Chinesische Philosophie und Religion

Chinesische Philosophie
und Religion
(1)
Stellung und Zuordnung
• Philosophie und Religion im Osten
(kein Gott mit Schöpfungsgeschichte,
vereinzelte Schöpfungsgeschichte nur
als Mythologie)
• Einfluss auf den ostasiatischen
Kulturraum China, Japan, und Korea ist
vergleichbar mit der antiken
griechischen Philosophie auf die
europäische Denkweise
Geschichte
Ursprung der klassischen chinesischen
Philosophie:
• in der Periode des Wetteiferns der Hundert
Schulen vom 6. Jh. v. Chr. bis zum Beginn der
Qin-Dynastie 221 v. Chr.
• Bis etwa zum 6. Jh. n. Chr. verbreitete sich die
chinesische Philosophie zusammen mit der
chinesischen Schrift über ganz Ostasien und
vermischte sich mit lokalen (Matriarchat) und
überregionalen (Buddhismus) Lehren.
wesentliche Unterschiede
• ganzheitliche (holistische) Wahrnehmung statt
analytische, d. h. auf Einzelteile orientierte
Wahrnehmung
• dynamisches und zyklisches statt statisches, lineares
Denken
• unterschiedliche Lehren werden als vereinbar
angesehen, auch wenn sie aus westlicher Sicht nach der
aristotelischen Logik widersprüchlich scheinen
• eher dialektisch als formal-logisch
• In China ergaben sich in der Philosophie andere
Fragestellungen und andere Antworten.
Herkunft der chinesischen Begriffe
für Philosophie und Religion
• chinesische Bezeichnungen Zhexue哲学 (Philosophie)
und zongjiao宗教 (Religion) sind Neubildungen unter
abendländischem Einfluss.
• Traditionell: xue学 (Lehre, Studium),
– gehobeneres xue学, „Studium“, das die anspruchsvollere
Eigenarbeit einer konfuzianischen, taoistischen oder
buddhistischen Elite andeutete, und
– als Verbreitung unter dem Volke verstandenen jiao教 (Lehre,
Lehren, Erziehung).
• für Gruppen von Trägern bestimmter religiösphilosophischer Ideen: jia家 (Familie, Schule, Experte),
in der engeren Bedeutung „Familie“, in der erweiterten
„Schule“, auch für Experte, wo er zu Hause ist
Herkunft der chinesischen Begriffe
für Philosophie und Religion
• Zum Zeichen xue 学 (Lehre, Studium) hat man das
Zeichen zhe 哲 (für den Weisen / Denker) dazugestellt,
um die Philosophie zu bezeichnen. →zhexue 哲学,
Lehre der Weisen
• Aus der buddhistischen Tradition in China hat sich dann
später noch das Wort zong 宗 (Ahnen, Sippe mit
gleichem Familienname, Sekte oder Fraktion) für den
Religionsbegriff zum Zeichen jiao 教 (Lehre, Lehren,
Erziehung) dazugesellt. Das Zechen zong 宗 deutete
ursprünglich die für den Ahnenkult so wichtige
Sippenordnung an, und dann bezeichnete die richtige
Übertragung der Lehre. →zongjiao 宗教 Religion,
Erziehung der Sippe
Begriffsbestimmung
Für Konfuzianismus stehen im Chinesisch drei Begriffe:
• ru xue 儒学 (Lehre der „Sanftmüdigen“ / Gelehrten bzw.
des Konfuzianismus)
• ru jia 儒家 (Konfuzianer, einschließlich der
konfuzianistisch gesinnten Intellektuellen oder Herrscher)
• ru jiao 儒教 (Erziehung oder Religion der
Konfuzianismus) oder kong jiao 孔教 (Erziehung oder
Religion im Sinne von Konfuzius)
– ru 儒 ist die Bezeichnung für Gelehrte, vor allem in der Richtung
des Konfuzianismus
– Kong 孔 ist Familienname von Konfuzius.
Begriffsbestimmung
• Das ähnliche parallele Bezeichnungen
gibt es auch für Taoismus
– dao xue 道学 (Lehre des Taoismus)
– dao jia 道家 (Taoisten als Gelehrte)
– dao jiao 道教 (Religion des Taoismus)
• und für den ab 1. Jh. in China
eingeführten Buddhismus
– fo xue 佛学 (Lehre des Buddhismus)
– fo jia 佛家 (Buddhisten als Gelehrte)
– fo jiao 佛教 (Religion des Buddhismus)
Beispiele der „Hunderten Schulen“
• fa jia 法家 (Legalisten)
• bing jia 兵家 (Denker der militärischen
Strategeme)
• mo jia 墨家 (Moisten)
• yin yang jia 阴阳家 (Denker der Yin-YangTheorie)
• usw.
