Positionspapier Breitband - CDU Landtagsfraktion NRW

Schnelles Netz für Alle
Breitbandausbau in Nordrhein-Westfalen
beschleunigen
Positionspapier der CDU-Landtagsfraktion
Stand: 16.09.2015
Zusammenfassung
I.
Bedeutung des Breitbandausbaus für Nordrhein-Westfalen
Die Digitalisierung aller Lebensbereiche schreitet immer weiter voran. Um die Chancen
dieses Wandels nutzen zu können, benötigt man eine leistungsfähige Breitbandinfrastruktur im ganzen Land. Denn allein durch eine erfolgreiche Umsetzung der Industrie
4.0 könnte die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen jährlich um 1,7 Prozentpunkte zusätzlich wachsen. Auf dieses Wachstum ist unser Land dringend angewiesen: Seit
1991 hat sich der Wachstumsrückstand auf die westdeutschen Bundesländer auf 9
Prozentpunkte summiert. Ohne diese Wachstumslücke hätte das Land heute jährlich
mehr als 3 Mrd. Euro zusätzliche Steuereinnahmen und nur rund halb so viele Arbeitslose.
II.
Aktueller Ausbaustand
Im ländlichen Raum verfügen erst 40% der Haushalte über schnelles Netz. 90% der
Gewerbe- und Industriegebiete sind nicht an die schnelle Datenautobahn angeschlossen. Seit 2012 werden jährlich weniger als 2% der Haushalte zusätzlich ans schnelle
Netz angeschlossen, in Bayern sind es jährlich knapp 11%. Der flächendeckende Ausbau kostet mindestens 3,2 Mrd. Euro; allein die Erschließung aller Gewerbegebiete
kostet 500 Mio. Euro. Bislang will die Landesregierung bis 2020 insgesamt lediglich 70
Mio. Euro EU-Fördergelder zur Verfügung stellen.
III. Unsere Forderungen
1. Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) besser nutzen
Der EFRE muss für den flächendeckenden Breitbandausbau geöffnet werden.
Hierfür muss die Landesregierung Verhandlungen mit der EU-Kommission aufnehmen. Mindestens 240 Mio. Euro Fördermittel aus dem EFRE müssen für den flächendeckenden Breitbandausbau genutzt werden.
2. Mehr EFRE-Mittel für den Ausbau in Industrie- und Gewerbegebieten
Die EFRE-Förderung für den Ausbau in Gewerbegebieten muss von 10 Mio. Euro
in fünf Jahren auf 10 Mio. Euro jährlich erhöht werden. Zusätzlich muss die Kofinanzierung zur Entlastung der Kommunen vollständig vom Land übernommen
werden.
3. Europäischen Landwirtschaftsfonds (ELER) an NGA-Ausbau anpassen
Die Fördermittel aus dem ELER müssen auch für Gebiete bereitgestellt werden,
die zwar Downloadraten von mehr als 6 Mbit/s, aber weniger als 30 Mbit/s haben.
Hierfür muss die Landesregierung Verhandlungen mit der EU-Kommission aufnehmen.
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4. Förderkreditprogramm NRW.BANK.Breitband grundlegend überarbeiten
Das Breitbandförderprogramm der NRW.BANK muss für sogenannte FTTC-Projekte geöffnet werden, bei denen Glasfaser bis zu den sogenannten Kabelverzweigern (Verteilkästen in den Wohngebieten) gelegt wird. Hierzu müssen weitere Förderkomponenten in den Verwendungszweck des Programms aufgenommen werden. Die NRW.BANK muss zudem auch Hausanschlüsse fördern. Das Förderprogramm muss gleichzeitig um eine Bürgschaftskomponente ergänzt werden, da
eine sogenannte bankübliche Besicherung in der Regel nicht über das Ausbauprojekt herbeigeführt werden kann.
5. Mittel aus der Digitalen Dividende II effektiv nutzen
Die auf Nordrhein-Westfalen entfallenen Fördermittel aus der sogenannten digitalen Dividende II (ca. 133 Mio. Euro in drei Jahren) müssen vollständig in ein Förderprogramm eingebracht werden. Eine Verteilung über drei Ministerien mit unterschiedlichen Förderprogrammen lehnen wir ab. Außerdem müssen die Mittel aus
der digitalen Dividende durch Landesmittel ergänzt werden (z.B. aufwachsend aus
den freiwerdenden Kohlefördermitteln des Landes). Das Förderprogramm soll insbesondere Kommunen im Nothaushalt, Kommunen im ländlichen Raum und die
Förderung des Ausbaus in Gewerbegebieten priorisieren.
6. Ausbaukosten reduzieren
Das Land muss sich aktiv an einer Reduzierung der Ausbaukosten beteiligen. So
muss beispielsweise Straßen.NRW veranlasst werden, bei Baumaßnahmen Leerrohre oder gleich Glasfaser mitzuverlegen. Die Landesregierung muss darauf hinwirken, dass ihre Behörden und landeseigenen Betriebe ihrer Meldepflicht zum
Infrastrukturatlas nachkommen. Durch eine Änderung der Landesbauordnung
muss die Landesregierung gewährleisten, dass ab 2016 jeder Neubau mit einem
Glasfaserhausanschluss versehen wird.
7. Kommunen beim Netzausbau unterstützen
Die Landesregierung muss die Kommunen durch die Finanzierung von Breitbandkoordinatoren bei der Ausbauplanung besser unterstützen. Sie muss für Kommunen im Stärkungspakt, im Nothaushalt oder in der Haushaltssicherung den Eigenanteil von 10% übernehmen, wenn diese Mittel des Bundes für den Breitbandausbau in Anspruch nehmen wollen. Die Kommunen müssen stärker bei der Durchführung sogenannter kommunaler Betreibermodelle unterstützt werden.
