Handwerk+Design EXKLUSIVE HANDWERKSKUNST Wie durch eine Allianz von Mode und Model innovatives Design entsteht. Text: Eva von Schilgen E s war Liebe auf den ersten Blick – als Susanne Spatt den Ausseer Textilkaufmann und Modedesigner Markus W Wach ach traf – sowohl beruflich als auch privat. Für die Designerin war von Kind an ein Dirndl für jede Frau das eleganteste und kleidsamste Kleidungsstück, doch ihr beruflicher Werdegang zu exklusiver Trachtenmode begann mit Umwegen. Auf Wunsch der Eltern, der Vater ist Arzt, Autor und Künstler, die Mutter Kuratorin, studierte Spatt Rechtswissenschaften und trat in den Beruf als Juristin bei Gericht ein. Auf der Suche Damen-Rundschau 10/2015 nach ausgefallener Kindermode - Spatt hatte während des Studiums geheiratet und eine Tochter geboren - stieß sie 1996 auf eine kleine Kindertrachtenfirma, deren Inhaberin verkaufen wollte. Die Entscheidung dieses Unternehmen zu übernehmen, hat sie nie bereut, obwohl sie bald feststellen musste, dass das „Kapital“ der Firma nur aus einem einzigen Erfolgsmodell und einer veralteten Kundenkartei bestand. Zwar verfügte Spatt über keinerlei Ausbildung zu Schneiderin, doch ihr Enthusiasmus war groß, ihre Phantasie grenzenlos und ihr Anspruch auf Qualität hoch. „Learning by doing“ hieß von nun an die Devise. Im Keller ihres Wohnhauses wurde eine kleine Werkstätte eingerichtet und dort mit ein paar Hilfskräften die ersten Modelle entwickelt. 35 Handwerk+Design Die ersten Kundinnen waren die Mütter der Kindergartenfreunde ihrer Tochter. Sie regten Spatt auch an, Modelle für Erwachsene zu kreieren. 2001 wurde die erste Kollektion präsentiert, traditionell, aber mit dem gewissen Gespür für Chic und Zeitgeist. Indessen war die Kinderschar der Selfmade-Unternehmerin auf drei angewachsen, der Standort der Firma wurde in die Altstadt Salzburgs verlegt, die Produktion ausgeweitet und Salzburgs führende Trachtengeschäfte beliefert. Immer auf der Suche nach exklusiven Stoffen wurde Susanne Spatt auf die seit 1981 bestehende „Steirische Handdruckerei Sekyra“ aufmerksam. Hier werden mit alten Modeln, aber mit neuen Ideen, genau jene Stoffe erzeugt, die ihre Modelle einzigartig und unverwechselbar machen sollten. Markus Wach, der Sohn der Firmengründerin Elfriede Sekyra führt den Betrieb. Der studierte Textilkaufmann und Modedesigner arbeitete zuvor in Paris in renommierten Modehäusern wie Kenzo oder Castelbajac. Erst danach entschloss er sich, den Betrieb zu übernehmen. Die Technik des Modeldruckes ist seit Jahrtausenden bekannt, der Druckvorgang hat sich nur wenig verändert. Mit sogenannten „Modeln“ werden die Stoffe händisch bedruckt. Frühe europäische Modeln sind aus dem besonders harten Buchsbaumholz geschnitzt oder bestehen aus mehreren verleimten Holzschichten. Seit dem 19. Jahrhundert verwendet man für die Muster feine Metallstifte, die in Birnenholz eingesetzt wurden. Aber auch Modeln aus Messing oder Metall sind in Verwendung. Auf den auf Drucktischen aufgespannten weißen Stoff werden Hilfslinien gezeichnet, die Farbe mit 36 Schürze mit Elefantenmotiv Pinseln auf einen Filz aufgetragen und darin die Druckplatte getränkt. Nach dem Druck werden die Stoffbahnen zum Trocknen aufgehängt und danach die Farbe durch Hitzeeinwirkung stabilisiert. Erfahrung, Fingerspitzengefühl und viel Zeit sind erforderlich, denn es bedarf meist eines ganzen Tages, um acht Laufmeter Seide zu bedrucken. Seit nunmehr 21 Jahren entwirft Markus Wach neue Muster und Motive und bedruckt, wenn es ihm Spaß macht, sogar Lederhosen, Handtaschen, Trachtenbeutel und Lederhandschuhe - jedes Stück ist ein Unikat. Er verwendet ungewöhnliche Farbzusammenstellungen und Muster. So entwickelten sich seine „Elefantendrucke“ zu einem Verkaufshit, obwohl diese Tiere seit Hannibal in den Alpen nicht mehr gesehen wurden. Mit