Hauptströmungen der chinesischen
Philosophie
• Konfuzianismus:
Philosophie der Weltzugewandtheit
入世哲学
• Taoismus:
Philosophie der Weltabgewandtheit
出世哲学
Lebensphilosophie der Chinesen
Die meisten Chinesen haben unbewusst die
beiden Philosophien parat.
• Wenn man Erfolg hat, verwendet man die
Philosophie der Weltbewirkung;
• wenn nicht der Fall ist, richtet man sich im
Leben fast automatisch nach der
Philosophie der Eingezogenheit und
Genügsamkeit.
Gesellschaftliche Besonderheiten
der chinesischen Religion
• Toleranz: Pluralität von „Lehren“ und „Schulen“,
auch innerhalb einer Glaubensrichtung.
• Keine gesellschaftliche Organisation der
Gläubigen bis auf Mönche und Taoisten
• innerhalb der chinesischen Gesellschaft keine
religiössozialen Abgrenzungen im Sinne des
westlichen Religionsbegriffes
• Eigene unterschiedliche Formen der
Organisation, aber niemals die Form einer
kirchlichen Organisation
• Ausnahme: Christum, Moslem
Gesellschaftliche Besonderheiten
der chinesischen Religion
• Die normalen Menschen können gleichzeitig
verschiedene Glauben haben, ohne dass sie der
Sache bewusst sein müssen. Wenn sie
gläubisch sind, werden sie in verschiedenen
Tempeln Räucherstächen anzünden und beten,
wenn die Notwendigkeit oder Möglichkeit da ist.
• Statistiken von Anhängern bestimmter Schule
und Religionen waren und sind daher für das
traditionelle sowie das moderne China
unmöglich und auch völlig sinnlos.
• Der glaube ist höchste private Angelegenheit der
einzelnen Menschen.
• Kein „Kirchensteuer“.
Gesellschaftliche Besonderheiten
der chinesischen Religion
• Die verschiedenen religiösen Erscheinungsformen
haben meist das ganze Gewebe der chinesischen
Gesellschaft durchzogen.
• Keine Organisationsform in der traditionellen
chinesischen Gesellschaft ist ganz frei von Religion:
– Das Dorf hatte seinen Dorftempel (taoistisch, buddhistisch
oder für andere Volksglauben)
– die Gilde hatte ihren religiösen Treffpunkt in einem Tempel
oder Gildehaus (Citang祠堂) mit Andachtsraum,
– Schulen und konfuzianische Akademien (shuyüan书院)
gruppierten sich um einen Raum, der der Abhaltung
konfuzianischer Riten gewidmet war.
• Am ausgeprägtesten war die Rolle der Religion in den
Geheimgesellschaften.
Konfuzianismus
• Konfuzius (eigentlich Kong Fuzi 孔夫子, auch Kong Zi
孔子, Kong der Meister) ist eigentlich eine
Ehrungsbezeichnung für Kong Qu孔丘.
• Gelebt vermutlich von 551 v. Chr. bis 479 v. Chr.
Geboren in der Stadt Qufu im chinesischen Staat Lu (鲁
in der heutigen Provinz Shandong). Seine Familie
gehörte dem niederen Adel an, im Alter von zehn Jahren
wurde er Waise.
• Beruf: Politikberater ohne viel Erfolg und Privatlehrer
• Chinesischer Philosoph und Begründer des
Konfuzianismus.
• Religionsstifter? Ist der Konfuzianismus eine Religion?
Konfuzianismus
• Die Familie des Konfuzius besteht angeblich
weiterhin in gerader Linie und dürfte damit eine
der ältesten nachgewiesenen Familien der Welt
sein. Die Nachfahren der 75. Generation leben
heute noch.
• In seiner Heimatstadt Qufu sind heute die
Residenz der Kong-Familie, der
Konfuziustempel und der Friedhof der KongFamilie (errichtet in den späteren Dynastien ab
Song-Zeit aus kulturpolitischen Interessen) ein
Museum und zur Besichtigung frei gestellt.
