Das Gleisschoner-System reduziert Betriebskosten

Technologie
Das Gleisschoner-System reduziert
Betriebskosten
Bombarider
Unsere Mobilität hat auch im Bereich des öffentlichen Verkehrs ihren Preis: Immer höhere Kapazität, höhere
Geschwindigkeiten und auch verbesserter Komfort führen unter anderem zu einer gesteigerten Trassenabnutzung. Mit einem durchdachten und innovativen System von Bombardier können nicht nur die Geleise
geschont werden. Für den Betreiber reduzieren sich auch die Betriebskosten.
Mit den verschleissabhängigen Trassenpreisen werden gleisschonende Fahrwerke gefördert. Mit einer passiven Radsatzführung lässt sich aber die
Wechselwirkung zwischen Rad und Schiene nicht für alle Kurvenradien optimal gestalten.
In allen Bereichen steigt die Nachfrage nach
Transportkapazität kontinuierlich an. Dank
seiner Flexibilität als Massentransportmittel
sowie seiner Umweltverträglichkeit gewinnt
der Bahnverkehr dadurch zunehmend an
Bedeutung. Um dieser Nachfrage gerecht zu
werden, nutzen die Betreiber ihre Fahrzeuge
sowie Fahrplankapazitäten bis aufs Äusserste
aus und/oder weiten ihr Angebot mit neuen,
leistungsfähigeren Fahrzeugen aus. Die
Folge davon ist eine stetig steigende Beanspruchung der Gleise, was zu entsprechend
höheren Unterhaltskosten mit zusätzlich
kürzeren Unterhaltsintervallen führt. Mit
dem neuen, verschleissabhängigen Trassenpreissystem, kombiniert mit innovativen
Fahrzeugkonzepten, bieten sich dem Betreiber in der Schweiz attraktive Möglichkeiten
der Reduktion ihrer Betriebskosten.
Kompromiss zwischen Gerade und Kurve
Die Wechselwirkung zwischen Rad und
Schiene lässt sich bei herkömmlichen Fahr56 BY RAIL.NOW! 2015
werken mit passiver Radsatzführung nicht
für alle Kurvenradien optimal gestalten. Sie
stellt zwangsläufig einen an den jeweiligen
Einsatz angepassten Kompromiss zwischen
Stabilität in der Geraden und Einstellbarkeit
der Radsätze im Bogen dar:
Für den Einsatz bei höheren Geschwindigkeiten sowie Hochgeschwindigkeitsverkehr
ist eine zu höheren Geschwindigkeiten
verschobene Instabilitätsgrenze erforderlich,
welche eine vergleichsweise steife Anlenkung der Radsätze an den Fahrwerksrahmen bedingt. Diese führt bei Bogenfahrt
jedoch zu grossen Anlaufwinkeln und damit
einhergehend hohem Verschleiss an Rädern
und Schienen.
Für den Einsatz auf Strecken mit engen
Kurven ist demgegenüber eine vergleichsweise weiche Anlenkung der Radsätze
im Fahrwerk vorteilhaft, damit diese im
Bogen – oberhalb eines minimalen Radius
– selbsttätig gut dem gekrümmten Gleis folgen. Beide Zustände setzen jedoch bestimm-
te Rad/Schiene-Geometrien voraus, welche
die Fahrstabilität sowie die Radialeinstellung
ermöglichen. Diese geometrischen Verhältnisse sind in vielen Fällen leider nicht
gegeben, was die Lösungsmöglichkeiten
weiter einschränkt.
Wirkung bisheriger Ansätze beschränkt
Eine weiche Anlenkung der Radsätze weist
eine niedrige Grenzgeschwindigkeit der
Stabilität bei Geradeausfahrt auf. Durch die
fahrdynamischen Gegebenheiten ergibt sich
zudem immer eine unterradiale Einstellung
des führenden und eine überradiale Einstellung des nachfolgenden Radsatzes, was trotz
deren freier Einstellbarkeit zu Verschleiss an
Rad und Schiene führt. Zur Verbesserung
wurden in der Vergangenheit unter anderem
Lösungen mit mechanischer Kopplung der
Radsätze realisiert (z. B. Kreuzankerkopplung, Lemniskaten-Lenker), welche aber die
skizzierte grundlegende Problematik nicht
oder nur begrenzt lösen konnten. Speziell
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bei nicht vorhandener Rad/Schiene-Geometrie (Rollradien-Differenz) werden diese
Massnahmen praktisch wirkungslos. Mechanische Radsatzsteuerungen (z.B. Navigator)
steuern unabhängig von der vorliegenden
Rad/Schiene-Geometrie und bieten damit
ein besseres Verhalten. Durch ihre mechanische Koppelung an den Wagenkasten weisen
diese jedoch eine starke Körperschallübertragung auf den Wagenkasten auf. Dies
verlangt eine höhere Qualität der Radlaufflächen und bedeutet damit einen höheren Unterhaltsaufwand. Eine nachhaltige Lösung
des Konflikts kann nur über ein vollständig
aktives System erreicht werden.
