Andreas Marti: 25 Jahre Beauftragter für Liturgik und Hymnologie, eine Würdigung Andreas Marti – Au „service public“ de l'Eglise Andreas Marti habe ich vor über 20 Jahren kennen gelernt, als ich zur SEK-Liturgiekonferenz stiess, die ich kurz darauf präsidieren sollte. Seither haben sich unsere liturgischen Wege nicht mehr getrennt. Sie intensivierten sich, als ich mit der Jahrtausendwende zur Deutschschweizerischen Liturgiekommission als Zürcher Delegierter des Kirchenrats (DLK) stiess. Diese Zeilen sollen seiner Arbeit gewidmet sein, oder vielmehr seiner Arbeitsweise, die ich bis zu seiner Pensionierung habe mitbegleiten dürfen. Wenn die biografische Zäsur eines Liturgiebeauftragten mit dem Abbruch der von ihm geprägten Liturgiearbeit einhergeht, die DLK gibt es in der von Marti geprägten Form nicht mehr, hat dies eben auch mit Martis Arbeitsweise zu tun. Marti zeichnet eine ausgeprägte Fachkompetenz, ein hohes Mass an Sprachsinn wie ein ausgeprägtes Interesse an unkonventionellen Wegen aus. All dies kam den Adressatinnen und Adressaten der gedruckten wie „ins Netz gestellten“ Erzeugnisse der DLK zugute. Noch heute empfehle ich neben den gedruckten Publikationen, für die im letzten Jahrzehnt vonseiten der Kantonalkirche immer weniger finanzielle Mittel gesprochen wurden, die reiche Sammlung an Liturgien, einzelnen Texten und insbesondere die historischen wie gegenwartsbezogenen Untersuchungen, die auf der Homepage unter www.liturgiekommission.ch zu finden sind. Doch gelang Andreas Marti dies nicht allein. Stets entstanden Texte und Konzepte im regen Austausch mit den Mitgliedern „seiner“ DLK, einer Kommission, die aus Delegierten der verschiedenen Kantonalkirchen der Deutschschweiz bestand. Es waren eben nie seine Texte, die publiziert wurden, mit Ausnahme von Konzeptbeschrieben und Jahresberichten. Die Delegierte, Pfarrpersonen, Musiker/innen, Germanistinnen, Inhaber von kantonalen Gottesdienst-Stellen etc. scheuten sich über all die Jahre nicht, stets ihre Meinung zu vertreten und bei Abstimmungen – über jeden Text und über jede Änderung wurde abgestimmt – auch Mehrheiten zu suchen. Was sein genannt zu werden verdient, ist das konzeptionelles Geschick, zum Beispiel in der Schlussfassung der 2011 publizierten „Liturgie Taschenausgabe“ (LT) traditionellen Liturgien und Texten unkonventionelle Produkte neuerer Zeit zur Seite zu stellen und somit unterschiedliche Liturgietraditionen miteinander ins Gespräch zu bringen. Doch auch hier wurde gerungen und gestritten, bis die mehrheitsfähige Gestalt gefunden wurde. In Bezug auf das Fachgespräch bezieht Marti klare geistesgeschichtlich der Aufklärung verpflichtete Positionen. Manchen mag dabei sein direkter Kommunikationsstil auch vor dem Kopf stossen. Aber nie sind seine Positionen theologie- wie liturgiehistorisch unbegründet. Und um Antworten ist Marti nicht verlegen. Um es einfach zu sagen: Marti ist wie kaum ein anderer in Bezug auf die reformierte Liturgik deutscher Zunge dossiersicher. Als jemand, der zusammen mit Marti die Kommissionsarbeit verlassen hat, möchte ich insbesondere die soeben besprochene LT empfehlen, die als Textsammlung einen Einblick in den „Geist“ der Arbeit der Liturgiekommission des vergangenen Jahrzehnts verschafft: Wer sie möglichst ohne Umschweife anwenden möchte, findet bald, was er oder sie sucht. Wer sie eines zweiten Blickes würdigt, hält sich ein wenig bei den „Hinweisen“ auf, die Gottesdienstentwürfe liturgiepragmatisch konturieren und auf ökumenische Implikationen hin beleuchten helfen. Wer die LT ausserdem noch als eigenständige und in sich geschlossene Sammlung auf sich 1 Andreas Marti: 25 Jahre Beauftragter für Liturgik und Hymnologie, eine Würdigung wirken lässt, wird darin eine spezifisch schweizerisch-reformierte Synthese zwischen unterschiedlichen aktuell erprobten Ansätzen und Richtungen entdecken. Die Zeiten ändern sich. Zurzeit steht das management by objectives hoch im Kurs. Die Liturgiearbeit in der Deutschschweiz wird nun von anderen und anders arbeitenden Akteuren in wechselnden Konstellationen gestaltet werden und auch andere Produkte hervorbringen. Es bleibt dabei zu hoffen, dass ihr in Zukunft kirchenpolitisch mehr Interesse entgegengebracht wird als bisher und dass sie als das stärker gewürdigt wird, was sie dem Begriff nach immer war: service public. So lautet nämlich die Übersetzung des griechischen leitourgia, zumindest in der wie immer knappen und die Sache auf den Punkt bringenden Sprache Andreas Martis. Ihm Danke ich im Namen der vielen emsigen, inspirierten, querdenkenden und von der Sache der Liturgie begeisterten Delegierten, die mit ihm zusammen die Arbeit der DLK mittrugen und mit steuerten und von ihm die eine oder andere kernige, freche, ja böse Bemerkung über Kirche und Ökumene zu hören bekamen. Natürlich bekam dabei auch die Pfarrzunft ihr Fett weg. Wo kann ich mir heute als Pfarrer solcherlei feine und kompetente Kritik nun besorgen? Zurzeit liegt Liturgie als service public mit der sistierten Arbeit der DLK lahm. Daran werden Projekte auch zum Reformationsjubiläum nichts ändern. Es braucht eine kontinuierliche, verbindliche und verlässliche Arbeit an der Liturgie, aus der Praxis und für die Praxis. Es bleibt zu hoffen, dass dem spezifisch kirchlichen service public mit der nun von qualifizierten Kirchenpolitikern geführten Liturgiekommission des Kirchenbundes in diesem anbrechenden Jahr 2016 neuen Aufwind erfährt. Arend Hoyer (bis Mai 2015 Präsident der Liturgiekommission des Kirchenbundes) 2
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