Phänomenologie, Psychopathologie und Patient – Stärke und Widerspruch Die Sicht der Existenzanalyse und Logotherapie Alfried Längle Präsident der GLE-International Inhalt 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. Existenzanalyse und Logotherapie Existenzanalytische Psychotherapie Person Phänomenologie Psychopathologie Wirkfaktor Grunddimensionen der Existenz Spezifische und unspezifische Therapie 1. Existenzanalyse • Viktor Frankl (1905 – 1997) • als Logotherapie begründet • schuf eine Ergänzung zur Tiefenpsychologie durch • Humanistische Inhalte (v.a. Sinn) Existenzanalyse heute: eine phänomenologisch-personale Psychotherapie-Richtung Existenzanalyse heute Ziel: Mit innerer Zustimmung zum eigenen Handeln leben Alfried Längle, Wien 2. Existenzanalytische Psychotherapie Zentrale Mittel: teilnehmende Begegnung (Prozessbegleitung) Verstehen + Selbstverständnis Ansetzen an eigenen Ressourcen und Mobilisieren personaler Prozesse 2. Existentielle Psychotherapie Ziel: personale Verarbeitung von “Eindrücken” durch … … emotional freies Erleben … authentische Stellungnahmen … verantwortender Umgang mit sich und anderen 3.) Das Geistige im Menschen – die Person • Das DU • • • Das Gesicht Der Blick Das Unfassliche – es kann begegnet werden • • Das Freie im Menschen Was «Ich» sagt – was in mir zu sprechen beginnt 4. Warum Phänomenologie? (Indikation) Problem: das Freie (die Person) kann nicht festgelegt… … aber angetroffen (begegnet) werden 9 Indikation für Phänomenologie … das Wesentliche → verstehen 10 Der Fokus der Aufmerksamkeit in der Phänomenologie das Einmalige, Einzigartige, Unverwechselbare 11 Andere Paradigmen … Schauen auf das Generelle, Allgemeingültige, Gesetzmäßige (nicht Freie) → Erklärungen (kausal-deterministische, interpretative, konstruktivistische) 12 Praxis der phänomenologischen Haltung (Heidegger): 1. Was zeigt sich (spontan)? (Reduktion) 2. Wie ist es? (Konstruktion) 3. Ist es so? (Destruktion) 5. Psychopathologie – existentielle Sicht Psychische Krankheit/Störung … • wenn man wiederholt (und zumeist) auf die gleiche Art • innerlich behindert ist, das zu erkennen, zu tun, oder zu erleben, • was man selbst (in der Situation und oder später) „will“, d.h. als notwendig, wichtig, richtig oder sinnvoll empfindet. 5. Psychopathologie D.h. in Kurzform: • wenn man wiederholt (oder gar regelmäßig) etwas tut, was man nicht will. • D.h. wozu man keine innere Zustimmung hat. • = fixierte Copingreaktion 5. Psychopathologie Ziel, Wert, Inhalt… Blockade der Willensstrebung Ablenkung durch fixierte Copingmechanismen ICH 5. Psychopathologie Symptomatik • „Fixierung“: Automatismen und Wiederholungszwang (Freud) – Ist der Situation nicht angepasst – hat eine getriebene Eigendynamik, die sie „unzugänglich“ macht von außen und innen (für den eigenen Willen), ist wie eine „Mauer“ da (Bild einer Stadt mit Stadtmauer) – wird subjektiv meistens als Lähmung, Behinderung oder Zwang (Unfreiheit) erlebt – wirkt sich schädlich aus 5. Psychopathologie … Psychopathologisches Verhalten • Unverständlichkeit des Verhaltens/Erlebens: wirkt fremd. • Blockierte Dialogsegmente (reduzierter Austausch, Unzugänglichkeit) 5. Psychopathologie Personalistisches Störungskonzept: • Psychisch krank ist, wenn man systematisch gegen die eigene Person handelt – • Ursachen: somatisch