8. Bürgerbeteiligung beim Netzausbau stärken
Nordrhein-Westfalen braucht ein Konzept für einen Bürgerbreitbandfonds, über
den sich die Bürger an der Finanzierung des Netzausbaus beteiligen können.
Ebenso braucht es ein Konzept für Bürgerbreitbandprojekte, damit aktive Dorfgemeinschaften im ländlichen Raum Rechtssicherheit bei der Errichtung von Breitbandnetzen in Eigenregie haben.
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9. Mobiles Netz ausbauen
Die Landesregierung muss den Ausbau des mobilen Internets z.B. über ein LTEProgramm fördern und auch hier Synergieeffekte im Infrastrukturausbau nutzen.
10. Flächendeckende kostenlose WLAN-Netze schaffen.
Durch die Abschaffung der sogenannten Störerhaftung könnten insbesondere in
Ballungsräumen flächendeckende, kostenlose WLAN-Netze entstehen. Darüber
hinaus müssen die WLAN-Netze von Landesbehörden und landeseigenen Betrieben – soweit möglich – für die Öffentlichkeit zur Nutzung freigegeben werden.
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I.
Bedeutung des Breitbandausbaus für Gesellschaft und Wirtschaft
Die Digitalisierung unseres Lebens schreitet immer weiter voran. Smartphones und
mobiles Internet sind für viele unverzichtbare Begleiter des täglichen Lebens geworden. Smart-Home-Technik soll uns vor Einbrüchen schützen und beim Energiesparen
helfen. Filme und Musik rufen wir im Stream ab. Unsere Bankgeschäfte erledigen wir
zunehmend online. Kleidung, Schuhe, Bücher, Technik, aber auch Lebensmittel, Medikamente und vieles mehr bestellen wir im Netz und lassen sie uns bequem nach
Hause liefern. Digitalisierung ermöglicht Arbeitnehmern in immer mehr Branchen
„Home-Office“-Tage zu nutzen. eLearning- und eHealth-Anwendungen sind auf dem
Vormarsch.
Digitalisierung macht unser Leben an vielen Stellen bequemer und einfacher. Die
Folge: 2012 produzierten 20 durchschnittliche Haushalte so viel Datenverkehr wie das
gesamte Internet 1995. Und ein Ende dieses Wachstums ist nicht abzusehen. Bereits
2017 sollen drei Mal mehr Daten verschickt werden als 2012.
Die zunehmende Digitalisierung bietet zudem erhebliches Wachstumspotential für unsere Wirtschaft. Gerade das Industrieland Nordrhein-Westfalen mit seinem starken
industriellen Mittelstand könnte von der zunehmenden Digitalisierung unserer Wirtschaft profitieren: 1,7 Prozentpunkte zusätzliches jährliches Wachstum können nach
Berechnungen des Branchenverbands BITKOM und des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation durch Industrie 4.0, also die Digitalisierung unserer
Industrie, generiert werden.
Wachstum, das Nordrhein-Westfalen dringend braucht: Seit 1991 wächst die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen im Vergleich zu den westdeutschen Bundesländern unterdurchschnittlich. Bis Ende 2014 hat sich der Wachstumsrückstand unseres Landes
auf über 9 Prozentpunkte summiert. Wäre die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen in den
letzten 25 Jahren nur im Durchschnitt der westdeutschen Länder gewachsen, hätte
Nordrhein-Westfalen heute jährliche Steuermehreinnahmen von über 3 Mrd. Euro.
Statt jährlich neue Schulden in Milliardenhöhe aufzunehmen, hätte NRW schon 2013
einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen und ab 2014 Schulden tilgen können.
Darüber hinaus hätten wir heute über 300.000 zusätzliche sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse und damit die Arbeitslosigkeit im Land fast halbiert.
Stattdessen liegt die Arbeitslosenquote in Nordrhein-Westfalen 40% über dem westdeutschen Schnitt.
Digitalisierung braucht aber digitale Infrastruktur, braucht Breitbandnetze. Nach Berechnungen des ifo-Instituts erhöht sich die jährliche Wirtschaftsleistung eines Landes
um bis zu 1,5 Prozentpunkte, wenn die Breitbandnutzerrate in der Bevölkerung um 10
Prozentpunkte erhöht wird.
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II.
Aktueller Ausbaustand
Nordrhein-Westfalen war zwar Ende 2014 das Flächenland mit dem höchsten Ausbaustand beim schnellen Internet (73,4% aller Haushalte), weist aber ein starkes
Stadt-Land-Gefälle auf. Während Ende 2014 in den Ballungszentren gut 82% der
Haushalte ans schnelle Netz angeschlossen waren, verfügten im ländlichen Raum weniger als 40% der Haushalte über schnelles Internet.
Der relativ hohe Ausbaustand ist auf die dichte Siedlungsstruktur Nordrhein-Westfalens und den starken Ausbau von Kabel-TV-Netzen in den Ballungsgebieten des Landes zurückzuführen: 67% der Haushalte in unserem Land verfügen über einen Anschluss an das Kabelnetz (CATV). Über dieses können in der Regel problemlos Bandbreiten von über 100 Mbit/s genutzt werden. Lediglich 6% der Haushalte verfügen dagegen über einen Glasfaseranschluss.
Da die Kabelnetze für die Übertragung von TV-Signalen errichtet wurden, sind diese
in Industrie- und Gewerbegebieten kaum vorhanden. Entsprechend schlecht ist dort
die Versorgung: 90% aller Industrie- und Gewerbegebiete haben keinen Anschluss an
die schnelle Datenautobahn. Für das Industrieland Nordrhein-Westfalen ist das ein
nicht hinnehmbarer Zustand.
