Ein junger Mann hat sich in seiner Vertiefungsarbeit mit Sterbebegleitung auseinander gesetzt und mich dazu um ein Interview angefragt. Ich kann mir vorstellen, dass dies auch Fragen sind, welche die breite Öffentlichkeit interessieren. Hier nun seine Fragen und meine Antworten darauf……… Was ist Sterbebegleitung? Das Wort sagt, es….Sterbende begleiten! Aber wer macht das? Wichtig ist, die verschiedenen Begleiter und ihre Funktionen zu kennen. Professionelle medizinische Begleiter Ärzte, sowie alle Pflegende welche sich vor allem um die medizinisch, körperlichen Beschwerden der Sterbenden Menschen kümmern. Zum Beispiel auf einer Palliativ- Abteilung. Palliative Pflege setzt dort ein, wo eine Heilung nicht mehr möglich ist. Da geht es darum eine Pflege zu bieten die Körper Geist und Seele berücksichtigt, es geht darum, dem Tag mehr Leben zu geben, nicht dem Leben mehr Tage! (www.palliativ.ch) Aber nicht nur dass, denn jede Pflege ist auch eine menschliche Zuwendung und dies ist ein wichtiger Teil der Betreuung. Ehrenamtliche Hospizmitarbeiter/innen Freiwillige, welche sorgfältig ausgesucht werden um sterbende Menschen zu begleiten. Sie machen oft Sitzwachen bei Sterbenden auch nachts, um Angehörige zu entlasten, oder bei Menschen welche keine Angehörigen mehr haben. Bei dieser Begleitung geht es darum, die Sterbenden nicht alleine zu lassen, Sicherheit zu geben, dass jemand bei ihm ist, einfach da sein! Diese Begleitung ist keine pflegerische Aufgabe, weil sie dafür weder die Ausbildung noch die Befugnis haben, sie können jedoch jederzeit Hilfe alarmieren und dass wiederum gibt dem Sterbenden Sicherheit und Halt. Freiberufliche Sterbebegleiter/innen Leute welche bereits in der Betreuung gearbeitet habe. Sei es in der Pflege, im Spital, Alter-Pflegeheim oder in Institutionen für behinderte Menschen, aber auch Seelsorger. Diese Leute haben meist eine zusätzliche Ausbildung in palliativer Pflege und oder als Prozess-und Trauerbegleiter/in Ihre Aufgabe besteht darin, sowohl die körperlichen sowie die seelischen Anliegen der Sterbenden Menschen zu verstehen. Hinzuhören was sie erzählen, wenn nötig den Angehörigen übersetzen. Oftmals brauchen Sterbende eine Symbolsprache und reden von einer“ grossen Reise“ oder vom „ nach Hause gehen“, dies kann bedeuten, sie spüren, dass sie bald Sterben werden. Angehörige sagen dann oft so Sätze wie, du bist ja Zuhause, oder du kannst nicht mehr Reisen. In diesen Situationen sehe ich mich als Vermittler. Oder wenn Angehörige mit der Pflege Zuhause überfordert sind, ihnen die geeignete Hilfe zu organisieren. Auch mit Angehörigen Gespräche über den nahen Tod des Sterbenden sprechen. Viele Sterbende merken was mit ihnen los ist, merken aber dass ihre Liebsten nicht bereit sind, sie gehen zu lassen. Sie hören dann oft du musst kämpfen, das kommt wieder gut usw. Dies kostet den Sterbenden oft viel Kraft, nicht sagen zu können was er spürt, aus Rücksichtnahme. Hier ist eine Begleitung oft Hilfreich, da sie neutral ist, und nicht Direktbetroffene. Mein Wissen über den Vorgang des Sterbens, ist enorm wichtig, das gibt Stabilität, hilft Ruhe zu bewahren da zu sein und Halt zu geben! Sterben ist ein natürlicher Prozess im Menschlichen Leben, genauso wie geboren werden. Angehörige, Freunde Jeder Mensch kann Sterbebegleiter sein, dazu wäre es hilfreich, wenn er sich mit seinem eigenen Tod, seiner Vergänglichkeit auseinander gesetzt hat. Ein weiser Mann sagte mal:“ Wer den Tod begriffen hat, versteht das Leben“. Es geht darum den Sterbenden auf seinem Letzen Weg zu begleiten, dazu braucht es die Bereitschaft sich auf sein Gegenüber einzulassen. Ihm mit Einfühlungsvermögen und Wertschätzung zu begegnen und besser mit ihm, als über ihn zu reden. Oder einfach anwesend sein, zeigen, dass der sterbende Mensch wichtig ist, dass wir versuchen ihn zu verstehen und breit sind mit ihm auszuhalten, zu lachen und zu weinen. Ehrlich sein, auch in unserer Hilflosigkeit! Schmerzen können sehr oft durch menschliche Zuwendung gelindert werden, weil wir immer aus Körper, Geist und Seele bestehen. Wie funktioniert Sterbebegleitung? Sich voll und ganz auf sein Gegenüber einlassen für ihn da sein, versuchen seine Bedürfnisse zu verstehen. Oft können oder wollen Sterbende nicht mehr Sprechen, dann geht es darum ihre Körpersprache zu