Was bewegt ein Planungsbüro dazu,.ein Controllingsystem

Was bewegt ein Planungsbüro dazu,
ein Controllingsystem einzuführen?
Ein Erfahrungsbericht
Das Ingenieurbüro Weiser und Wichers GmbH, Beratende Ingenieure aus
Ellerhoop, hat 1998 im Rahmen von Umstrukturierungsmaßnahmen zur
Steigerung der Effektivität der Arbeitsprozesse und des Unternehmenserfolges
damit begonnen, ein Controllingsystem einzuführen. Wichtigste Erfahrung: Die
Einführung eines Controllingsystems braucht viel Zeit für Grundsatzüberlegungen
und eine bedienerfreundliche Software.
Eines steht fest: Als wir, das Ingenieurbüro Weiser + Wichers GmbH Beratende Ingenieure,
vor eineinhalb Jahren anfingen unsere Büroabläufe zu optimieren, war uns noch nicht klar,
dass ein Controllingsystem die Antwort auf viele Fragen liefert. Als etabliertes und
unabhängiges Ingenieurbüro für gebäudetechnische Gesamtplanung wurde es nach 20jähriger Berufstätigkeit langsam Zeit, den Wandel zum betriebswirtschaftlich geführten
Unternehmen zu vollziehen. Ideen hatten wir viele und zusammen mit unserem Berater Dr.
Jens Braak, Braak und Komplizen GmbH, ist es uns gelungen, systematisch ein praktikables,
computergestütztes Projekt- und Unternehmenscontrollingsystem einzuführen.
Warum überhaupt ein Controllingsystem?
Im Laufe der Jahre haben sich in unserem Büro viele kleine Alltagstücken eingeschlichen, die
sich summiert und zu Missstimmungen und Unzufriedenheiten nicht nur in der Geschäftsführung, sondern auch bei unseren 10 Mitarbeitern geführt haben. Arbeitsüberlastung, keine
Übersicht über Projekterfolge und Projektkosten sowie Schwierigkeiten bei der internen
Koordinierung der Projekte haben die Stimmung und die Motivation gedrückt. Dazu kam,
dass wir aufgrund fehlender Zahlen keine Auskunft über den aktuellen Stand und die Weiterentwicklung unseres Büros geben konnten. Die unbequemen Fragen unseres Beraters haben
die Sache auf den Punkt gebracht: „Welche Projekte laufen optimal, wo gibt es
Schwierigkeiten? Arbeiten Ihre Mitarbeiter wirtschaftlich? Hat sich Ihr Akquisitionsaufwand
gelohnt? Können Sie sich eine Investition in größere Hardware leisten?“
Der Druck war groß - dazu kam der Wunsch nach einem neuen Vergütungsmodell und
einem Planungsinstrument für den Personaleinsatz. Wir hatten das Gefühl, dass unser altes
Vergütungsmodell nicht zeitgemäß war und unserer aktuellen Bürostruktur nicht mehr
entsprach. Die Planung des Personaleinsatzes und die damit verbundene Einstellung neuer
Mitarbeiter hat uns in der Vergangenheit viel Zeit und Nerven gekostet. Fragen wie: "Welche
Maßnahmen sind notwendig, um den Personalengpass in den kommenden zwei Projekten zu
überbrücken? Müssen wir jemanden einstellen? Können wir uns eine langfristige Bindung
überhaupt leisten? Wie sieht die zukünftige Auslastung aus?", haben uns sehr viel Energie
geraubt und bei jeder Entscheidung blieb ein Rest Unsicherheit.
Schritt für Schritt vorgehen
„Controlling wird definiert als ein umfassendes System zur Planung, Steuerung und Kontrolle
des Unternehmens.“ In erster Linie hat dieser Satz für uns „umdenken“ bedeutet –
umdenken vom Planer hin zum Unternehmer - denn in welchem Studium lernt der Planer
schon, ein Büro unternehmerisch zu führen?
Für die Einführung unseres Controllingsystems haben wir zusammen mit unserem Berater
einen umfassenden Projektplan erstellt, den es schrittweise umzusetzen galt.
Schritt 1: Schwachstellenanalyse
Zunächst haben wir eine Bestandsaufnahme gemacht und die Ist-Situation in unserem Büro
beschrieben. Wo liegen die Stärken, wo die Schwächen? Welche Bereiche laufen gut, welche
schlecht? Das Ergebnis war doch überraschend und brachte sehr deutlich unsere Stärken
und Schwächen auf den Punkt.