Zudem kommt der weitere Ausbau in Nordrhein-Westfalen nur schleppend voran:
Während in Bayern zwischen 2012 und 2014 die Breitbandverfügbarkeit jährlich um
knapp 11 Prozentpunkte stieg, waren es in Nordrhein-Westfalen im gleichen Zeitraum
noch nicht einmal 2 Prozentpunkte pro Jahr. Ohne eine massive Steigerung der Ausbaudynamik wird in Nordrhein-Westfalen frühestens 2030 jeder Haushalt über schnelles Internet verfügen. Bayern könnte dieses Ziel bei gleichbleibender Dynamik bereits
2018 erreichen.
Laut einer Studie der Strategieberatung MICUS im Auftrag der NRW.BANK muss
Nordrhein-Westfalen mindestens 3,2 Mrd. Euro in den Aufbau der Breitbandinfrastruktur investieren, davon mindestens 500 Mio. Euro in den Ausbau in Gewerbe- und Industriegebieten. Diese Werte sind laut MICUS jedoch nur zu erreichen, „wenn alle
Maßnahmen zur Reduzierung der Ausbaukosten wie alternative Verlegemethoden,
Microtrenching, untiefe Verlegung und Mitverlegung konsequent genutzt werden.“
Trotz des hohen Investitionsbedarfes will die rot-grüne Landesregierung bislang lediglich 60 Mio. Euro Fördergelder für den flächendeckenden Ausbau sowie weitere 10
Mio. Euro für den Ausbau in Gewerbegebieten bis 2020 zur Verfügung stellen. Zum
Vergleich: Bayern stellt bis 2018 1,5 Mrd. Euro zur Verfügung.
Nordrhein-Westfalen droht auch beim nächsten großen Strukturwandel ins Hintertreffen zu geraten.
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III.
Unser Ziel: Schnelles Netz für Alle
Trotz des enormen Handlungsbedarfes hat die rot-grüne Landesregierung bislang
keine Strategie zur Beschleunigung des Breitbandausbaus erarbeitet. Bislang beschränkt sich die Landesregierung auf eine minimale Förderung und die regelmäßige
Durchführung eines Runden Tisches. Daher hat die CDU-Landtagsfraktion seit April
2014 acht Anträge1 mit konkreten Vorschlägen für eine Beschleunigung des Netzausbaus in den Landtag eingebracht.
Um den flächendeckenden Ausbau bis 2018 sicherzustellen, fordern wir von der rotgrünen Landesregierung die Umsetzung eines 10-Punkte-Katalogs.
1. Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) besser nutzen
In der laufenden Förderperiode 2014 bis 2020 stehen Nordrhein-Westfalen über
den EFRE inklusive Kofinanzierungsmittel 2,4 Mrd. Euro zur Verfügung. Wir fordern, mindestens zehn Prozent dieser Mittel für den flächendeckenden Breitbandausbau zu verwenden. Die Landesregierung lehnt dies bislang ab, weil eine Breitbandförderung über den EFRE angeblich rechtlich nicht möglich ist.
Diese Rechtsauffassung ist nachweislich falsch. Die Durchführungsverordnungen
der Europäischen Union für die Strukturfonds eröffnen für Nordrhein-Westfalen
ausdrücklich die Möglichkeit, bis zu 80% der EFRE-Mittel für den flächendeckenden Breitbandausbau zu nutzen. Voraussetzung hierfür wäre die Verankerung des
flächendeckenden Breitbandausbaus als eigenständige Förderpriorität in der Partnerschaftsvereinbarung zum EFRE zwischen der EU und Deutschland sowie im
Operationellen Programm EFRE zwischen der EU und Nordrhein-Westfalen. Beides ist bislang nicht erfolgt.
Wir fordern die Landesregierung auf, unverzüglich mit der Bundesregierung sowie
der EU Kommission Verhandlungen mit dem Ziel aufzunehmen, sowohl in der
Partnerschaftsvereinbarung als auch im Operationellen Programm eine eigene
Förderpriorität „Verbesserung der Zugänglichkeit sowie der Nutzung und Qualität
der Informations- und Kommunikationstechnologien“ zu schaffen. Die neu einzufügende Förderpriorität ist mit mindestens zehn Prozent der Gesamtmittel auszustatten.
2. Mehr EFRE-Mittel für den Glasfaserausbau in Industrie- und Gewerbegebieten
Während die Landesregierung eine Förderung des flächendeckenden Breitbandausbaus über den EFRE bislang ablehnt, will sie zumindest den Anschluss von
Gewerbegebieten an die schnelle Datenautobahn aus EFRE-Mitteln unterstützen.
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DS 16/5470; DS 16/7162; DS 16/7473; DS 16/7771; DS 16/8116; DS 16/8452; DS 16/8647; DS 16/8982.
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Bis 2020 will die Landesregierung hier insgesamt 10 Mio. Euro zur Verfügung stellen, allerdings ausschließlich aus EU-Mitteln. Die notwendige Kofinanzierung
muss von Dritten (z.B. Kommune, Unternehmen) übernommen werden.
Angesichts des enormen Nachholbedarfes – 90% der Gewerbegebiete in Nordrhein-Westfalen verfügen über keinen Anschluss an das schnelle Internet – und
des hohen Investitionsbedarfs von mindestens 500 Mio. Euro muss die Landesregierung die Förderung auf mindestens 10 Mio. Euro pro Jahr erhöhen. Außerdem
muss die Kofinanzierung vollständig aus Landesmitteln erfolgen, damit insbesondere Kommunen im Nothaushalt oder in der Haushaltssicherung entsprechende
Fördermittel abrufen können. Dies kann durch eine Prioritätensetzung, durch Umschichtungen oder durch sich abzeichnende Minderausgaben des Landes erfolgen. So könnten beispielsweise freiwerdende Mittel aus der Kohleförderung hier
sinnvoll eingesetzt werden.