Hauptwerke
Fünf Klassiker
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Buch der Wandlungen (易经 Yijing )
Buch der Lieder (诗经 Shijing )
Buch der Urkunden (书经 Shujing )
Buch der Riten (礼記 Liji )
Frühlings- und Herbstannalen (春秋 Chunqiu )
Grundidee der konfuzianischen
Philosophie
• zhe wang 哲王
Philosophie als Herrschaft
• Handelns- oder Praxisbezogen, nicht nur
Kenntnisbezogen
• Ziel:
nei sheng wai wang 内圣(聖)外王,
das Heilige im Innern nach außen zur
Herrschaft bringen
Das Zeichen „heilig, Heiliger“ besteht
aus drei Teilen:
耳Ohr、口 Mund、王König/Herrscher
Vergleich
• Aristoteles: Philosophie als Bemühung um
Weisheit, Wissen und Erkenntnis
• Die Weisheit in China besteht nicht in ersten Linie
in Wissen und Erkenntnis, sondern in
großartigem Handeln und nachwirkenden
Leistungen der Herrscher. Sie
–
–
–
–
einigten das Reich und
brachten dem Volk Frieden,
mehrten den Wohlstand und
wurden in ihrer Person und ihrem Leben selbst
Vorbilder für alle.
• Die Heiligen lehren nicht, sondern sie herrschten.
Kontex der Fragestellung
Fragestellung von Anfang an:
• Das praktische Wirken und
insbesondere das Herrschen
Philosophen-Herrschaft
als Gute Herrschaft
1. die Herrschaft des guten Herrschers
2. die Herrschaft über sich selbst →
Selbstbeherrschung
3. Die Herrschaft über Menschen →
Menschenbildung zum guten
Menschen
4. die Herrschaft über die Herrscher
selbst → Politikberatung
Acht Phase-Programm, um das
Ziel zu erreichen
•格物
•致知
•诚意
•正心
•修身
•齐家
•治国
•平天下
Acht Phase-/Punkte-Programm
1. ge wu 格物 – Arbeit am Ding, Dingen
zuordnen, Befassung mit den Dingen
2. zhi zhi 致知 – Erreichen von Erkenntnis,
Begreifen der Sache, Wissenserwerb
3. cheng yi 诚意 – Ehrliche Absicht,
Wahrhaftigkeit des Willens, eigene
„Gewissenserforschung“
4. zheng xin 正心 – Gerader Sinn, Reinheit
des Herzens, Charakterbildung
Acht Phase-/Punkte-Programm
5. xiu shen 修身 – Selbsterziehung,
Ausbildung der Persönlichkeit
6. qi jia 齐家 – Bestellung des Hauses,
Schaffung der Ordnung in der Familie
7. zhi guo 治国 – Politik machen, den Staat
ordnen
8. ping tianxia 平天下 – Befriedigung der
Welt, Organisation des Weltfriedens
Zitat aus Liji, Buch der Sitten
• „Ehe die Alten die ganze Welt darüber aufklären wollten,
was die reine Tugend (oder die politisch korrekte
Gesinnung) ist, brachten sie erst einmal ihren eigenen
Staat in Ordnung. Ehe sie Ordnung im Staat machen
wollten, sorgten sie erst einmal für ihre Familie. Ehe sie
Ordnung in ihre Familieverhältnisse bringen wollten,
arbeiteten sie erst einmal an sich selbst. Ehe sie etwas
für ihre Bildung tun wollten, achteten sie auf einen
gradlinigen Charakter. Ehe sie ihren Charakter formen
wollten, waren sie erst einmal ehrlich mit sich selbst.
Und ehe sie sich selbstkritisch prüfen wollten,
verschafften sie sich Kenntnisse. Kundig wird man
nämlich nur durch Handanlegen an die Dingen.“
Zitierter Text im Original
• “古之欲明明德于天下者,先治其国。欲
治其国者,先齐其家。欲齐其家者,先修
其身。欲修其身者,先正其心。欲正其心
者,先诚其意。欲诚其意者,先致其知,
致知在格物。”
(Li Ji, Da Xue《礼记•大学》)
Beispiele des Einflusses wichtiger
Begriffe auf heutige Politik
• he 和: Harmonie
→ 和谐的社会主义
harmonischen Sozialismus
• de 德: Tugend
→ de zhi 德治
Regieren mit Tugend
Chinesisch lernen
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Ni hao!Nimen hao!Guten Tag!
你好!你们好!
Xiexie!谢谢!Vielen Dank!
Zaijian!再见!Auf Wiedersehen!
Lehrer zu Studenten:
Studenten zu Lehrer:
Tongxuemen hao!
Laoshi hao!
同学们好!
老师好!