deuten. Entspannter Gesichtsausdruck, kann heissen ich bin entspannt habe keine Schmerzen, es ist ok so wie es jetzt ist. Genauso können Fäuste die geballt sind zeigen, ich bin angespannt, oder habe Schmerzen, es beschäftigt mich etwas ……um nur zwei Beispiele zu nennen. Sterbende haben vielfach eine eigene Sprache, welche wir manchmal nicht verstehen. Sie sagen ich gehe nach Hause, obwohl sie zu Hause sind, oder sie werden eine Reise machen, sehen oder sprechen mit bereits verstorbenen Personen. diese gilt es ernst zu nehmen und manchmal auch zu übersetzen. Die Menschen dort abzuholen im Gespräch, wo er gerade ist. Sich verstanden fühlen ist wichtig für sterbende Menschen. Dazugehören, bis zum Schluss für sie da sein, meist reicht auch stille Anwesenheit! Es gibt nicht keine Wegleitung zur Begleitung von Sterbenden, jeder Mensch ist einzigartig. In seinem Leben genauso wie in seinem Sterben und das gilt es zu respektieren! Was ist der Unterschied zwischen Sterbebegleitung und Sterbehilfeorganisation? Sterbebegleitung Die Begleitung im zwischenmenschlichen Bereich für ihn da sein ihn umsorgen, ohne aktiv Einfluss zu nehmen auf die Lebensdauer. Passive Sterbehilfe Mit der sogenannten „passiven Sterbehilfe „ist juristisch das „zulassen des Sterbens“ gemeint. Heisst der Verzicht auf Lebensverlängernde Massnahmen. Jeder Mensch hat Recht zum Beispiel auf Antibiotika zu verzichten, wenn er eine Lungenentzündung hat, er nimmt somit den tödlichen Verlauf dieser Erkrankung in Kauf. Mit einer Patientenverfügung bestimmt jeder selbst, welche Massnahmen für in getroffen werden sollen oder eben auch nicht. Diese greift jedoch nur wenn wir nicht mehr selber entscheiden können. Solange wir mitreden können bestimmen wir, was gemacht wird und was nicht, der Arzt hat die Pflicht, mich über die Konsequenzen meiner Entscheidung aufzuklären. Aktive Sterbehilfe Damit gemeint ist die direkte, aktive Beendigung des Lebens eines Menschen auf seinen expliziten Wunsch hin. In unserem Gesetz ist dies die „Tötung auf Verlangen“ oder auch als „Euthanasie“ bekannt. Es gibt in der Schweiz zwei Organisationen, welche diese Art zu sterben unter bestimmten Bedingungen anbieten. Exit und Dignitas. In der Schweiz ist dies erlaubt und nicht Strafbar, solange der betroffene die tödliche Substanz selbst einnimmt. Vorgängig muss durch Ärzte bestätigt werden, dass der Patient unheilbar oder schwer chronisch krank ist. Wie nimmt man Kontakt mit Ihnen auf? Sich einlassen auf den Sterbenden, heisst auch sich frei machen von unseren Vorstellungen und Wünschen, wir sind bereit uns auf seine Sprache, Gesten und Wünsche einzulassen. Es ist wichtig zu wissen wo und wie der Sterbende berührt werden möchte, dies könnte zum Beispiel in einer Patientenverfügung stehen. Wenn es jemand zeitlebens gehasst hat, berührt zu werden, sei es im Gesicht oder an den Füssen, wird er dies auch beim Sterben als unangenehm empfinden. Wir sollten uns langsam annähern, heisst erst reden, sich Vorstellen und unsere Absichten erklären. Auch wenn diese Mensch nicht mehr bei Bewusstsein ist, so kann er trotzdem hören. Wenn wir den Sterbenden nicht gut kennen sollte man mit Berührungen vorsichtig sein und neutrale Stellen dafür wählen. Das kann eine Berührung der Schulter sein, oder die Hand unter seine schieben, zur Begrüssung oder als Zeichen, dass wir anwesend sind. So kann er spüren, dass jemand da ist. Im Allgemeinen soll das Gegenüber mit Respekt behandelt werden. Es ist gut wenn wir auf die Körpersprache achten, wenn jemand die Augen kaum offen halten kann, fragen wir ob er müde ist, ob wir gehen sollen. Oder wenn jemand die Hand zurückzieht, sollte dies respektiert werden. Gut zu wissen, Menschen die scheinbar schlafen oder nicht mehr ansprechbar sind, bekommen fast alles mit, also sollte man Gespräche über sie im Zimmer unterlassen, besser ist es sie miteinzubeziehen und auf ihre Reaktionen zu achten! Wer nimmt in der Regel mit Ihnen Kontakt auf? Jeder der in irgendeiner Form mit dem Sterbenden zu tun hat, steht auch im Kontakt mit ihm, egal ob direkt oder indirekt. Manchmal gibt es einen sogenannten „runden Tisch“ in der palliativen Pflege. Damit ist gemeint, dass jeder der in die Pflege, Betreuung des Sterbenden eingebunden ist seine Wahrnehmungen und Fachwissen einbringt. Das ist wichtig, wenn der