3. Europäischen Landwirtschaftsfonds ELER an Anforderungen des Next-Generation-Access-Ausbaus (NGA-Ausbau) anpassen
Bis 2020 stellt die Landesregierung 60 Mio. Euro Fördermittel über den europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) zur
Verfügung. Gefördert werden jedoch nur Projekte in Gebieten, in denen die
Downstream-Übertragungsrate weniger als 6 Mbit/s beträgt. Bereits heute verfügen nach Auskunft des TÜV Rheinland mehr als 95% der Haushalte in NRW über
eine Downstream-Übertragungsrate von mindestens 6 Mbit/s. Eine Förderung
über den ELER kommt daher nur in Ausnahmefällen überhaupt in Frage.
Eine sinnvolle Nutzung des ELER für den Breitbandausbau ist erst möglich, wenn
die sogenannte Aufgriffsschwelle auf mindestens 30 Mbit/s erhöht wird. Ab dieser
Übertragungsrate spricht man vom schnellen Internet, vom sogenannten NGANetz. Die Landesregierung muss mit der europäischen Kommission in Verhandlungen treten, um die sogenannte Aufgriffsschwelle entsprechend zu erhöhen.
4. Förderkreditprogramm NRW.BANK.Breitband grundlegend überarbeiten
Seit 2011 fördert das Land den Breitbandausbau über das Förderprogramm
„NRW.BANK.Breitband“ der landeseigenen NRW.BANK. Die NRW.BANK bietet
Maßnahmenträgern zinsgünstige Darlehen zur Finanzierung von Investitionen in
Hochleistungs-Breitbandnetze. Allerdings richtet sich das Programm bisher – neben Richtfunkverbindungen – nur an rein glasfaserbasierte Projekte, also Projekte,
bei denen Glasfaser bis in die Häuser (FTTB) oder gar Wohnungen (FTTH) verlegt
wird. Aufgrund der hohen Baukosten sind diese Projekte jedoch aktuell nicht für
eine flächendeckende Versorgung geeignet. Daher ist dieses Programm bisher
wenig erfolgreich: Nach Auskunft der NRW.BANK wurde das Programm trotz des
bestehenden hohen Förderbedarfs bis Ende 2014 erst dreimal in Anspruch genommen.
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Effektiver zum Aufbau einer flächendeckenden Breitbandversorgung – gerade in
den schlecht versorgten ländlichen Gebieten – ist unter den aktuell gegebenen
Rahmenbedingungen eine Kombination aus Glasfaser- und Kupferkabel-Nutzung.
Vielfach besteht die komplette sogenannte „letzte Meile“ zwischen Hauptverteiler
und Endkunden noch aus Kupfer. Bei einer teilweisen Nutzung für die Breitbandübertragung besteht das Problem der Dämpfung, d.h. mit zunehmender Länge der
Kupferleitung nimmt die übertragbare Bandbreite ab. Diese Leitungen liefern maximal 16 Mbit/s und genügen damit bereits heutigen Ansprüchen nicht mehr. Bei
sogenannten FTTC-Projekten wird die Kupferleitung zwischen Hauptverteiler
(HVT) und Kabelverzweiger (KVZ) gegen eine Glasfaserleitung ausgetauscht. Damit wird der Teil der letzten Meile zwischen HVT und KVZ beschleunigt. Als Kupferkabel erhalten bleibt nur noch der Teil vom KVZ bis zum Endkunden – die
sogenannte Teilnehmeranschlussleitung (TAL). Auf diesem Wege sind schon jetzt
bis zu 50 Mbit/s möglich, die mit neuen Technologien wie z.B. Vectoring noch deutlich ausgebaut werden können.
Diese sogenannten FTTC-Projekte erfordern jedoch andere bzw. weitere Komponenten, als bisher im Verwendungszweck des Förderkreditprogrammes definiert.
Dazu gehören etwa Multifunktionsgehäuse zur Unterbringung von aktiven Netzwerk-Komponenten (Outdoor-DSLAMS) und Kupferanbindungen zwischen Outdoor-Technikgehäusen und KVZ oder HVT (zum Erschließen der KVZ im sog.
Nahbereich). Diese nicht rein glasfaserbasierten Elemente sollten in den Verwendungszweck des Förderprogrammes aufgenommen werden, um dessen Anspruch
der Förderung einer technologieneutralen Versorgung tatsächlich Rechnung zu
tragen.
Im Bereich des FTTB/H- Ausbaues muss die Herstellung von Hausanschlüssen
bzw. -einführungen in den Verwendungszweck explizit eingefügt werden, da diese
ebenfalls einen erheblichen Kostenanteil darstellen. Laut Berechnungen der Strategieberatung MICUs entfallen knapp 50% der Ausbaukosten auf den eigentlichen
Hausanschluss.
Schließlich ist ein mögliches Wirkungshemmnis in der Regelung einer „banküblichen Besicherung“ zu sehen. Förderfähig ist nur die passive Technik (Leerrohre,
Glasfaser, Gehäuse etc.). Aktive Technik (z.B. Steuerungsinstrumente) muss dagegen aus Eigenmitteln erbracht werden. Aktive Technik kann jedoch in den seltensten Fällen beliehen werden, weil der Lebenszyklus der Geräte zumeist nicht
den Sicherungserfordernissen einer Bank entspricht. Bei FTTC-Projekten beträgt
der Anteil der aktiven Technik ca. 1/3 des Gesamtvolumens. Eine Besicherung des
Projekts kann momentan allerdings nur über den Materialwert der passiven Technik erfolgen. Ein ausbauendes Unternehmen kann somit aus dem Projekt heraus
kaum eine ausreichende Sicherheit erbringen. Zur Behebung dieses Problems
muss das Förderprogram um eine zusätzliche Bürgschaftskomponente erweitert
werden.