Vollständig aktive Steuerung
Das Flexx Tronic ARS-System im Fahrwerk ist auch nachrüstbar.
Schonung statt Abnutzung
Tiefere Trassenpreise
Der grösste Nutzen durch den Einsatz
von ARS wird in der Beanspruchung und
damit im Unterhalt der Gleise erzielt. Mit
dem neuen, verschleissabhängigen Trassenpreismodell, das ab 2017 in der Schweiz
eingeführt werden soll, können damit die
Betriebskosten reduziert werden. Je nach
Bogenhäufigkeit der jeweiligen Einsatzstrecke können Einsparungen von ca. 30
bis 60 % bei der verschleissabhängigen
Trassenpreis-Komponente erwartet werden.
Weitergehende Einsparungen lassen sich nur
noch mit niedrigeren Fahrzeuggewichten
resp. Radsatzlasten erzielen.
Mit gleisschonenden Fahrzeugen lassen sich
mit dem neuen Trassenpreissystem direkt
Betriebskosten sparen. Gleichzeitig kann der
Betreiber zusätzlich mit Energieeinsparungen, deutlich verlängerter Radstandzeit sowie verminderter Lärmemissionen rechnen.
Das System kann zudem in praktisch allen
Fahrzeugen nachgerüstet werden.
Richard Schneider, Vice President Engineering,
Bombardier Transportation
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Die aktive Lenkung der Radsätze bei Bogenfahrt verringert den Schlupf zwischen Rad
und Schiene und eliminiert damit praktisch
die Oberflächenschädigung (Rollkontaktermüdung bzw. rolling contact fatigue RCF).
Dadurch reduziert sich der Verschleiss an
Rad und Schiene im Vergleich zu herkömmlichen Fahrwerken erheblich. Daneben
wird die Schallerzeugung, das berüchtigte
Kurvenquietschen, praktisch eliminiert.
Die Reduktion des Schlupfs zwischen Rad
und Schiene verringert darüber hinaus den
Rollwiderstand, was sich wiederum positiv
im Energieverbrauch niederschlägt. Dieses
Einsparpotenzial steht im direkten Zusammenhang mit dem Bogen-Anteil einer
Strecke, d. h. auf bogenreicheren Strecken
ist dieser Anteil entsprechend höher. Weil
Schäden an Laufflächen und deren Verschleiss reduziert werden, erhöhen sich die
Standzeiten der Räder, und der Wartungsaufwand wird vermindert. Beides sind Effek-
te, die dem Fahrzeugbetreiber direkt durch
verringerte Betriebskosten zugutekommen.
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bei hohen Geschwindigkeiten sichergestellt. Bei ungenügender oder fehlender
Rollradien-Differenz wird der Radsatz aktiv
und entsprechend der Trassierung in eine
energetisch optimale Position gesteuert.
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Während Neigetechnik und (semi-)aktive
Federungssysteme zur Komfortverbesserung
bereits seit Jahren zum Stand der Technik
gehören, wurde an der Radsatz-Anlenkung
bislang nur mit innovativen, aber passiven
Komponenten, wie z. B. hydraulisch-elastomeren Führungsbuchsen, gearbeitet. Jedoch
bringt erst eine vollaktive Regelung bzw.
Steuerung der Radsatzstellung im Fahrwerk
die gesuchte grundsätzliche Verbesserung
des Radsatzlaufs im Bogen. Bombardier
Transportation hat dieses Ziel mit der
Aktiven Radialsteuerung in ihrem mechatronischen Fahrwerkskonzept FLEXX Tronic
ARS erreicht.
Das Grundprinzip des ARS-Systems ist
eine längssteife Radsatz-Anlenkung, bei
welcher der Anlenkpunkt aktiv verschoben
wird. Die hohe Steifigkeit wird durch den
Aktuator realisiert, die anderen Federn der
Radsatzführung und Primärfederung sind
in Längsrichtung sehr weich ausgeführt,
so dass keine hohen parasitären Kräfte zu
überwinden sind und sich der Radsatz ohne
Aktuator praktisch wie ein frei rollender
Radsatz verhält, welcher sich bei ausreichender Rad/Schiene-Geometrie auch im Bogen
richtig einstellt.
Der verwendete elektro-hydraulische Aktuator wirkt durch seine hohe Eigendämpfung
praktisch als Feder mit hoher Steifigkeit
zwischen Fahrwerkrahmen und Radsatz.
Damit werden die Stabilitätseigenschaften
Einfluss des mechatronischen Fahrwerkskonzepts ARS gegenüber herkömmlichen Fahrwerken auf die Gleisschädigung. Die ARS-Eigenschaften sind
unabhängig von der Rad-Schiene-Geometrie und vom Bogenradius.
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