichen Schnittstellen definiert und entsprechend auskonstruiert. Die
Ingenieure von Indunorm haben zudem die
für den Antrieb der Linearachsen erforderlichen Servomotoren mit vorgeschalteten
Planetengetrieben ausgelegt. Nach dem
Aufbau und der Ausrichtung des ZweiAchs-Systems wurden außerdem die Linearitäten, Winkligkeit und Positionierfehler
im Raum vermessen. Die entsprechenden
Messergebnisse wurden grafisch aufbereitet und für die Dokumentation bereitgestellt.
Besonders flexibel
Die Staxx Compact 1700 stellt die Bauteile
in Form von Kohlefaserstapeln her. „Starte
ich die Anlage, werden die Fasern in schmalen Bändchen aus einem Spulenlager über
beschichtete Rollen in den Legekopf geführt“, beschreibt Entwicklungsleiter Dr.
Boge das System. Dort wird das Material
temperiert. Der Legekopf führt die Faserbändchen anschließend über ein NegativWerkzeug und presst es an dessen Untergrund. Klingen schneiden nun gezielt jedes
einzelne Bändchen ab. Das reduziert Verschnittabfälle auf ein Minimum. Die gewünschte Bauteildicke entsteht durch das
mehrfache Ablegen solcher Einzellagen mit
jeweils einstellbarer Faserorientierung.
„Der Vorteil ist, dass bei diesem Verfahren
auch innerhalb eines Bauteils lokale Verstärkungen möglich sind“, sagt Boge. Dadurch bietet das AFP zusätzliche Möglichkeiten, gezielte lokale Anpassungen an geometrische Randbedingungen oder strukturmechanische Vorgaben vorzusehen.
Damit der Anwender bei der Produktion
der Bauteile flexibel ist, hat BA Composites
das Bearbeitungszentrum mit einer weiteren Linearachse in X-Richtung und einem
Drehtisch ausgerüstet. Diese Konstruktion
handhabt Paletten, die mit den Bauteilen
bestückt sind. „Hier setzen wir Linearführungen sowie einen Zahnstangenantrieb
von THK ein“, erläutert Axel Joostberens.
„Wir haben diese Komponenten ausgelegt,
geliefert und sie in das Grundgestell konstruktiv integriert.“
www.indunorm.eu
STATE ME NT
Martina Bopp, Redakteurin
O
b auf der Straße oder in der
Produktionshalle, ob bei den
Composite-Komponenten für das
Fahrzeug oder bei dem Portalsystem zu deren Herstellung – Leichtbau ist gefragt. Grundsätzlich gilt:
Wo Bewegung ist, bringt Gewichtseinsparung Vorteile. Jedes Gramm
weniger reduziert den Energieverbrauch und damit verbunden die
Emissionen. Und Leichtbau pflanzt
sich fort. Denn durch geringere
bewegte Massen lassen sich auch
die tragenden Teile und letztlich
die ganze Konstruktion
leichter auslegen. So wird
dann alles
leichter.
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Das Achsportal wurde vom Anbieter
auf Linearitäten, Winkligkeit und
Positionierfehler im Raum vermessen
Video
Das kundenspezifische Y-ZAchsportal von Indunorm in
Aktion in dem Bearbeitungszentrum von BA Composites
können Sie erleben unter
www. …
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