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5. Mittel aus der Digitalen Dividende II effektiv nutzen
Eine besondere Herausforderung stellt der Ausbau im ländlichen Raum dar: Nur
40% der Haushalte verfügen hier bislang über schnelles Internet. Gerade der ländliche Raum ist jedoch Heimat von vielen Unternehmen, die „Hidden Champions“
auf dem Weltmarkt sind. Sie brauchen dringend einen Anschluss an das schnelle
Netz, um auch zukünftig auf dem Weltmarkt bestehen zu können. Knapp ein Drittel
der deutschen Unternehmen bezeichnen laut DIHK-Unternehmensbarometer eine
unzureichende Breitbandversorgung als Hindernis für ihre wirtschaftliche Entwicklung. Den hohen Ausbaukosten steht im ländlichen Raum jedoch eine geringere
Nutzerzahl gegenüber, was den einzelnen Anschluss im Vergleich zum städtischen Bereich um ein vielfaches verteuert. Entsprechend hoch sind dadurch im
ländlichen Raum die Wirtschaftlichkeitslücke sowie der Förderbedarf.
Im Frühsommer hat der Bund mehrere Mobilfunkfrequenzen versteigert. Die Länder werden am Verkaufserlös beteiligt. Nordrhein-Westfalen erhält in den kommenden drei Jahren insgesamt ca. 133 Mio. Euro aus der sogenannten „digitalen
Dividende II“. Nordrhein-Westfalen ist verpflichtet, dieses Geld in den Breitbandausbau zu investieren.
Aufgrund des bisher geringen Fördervolumens von gerade einmal 60 Mio. Euro
bis 2020 kommt es nun darauf an, die Mittel aus der digitalen Dividende II möglichst sinnvoll zu nutzen und sie nicht für den Ausgleich von Lücken im Landeshaushalt zweckzuentfremden. Eine solche Strategie würde den für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes notwendigen Breitbandausbau im Land keinen Schritt voranbringen. Auch die Eingliederung der Fördermittel in ein bestehendes Darlehnsprogramm oder die Auflage eines neuen Darlehnsprogramms wären wenig effizient. Die Mittel müssen zusätzlich zu den bereits bestehenden Förderprogrammen investiert werden.
Wir fordern die rot-grüne Landesregierung auf, die auf das Land Nordrhein-Westfalen entfallenen Mittel aus der digitalen Dividende II vollständig in ein eigenständiges Förderprogramm zum Ausbau des schnellen Internets einzubringen. Dies
schließt eine Administrierung über Stellen, die bereits bisher Förderprogramme
zum Breitbandausbau verwalten, nicht aus. Eine Verteilung der Mittel über drei
Ministerien und mehrere Programme lehnen wir ab.
Das Programmvolumen muss durch eigene Landesmittel gestärkt werden. Dies
kann durch eine Prioritätensetzung, durch Umschichtungen oder durch sich abzeichnende Minderausgaben des Landes erfolgen. Auch hier könnten freiwerdende Mittel aus der Kohlehilfe sinnvoll eingesetzt werden.
Das Förderprogramm muss technologieneutral für NGA-Projekte gestaltet werden.
Neben der klassischen Baukostenzschussförderung zur Deckung bestehender
Wirtschaftlichkeitslücken soll das Förderprogramm auch die Förderung kommunaler Betreibermodelle ermöglichen.
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Das Programm soll insbesondere Kommunen unterstützen, die im Nothaushalt
sind, und somit den in den meisten Förderprogrammen notwendigen Eigenbeitrag
nicht aufbringen können. Dieser sollte dann aus Landesmitteln gedeckt werden.
Da die betroffenen Kommunen zumeist besonders ländlich geprägt bzw. strukturschwach sind, sind diese besonders unterstützungsbedürftig.
Nach Berechnungen des TÜV Rheinland entfallen etwa 40 % der Investitionskosten auf gerade einmal 5 Prozent der Haushalte. Das Programm sollte daher vor
allem eine Erschließung dieser Haushalte unterstützen.
Sofern Projekte außerhalb dieser Gebietskulisse gefördert werden, sind solche
Ausbauprojekte in der Fördermittelvergabe zu priorisieren, die eine hohe Uploadrate gewährleisten, da diese insbesondere für gewerbliche Anwender immer wichtiger wird, sowie solche Projekte, die den Ausbau in Gewerbe- und Industriegebieten fördern.
In die Ausschreibung müssen Qualitätsfaktoren maßgeblich einbezogen werden.
So sollen z.B. Ausbauprojekte priorisiert werden, die zukünftige technologische
Entwicklungen antizipieren.
Eine Förderung darf grundsätzlich nur für Projekte gewährt werden, die auf einen
Überbau bestehender Breitbandinfrastruktur verzichtet, damit eine Fehlallokation
vermieden wird. Ein Überbau darf nur dort zulässig sein, wo die bestehende Breitbandinfrastruktur keinen offene Zugang für andere Anbieter zulässt.
Wir fordern die Landesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass ein möglichst
großer Anteil der auf den Bund entfallenen Erlöse über Projekte des Bundes in
Nordrhein-Westfalen reinvestiert wird.
Um die Breitbandziele des Landes und des Bundes ökonomisch mit dem höchstmöglichen Wirkungsgrad zu erreichen, wird die Landesregierung aufgefordert,
sich beim Bund und der EU dafür einsetzen, dass auch solche NGA-Projekte förderfähig sind, bei denen die kupferbasierte sogenannte letzte Meile in ihrer Übertragungsfähigkeit optimiert ist.
