Herzinfarkt Akutes Koronarsyndrom

Herzinfarkt
Akutes Koronarsyndrom
1. Juni 2015
Univ.-Prof. Dr. med. Johannes Waltenberger
Professor für Innere Medizin, Kardiologie und Angiologie
Direktor der Klinik für Kardiologie
Leiter des Departments für Kardiologie und Angiologie
(0251) 83-43201
[email protected]
© Waltenberger 2015
Herzinfarkt
Akutes Koronarsyndrom
Heute werden Sie lernen:
1) Die Zahl der Herzinfarkte ist rückläufig
2) Die Diagnose eine Herzinfarktes beruht auf 3 Säulen:
a) Symptomatolgie
b) EKG
c) Myokardspezifische Marker (hsTroponin)
3) Wir kennen drei Formen des ACS: IAP, NSTEMI, STEMI
4) Die Therapie des ACS ist mittlerweile stark standardisiert
Prähospitale Triage
Chest Pain Unit
Coronary Care Unit
(Primäre) PCI
© Waltenberger 2015
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind gefährlich
– auch 2015 !
Führende Todesursachen1
Tatsächliche Todesursachen2
Herzerkrankung
Tabakkonsum
Krebs
Schlechte Ernährung/
mangelnde Bewegung3
Schlaganfall
Chronische
Atemwegserkrankungen
Verletzungen
Luftverschmutzung/Umweltgifte
Diabetes
Schusswaffen
Pneumonie/Influenza
Sexualverhalten
Morbus Alzheimer
Nierenerkrankung
Alkohol
Infektionserkrankungen
Straßenverkehr
Illegaler Drogenkonsum
1 National Vital Statistics Reports 2005; 53 (15)
2 modifiziert nach McGinnis Foege, aktualisiert von Mokdad et. al. 2000
3 Flegal et al. JAMA 2005; 293 (15):1861
© Waltenberger 2015
Deutschland ist Mittelmaß bei den Todesfällen durch
Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Großbritannien
Deutschland
Niederlande
Frankreich
400
Männer
350
Fälle pro 100000
300
250
200
150
100
50
0
1990
91
92
93
94
95
96
97
98
99
2000
01
02
03 2004
Min EU ∅
Max EU ∅
HFA-Database WHO, Januar 2006. In Gesundheitsberichterstattung des Bundes 2010 (www.gbe-bund.de)
Todesfälle in Deutschland
Gestorbene
2005 2006 2007 2008 2009
Insgesamt
830227 821627 827155 844439 854544
+ 3%
Krankheiten des
Kreislaufsystems
367361 358953 358684 356720 356455
- 3%
Ischämische Herzkrankheiten
Akuter oder rezidivierender
Myokardinfarkt
148641 144189 140388 134822 135413
- 9%
66179 64796 62067 60732 60153
- 10%
Statistisches Bundesamt, Wiesbaden, Oktober 2010
Gute Nachricht: Die Zahl der Herzinfarkte nimmt ab !
Es sterben weniger Menschen am Infarkt,
aber immer noch zu viele !
Tod durch Herzinfarkt – Wann und Wo ?
Phase
Herzinfarktletalität
Prähospital*
 26 %
Nach Akutaufnahme im
Verlauf von 1
Jahr **
 30 %
d.h., jeder 4. Patient mit
Akutem Herzinfarkt stirbt
vor Erreichen der Klinik !
(N = 60.973, 2003,
1.158 Kliniken mit
mindestens 10
Fällen im Jahr)
* MONICA/KORA-Herzinfarktregister Augsburg 2006/8. In: Gesundheitsberichterstattung des Bundes
** Qualitätssicherung der stationären Versorgung mit Routinedaten (QSR). Abschlussbericht (2007)
AOK-Bundesverband, FEISA, Helios Kliniken, WIdO. ISBN13 978-3-922093-42-8
Ätiologie, Pathophysiologie des Herzinfarktes
Beim Herzinfarkt gehen (definitionsgemäß)
Herzmuskelzellen zugrunde und können
(anders als in anderen Organen) nicht oder
nicht in nennenswerter Form ersetzt werden.
Der Verlust an Herzmuskelzellen führt
chronisch zur Überlastung der noch
vorhandenen Herzmuskelzellen und
schließlich zur Herzschwäche
(Herzinsuffizienz)
Was passiert beim Herzinfarkt ?
Plaqueinstabiliät/Plaqueruptur
Vulnerable Plaque (IVUS)
Plaque-Ruptur:
 Ruptur an „Schulter“
 Inflammation
 Proteolyse (Metalloproteinase)
 Phagozytose (Makrophagen)
Plaqueruptur mit Thrombusentwicklung
beim akuten Koronarsyndrom
Was passiert beim Herzinfarkt ?
Diese Entzündungsprozesse können
auch in geringgradigen Ablagerungen auftreten.
