.'. r HERPETOLOGISCHE NOTIZEN 1) Von DR. FELIX KOPSTEIN. Bandoeng, Java. IV. Fordonia leucobaIia Schlegel und Cerberus rhynchops Schneider. 1m Februar 1930 fand ich nahe bei Cheribon, an Javws Nordkiiste, ein Gebiet, in welchem Fordonia leucobalia und Cerberus rhynchops in grossen Mengen nebeneinander vorkommt. Del' Fundort liegt unmittelbar an del' Kiiste, innerhalb del' Gezeitenzone und steht bei hohem Stande del' Flut unterW asser. Das Terrain wird von kiinstlichen Abwasserungsgriaben durchzogen, welche· + ·3% m breit und + 1 m tief sind. Diese Kanale werden von zahlreichen Cerberus rhynchops bewohnt. Die Schlangen kommen hier so haufig VOl', dass man besonders in del' Abenddammerung damit rechnen kann, alle 5-10 m einer zu begegnen. Nur selten sah ich Cerberus ausserhalb diesel' Graben in den Tiimpeln, wahrend Fordonia leucobalia ihrerseits nur in dem zwischen den Kanalen gelegenen Schlammeer lebt und niemals in den Graben selbst. Fordonia leucobaIia. 1'agsiiber halt sich Fordonia hier in den von Krabben gegrabenen Erdlochern auf. Abends, VOl' Einbruch del' Dammerung,., sieht man siezahlreich in den Schlammrohren liegen, so dass nur ihr Kopf hera"usschaut. Wenn man sich ihr ruhig nahert, dann Hisst sie sich sogar beriihre~,~ ohne zu fliichten. Bei hastigen Bewegungen jedach zieht sie sich safort in ihren Tunnel zuriiek. Aueh wenn man ihr ausserhalb diesel' Behausung begegnet, fallt ihre geringe Scheu gleieh ins Auge. Sie fUrchtet den Menschen echeinbar nieht, lasst sieh aufheben und wieder zuriicklegen, ohne zu niehen. Nur wenn man sie ersehreekt, verkriecht sie sieh eilends in einer del' zahllosen Krabbenhohlen, von wo man sie kaum wieder ausgraben kann, da sich unter del' van del' Sonne oberflaehlieh getroekneten Erdkruste ein weichel' Sehlamm ausdehnt, in welehem sie sich gut verbergen. Bei haher Flut steht das Land hier weit und breit unter Wasser; doch tritt dies nur zeitweise cin. 1m Februar lag die ganze Kiiste weithin mit einer '\ niedrigen Strandflora bedeekt da; aber daeh sank man aueh damals iiberall mindestens knoeheltief in den Sehlamm ein. 3 Monate spater stand alles unter Wasser und trat die Flut nul' ab und zu fUr ein paar Stunden zuriick. Dann aber war Fordonia gleich wieder in den KrabbenhOhlen zu finden. ,. l ') Cir. Treubia Vol. X, p. 467; Vol. XI, p. C01; Vol. XII, p. 273. • 2 . .l. TREUBIAVOL. XIII, LIVR. 1. Ihre Nahrupg besteht aus kleinen Krabben; ieh habe 40 F.l. untersueht und bei 7 davon Reste von Krabben gefunden, deren Kephalothorax etwa 1-11/2 em2 gross war. Dabei zeigte es sieh, dass del' Chitin- und Kalk-haltige Hautpanzer mit verdaut wid. Die Reste liessen sieh noeh determinieren; sie geh6rten zu den Gattungen Sesarma und Dotilla (brevitarsis D.EMAN?) ~').Da die Seheren fehlten, liess sieh die Art nieht mehr mit Sieherheit feststellen. Einmal liberrasehte ieh eine F.l. beim Verzehren einer grosser en Krabbe, deren Kopfbruststliek 3 cm breit war. Sie verschwand aber mit ihrer Beut-e in einem Schlammloch und entzog sieh del' weiteren Beobachtung. Die Krabben, die hier ihre H6hlen in den Sehlamm graben, erwiesen sieh als Sesar;ma taeniolata WHITE. *). Von den 40 im Februar 1930 untersuchten F.l. besassen 4 Embryonen und zwar 3, 4, 4, 5 Stuck, welehe alle bereits weit entwiekelt waren. 