6. Ausbaukosten reduzieren – bestehende Versorgungsnetze nutzen
Bis zu 80 % der Ausbaukosten entfallen bislang auf die notwendigen Tiefbauarbeiten. Die Europäische Union hat daher im Mai 2014 die Richtlinie 2014/61/EU
über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation verabschiedet. Die sogenannte Kostensenkungsrichtlinie der EU sieht vor allem die Mitnutzung bestehender Infrastruktur, z.B. von Strom- oder Kanalleitungen, für den Breitbandausbau
vor. Laut Richtlinie soll die gemeinsame Nutzung bestehender physischer Infrastrukturen (Fernleitungen, Masten, Leitungsrohre, Kontrollkammern, Einstiegsschächte, Verteilerkästen, Gebäude und Gebäudeeingänge, Antennenanlagen,
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Türme, Pfähle usw.) von Erzeugungs-, Leitungs- oder Verteilungsdiensten für Gas,
Strom (einschließlich öffentlicher Beleuchtung), Fernwärme und Wasser (einschließlich Abwasserbehandlung und -entsorgung sowie Kanalisationssysteme)
sowie von Verkehrsdiensten (einschließlich Schienen, Straßen, Häfen und Flughäfen) gefördert werden.
So könnten beispielsweise im Kanalnetz vieler Städte und Gemeinden Glasfaserkabel in Leerrohren verlegt werden. Durch die Nutzung der Kanalisation würde ein
Großteil der bisherigen Tiefbauarbeiten überflüssig. Insbesondere der Anschluss
von Kabelverzweigern an das Glasfasernetz (sogenannte FTTC-Lösungen)
könnte über eine Nutzung der bestehenden Kanalisation kostengünstig und auch
wesentlich schneller vorangetrieben werden. Darüber hinaus bietet sich in bestimmten Fällen die Möglichkeit, über die Hausanschlüsse der Kanalisation auch
Häuser und Wohnungen (sogenannte FTTH/FTTB-Lösungen) unmittelbar an das
Glasfasernetz anzuschließen. Durch eine Verlegung des Kabels in Leerrohren im
oder am Kanal würde sichergestellt, dass Wartung und Reparatur des so gebauten
Glasfasernetzes keinen Einfluss auf den Betrieb der Kanalisation hätte. Denn: Die
Funktionsfähigkeit des Kanalnetzes muss gewährleistet sein.
Sinnvoll kann auch die Nutzung stillgelegter Infrastruktur sein: Gas-, Wasser- oder
Abwasserleitungen, die nicht mehr in Gebrauch stehen, werden in den seltensten
Fällen zurückgebaut. Dort, wo es sich anbietet, könnten diese als Leerrohre für
den Ausbau des Glasfasernetzes verwendet werden.
Synergieeffekte lassen sich auch bei einer Mitverlegung beim Ausbau von Stromnetzen heben. So ist beispielsweise beim Aufbau von Smart Grids ein Hochleistungsbreitbandnetz ein integraler Bestandteil. Allein RWE hat bis Anfang 2014
über seine Tochter RWE FiberNet über 100.000 Haushalte an das schnelle Internet anschließen können – Tendenz weiter steigend.
Auch der Anschluss von Straßenlaternen an das Smart Grid könnte für den schnelleren Breitbandausbau genutzt werden – sei es durch eine Mitnutzung bzw. Mitverlegung des notwendigen Glasfaserkabels zur Erschließung von Kabelverzweigern, sei es durch die Nutzung von Straßenlaternen als Träger von LTE-Sendern.
Ebenso birgt die Nutzung von Glasfasern, die von Energieversorgern beim Aufbau
von Höchstspannungstrassen bereits in den Blitzschutzseilen eingebaut wurden,
große Potentiale vor allem beim Überbrücken langer Distanzen zum Anschluss
von entfernten Regionen (sogenannte Backboneanschlüsse).
Kosten könnten zudem in erheblichem Umfang durch eine oberirdische Verlegung
von Breitbandkabeln eingespart werden. So könnten beispielsweise bestehende
Überlandleitungen im Mittel- und Niederspannungsbereich zum Aufbau eines
überirdischen Breitbandnetzes genutzt werden. Auch diese Überlandleitungen
können insbesondere zum Anschluss von Ortschaften im ländlichen Raum an das
Glasfasernetz genutzt werden (Backboneanschlüsse). Darüber hinaus können
insbesondere im ländlichen Raum Dachständerleitungen mitbenutzt werden, um
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Häuser und Wohnungen unmittelbar an das Glasfasernetz anzuschließen. Nach
Berechnungen von Telekommunikationsunternehmen könnten die Ausbaukosten
hierdurch mehr als halbiert werden.
Neben der Hebung von Synergien durch die Mitnutzung bestehender Infrastruktur
können auch neue Techniken zu einer erheblichen Kostensenkung beitragen. In
den Niederlanden wurde in den letzten Jahren insbesondere die Methode des sogenannten Micro-Trenching angewandt. Dabei wird ein etwa 10 cm breiter und
etwa 20 cm tiefer Schlitz in die Bürgersteige, Radwege oder Straßen gefräst, in
welchen das Glasfaserkabel verlegt wird. Dies kostet nur einen Bruchteil der bisher
üblichen Tiefbaumaßnahmen zur Verlegung der Glasfaserkabel. Eine weitere Methode wäre das sogenannte Mini-Trenching: Hier beträgt die Verlegetiefe etwa
30 – 50 cm. Die Methode ist ähnlich kostengünstig wie das Micro-Trenching, aufgrund der größeren Verlegetiefe bietet sie jedoch mehr Schutz für das zu verlegende Kabel. Nach Berechnungen des Bundesverbands Breitbandkommunikation
(BREKO) könnten die Verlegekosten durch alternative Verlegeverfahren um mehr
als 60% reduziert werden.