Infarkthäufigkeit in Abhängigkeit vom
zuvor ermittelten Stenosegrad
Vulnerable Plaque als Basis für einen Herzinfarkt
Stabile Plaque
Vulnerable Plaque
Klinische Präsentation / Symptomatik des AMI
Angina pectoris
Diagnose des (akuten) Myokardinfarkt
1) Symptomatik
2) EKG
3) Herzenzyme (insbes. Troponin T oder I)
Einteilung des ACS
Akutes Koronarsyndrom
ST-Hebung
Keine ST-Hebung
-
Instabile
Angina
Troponin
+
Infarkt ohne
ST-Hebung
ST-Hebungs-MI (STEMI)
(NSTEMI)
Braunwald E, et al. J Am Coll Cardiol.36: 970-1062 (2000)
Der akute Myokardinfarkt
Patient Herr B.
Wir achten auf:
- Symptome
- Verlauf
- Was wurde veranlasst?
- Was geschah?
- Wie geht es weiter?
Symptome des Myokardinfarktes
Typische Symptome
70%
atypische Symptome
15%
Asymptomatisch („stumm“)
15%
Der akute Myokardinfarkt
und „atypische“ Symptomatik
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Herzinsuffizienz
klassische kurzdauernde Angina-Pectoris Anfälle
atypische Lokalisierung der Schmerzen
zentralnervöse Symptome (ähnlich wie Schlaganfall)
Furcht und Nervosität
plötzliche psychische Veränderungen, Verwirrtheit
Synkope
überwältigende Schwäche
Plötzliche Magenverstimmung
Periphere Embolie
Bean WB, Lancet 1977; Masquerade of Myocardial Infarction
Der akute Myokardinfarkt
und „atypische“ Symptomatik
ESC Leitlinie STEMI 2012
12-Kanal-EKG aus dem Notarztwagen
Infarktstadien im EKG
EKG bei STEMI
Kriterien des ST – Hebungs-Infarktes (STEMI):
• > 1mm bzw. 2mm ST – Hebung in Extremitäten- bzw.
Brustwandableitungen (mindestens 2 Ableitungen)
• Neu aufgetretener Linksschenkelblock
• Cave: Infarktdiagnostik bei LSB, strikt posteriorem oder
lateralem Infarkt erschwert
Akuter ST-Hebungs-Hinterwandinfarkt
Wo ist hier der Herzinfarkt?
Akutes Koronarsyndrom (ACS)
„Keine ST- Hebungen“ - NSTEMI
Risikostratifizierung: Troponin
Risiko für Herzinfarkt und Tod (%)
24 h (%)
30 Tage (%)
6 Monate (%)
TnT - pos.
5
15–20
25
TnT - neg.
<1
<2
<5
Hamm C., Braunwald E.: A classification of unstable angina revisited. Circulation 2000; 102: 118-122
Hochsensitives Troponin in der ACS-Diagnostik
Von allen Todesfällen durch Infarkt treten 80%
innerhalb der ersten Stunde des Infarktes auf !
Wann erreichen Infarkt-Patienten die Klinik ?
innerhalb von 1 Stunde:
5%
innerhalb von 2 Stunden:
25 %
innerhalb von 3 Stunden:
50 %
Wo entsteht die Verzögerung ?
3/4
der Verzögerung
1/4
der Verzögerung
Behandlung des akuten Herzinfarktes
Ziel: Möglichst rasche Wiedereröffnung des verschlossenen Gefäßes !
Akutes Koronarsyndrom mit
„ST- Hebungen“ = STEMI
Wichtigstes Ziel in der Infarktbehandlung
Frühe,
komplette
und anhaltende Reperfusion des Myokards
„time is life, time is muscle“
Time to PCI / Revascularization
Berger PB, et al. Circulation.100: 14-20 (1999)
Stenose in der LAD
RAO
LAO
PCI (Stenting) der LAD-Stenose
RAO
RAO
ESC Leitlinie STEMI 2012
ESC Leitlinie STEMI 2012
Therapie des Herzinfarkts
• „Coronary care unit“
• eingeschränkte Bettruhe
• Kontinuierliche hämodynamische und EKGÜberwachung
• Bilanzierung
• Defibrillation, Stimulation
• Reduktion der Mortaliät um mehr als 50%
Protokoll ACS STEMI für Münster seit 2012
♥ 12-Kanal EKG  Transmission
auf das Smartphone des Interv. Kardiologen
♥ Acetylsalicylsäure 500 mg
♥ Unfraktioniertes Heparin 5000 IE (Bolus)
♥ zusätzlich Gabe von Prasugrel 60 mg (Aufladedosis) bei
Kein Anhalt für Z.n. Schlaganfall/TIA
Alter ≤ 75 Jahre
Körpergewicht ≥ 60 kg
Kein erhöhtes Blutungsrisiko, kein Marcumar
♥ Kontakt mit dem Interventionellen Kardiologen (EKG auf Smartphone)
♥ Transport ins Katheterlabor
© Waltenberger 2015
Herzinfarkt
Akutes Koronarsyndrom
Heute haben Sie gelernt:
1) Die Zahl der Herzinfarkte ist rückläufig
2) Die Diagnose eine Herzinfarktes beruht auf 3 Säulen:
a) Symptomatologie
b) EKG
c) Myokardspezifische Marker (hsTroponin)
3) Wir kennen drei Formen des ACS: IAP, NSTEMI, STEMI
4) Die Therapie des ACS ist mittlerweile stark standardisiert
Prähospitale Triage
Chest Pain Unit
Coronary Care Unit
(Primäre) PCI
© Waltenberger 2015