1m Mai fing ieh einige 20 em lange F.l., deren oHener Annulus umbiliealis davon zeugte, dass sie erst VOl'kurzem geboren wurden. Um die Giftwirkung kennen zu lernen, verrieb ieh die beiden Giftdrusen einer 60 em langen F.l. mit 1.5 ems physiologiseher Koehsalzl6sung und spritzte von diesel' Emulsion einer erwaehsenen Hausratte [Rattus mttus diardi] 0.5 ems an del' Sehwanzwurzel unter die Haut. Die Ratte zeigte niehts und l<ebte noeh naeh 48 Stunden. Eine 3.5 em lange Krabbe (Sesanna taeniolata WHITE) erhielt 0.6 ems in die LeibeshOhle. 1m ersten Augenbliek lief sie flink weg; ihre Bewegungen wurdev, jedoch raseh langsamer. N aeh 2 Minuten konnte sie nieht mehr laufen; naeh 3 Min. bewegte sie kaum noeh ihre Beine unci starb 4 Min. naeh del' lnjektion. Eine kleinere Ki'abbe derselben Art, del' 0.2 ems del' Emulsion in den Kephalothorax gespritzt wurde, begann zu sehaumen. Aueh sie lief im Beginn flott herum. N ach 8 Minuten aber wurden ihre Bewegungen langsamer; nach 12 Min. konnte si,e sieh, auf den Rueken gelegt, nieht mehr zuruekdrehen. Nach 38 Min. war sie tot. Ein 6 em langeI' Frosch (Rana spec.), dem 0.4 ems unter die"Haut des Oberschenkels gespritzt wurde, zeigte keine Krankheitserscheinungen und lebte noch nach 48 Stunden. Morphologisch ist an diesen F.l. von Cheribon niehts wesentliehes zu Lemerken. Die erwaehsenen Schlangen sind alle oberseits einfarbig dunkel bleigrau; die seitliehen 4 Sehuppenreihen, die Unterseite und die Supralabialia sind weisslieh (F. unicolor GR{\Y). Junge F.l. sind heller grau und mit in mehl'eren Langsreihen angeordneten kleinen, schwarz en Fleeken gezeiehnet. Sq. 25-27;V,152-158 (die beiden letzten geteilt) A. 1/1; Se. 31-40; Lo.O; Oe. 1-2; T.1+2,2+3; Lab:5. i<) Die Bestimmung verdanke ich Fraulein VAN BENTHEMJUTTING yom Buitenzorger Museum und Herrn PRo YERWEY yom "Labol'atoriunyvoor het Onderzoek del' Zee" in Batavia .• • u F. KOPSTEIN:1I erpetologische N otizen IV. " 3 Cerberus rhynchops. Auch C.rh. zeichnet sich in dies-em Terrain durch geringe Scheu Val' dem Menschen aus, wenn auch nicht in dem frappierendem Grade wie Fordonia leucobalia. lch sah C.1'h. niemals freiwillig das nasse Element verlassen; sie lasst sich auf dem 'Vasser tl'eiben, liegt auf dem schlammigen Boden odeI' an· 'den Randel'll del' Kanale und kriecht langsam zwischen den Ufe~steinen odeI' Pflanzen umher, auf del' Suche nach Fisc-hen. 'Venn man sie er'schreckt, taucht sie behende in dem schmutzigen Wasser unter.J edoch gehart auch sie noch immer zu jenen Schlangen, di,e am leichtesten zu fangen und zu beobachten sind, da sie ruhig ihrer Fischjagd nachgeht, wenn man sich nur einigermassen still verhalt. 15 C.1-h., deren Mageninllalt icll untersuchte, enthi<Cltenkeine erkennbaren Reste. Einmal jedoch gelang es mil', eine 70 cm lange Schlange in einem niedrigen Tlimpel auf del' Jagd nacll einem Siluriden [Cla1'ias batrachus] zy beobachten. 10 Min. lang konnte ich Zeuge des fruchtlosen Kampfes sein; hierauf fing ich die Schlange, die erst auf dem Trockenen den 16 cm langen Fisch loslies. Er lebte noch nach 6 Stunden, schien also van dem Gift del' C.rh. nicht tangiert zu s(in. ·Diese Beobachtung interessierte mich besonders darum, weil mil' Herr J. MENDEN,del' in Cheribon eine Naturalienhandlung besitzt, einmal erzahlte, er habe hier VOl' einiger Zeit eine halbtote Schlange gefunden, deren Karpel' beiderseits van den verknocherten Strahlen del' Flossen eines solchen Fisches durchbohrt war. Da Clarias batrachus (sowie noch andere WeIse) ein Sperrgelenk besitzt, welches