Mit Blick auf den wünschenswerten FTTH-Ausbau wäre zudem eine verstärkte
Verlegung von Leerrohren in Gebäuden und auf Grundstücken notwendig. Art. 8
der Kostensenkungsrichtlinie fordert daher von den Mitgliedsstaaten zu gewährleisten, dass alle „am Standort des Endnutzers errichteten Neubauten inklusive
zugehöriger Komponenten, die im gemeinsamen Eigentum stehen, für die ab
01.01.2017 eine Baugenehmigung beantragt wird, mit NGA-fähigen gebäudeinternen physischen Infrastrukturen bis zu den Netzabschlusspunkten“ ausgestattet
werden.
Die Landesregierung muss ihre Förderprogramme und -instrumente für den Neubau oder die Sanierung von Gebäuden und Infrastruktur dahingehend überprüfen,
ob beihilfekonforme Anreize für die Mitverlegung von Glasfaserleitungen geschaffen werden können.
Ferner muss die Landesregierung Landesbehörden und landeseigene Betriebe
anweisen, bei Neubau- und Sanierungsmaßnahmen an Gebäuden und Infrastruktureinrichtungen den Ausbau der Glasfaserinfrastruktur voran zu treiben. So muss
beispielsweise Straßen.NRW verpflichtet werden, bei Straßenbauprojekten immer
dann Leerrohre oder Glasfaserleitungen mitzuverlegen, wenn hierdurch der Ausbau der Breitbandinfrastruktur beschleunigt oder die Ausbaukosten reduziert werden können.
Zur verstärkten Mitnutzung bestehender oder nicht mehr genutzter Infrastruktur
muss deren Transparenz verbessert werden. Bereits heute sind Infrastrukturinhaber verpflichtet, entsprechende Daten an den Infrastrukturatlas zu melden. Allerdings fehlen Durchsetzungsmöglichkeiten, wenn diese Meldungen unterbleiben.
Die Landesregierung muss auf Landesbehörden und landeseigene Betriebe einwirken, zeitnah die entsprechenden Daten an den Infrastrukturatlas zu melden.
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Außerdem hat die Landesregierung zu prüfen, wie Kommunen, kommunale Eigenbetriebe und private Infrastrukturanbieter stärker motiviert werden können, Ihrer
Meldepflicht nachzukommen.
Die Zulässigkeit von Mini- und Micro-Trenching regelt bereits heute § 68 TKG. Da
jedoch nachgeordnete Verordnungen bisher nicht angepasst wurden, ist eine
rechtssichere Anwendung der Methoden derzeit nicht möglich. Insbesondere sind
nach wie vor die Haftungsfragen für die im Straßenasphalt, in Radwegen oder in
Bürgersteigen verlegten Kabel nicht eindeutig geregelt. Hier ist der Gesetz- und
Verordnungsgeber aufgefordert, zügig eine Klarstellung herbeizuführen.
Schließlich muss die Landesregierung Vorreiter bei der Umsetzung von Artikel 8
der Kostensenkungsrichtlinie sein und bei der anstehenden Novelle der Landesbauordnung dafür Sorge tragen, dass spätestens ab 2016 Baugenehmigungen für
Neubauten nur noch erteilt werden, wenn für eine NGA-fähige gebäudeinterne
physische Infrastruktur bis zum Netzabschlusspunkt gesorgt wird.
7. Kommunen beim Netzausbau stärker unterstützen
Laut einer Studie von PricewaterhouseCoopers nennen 64% der Kommunen die
angespannte Haushaltslage als wesentliches Hindernis für eine weitere Digitalisierung. Die wesentlichen Hürden beim Aufbau eines leistungsfähigen Breitbandnetzes der Städte und Gemeinden Deutschlands sind finanzieller, rechtlicher und
kultureller Natur. Notwendige Investitionen in Breitbandnetze und damit in die Zukunftsfähigkeit der Städte scheitern zu oft an der prekären kommunalen Haushaltslage.
Gerade kleinere und mittlere kreisangehörige Kommunen geraten leicht an die
Grenzen ihrer Leistungskraft, wenn keine Breitbanderschließung durch den Markt
erfolgt. Es gibt ländliche Regionen, in denen aufgrund der geringen Bevölkerungsdichte oder ungünstiger topografischer Verhältnisse eine Breitbanderschließung
zu wirtschaftlich tragbaren Bedingungen ohne staatliche Förderung nicht möglich
ist. Über Förderprogramme der EU und des Bundes wie zum Beispiel aktuell im
Rahmen des Gesetzes zur Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen werden daher Mittel zur Verfügung gestellt, mit denen die Kommunen gezielt
den Ausbau der Breitbandversorgung fördern können. Aus dem aktuellen Investitionspaket des Bundes erhält Nordrhein - Westfalen mehr als 1 Milliarde Euro in
den Jahren 2015 bis 2018, u.a. auch für den Breitbandausbau.
Die Landesregierung muss sicherstellen, dass bei Maßnahmen zum Breitbandausbau im Rahmen des Gesetzes zur Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen der Eigenfinanzierungsanteil von mindestens 10% der Investitionssumme bei Stärkungspakt, Nothaushalts- und Haushaltssicherungskommunen
vom Land aufgebracht wird und so der eingeräumte Ermessensspielraum der Länder bei der Gestaltung der Kofinanzierung genutzt wird;
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Wie wichtig die Kommunen für den flächendeckenden Breitbandausbau sind, zeigt
das Beispiel Hessen. Zahlreiche Gemeinden in Hessen haben bereits erfolgreich
sogenannte Betreibermodelle realisiert, in denen sie selbst Glasfaserleitungen
verlegt und diese dann an Telekommunikationsunternehmen vermietet haben. Die
hessischen Betreibermodelle sind mit ein Grund dafür, dass der Ausbau im ländlichen Raum in Hessen aktuell doppelt so schnell voranschreitet wie in NordrheinWestfalen. Die Landesregierung muss daher Betreibermodelle in Nordrhein-Westfalen noch stärker fördern als bisher.