und/oder psychodynamisch • Wirkt sich somatisch, psychisch, geistig und sozialen aus 5. Psychopathologie Radikalität des Konzepts: • Ziel ist letztlich nicht die Symptomfreiheit, sondern sich selbst zu sein unter den Bedingungen (bzw. mehr sich selbst zu werden usw.) • = personalistisches Verständnis von Gesundheit, kein funktionales 5. Psychopathologie Radikalität des Konzepts: • Kriterium aus ea Sicht ≠ Leidensdruck • Nicht Leidvermeidung ist das Ziel (z.B. in der Trauer i.a. kein Antidepressivum!) • Störung = Verlust von Freiheit und Personsein-Können 5. Psychopathologie Psychische Gesundheit • Personsein, das sich in Stimmigkeit mit sich selbst • im äußeren Dialog (Austausch) und • in guter innerer Schwingung ist. • Zustimmung als zentrales Kriterium 5. Psychopathologie Psychische Gesundheit: Basis ist die „dialogische Offenheit“ • Das wichtigste Element für ein gutes Therapie-Ergebnis ist die Qualität der Beteiligung des Patienten Orlinsky, D. E., Rønnestad, M. H., & Willutzki, U. (2004) 5. Psychopathologie Psychische Gesundheit und Dialogische Offenheit • eine Zunahme von Offenheit für neue Erfahrungen (also nicht Verhaftetsein in sich, sondern Auseinandersetzungsbereitschaft) • als habitueller Verarbeitungsstil scheint den • Kern des post traumatic growth auszumachen Maercker A & Zöllner, T. (2006) 5. Psychopathologie Diagnostik • Für eine personalistische Psychotherapie keine Stigmatisierung, sondern • hilfreich, weil • Entgegenhalten (Ob-jektivierung) von Automatismen, die die Person behindern 6. Wirkfaktor in der Existenzanalyse Zentral: • den Menschen in den Dialog zu bringen – • in den Dialog einerseits mit seiner Welt und • andererseits mit sich selbst Zentrale Wirkelemente in der Existenzanalyse: 1. Annehmen-Können von dem, was ist 2. Sich dem zuwenden können, was wertvoll ist 3. ansehen und respektieren, was das je Eigene ist 4. sich in Übereinstimmung bringen mit dem, was werden soll 7. Die 4 Grund-Dimensionen der Existenz: die Welt (Fakten und Möglichkeiten) das Leben (Beziehungen und Gefühle) das Selbstsein als einzigartige, autonome Person der größere Kontext (Zukunft = das Werden durch eigenes Wirken) Die existentiellen Grundaktivitäten 1. 2. 3. 4. Sein können Leben mögen Selbst-Sein dürfen Sinnvolles sollen → ganzheitliches Wollen 7. Dimensionen der Existenz Das Ich ist verankert in: 4. Kontext/Werden (Sinn) Integrations2. Leben/ Beziehung ICH Instanz 1. Sein/Körper Das Ich ist die Integrationsinstanz der 4 GM 3. Gegenüber/ Gemeinschaft EXISTENZ = WOLLEN K Ö N N E N 1. Raum, Halt und Schutz in der WELT haben, um sein zu können M Ö G E N 2. Wert des LEBENS fühlen D Ü R F E N 3. PERSON = Selbstseindürfen: Authentizität spüren S O L L E N 4. Offensein für SINNZusammenhänge: situativ + grundsätzlich 8. Verhältnis von unspezifischer zu spezifischer Therapie: PERSON ICH WELT 8. Verhältnis von unspezifischer zu spezifischer Therapie: 1. UNSPEZIFISCHE TH. PERSON (= grundsätzlich gleiche Vorgangsweise für alle Themen und Krankheiten) ICH 2. SPEZ. THERAPIE (auf der Basis der unspez. Th. → störungspezif. Vorgangsweise) WELT 1. (LEID; PROBLEM; KRANKHEIT) Angst Depression Hysterie Krise Sucht … Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! www.laengle.info www.existential-analysis.org
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