Die Dokumentation unserer Stärken ist die Basis für den 2. Schritt – die Erarbeitung unserer
Unternehmensphilosophie. Die Bearbeitung der Schwächen geht dann in die Aufstellung
eines Unternehmensplans ein.
Schritt 2: Unternehmensphilosophie erarbeiten
"Warum wird Ihr Büro auch in fünf Jahren noch erfolgreich sein? Wieso werden Sie sich trotz
geringer Nachfrage am Markt behaupten? Wodurch unterscheiden Sie sich von
konkurrierenden Planungsbüros?", wieder drei unbequeme Fragen, die es zu beantworten
galt. Die Erfolgsprinzipien unseres Büros zu beschreiben und in kurze, prägnante
Kernaussagen zusammenzufassen - keine leichte Aufgabe. Die Arbeit hat sich aber gelohnt.
Mit unserer Unternehmensphilosophie kann sich unser Büro sehen lassen und was noch viel
wichtiger ist, unser gesamtes Büroteam identifiziert sich mit jeder einzelnen Aussage. Unsere
Unternehmensphilosophie spiegelt unser fachliches Know-how, unsere Professionalität in der
gesamten Projektabwicklung sowie die Zukunftsorientierung unseres Büros wider.
Schritt 3: Unternehmensplan aufstellen
Bei der Aufstellung des Unternehmensplans ging es ans Eingemachte. Umsatzziele sollten
definiert, Aktivitätspläne abgeleitet und ein Rahmen für die tägliche Arbeit in kurz- und
langfristigen Zeitabständen geschaffen werden. Der von nun ab jährlich aufzustellende
Unternehmensplan stellt die Basis für die Erreichung unserer langfristigen
Unternehmensziele dar und enthält unter anderem folgende Punkte:
Umsatz-und Gewinnziele
Budgetierung der Kosten
Bearbeitung und Pflege neuer und bestehender Märkte
Akquisitionsaktionen
Entwicklung neuer Dienstleistungsbereiche
Interne Projekte zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit
Optimierung der Organisationsstruktur (Standorte, Personalentwicklung usw.)
Für uns ist es wichtig, dass es nicht bei den „eigentlich müssten wir mal – Aktivitäten“ bleibt.
Wir haben konsequent Maßnahmen zur Weiterentwicklung unseres Büros terminiert und
budgetiert.
Schritt 4: Kennzahlensystem definieren
Die monatliche Kontrolle der Kosten und Umsätze ist unerlässlich. Mit Hilfe einer
übersichtlichen Kosten- und Erlösstruktur und sinnvollen Kennzahlen haben wir einen
ständigen Überblick über die Situation unseres Unternehmens geschaffen. Kennzahlen, die
wir zu festen Zeitpunkten auswerten, haben wir in Standardberichten zusammengefasst.
Unsere Projekte haben wir mit verschiedenen Merkmalen versehen, so dass wir sie einem
Markt zuordnen können. Durch die Gegenüberstellung von Kosten und Erlösen sehen wir, ob
sich unsere Akquisition in einem Markt gelohnt hat.
Wir sehen, welche Projekte zur Zeit unwirtschaftlich bearbeitet werden. Dieses Ergebnis
liefert uns eine Gegenüberstellung von Sollstunden und Istaufwand pro Leistungsabschnitt.
Durch die Gegenüberstellung von aktuellen Aufträgen und Angeboten und in Rechnung
gestellten Leistungen können wir unsere wirtschaftliche Situation sehr gut beurteilen.
Zusätzlich zu einigen Standardberichten ist es möglich, je nach Informationsbedarf,
individuelle Berichte abzurufen. Alle Informationen des Büros können so schnell zu
aussagekräftigen Kennzahlen zusammengefasst werden.
Schritt 5: Controllingsoftware installieren
Um Zeit und unnötigen Aufwand im Alltag zu sparen, haben wir uns für die Unterstützung
durch eine geeignete Controllingsoftware entschieden. Wichtige Kriterien bei der Auswahl
waren unter anderem absolute Bedienerfreundlichkeit, Übersichtlichkeit und individuelles
Berichtswesen. Der Markt ist groß – wir haben uns für die Software S-Control der Firma
Kobold Managementsysteme entschieden.
Inhalte unseres Controllingsystems
Mit unserem Controllingsystem planen, steuern und kontrollieren wir automatisch unsere
Projekte wie auch unser gesamtes Unternehmen.