Kommunales Engagement beim Breitbandausbau scheitert noch zu oft am mangelnden rechtlichen und technischen Know-how der Gemeinden. Hier könnten
Breitbandkoordinatoren Abhilfe schaffen, die vom Land finanziell gefördert werden
müssen. Außerdem muss das Land eine Anlaufstelle zur Förderung interkommunaler Zusammenarbeit zu errichten. Diese soll die vielfältigen kommunalen Ansätze beim Breitbandausbau strategisch steuern.
8. Bürgerbeteiligung beim Netzausbau stärken
Ein weiterer Baustein zur Beschleunigung des Netzausbaus ist bürgerschaftliches
Engagement. So gibt es bereits heute vereinzelt in Kommunen und Ortschaften
Bürgerinitiativen, die in Eigenleistung Netzanschlüsse realisieren wollen. Gerade
in Gebieten, in denen sich der Ausbau wirtschaftlich nicht lohnt, können solche
Initiativen sinnvoll sein. Die rot-grüne Landesregierung muss ein „BürgerbreitbandKonzept“ entwickeln, wie solche Initiativen unterstützt und in den koordinierten
Netzausbau einbezogen werden können. Insbesondere ist in einem solchen Konzept zu klären, wie die Zusammenarbeit von Bürgerinitiativen mit den Netzbetreibern gestaltet werden muss. Ferner ist zu klären, wie Bürgerinitiativen Fördermittel
für ihre Projekte erhalten können und wie die so entstandenen Netze dokumentiert
werden. Schließlich sind in einem solchen Konzept mögliche Haftungsfragen zu
klären.
Ein weiterer Baustein für den beschleunigten Netzausbau müssen „Breitband-Bürgerfonds“ sein. Da die Landesregierung offensichtlich nicht gewillt ist, ausreichend
Fördermittel für den flächendeckenden Breitbandausbau zur Verfügung zu stellen,
muss verstärkt privates Kapital aktiviert werden. Das so bei den Bürgern eingesammelte Geld sollte regional zugeordnet werden, damit der Anreiz zum Investment erhöht wird. Die Landesregierung muss in Zusammenarbeit mit der landeseigenen Förderbank NRW.BANK einen entsprechenden Fonds auflegen.
9. Mobiles Netz ausbauen
Neben dem Ausbau des leitungsgebundenen Breitbandnetzes wird die mobile Datenübertragung für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes immer wichtiger. Zurzeit beobachten wir einen explodierenden mobilen Datenbedarf. Mobiles
Internet ist als Ergänzung leitungsgebundener Dienste unverzichtbar, sei es für
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den mobilen Medienkonsum der Privatanwender, sei es zur dezentralen Nutzung
geschäftlicher Anwendungen, sei es künftig zur Realisierung von mobilen M2MAnwendungen etwa im Straßenverkehr. Vielfältige Geschäftsmodelle, die gerade
auch von in Nordrhein-Westfalen ansässigen Unternehmen entwickelt werden,
lassen sich nur mit flächendeckender Verfügbarkeit mobilen Internets realisieren.
Um dem stetig wachsenden Bedarf zukünftig gerecht zu werden, muss die Landesregierung jetzt aktiv werden.
Um den flächendeckenden Ausbau des mobilen Internets schnell und kostengünstig voranzutreiben, bietet sich die Nutzung von Synergieeffekten bei anderen Infrastrukturprojekten an. So werden beispielsweise in den kommenden Jahren in
vielen nordrhein-westfälischen Kommunen die Straßenlaternen erneuert. Bisherige Straßenlaternen verbrauchen zu viel Strom und sind wartungsintensiv. Durch
einen Austausch der bisherigen Laternen durch LED-Laternen wollen die Kommunen Kosten sparen und durch den geringeren Energieverbrauch einen Beitrag zum
Klimaschutz leisten.
Bei einem Austausch der Laternen könnten diese mit einem LTE-Cabinet (Hülle
für LTE-Sender) ausgestattet werden – eine Technik, die beispielsweise in den
USA bereits weitflächig eingesetzt wird. Durch die Montage von LTE Sendern in
Straßenlaternen entfällt die Suche nach Standorten für Sendemasten. Gleichzeitig
können die LTE Sender über die Stromversorgung der Laterne mit versorgt werden. Durch den Anschluss der Sender an das Glasfasernetz können zudem die
Laternen intelligent miteinander verknüpft werden, was wiederum zu einer besseren Steuerung und damit zu einer Senkung des Energieverbrauches führt. Insbesondere auch Neubaugebiete, die erstmals mit Straßenlaternen ausgerüstet werden müssen, können somit in Kombination auch ein leistungsfähiges mobiles
Breitbandnetz erhalten.
Ein vom Land mit wenigen hunderttausend Euro gefördertes Referenzprojekt
könnte schnell Vorbildcharakter für andere Kommunen haben. Denn: die Kommunen haben Handlungsdruck sowohl bezüglich der Umrüstung von Laternen wie
auch bei der Versorgung mit mobilem Internet.
10. Flächendeckende, kostenlose WLAN-Netze schaffen
Durch eine Abschaffung der sogenannten Störerhaftung könnten insbesondere in
Ballungsräumen flächendeckende, kostenlose WLAN-Netze entstehen. Wo immer
möglich, sollte die Landesregierung zudem Landesbehörden und landeseigene
Betriebe verpflichten, bestehende WLAN-Netze für die Öffentlichkeit zu öffnen.
Sofern eine Öffnung aus dienstlichen Gründen nicht möglich ist, ist zu prüfen, ob
in der betroffenen Liegenschaft neben dem dienstlichen Netz ein weiteres, offenes
WLAN-Netz installiert werden kann.
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