Susanne Spatt hat der Designer seine private wie auch berufliche Partnerin gefunden und die Firma Susanne Spatt GmbH und die „Steirische Handdruckerei“ haben sich zu einem echten Familienunternehmen entwickelt. Die älteste Tochter Julia, 30, hat die Leitung der Verkaufsabteilung und die Betreuung der nationalen und internationalen Kunden übernommen, Maria Theresia, 22, ist für das Marketing verantwortlich und Sophia, 20, ist Make up Artistin bei den Foto Shootings. Sie sind die besten Models für die Modeaufnahmen, ebenso Sohn Hermann Josef Spatt, 19, der Maschinenwesen in München studiert und das jüngste Familienmitglied, der fünfjährige Livius Markus. Die Susanne Spatt GmbH ist heute exklusiver Produzent von Premiumtextilprodukten und beliefert mehr als 150 Fachhändler in Europa und Amerika. Zwei Mal im Jahr werden zwei Musterkollektionen entworfen, genäht und vermarktet. Verwendet wird Samt, Seide, Reinleinen oder Baumwolle aus Österreich, Italien, Deutschland oder England. Das Produktportfolio beinhaltet Dirndl, Blusen, T-Shirts, Jacken, Blazer, Strickjacken und diverse Accessoires wie Taschen, Schals und Stolen. Die hochwertigen Kollektionen zeichnen sich durch feminine Leichtigkeit, leuchtende Farben, exklusive SeidenHanddruckschürzen und liebevolle Details wie handstaffierte Knopflöcher, glitzernde, Swarovski-Kristalle, edler Nerzbesatz, Seidenschleifen und Rüschen aus. Auf diversen Modemessen und im hauseigenen Showroom können die Produkte geordert werden. Private Kunden können im eigenen Outlet und bei Special-Sale-Veranstaltungen einkaufen. Im ersten Stock des Firmensitzes befindet sich ein exklusiver Brautsalon. Der Braut steht hier eine große Auswahl an Modellen sowie Materialien, Farben und handgedruckten Mustern zur Verfügung. Susanne Spatt ruht sich nicht auf ihren bisherigen Erfolgen aus. Neu auf den Markt kam im Juli 2015 das „Susanne Spatt Classic Label“. Die Kollektion hat einen exklusiven Couture Charakter und vereint luxuriöses Design mit zeitloser Eleganz. Vorherrschend ist die Farbe dunkelblau, ergänzt mit kräftigem Pink und Orange sowie dem eleganten Nude. Susanne Spatt GmbH Aigner Straße 30, A-5026 Salzburg www.susanne-spatt.com www.susannespatt-braut.com www.susannespatt-classic.com Handdrucke Sekyra Parkgasse 153, A-8990 Bad Aussee www.handdrucke.at Damen-Rundschau 10/2015 MODELDRUCK A uf einem Wandgemälde im Grab der ägyptischen Königin Nefertari aus der 19. Dynastie geleitet die Göttin Isis in einem mit Sechsecken bedruckten Kleid die Königin ins Jenseits. Auch Wandgemälde des alten Kreta zeigen die Damen in bedruckten Gewändern. Über Byzanz, Sizilien, Italien und Spanien gelang das Handwerk des Modeldrucks um das Jahr 1000 schließlich nach Österreich, wo man in Klöstern diese Kunst verfeinerte. Eine weitere Entwicklung erfolgte im 17. Jahrhundert, als über Holland aus Indien blauweiße und bunt bemalte Stoffe, so genannte „Indiennes“, nach Europa importiert wurden, reißenden Absatz fanden und zu einer Blüte des Blaudrucks im 18. und 19. Jahrhundert in Europa führten. Indigo (blau) ist neben Purpur das älteste und wichtigste Farbpigment, mit welchem seit Jahrtausenden weltweit Textilien eingefärbt werden – auch die modernen Jeans. Der Farbstoff wird aus den Blättern der aus Afrika und China stammenden Indigopflanze durch Gärungsprozesse gewonnen. Deutscher Indigo oder Färberwaid ist eine zweijährige Pflanze aus der Familie der Kreuzblütengewächse. Die Primärfarben Gelb, Rot, Grün, Blau, Cyan, Magenta, Weiß und Schwarz ergeben durch Mischen alle Farben. Damen-Rundschau 10/2015 Unten v.l.: Das Familienunternehmen mit Tochter Julia, Sohn Herman, Susanne Wach-Spatt, die Töchter Maria Theresia und Sophia mit Markus Wach. Rechts unten: Dirndl mit Flanellmieder und handbedruckten Seidentaftschürzen. 37
© Copyright 2025 ExpyDoc