Betroffene sich nicht mehr verbal äussern kann. So ergibt sich ein Gesamteindruck des Patienten und jede Sichtweise hat seine Berechtigung. Arbeiten Sie mit den Ärzten zusammen? In der palliativen Pflege, ist die Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten ein wichtiger Pfeiler, die Einsichten von anderen Professionen, wie Seelsorger, Therapeut, Sozialarbeiter sind sehr Hilfreich auch für den Patienten selbst. Wenn ich als Sterbebegleitung freischaffend tätig bin, ist es wichtig, meine Beobachtungen objektiv an die Angehörigen und auch den Arzt weiterzugeben. Wie funktioniert die Zusammenarbeit? Das kommt darauf an in welchem Umfeld der Sterbende ist. Auf der Palliativ Station funktioniert der Austausch regelmässig und ist ein wichtiger Bestandteil der Begleitung. Privat läuft vieles im Austausch mit der Spitex, dem Hausarzt und der Sterbebegleitung. Wenn jemand mit Krebs zuhause gepflegt wird kommt oft auch der Brückendienst zum Einsatz. Das ist eine mobile palliative Pflege, welche aus spezialisierten Pflegefachfrauen und dem Palliativmediziner besteht. Die arbeiten ebenfalls eng mit der Spitex und den Angehörigen zusammen, übernehmen oft Sachen, für die man sonst ins Spital gehen müsste. Wenn der Brückendienst dabei ist, übernimmt dieser meist die Koordination unter allen Beteiligten und auch dort gibt es regelmässigen Austausch zwischen allen. Funktioniert recht gut wenn jeder seinen Kompetenzbereich kennt und einhält! Was ist wichtig im Umgang mit der betroffenen Person und dessen Umfeld? Der Patient und seine Bedürfnisse stehen im Zentrum! Die Angehörigen sind sehr wichtig, genauso ihr befinden oder ihre Belastungsgrenzen im Auge zu behalten. Das Wohl der Patienten hängt nicht selten vom Wohl der Angehörigen ab, darum ist dies sehr wichtig! Das Umfeld kann auch bedeuten, dass eine Sozialarbeiterin die finanzielle Belastung abklärt oder dass die Familie mit ganz realen Arbeiten wie, kochen, putzen und einkaufen entlastet werden. Wie begleiten Sie die Person? Indem ich abkläre, was von mir erwartet wird und in welcher Form wir zusammenarbeiten wollen und können. Manchmal geht es auch einfach um Vernetzungsarbeit. Koordination, abklären, wer, wie, wo, was. Und einfach da sein für das was kommt. Ohne Vorurteile sich auf Menschen und Situationen einlassen, sie begleiten und entlasten. Gibt es Momente in denen Sie einer Person Sterbehilfe empfehlen? Ich kann nachvollziehen, dass Menschen mit schweren Erkrankungen sich überlegen dem ein Ende zu setzen und nicht mehr leiden wollen. In den meisten Fällen ist es aber nicht so, dass die Menschen welche mit Exit oder Dignitas aus dem Leben gehen wollen, dies auch wirklich tun. Es ist meiner Ansicht nach, sowas wie eine Rückversicherung, wenn der Leidensdruck, oder die Schmerzen unerträglich werden oder ich niemandem zur Last fallen will. Eine gute palliative Pflege ist meist ausreichend. Wenn wir keine oder wenig Schmerzen haben und das Umfeld stimmt, geniessen die meisten ihre Tage bis zum Schluss. Aber dafür gibt es keine Norm, dass muss jeder für sich entscheiden, am besten mit einer Patientenverfügung! Ist es für Personen im Umfeld eine Entlastung wenn Sie Ihn auf seinem letzten Weg begleiten? Ich denke schon, dass dies der Fall ist. Ich werde ja gerufen, das heisst ich bin erwünscht. Es ist entscheidend, dass es Zwischenmenschlich funktioniert, dass Vertrauen und gegenseitige Akzeptanz da sind. So kann eine Sterbebegleiterin eine Entlastung alle Beteiligten sein. Wie nahe gehen Ihnen die Gefühle von diesen Personen? Menschen welche ich begleiten berühren mich immer und dass ist auch gut so. Wenn ich nicht mehr berührbar bin, bin ich emotional ausgelaugt. Als mein Vater starb, war das eine andere Betroffenheit, dort half mir meine Professionalität eher wenig, doch bei der Arbeit im Alltag hilft diese schon. Das heisst aber auch, dass ich mich nach der Arbeit auch wieder leeren kann. Bei einem Spaziergang zum Beispiel oder beim Musikhören. Ausserdem besuche ich zwei Mal pro Jahr eine Supervision mit Fachkräften aus diesem Bereich. Dort können wir in einem geschützten Rahmen, uns und unsere Erlebnisse reflektieren. Das hilft mir sehr mich und mein Handeln zu analysieren und aus der Erfahrung zu lernen. Mich zu entlasten!
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