die gespreizten Stacheln fixiert, so kann diese gefahrliche Waffe del' Schlange (wenn esihr liberhaupt gelingt, den Fisch zu verschlingen) leicht verderblich werden. Tatsachlich standen auch bei j'enem Wels, den dip. gefangene G.Th. festhielt, die Stacheln del' Brustflossen maximal gespreizt und fixiert. , Dass del' Fisch noeh naeh Stunden am Leben war, nab~dem er lange van del' opisthoglyphen G.rh. festgehalten wurde, veranlasste mich,"einige Versuche zu unt,el'llehmen, urn einen Eindruck van del' Giftwirkung zu bekommen. lch nahm 3 Cypriniden, Goldkarpfen van 10 cm Lange, drlickte alle Zahne del' lebenden Schlange fest durch die Schuppen hindurch und hielt sie so 20 Sekunden lang fest. Alle drei Fische blieben am Leben. Hierauf verrieb ich die beiden Giftdrlisen einer erwachsenen, kraftigen G. rho mit 1 cm3 Koehsalzlasung und spritzte davon 2 zehn Zentimeter langen Cypriniden je 0.1 em3 in die Sehwanzmuskulatur. Nach 2 MinuJ;;en legte sich del' eine Fisch auf die Seite, versuchte sich mehrmals aufzurichten, was ihm aber nicht gelang. N ach 12 Minuten' trieb er tot im Wasser. Del' zweite j edoch war nach 24 Stunden noch am Leben! Yon 2 anderen Cypriniden, die van del' gleichen Emulsion je 0.2 cm3 intramuskular erhielten, starb del' ,eine nach 9 Minuten, w:ahrend del' andere naeh 24 Stunden noeh am Leben war. , Hierauf erhielt ein weitel'er Fisch 0.4 cm3 intramuskular in die Schwanz( wurzel und starb nach 10 Minuten. • 4 t • TREUBIAVOL. XIII, LIVR. 1. Ein anderer Goldkarpfim, dem 0.4 em3 in die Leibeshahle gespritzt wurde, starb naeh 5 Stunden. Krabben erwiessen sieh gegenuber dem Gift van C.rh. einigermassen empfindlieher. Spritzte ieh einer Krabbe mit einem Cephalothorax van 4 em . Breite. eine ganze Giftdruse (emulgiert in 0.2 em3 Koehsal~lasung) in die Leibeshahle, so war sie in wenigen Sekunden tot. Bei V2 Giftdruse in 0.1 cm3 dauerte es bis zum Tode 13 Minuten. Eine erwachsene Hausratte [R.r. diardi], die 2 ganze Giftdrusen in 0.8 cm3 Lasung unter die Haut del' Schwanzwurzel gespritzt erhielt, starb nach2 Stunden und 42 Minuten. Eine andere, del' I Druse in 0.5 cm3 Lasung eingespritzt wurde, erlag del' Vergiftung nach 12 Stunden. Wenn derartige Versuche auch niemals eine naturgetreue Kopie del' Bisswirkung im Freien reproduzieren, so lehren sie immerhin soviel, class das Gift diesel' Opisthoglyph€n keine, oder eine nul' ,sehr untergeordnete Rolle bei del' Dberwaltigung del' Beute spielt. Ais ich im Juni 1930 Herrn MENDENersuchte, mil' einige C.rh. fangen zu lassen, 'erhielt sein Sammler beim Fang einer starken Schlange diesel' Art einen kraftigen Hiss in den Finger. Ais del' Mann eine halbe Stunde spater nach Hause kam, vvaren - wie Herr MENDENmil' berichtete 6 Stichwunden auf dem Finger zu sehen. Sie wurden gut ausgedruckt und mit J odtinktur behandelt. Schwellung war wedel' jetztnoch spater zu bemerken; auch fehlten lokale Schmerzen. Wahl behauptete del' Gebissene, dass er. sich in del' Naeht fieberhaft fiihlte, was aber ebensogut psychisch bedingt sein kann, als die Folge einer Intoxikation. Die Farbung und Zeiehnung entspricht del' Beschreibung in BouJ.engers Clttalogue of Snakes. Ihre Pholidose weicht in keinem Punkte bemerkenswert ab: Sq.23; V.148-l5l; A.l/l; Sc.53-63} 4 Supralabialia in Beriihrung mit den vorderen Kinnschildern; Schuppen sehr stark gekielt; 10 Supralabialia.
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