Projektcontrolling
Mit unserem Controllingsystem kontrollieren wir von nun ab unsere Projekte und die Kosten.
Die Bereiche Controlling und Mitarbeiterverwaltung werden automatisch verknüpft, was uns
zu einer hohen Projekttransparenz verhilft.
Für jedes Projekt wird ein Gewinnziel formuliert, der Zeitraum festgelegt, in dem das Projekt
abgewickelt werden muss und der Personaleinsatz geplant. Diese Zielvorgabe wird pro
Leistungsphase aufgestellt und jedem Projektmitarbeiter mitgeteilt.
Durch eine konsequente Kostenkontrolle wird das gesamte Projekt gesteuert. Jeder
Mitarbeiter gibt regelmäßig seine Zeiten in die computergestützte Zeiterfassung ein und
liefert so realistische Daten für die Projektanalyse. Die sonstigen projektbezogenen Kosten
wie zum Beispiel Reisekosten und Reprokosten werden ebenfalls relativ problemlos den
einzelnen Projekten zugeordnet. Schwieriger wird es bei den allgemeinen Kosten, den
Gemeinkosten, die nicht direkt den Projekten zugeordnet werden können. Das sind
beispielsweise Kosten für Akquisition oder Miete. Sie werden erfasst und automatisch von
der Software auf die Projekte und Leistungsphasen umgelegt.
Durch die Gegenüberstellung der Zielvorgaben und der Kosten ergeben sich fundierte Soll/Ist-Analysen. Diese erhalten wir regelmäßig aus unserer Software in Form von Berichten,
die wir selbst nach unseren Anforderungen definiert haben. Sie werden automatisch von der
Software erstellt. Anhand dieser Berichte lassen sich unsere Projekte einfach nachkalkulieren
und interessante Informationen für die zukünftige Projektbearbeitung ableiten.
Unternehmenscontrolling
Hier geht es darum, die im Unternehmensplan festgelegten und in Zahlen ausgedrückten
Ziele und Aktivitäten zu steuern und zu kontrollieren. Monatlich nehmen wir Soll/IstAbgleiche vor, um unsere Unternehmensentwicklung zu kontrollieren. Auch hier haben wir
ein Berichtswesen eingeführt, das uns automatisch Auskunft über Liquidität, Gewinn-,
Umsatz-und Kostenabweichungen und ungeplante Veränderungen bei der Umsetzung der
Aktivitäten gibt. Die Informationen aus den Berichten geben uns die Möglichkeit, jederzeit
gezielte Maßnahmen zu ergreifen.
Rückblick
Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass es sinnvoll ist, das Projekt „Einführung eines
Controllingsystems“ von Anfang an mit externer Hilfe durchzuführen. Das spart nicht nur
Zeit, sondern auch viele Nerven. Die systematische Durchführung des Projektes, die
kontinuierliche Verfolgung des roten Fadens und nicht zuletzt die Erarbeitung der für uns
ungewohnten Inhalte haben uns den Arbeitsalltag erleichtert.
Neue Projekte und deren Nebenkosten werden konsequent verfolgt, monatliche
Auswertungen geben eine Übersicht über die Wirtschaftlichkeit der Projekte und den
jeweiligen Stand. Bei eventuellen Abweichungen kann rechtzeitig gegengesteuert werden.
Jeden Tag wissen wir, wo unser Planungsbüro am Markt steht und in welche Richtung wir
uns weiterentwickeln wollen. Diese Klarheit hat dem gesamten Büro Sicherheit und Ruhe
gebracht. Auch die tägliche Zeiterfassung hat zur Erhöhung der Transparenz in unserem
Büro beigetragen. Die Mitarbeiter geben einfach jeden Tag ihre Zeiten in die Software ein
und erhalten so einen Überblick darüber, wieviel Arbeitszeit sie in welche Tätigkeiten
investieren. Dadurch kontrollieren sie sich selbst und sind – so kann man deutlich sagen –
wesentlich zufriedener. Unsere Rechnung ist also aufgegangen. Wir haben mit unserem
Controllingsystem die Klarheit und Sicherheit bekommen, die wir uns gewünscht haben. Und
eins haben wir gelernt – wie bei so vielen Dingen neigt man dazu , den Zeitaufwand bei der
Projektplanung zu unterschätzen. Aber gerade in diesem Bereich sollte großzügig die Zeit zur
Festlegung grundlegender Strukturen eingeplant werden. Es lohnt sich.